Kriebstein, den 20.2.1947

 Das Schreiben ging an Manneberg, 1945 bis 1949 Sekretär des Landrats in Döbeln.
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Sehr geehrter Herr Landrat!

Ich betrachte es als meine Pflicht, Ihnen folgendes mitzuteilen:

 Vom 3. bis 5. Februar 1947 hatte eine Revision in der Försterei Kriebstein stattgefunden. Dabei wurde Revierförster Paulick verhaftet und es fand eine polizeiliche Durchsuchung der Burg statt. Mirecki war von der Kreispolizei aufgefordert worden, daran teilzunehmen. Er führte auch das Verhör Paulicks in Gegenwart der Polizei. Waffen wurden bei der Durchsuchung nicht entdeckt, dafür aber u. a. „Tafelgeschirr, Meißner Porzellan mit dem Drachenmuster“. Mirecki nahm es an sich mit der Begründung, „dass es Millionenwerte seien“. Über den weiteren Verbleib des Porzellans, so das Kommunalwirtschaftsamt des Landkreises Döbeln am 8. Februar 1947, sei „nichts bekannt“ (Bl. 39 und 43). - Ab November 1948 wurde Kriebstein durch Revierförster Paulick verwaltet; Forstwart Kunz nebenamtlich Führungen durch (Bl. 48).
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Vor ein paar Wochen hatte ich Gelegenheit, erstmalig Burg Kriebstein zu besuchen.
Ich habe festgestellt, dass sich dort Kunstgegenstände befinden, die, auch nicht nur von künstlerischer Seite betrachtet, einen sehr hohen Wert haben. Wie ich die Verhältnisse des Auslandes kenne, geht der Wert mancher Gegenstände in die Millionen. Bilder, Malereien,  Auch die Arnimsche Bibliothek befand sich am 20. Februar 1947 noch in Kriebstein. Sie wurde auf Veranlassung der Landesregierung der Stadt Leipzig übergeben, einzelne Bände gingen an die Parteischule in Kriebstein (Bl. 36).
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Bücher
, Bildhauerarbeiten, Schnitzereien und viele andere Kunstgegenstände liegen dort ohne jeglichen Schutz und ohne Pflege und werden von Ratten und Insekten gefressen. Durch zerstörte Fenster sind diese Sachen der Witterung ausgesetzt und niemand kümmert sich darum.

Auch das Schloss selbst mit seiner Inneneinrichtung gehört zu den ganz großen Seltenheiten. Derartige historische Bauten stehen im Ausland unter behördlichem Schutz.

Burg Kriebstein befindet sich nicht etwa in den Händen eines erfahrenen Kunstfachmanns, im Gegenteil, es herrschen dort Zustände, die die Burg rettungslos der Vernichtung preisgeben.

Ich verstehe, dass Sie, Herr Landrat, jetzt Wichtigeres zu erledigen hatten. Denn die Zeit ist schwer und das erste Gebot der Stunde ist, die Leute vor Hunger und Kälte zu bewahren; aber in einigen Jahren sind die Verhältnisse wesentlich anders und wir können den Schaden nicht wieder gut machen, den Burg Kriebstein in dieser Zeit erlitten hat.

 In der Akte, Bl. 7.
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Vor einigen Monaten schlug ich in einem Schreiben dem Herrn Landrat vor, mich als ehrenamtlichen Verwalter für Burg Kriebstein einzusetzen.
Aus reiner Leidenschaft für Kunst wollte ich aus eigenen Mitteln die notwendigen Reparaturen und Wiederherstellungarbeiten an Gebäude und Einrichtung durchführen. Sollten Sie, Herr Landrat, mich persönlich als Verwalter für nicht geeignet halten, so gäbe es doch sicher im Kreis Döbeln oder in der weiteren Umgebung einen ehemaligen Lehrer oder Professor oder anderen Kunstverständigen, der sich als Burgverwalter bereitfinden würde.

Sollten im Haushaltsplan des Kreises Döbeln entsprechende Mittel fehlen, so wäre ich gern bereit, meine privaten Finanzmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Hochachtungsvoll Mirecki

Zitierhinweis

Hans Mirecki an Werner Manneberg. Kriebstein, 20. Februar 1947. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_ib4_nlc_p2b