Bad Landeck, den 31. Juli 1877

Hochverehrte gnädigste Frau Gräfin!

Ihre große Herzensgüte, hochgeehrte Frau Gräfin, welche ja so gern hilft, und das mir stets gezeigte gnädige Wohlwollen machen mich so frei, nachfolgende innige Bitte Ihnen, Frau Gräfin, zu Füßen zu legen.

Ihrer Königliche Hoheit die Prinzessin Luise von Preußen, Allerhöchstwelche zur Zeit hier ist, habe ich die Bitte zu Füßen gelegt, den Kammerherrn-Posten, welcher durch den Tod Allerhöchstihres früheren Kammerherrn von Rauch erledigt ist, mir übertragen zu wollen. Allerhöchstdieselbe hat mein Gesuch huldreichst angenommen und befürwortet meine darauf bezügliche schriftliche Eingabe noch heute in einem Schreiben an Seine Majestät den Kaiser.

Da es aber erforderlich ist, dass Bewerber um solche Posten von hochstehenden Persönlichkeiten an Allerhöchster Stelle empfohlen werden, so hat mir Ihre Königliche Hoheit den Wunsch zu erkennen gegeben, mich dieserhalb an einflussreiche Bekannte zu wenden, welche geneigt wären, Seiner Majestät meine Person für den gewünschten Posten zu empfehlen.

Dieserhalb habe ich soeben an Ihren Herrn Schwager, den Grafen Heinrich geschrieben, und ihn in dieser Sache um seinen wohlwollenden und so einflussreichen Beistand gebeten.

Nun, hochverehrte Frau Gräfin, wollen Sie es mir gütigst gestatten, auch Ihr gütiges Interesse für die Erfüllung dieses meines Wunsches anrufen zu dürfen, da ich ja weiß, wie nahe Ihre Familie, gnädigste Gräfin, dem Kaiserlichen Hofe und besonders der Allerhöchsten Person unseres allergnädigsten Kaisers steht; die Erreichung dieses meines Wunsches hat für mich einen hohen Wert.

Hoffentlich geht es Ihnen, gnädigste Gräfin, und Gräfin Tochter in dem schönen Gastein recht gut, und wünsche ich für Ihre Gesundheit, gnädigste Frau Gräfin, den allerbesten Erfolg von dem dortigen Aufenthalte.

Morgen reise ich nach Hause um daselbst das Resultat meiner Bewerbung abzuwarten.

Indem ich mich Ihnen, gnädigste Frau Gräfin, und Gräfin Tochter ganz gehorsamst empfehle, küsst Ihnen, Frau Gräfin, in größter Verehrung die Hand

Ihr ganz gehorsamster H. von Tyszka-Ribben
Major a. D.

P. S. Genehmigen Frau Gräfin mir die wärmste Bitte, diese Sache für die Heimat als eine konfidentielle betrachten zu wollen, da eine dortige Wissenschaft meines Vorhabens für den Fall einer Nichterfüllung mir geradezu schrecklich wäre. Untertänigster v. Tyszka

Zitierhinweis

Heinrich von Tyszka an Anna Gräfin von Lehndorff. Bad Landeck, 31. Juli 1877. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_ovy_xjd_3db