Berlin, 17. Juni 1888

  Editorische Auslassung [...] Kessel hatte die Nacht den Dienst gehabt bei der Leiche. Am Tage haben von 6-8 Stunden drei Generaladjutanten den Dienst, aber nicht im Stillstehen, wie beim alten Heldenkaiser, sondern mit Bewegung nach Belieben. Still stehen nur zwei Soldaten der Garnison und zwei Krongardisten.

Die Kaiserin soll außer sich sein. Kessel hat sie nicht nur weinen, sondern schreien hören, auch hat sie ihm bei irgend einer Gelegenheit gesagt: „Was wird aus mir in meinem Alter ohne jedes Heim.“ Er meinte, sie wäre doch auch zu bedauern, denn morgen nach der Leichenfeier geht alles fort, und sie bleibt mit Seckendorff allein.

Alles geht nach dem Marmorpalais zum neuen Kaiser Dienst tun, aber niemand weiß, wer überhaupt bleibt und wer fortgejagt wird. Er meint aber, bei aller Trauer sei ihm zu Mute, als ob er von einem unnatürlichen, gemachten, intriganten englischen Spiel befreit sei, und er nun wieder aufrichtig denken und sein könne.

Morgen um 10 Uhr ist die Feier und um 12 Uhr ist voraussichtlich alles vorbei. Viele Kränze sind von den Regimentern gekommen, aber noch mehr von den Juden. Eine ganze Stube voll von  Zu den Geschäftsbeziehungen der Lehndorffs zum Bankhaus Bleichröder: APO, Bestand 382 FA Lehndorff, Nr. 16.
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Bleichröder,
Schwabach, Heimann etc.

Der neue Kaiser ist ernst und gehalten, dabei tieftraurig. Gestern hat er Kessel hierher nach dem Palais geschickt und die Zimmer des Vaters versiegeln lassen. Die weiblichen Mitglieder der Familie gehen ihm sehr um den Bart. - Das mag ihm wohl neu sein, so dass er gesagt hat: „Ich weiß nicht, was Viktoria will, die hat mich schon zweimal umarmt.“

Fürst Radolin will sich ins Privatleben zurückziehen.  vermutlich Friedrich von Scholl, Flügeladjutant Kaiser Wilhelms II.
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Leutnant Scholz
ist ganz aus dem Häuschen und fragt immer: „Was wird aus mir?“ Lehndorff spielt sich auf, als wenn er etwas mitzureden hätte und  Der Adjutant und Gouverneur des Prinzen Alexander, Rudolf von Winterfeld, fuhr stets unter dem Vorwand, dass der Prinz einer Badekur bedürfe, in das Bad, das ihm oder seiner Frau verordnet war.
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Prinz Alexander unterbricht die Kur von Pauline Winterfeld in Marienbad
und kommt auf acht Stunden zur Leichenfeier. Prinz Georg sitzt in Böhmen auf einem Gut bei einer schönen Frau und Leutnant Hülsen hilft im Cour schneiden. …

Bismarck hat sich in  Neues Palais in Potsdam.
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Friedrichskron
den Mackenzie holen lassen. Derselbe ist mit schlotternden Beinen in das Zimmer des Fürsten getreten.

Zedlitz wird   Kaiser Friedrich III. hatte auf der Entlassung des Innenministers Puttkamer bestanden. Sein interimistischer Nachfolger wurde am 2. Juli 1888 der Unterstaatssekretär im Innenministerium, Ernst Ludwig Herrfurth. Der Plan Bismarcks und Wilhelms II., Herrfurth durch den konservativen Zedlitz zu ersetzen, wurde nicht verwirklicht; auch von der Wiederernennung Puttkamers wurde abgesehen, so dass Herrfurth bis 1892 Innenminister blieb.
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Minister des Innern.
Die Kaiserin bleibt nicht in Berlin, sie zieht nach dem Rhein, aber nicht nach einem königlichen Schloss, sondern in irgendeine Villa. Sie soll furchtbar viel Geld haben.   Editorische Auslassung [...]

Zitierhinweis

Philipp Fürst zu Eulenburg an seinen Sohn Philipp. Berlin, 17. Juni 1888. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_unx_1z1_dy