24. Januar. Geburtstag unseres Königs. Alles erscheint in Gala, aber man sieht den König nicht, indem S. M. sich zur Ader gelassen hat. - Ich behaupte, dass die Liebe eines Individuums zu seinem Herrn ihm angeboren ist; was mich wenigstens anbetrifft, so spüre ich immer einen ganz besonderen Drang, dem meinigen alles erdenkliche Glück zu wünschen. Es ist keine Selbstsucht dabei, es ist einzig und allein das Herz, das für ihn spricht. Denn wenn ich meinen ersten Eindrücken folgen würde, so hätte ich Grund, mit ihm unzufrieden zu sein. Er hat mir eine feste Versorgung versagt, er hat mir Dinge versprochen, deren Erfüllung ich niemals erwarte; aber trotz alledem liebe ich ihn. Man muss vernünftig sein und nicht zu viel von einem König verlangen. Wie soll er alles, was sich in seinem Reich zuträgt, wissen? Es ist demnach immer der Fehler derer, die ihm berichten, wenn seine Entscheidungen nicht der vollkommenen Billigkeit entsprechen. Unser König, der sicher der größte dieses Jahrhunderts ist und der so hervorragende Eigenschaften besitzt, verdient es wohl, dass die Privatleute, die Grund zur Klage über ihn haben, sie ihm zum Opfer bringen und an ihm alles, was bewundernswert ist, bewundern. Eine Eigenschaft, die ich bei einem König für sehr wesentlich halte, ist die, dass er nach Möglichkeit suchen muss, seine Leute kennen zu lernen und nicht ohne weiteres den Berichten der anderen glaubt, die gewöhnlich von Missgunst diktiert sind. Es ist immer besser, sich ein eigenes Urteil zu bilden, als dem eines anderen zu trauen. Demgemäß muss ein König nicht zu sehr die Einsamkeit lieben, sich nicht einer bestimmten Gesellschaft anschließen, sondern die Gesamtheit kennenlernen. Im Allgemeinen müssen die Tugenden eines Königs denen eines Privatmannes entgegengesetzt sein. Ich fasse mich dahin: Ein König muss sehr großmütig sein, ein Privatmann muss ökonomisch sein. Es ist für einen Privatmann ein sehr schlimmer Fehler, indiskret zu sein; ich würde bis zu einem gewissen Grade dies eher bei einem König sehen wollen. Das würde viele schlechte Geister abhalten, ihrem Herrn falsche Berichte abzustatten, aus Furcht, dass er sie anderen mitteilt. Ist es nicht ganz vernünftig, wenn ein Mensch Charakterstärke genug besitzt, in der Zurückgezogenheit ruhig leben zu können? Ein König muss ganz und gar auf diese Annehmlichkeit des Lebens verzichten; er gehört seinen Untertanen an, er muss sie hören und mit ihnen leben. Editorische Auslassung [...]
29. Januar. Geburtstag der
Sophie Dorothea Marie von Preußen, geb.
am 25. Januar 1719, Schwester Friedrich II.
[Schließen]Prinzessin von Preußen. Der König gibt aus
dieser Veranlassung ein großes Mittagessen, bei dem alles großartig und höchst
langweilig ist. Es ist einzig die Wirkung, die die Anwesenheit des Königs
verursacht. Ich habe diese Bemerkung heute Morgen schon gemacht. Die vierzig
Personen, die im Vorzimmer bei schönster Laune waren, waren, sobald der König
eintrat, nur noch vierzig Bildsäulen. Warum flößt die Macht mehr Furcht als Liebe
ein? Kommt es daher, weil die Großen sich ihrer mehr bedienen, um sich Achtung als
um sich Liebe zu verschaffen? Oh nein! Vielmehr ist es die Vorstellung, dass er Herr
über unser Gut und unser Leben ist, die uns die äußerste Zurückhaltung auferlegt,
wie es denn schon in unserer Natur liegt, dass wir einen tiefen Respekt vor dem
Landesherren haben. Dagegen muss aber auch ein König sein vorzüglichstes Bestreben
darauf richten, gegen einen jeden gut zu sein. So sieht man, dass die wohltätigen
Fürsten immer die Liebe der Welt gewesen sind, wogegen diejenigen, die große Taten
verrichtet haben, nur berühmt geworden sind.
Alexander der Große
[Schließen]Alexander und
Gaius Julius
Cäsar
[Schließen]Cäsar waren sicherlich die größten Eroberer; man
bewundert ihre Großtaten. Aber welche Liebe, welche Wonne empfindet man nicht, indem
man sich der Güte des
römischer Kaiser
[Schließen]Augustus und der Wohltaten des
römischer
Kaiser
[Schließen]Titus erinnert! Man beneidet die, welche unter ihrer
Herrschaft gelebt haben, um ihr Glück, und jedermann möchte in solchem glücklichen
Zeitalter leben wollen. Editorische Auslassung [...]
Zitierhinweis