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[Schließen]Schulausflug nach Groß Steinort
von Klara Karasch
Im Sommer 1913 machten wir mit der Schule einen Ausflug nach Steinort. Anlass dazu war das 25-jährige
Dienstjubiläum Kaiser Wilhelms II. Vor
der Steinorter Schule trafen sich die Schulen aus Taberlack, Stawisken
und Rosengarten. Nach kurzer Rast
wurden wir von Es handelte sich um Richard Franz Puschke, 1874-1920 Lehrer in Steinort;
Friedrich August war dessen
Vater. Richard Franz hatte drei Töchter: Lieschen, Anna und Paula.
[Schließen]Lehrer August Puschke (er war ein Onkel unseres
Richard Puschke , Neffe von
Richard Franz Puschke, war
1905-1938 Rektor in Rosengarten.
[Schließen]Rektors
Richard Puschke) und seiner Tochter um den
ganz mit Schilf umgebenen Steinorter See zum Elendswinkel geführt. Dort hatte
gegenüber der Königsspitze das erste Haus Steinort gestanden, das um 1554 nach
Aufstauung der Seen im Wasser versunken war. Bei ruhigem Wetter konnte man im
Wasser große Steinquader liegen sehen und sogar einen gepflasterten Steg
wahrnehmen, der dorthin führte.
Von dort wanderten wir zum Friedhof, auf dem Herr und Gesinde von Steinort ihre letzte Ruhe fanden. In der Gruft der kleinen Kapelle waren die Lehndorffs beigesetzt. Über der Gruft war eine kleine Halle, in der bei besonderen Anlässen Gottesdienst abgehalten wurde. Vom Friedhof aus hatte man einen weiten Überblick über die Seen und Inseln. Dann gings an Roßgärten vorbei, auf denen Pferde weideten, zu einer Wiese im Park, wo Lehrer August Puschke eine Ansprache zur Würdigung des Tages hielt. Auf einem ganz mit Bäumen überschatteten Weg wanderten wir am Kanal entlang zum See. Am Wegrand sahen wir viele Weinbergschnecken, die es in unserer Gegend kaum noch gab. Durch die Eichenallee vorbei am Pavillon gelangten wir in den Park. Dort standen einige Sandsteinfiguren, und die große Tonvase sollte ein Steinorter Gutstöpfer hergestellt haben. Auch die seit 1765 vor dem Schloss stehende Sonnenuhr sahen wir uns eingehend an.
In der Eichenallee war an einem Baum eine Tafel mit einem Spruch angebracht, der die Schönheit des Parkes und der Landschaft in Versen verherrlichte. Gewidmet war diese Tafel einem Grafen Carl Meinhard Lehndorff. Unser Lehrer erzählte uns, dass alle Lehndorffs, neben ihren vielen anderen Vornamen, den gemeinsamen Namen Meinhard trugen.
Das Schloss durften wir auch besichtigen, da wir aber ein Haufen Kinder waren, wurden uns nur die unteren Räume kurz gezeigt. Vom Park aus schauten wir in den Fliesensaal und gingen in die Eingangshalle. Dort führte eine doppelläufige Treppe zum oberen Stockwerk. Eine Wand war mit zwei großen Wandbehängen bespannt. Einer davon war noch recht gut erhalten. Die Kleider der dargestellten Personen waren in leuchtenden Farben gehalten. Gesicht und Hände waren auf den Stoff gemalt. Der zweite Vorhang war schon sehr verblichen und zerschlissen, es gefiel uns Mädchen gar nicht, dass „die im Schloss‟ sich solche „zerrissene Koddern‟ an die Wand hingen. Einen dieser Wandbehänge sollte die Erbauerin des Schlosses, Gräfin Eleonore Lehndorff, geb. Dönhoff, in Applikationsarbeit selbst hergestellt haben.
Auch in die Kellergewölbe, die noch aus dem ersten Haus stammten, konnten wir hineinschauen. An einer Wand waren in gleichmäßigen Abständen eiserne Ringe eingemauert, dort wurden wohl in Kriegszeiten die wertvollen Pferde vor dem Zugriff der Feinde versteckt.
In einem anderen Raum stand ein Himmelbett, die Stickerei am Betthimmel sollte auch noch von der Gräfin herstammen. Auch ein großer Ohrensessel stand da, dessen Bezug schon recht verblichen war.
Als Töpferkind hatte ich mir aber die Öfen genau angesehen und erzählte Vater später von dem runden Ofen im Fliesensaal und dem graugrünen Ofen, der genauso aussah wie der Ofen in Großmutters altem Bohlenhaus. Als Vater den Ofen abbrach, weil das Haus umgebaut wurde, sagte er, dass derselbe mindestens 150 Jahre oder gar mehr gestanden hatte, weil er noch mit handgeschmiedeten Klammern zusammengehalten wurde. Auch eine Tür im Schloss kam mir sehr vertraut vor, hatte sie doch dieselbe Form mit eisernen Türangeln, Klinke und Schloss wie die Tür in Großmutters Haus.
Später bin ich von Angerburg aus noch oft in Steinort gewesen, bin durch den Park gegangen und habe mich im Schloss umgesehen, auch die Simsonstube mit den vielen in Silber und Dunkelblau gehaltenen Gobelinwandbehängen und das Porzellanzimmer besichtigt. Doch an meinen ersten Besuch im Schloss als Kind kann ich mich noch am besten erinnern.
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