Editorische Auslassung [...] Ich bin immer auf dem Lande und baue mir Wirtschaftsgebäude, besonders eine Scheune. Meine Felder stehen - Gott sei gedankt! - sehr gut, und ich habe keinen Platz mehr, wenn die Ernte gut ausfällt. Auch an meinem Hause habe ich immer zu flicken; weder Türen noch Fenster kann ich so lassen. Den Garten verschönere ich immer mehr, und dabei bin ich so tätig, dass mich stets der Abend überrascht. Von Langeweile ist also keine Rede.

Übrigens bin ich meistens allein. Meine gewöhnliche Gesellschaft, die Familie Schlieben, hat mich einen Augenblick verlassen und wird mich in ein paar Monaten ganz verlassen. Die liebe kleine Herzogin ist schon fort und die beiden anderen gehen wieder zu ihren Gatten.

An meinem Geburtstag, dem 7. Mai, ist noch alles da. Auch die Schliebens aus Gerdauen kommen herüber. Drei Tage hintereinander spielt man Theater. Zuerst führt meine Frau mit meinem Sohn ein ein Sprichwort entwickelndes Lustspiel auf. Dann geben meine Leute den   Schauspiel in einem Akt von Johann Jacob Engel, nach einer Anekdote Friedrichs des Großen.
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„Edelknaben‟
, den zweiten Tag   Soliman der zweite oder die drei Sultaninnen, Schauspiel mit Gesang und Tanz in drei Aufzügen.
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„Die drei Sultaninnen‟
und den dritten   Tragödie von William Shakespeare
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„Hamlet‟
. Namentlich das letzte Stück gelingt über alle Erwartung gut. Es ist erstaunlich, wie die Leute ihre Rollen richtig erfasst haben.

Jetzt aber gerade, wie ich mich freue, dass mein kleines ländliches Theater sich so gut herausbildet,  Vgl. ebd., S. 138. Auch dessen Bruder, den Lehndorff in Königsberg das Schneiderhandwerk hatte erlernen lassen, wurde eingezogen.
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nimmt mir General Stutterheim ohne Erbarmen meinen Diener Michel fort,
der einer der Hauptdarsteller war. Für einen denkenden Menschen ist die Willkürherrschaft doch mehr als grausam. Zehn Jahre lang habe ich den Menschen erziehen und ausbilden lassen. Mit vielen Kosten und Mühen ist mir dies gelungen. Nun aber, gerade wie ich glaube, den Lohn für alle Mühen ernten zu können, nimmt man mir ihn weg, und das einzig deshalb, weil er 8 Zoll misst. Da muss man wirklich daran zweifeln, dass wir in der besten der Welten leben.

Pfingsten verlebe ich in Gerdauen, kehre dann aber mit Freuden in meinen Garten zurück. Ich lege hier eine  Seit 1746 wurde der Anbau von Hopfen gefördert, seit 9. Januar 1750 war eine „kontinuierliche Einsendung von Angaben über den Umfang des Hopfenanbaus auf den Lehndorffschen Gütern“ einzureichen, vgl. GStA PK, XX. HA, Rep. 54 Gutsarchiv Lehndorff-Steinort, Nr. 587 und 588 (Edikte vom 18. Juli 1746 und 9. März 1750).
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Hopfenpflanzung
an und säubere die Alleen, so dass ich wenigstens vier Stunden täglich im Garten zu tun habe. Dabei vernachlässige ich aber meine Korrespondenz mit Berlin durchaus nicht; ich bin immer ziemlich auf dem Laufenden.

  Editorische Auslassung [...]

Die Rücksichtslosigkeit und Gewalttätigkeit, die von militärischer Seite geübt wird, ruiniert Preußen gänzlich. Man verliert allen Mut, man sieht sich genötigt, das Volk in seiner Unwissenheit zu lassen. Denn sobald man einen seiner Leute etwas lernen lässt, gleich stürzt sich der General  Bei dessen Tod im August 1783 schrieb Lehndorff: „Preußen ist von einem Ungeheuer befreit“. Allerdings war dessen Sohn, der im Herbst 1783 als Kapitän die „Bezirksmusterung“ vorzunehmen hatte, auch nicht besser: „Solche Widerwärtigkeiten verleiden einem den Aufenthalt auf dem Lande. Da überfällt uns plötzlich ein Mensch, nimmt uns die besten Leute weg, und wir müssen ihm noch den Hof machen und ihn gut aufnehmen“, vgl. ebd., S. 335.
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Stutterheim
wie ein Raubvogel auf ihn.   Editorische Auslassung [...]

Bei der  Vgl. Lorenz, Klemens, Eine friderizianische Truppenschau 1780, in: Heimatblätter des Neißegaus 14 (1929), S. 73.
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Revue
ging der König „finsteren Blicks an dem liebenswürdigen Herzog von Holstein vorbei“,
statt dessen sagt er dem pommerschen Adel allerlei Liebenswürdigkeiten und erklärt die Leute für seine teuersten Untertanen. Darauf begibt er sich nach Marienwerder, Vgl. Anm. 1 ebd. - Im Frühjahr 1780 war die Gegend an Weichsel, Netze und Drewenz durch Eisgang und Überschwemmung schwer geschädigt worden. Die Kammer hatte dies dem König mitgeteilt und um Hilfe gebeten. Daraufhin antworte der König Domhardt: „Ich muss Euch nur sagen, dass Eure Kammer zu Marienwerder toll geworden und Euer Direktor Vorhoff meritierte, dass ich ihn gleich wegjagte.“ Joachim, E., J. F. von Domhardt, Berlin 1899, S. 197 ff. - Als Domhardt 1781 starb notierte Lehndorff: „Es ist ein großer Verlust, den mein armes Vaterland erleidet. Der Mann kannte Preußen von Grund auf, liebte es und wusste die Einführung mancher Neuerungen zu verhindern. Seinem König diente er mit größter Hingebung und Treue“, vgl. Schmidt-Lötzen, Nachträge, Bd. 2, S. 203 f.
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jagt den Geheimrat Vorhofff weg, den redlichsten Mann von der Welt, bloß weil er das Wohl des Landes vertreten hat,
und das arme Preußen verfällt der schrecklichen Not, weil der Handel gänzlich daniederliegt und nichts geschieht, um ihn zu heben.

Zitierhinweis

Tagebucheintrag von Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff. Steinort, um den 16. April bis Juni 1780. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_q5y_p4x_ydb