Ernst Mayr Lecture 2009/2010
Die Ernst Mayr Lecture ist eine von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und dem Wissenschaftskolleg zu Berlin gestiftete Vorlesungsreihe auf dem Gebiet der Biowissenschaften. Mit der einmal jährlich stattfindenden Vorlesung soll – dem Titel eines der Hauptwerke des Ornithologen und Evolutionsbiologen Ernst Mayr folgend (The Growth of Biological Thought) – die Entwicklung des biologischen Denkens von führenden Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen einer breiteren Öffentlichkeit vermittelt werden. Ernst Mayr hatte im Herbst 1997 die nach ihm benannte Vorlesungsreihe eröffnet.
PROGRAMM
Begrüßung
Prof. Dr. Dr. Günter Stock, Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
Einführung
Prof. Dr. Paul Schmid-Hempel, Professor für Experimentelle Ökologie, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich,
Permanent Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin
Vortrag in englischer Sprache
The "Spirit of the Hive" and how Honeybee Societies Evolve
Robert Page, Professor für Lebenswissenschaften an der Arizona State University, Fellow 2009/2010 am Wissenschaftskolleg zu Berlin
Die sozialen Insekten stellten Darwins noch junge Theorie der Evolution durch natürliche Selektion im Jahre 1859 auf eine harte Probe. Der belgische Autor und Nobelpreisträger Maurice Maeterlinck schrieb 1901 über die „verkehrte Welt“ der Bienen. Ordnung und Organisation würden in dieser Welt nicht durch eine zentrale Autorität hergestellt, sondern vielmehr durch das, was er den „Geist des Bienenstocks“ nannte. Der in Harvard lehrende Entomologe und Philosoph William Morton Wheeler bezeichnete Insektengesellschaften als wahre „Superorganismen“, da sie auf Ernährung, Reproduktion und Verteidigung ausgerichtet seien. In ihrem jüngsten Buch "The Superorganism: the Beauty, Elegance, and Strangeness of Insect Societies" (2008) ließen Hölldobler und Wilson den Superorganismus wiederaufleben. Einige grundlegende Fragen zur Evolution von Insektengesellschaften als Superorganismen bleiben jedoch weiterhin offen: Es gibt dort nicht nur Ordnung ohne eine zentrale Kontrollinstanz, sondern es gibt auch kein zentrales Genom, auf das die natürliche Selektion einwirken kann, um ein soziales System zu etablieren.
In seinem Vortrag präzisiert Robert Page den Begriff 'Geist des Bienenstocks' und zeigt, wie Selektion auf Merkmalen des sozialen Lebens diesen 'Geist' verändern kann durch Veränderungen im Genom, in der Entwicklung und im Verhalten der individuellen Arbeiterinnen.
Robert E. Page wurde 1949 in Bakersfield, Kalifornien, geboren. 1980 promovierte er in Entomologie an der University of California at Davis, an die er 1989 als Ordinarius desselben Faches zurückkehrte. 2004 übernahm er als Gründungsdirektor den Auf- und Ausbau einer neuen Schule für Lebenswissenschaften sowie einer weltweit führenden Arbeitsgruppe zur Erforschung des Sozialverhaltens von Insekten an der Arizona State University, wo er bis heute tätig ist. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Evolution des Sozialverhaltens von Honigbienen und deren Geschlechtsregulation. Sie mündeten in zahlreiche Publikationen zur Verhaltensgenetik der Arbeitsteilung und Nahrungsspezialisierung bei Honigbienen und führten zuletzt zur Identifizierung des wichtigsten Gens für die Haplodiploidität bei Honigbienen. Page ist Autor von mehr als 200 Forschungsarbeiten, Aufsätzen und Artikeln und wurde mit dem Alexander von Humboldt Research Prize ausgezeichnet. Er ist Fellow der American Association for the Advancement of Science, der Brazilian Academy of Science, der American Academy of Arts and Sciences und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Derzeit lebt und arbeitet er als Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin.
Eine Kooperationsveranstaltung der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und des Wissenschaftskollegs zu Berlin.
Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.