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Ellis (1750) | ![]() |
Ellis, Henry; Haller, Albrecht/ (Vorr.) (1750):
Reise nach Hudsons Meerbusen, welche von zweyen englischen Schiffen der Dobbs-Galley und California, in den Jahren 1746 und 1747 wegen Entdeckung einer nordwestlichen Durchfahrt in die Süd-See verrichtet worden; nebst einer richtigen Abzeichnung der Küste, und einer kurzen Naturgeschichte des Landes, Beschreibung der Einwohner, auch einer wahren Vorstellung der Umstände und Gründe, welche die künftige Erfindung einer solchen Durchfahrt wahrscheinlich machen, [...] [= SnmR Tl. 1]
Adickes 1911 / Stark 2004 / 2006
Der Band zerfällt in drei Teile:
1. Historischer Rückblick: ›vorige Reisen‹
2. Gegenwärtige Lage: ›wirkliche Reisen‹
3. Aussichten: Argumente für die ›Möglichkeit einer Durchfahrt‹
Das englische Original A Voyage to Hudson's Bay ist 1748 in London
erschienen; eine überwiegend darstellende Besprechung im
Hamburgischen Magazin, Bd. 4, 1749,
S. 1-26. - Die 1758 bzw. 1759 herausgekommenen Bände 16
(S. 641ff.) und 17 (S. 186ff.) der Allgemeinen Historie der
Reisen zu Wasser und zu Lande (AHR) machen
extensiven Gebrauch von Ellis' Werk.
|P_132
£{Hol-344,19-21}
Wir segelten eine Zeitlang hernach durch eine Menge Trieb-Holz, welches in der See schwimmende Stücken von ziemlich großem Bauholz sind; eine Sache, welche, wie ich nicht umhin kan anzumerken, ein Mensch der eine etwas ernsthafte Gemüths-Neigung hat, unmöglich wahrnehmen kan, ohne dabey in eine lange Reihe von Betrachtungen zu gerathen; weil bisher noch keine hinlängliche Ursache ist gegeben worden, woher dieses Triebholz komme. So sehr auch die Nachrichten, die wir von Grönland, von der Straße Davis und Hudsons Meer-Enge haben, in allen Dingen unterschieden seyn mögen: so stimmen sie doch hierin alle mit einander überein, daß keine Bäume von der Größe, wie dieses Triebholz ist, in einem von diesen Ländern wachsen, und daher hat man geurtheilt, daß, woher es auch kommen mögte, es doch aus keinem von diesen Oertern kommen könnte.
[In der Folge werden kurz erörtert: Norwegen, Labrador, Grönland.]
|P_133f.
£{Hol-344,05-07} / £{He8, p. 13}
/ £{Hes-022,09}
Die Nachricht des ehrwürdigen Herrn Egedens, [...]. Er sagt, daß er an der östlichen Küste von solchem Lande [Grönland] in dem 67sten Gr. der Breite Birken- Ulmen- und andere Arten Bäume gesehen hätte, die achtzehn Fuß hoch und so dick, als sein Schenkel gewesen wären; daher schließe ich, daß sie von dorther kommen müssen. Er merket ferner an, daß so wohl in Norwegen als Grönland die östliche Küste wärmer als die westliche ist, und daß es folglich dorten etwas besser und zu einer beträchtlichern Größe wächset. Wir müssen also so lange, bis etwas wahrscheinlicheres von dieser Sache an die Hand gegeben wird, dieses als glaubwürdig annehmen, daß das Triebholz aus Grönland komme.
Den 5ten Julius fingen wir an uns den Eisgebürgen zu nähern, welche man allezeit bey Hudsons Meer-Enge antrifft. Diese sind von einer erstaunlichen Größe; und wenn ich sagte, daß man sie zuweilen fünf oder sechs / hundert Yards [FN: Ein Yard ist drey Fuß lang.}] dick finde: so bin ich völlig versichert, daß ich die Wahrheit nicht überschreite. [...] um die Schwürigkeiten bey der Frage zu heben: wie diese erschrecklichen Eisgebürge entstehen, sondern die Beantwortung wird dadurch vielmehr schwerer. Unterdessen sind verschiedene Versuche geschehen um die Frage auszumachen, und unter andern hat der Hauptmann Middleton die Sache also zu erklären gesucht.
[Folgt Zitat auf den Seiten 134-135; darin, S. 135:]
£{Hol-344,09-13}
›Dieses Eis [an den nördlichen Küsten von Amerika] wird wärend vier, fünf oder sieben Jahren immer größer, bis eine starke Wasser-Flut, oder Ueberschwemmung, welche gemeiniglich in dem Verlauf dieser Zeit allenthalben in diesen Gegenden entstehet, es losbricht und in die Meer-Enge oder den Ocean herunter wirft, wo es von den veränderlichen Winden und den Strömen in den Monaten Junius, Julius und August herumgetrieben wird, und in der Dicke / mehr zu- als abnimmt, weil es außer vier oder fünf Compaß-Strichen, viele hundert Meilen herum mit kleinem Eise umgeben, und das Land das ganze Jahr hindurch mit Schnee bedeckt ist; denn das Wetter ist hier den größten Theil der Sommer-Monate überaus kalt. Das kleinere Eis, welches die Meer-Engen und Meerbusen fast ganz anfüllet und die See viele Meilen längst den Küsten bedecket, ist von vier bis zehn Klaftern dick und erkältet die Luft dergestalt, daß die großen Eis-Inseln, durch das Meer-Wasser, welches auf dieselben anläuft, und durch den immerwärenden und einem kleinen Regen gleichenden Nebel, der so bald er auf das Eis fällt, friert, beständig größer werden. Und weil sie so tief unter dem Wasser liegen, und ein so kleiner Theil davon oben ist, so werden die starken Winde dadurch verhindert sie fortzutreiben. Denn obgleich dieselben fast neun Monate im Jahr von Nordwesten gehen, und folglich diese Inseln gegen einen wärmeren Himmels-Strich treiben; so ist doch ihre Bewegung so langsam, daß viele Jahre vergehen müssen, ehe sie fünf oder sechs hundert Meilen südwärts kommen können. Ich halte dafür, daß einige hundert Jahre dazu erfordert werden. Denn ich glaube, so können sie nicht zergehen, ehe sie zwischen dem 50sten und 40sten Grad der Breite kommen, allwo die Sonnen-Hitze ihre Ober-Theile verzehrt, so daß sie allmählich abnehmen und zerschmelzen.‹
|P_138f.
[...] Eskimaux-Indianer [...]. Eine umständliche / Beschreibung dieses Volks dürfte dem Leser vielleicht angenehm seyn; und da sich dieselbe an keinen Ort besser schickt; so will ich sie hier so kurz und richtig, als es mir möglich ist, ertheilen. Diese Leute sind von einer mittlern Größe, stark und zur Fettigkeit geneigt; sie haben große Köpfe, runde und platte Gesichter, eine schwarzbraune Gesichtsfarbe, schwarze, kleine und funkelnde Augen, platte Nasen, dicke Lippen, schwarze und ganz gerade Haare, breite Schultern, wohlgebildete Glieder, aber überaus kleine Füße. Ihre Geberden sind munter und lebhaft; allein sie scheinen sehr spitzfindig, heimtückisch, arglistig und betrügerisch zu seyn; sie sind große Schmeichler und mögen die Fremden gern bestehlen; sie lassen sich leicht zu einem gewissen Grade der Verwegenheit anfrischen, aber eben so leicht erschrecken.
Sie sind ungemein, und ich möchte fast sagen, hartnäckig auf ihre eigene Gewohnheiten und Lebens-Art erpicht.
|P_140
£{Hol-336,19-20}
Sie sind sehr geschickt in dem Gebrauch ihrer Kähne, [...]. Dieselben sind von Holz oder Fischbein gemacht, sehr dünne, und ganz mit gegerbten Seehunde-Häuten überzogen, ein Loch in der Mitte ausgenommen, welches rund herum einen Rand von Fischbein oder Holz hat, um zu verhüten, daß kein Wasser von der Decke hereinlaufe.
|P_142-143
£{Hol-336,20-21}
Was die Kleidung dieser Leute betrifft, so könnte vieles, so nicht unangenehm seyn dürfte, davon gesagt werden: jedoch ich werde davon kürzlich handeln. Die Manns-Kleider sind von See-Hunde und Hirsch-Fellen, und zuweilen auch von zusammen geneheten Häuten der Land- und See-Vögel gemacht. Alle ihre Röcke haben Kappen gleich denjenigen, welche die Capuciner tragen; sie werden vorne an der Brust gleich einem Mannshemde zugemacht und reichen nicht weiter herunter als bis zur Mitte des Schenkels; ihre Beinkleider werden vorne und hinten wie ein Beutel mit einen[!] Schnur dichte zusammengezogen und mitten um den Leib festgebunden. [...] Etliche wenige unter ihnen tragen Hemden von Seehunde-Blasen, / welche fast auf eben die Art, als in Europa zusammen genehet sind.
|P_143-145f.
£{Hol-336,21f.} [Nicht die zitierte Quelle.]
Wenn ihre Kleider und andre Bedürfnisse wohl ausgesonnen sind, so sind es ihre Schnee-Augen, wie sie dieselben recht füglich nennen, nicht weniger. Dieß sind Stücken Holz oder Elfenbein, die niedlich gemacht sind, das Gesicht zu bedecken, und welche hinten am Kopfe fest gebunden werden. Es sind zwey Löcher darin, die eben so lang als ihre Augen, aber schmahl sind. Hierdurch sehen sie sehr deutlich und ohne einiges Ungemach zu empfinden. Diese Erfindung verwahret sie gegen die Schnee-Blindheit, eine sehr beschwerliche und schmerzliche Krankheit, die durch das Licht, welches von dem Schnee auf die Augen zurückstrahlet, verursachet wird, [...]. Der Gebrauch dieser Schnee-Augen stärket das Gesicht ungemein, und sie haben sich dergestalt dazu gewöhnet, daß wenn sie etwas in einer großen Weite beobachten wollen, sie / gemeiniglich dadurch sehen, so wie wir durch Ferngläser thun.
[...] So viel kan ich von diesem Volke aus meiner eigenen Erfahrung anführen, und ich werde nach diesem noch einige wenige Umstände aus den besten Nachrichten, die ich bekommen konnte, hinzufügen. /
£{Hes-256,13f.}
Das Wort Eskimaux zeiget nach seiner Rechtschreibung an, daß es ein Indianisches gemeines Nennwort mit einer Französischen Endigung sey; und ein berühmter Schriftsteller [Voltaire??] dieser Nation meldet, daß es von den Worten Abenaqui Esquimantsic, welche so viel bedeuten, als einer der roh Fleisch ißt, herstamme; und in der That scheinet dieses eine sehr vernünftige Ableitung zu seyn. Denn so viel bisher bekannt ist, sind die Eskimaux das einzige Volk, welches das Fleisch von den Thieren ganz roh ißt. [Dazu eine FN über die Gründe; ernährungsphysiologische werden nicht genannt, anders Müller 1758]
£{Hol-343,09-11}
Hieraus so wohl, als aus ihrer weißen Haut und aus ihren Bärten, welche die Indianer nicht haben, hält man sie mit den Grönländern für ein Volk.
|P_167
£{Hol-337,09}
Wenn der Wind west- oder südlich war, so hatte man eine sehr erträgliche Kälte: allein wenn er sich nach Nordwesten oder Norden wandte, ward sie den Augenblick überaus scharf.
|P_169
£{Hol-336,13f.}
Ein Mensch kan in einem Winter-Tage ein größer Gewicht, als einen Centner funfzehn oder sechszehn Englische Meilen weit gemächlich auf einem solchen Schlitten fahren. Die Hunde in diesem Lande sind so groß, wie die gemeinen Schäfer-Hunde; sie bellen von Natur nicht, sondern brummen, wenn sie gereizet werden.
|P_182
Wir finden, daß eine recht große Hitze in diesem Falle [sc. einer Erfrierung] eben dieselbe Würkungen hat, als eine recht große Hitze; und eben dieselben Mittel heilen ein erfrornes Glied, welche es heilen würde, wenn es verbrannt wäre.
|P_186
Die hiesigen Einwohner haben eine mittlere Größe, eine kupferne Farbe [FN: Diese Indianer werden weiß geboren: aber weil sie in ihrer Kindheit fast immer nackend gehen, und sich mit Fette schmieren, auch überdem in den heißen Sommer-Tagen so viel an der Sonne und der freyen Luft liegen: so trägt alles dieses ...}] mit schwarzen Augen, langes gerades Haar von eben der Frage, allein ihre Gesichts-Züge sind so verschieden als in Europa. Sie sind von einer lustigen Gemüths-Neigung, gut geartet, gesprächig, freundlich und in ihrem Verkehr ehrlich. Sie leben in Gezelten, [...].
|P_200f.
Man muß gestehen, daß nur wenige Krankheiten unter ihnen angetroffen werden, und diese rühren gemeiniglich aus der Kälte her, von welcher sie, nachdem sie starke Getränke zu sich genommen heben, überfallen werden. Sie kaufen diese Getränke von den Engländern; die Franzosen aber handeln hierin vorsichtiger und verkaufen ihnen keine. Sie halten dieselben nicht allein der Leibesbeschaffenheit der Einwohner, sondern auch der Handlung, welche sie mit ihnen treiben, nachtheilig. Denn gleichwie es in Ansehung derselben auf die Leibesstärke und Geschicklichkeit dieser Leute in der Jagd ankommt: also muß sie nothwendig abnehmen, nachdem / diese Eigenschaften sich vermindern. [...] Die weiter in das Land hinein wohnende Indianer wollen keinen Brandtwein trinken, weil sie in der Meynung stehen, daß er sehr böse Wirkungen habe.
|P_206ff.
£{Hol-337,02-05}
Eine ganz sonderbare Gewohnheit haben sie noch, welche darin bestehet, daß wenn ihre Eltern so alt werden, daß sie sich nicht mehr durch eigene Arbeit erhalten können, sie von den Kindern verlangen sie zu / erwürgen, und es wird bey den Kindern als eine Pflicht ihres Gehorsams angesehen, solches zu thun. Dieser letzten Schuldigkeit entledigen sie sich auf folgende Weise. / Wenn das Grab eines alten Menschen gemachet worden: so begiebt er sich in dasselbe, und nachdem er sich mit seinen Kinder unterredet und eine Pfeife geschmaucht, oder, / auch vielleicht einen Schluck oder zween mit ihnen getrunken hat: so deutet er ihnen an, daß er fertig sey. Hierauf legen ihm zwey von den Kindern, deren eines auf einer / und das andere auf der entgegengesetzten Seite steht, einen Riemen um seinen Hals, und ziehen denselben so gewaltig, bis er erwürget ist. So dann bedecken sie ihn mit Erde und richten auf demselben eine Art von einem schlechten und groben steinernen Denkmahle auf.
|P_219f.
£{Hol-336,17-19}
Ein Indianer, welcher mit seiner Familie von einem weit entlegenen Orte nach der Factorey zu handeln kam, hatte das Unglück unterwegens wenig Wild anzutreffen, so daß er, sein Weib und seine Kinder in kürzester Zeit zur äußersten Noth gebracht / waren. [...]; und so dann erhielten diese armen Menschen sich, welches man sich ohne Schrecken nicht vorstellen und ohne Entsetzen nicht erzählen kan, mit dem Fleische zweyen ihrer Kinder, welches sie aßen.
|P_255
£{Hol-336,11}
Als wir uns in diesem gefährlichen Zustande befanden, kamen sechs Kähne voller Eskimaux zu uns vom Lande mit Fischbein, welchen wir von ihnen kauften. Sie sahen die Noth, worin wir waren, gar wohl, aber sie hatten im geringsten die Gedanken nicht sich dieselbe zu Nutze zu machen, sondern waren vielmehr so wohl sehr freundlich als dienstfertig: so ruderte ein alter Mann, [...]. Was also die französischen Schriftsteller, oder auch einige von den unsrigen dem Charakter dieser armen Leute zum Nachtheil sagen mögen: so müssen wir doch, wenn wir billig seyn wollen, gestehen, daß sie uns nicht allein leutseelig, sondern auch mit großer Liebe und Freundschaft begegneten.
P_256
£{Hol-336,11}
So wohl hieraus, als aus der großen Gleichförmigkeit ihrer Sprache, Personen und Sitten schließen wir, das sie ursprünglich ein Volk gewesen seyn; zugleich aber muß man gestehen, daß diese so wohl leutseeligere, freundlichere und besser geartetet Menschen als auch vollkommene Künstler in verschiedenen Gattungen mechanischer Arbeiten sind, welche sie von der gemeinen Lehrmeisterinn, der Nothwendigkeit, so die einzige Mutter der Erfindung unter ihnen ist, gelernet haben.
|P_257f.
£{Hol-129,11f.}/ £{Hol-336,13f} / £{He8-64}
Wenn sie in die See auf die Fischerey gehen, so nehmen sie in ihren Boten insgemein eine Blase voll Thran, so wie unsere Botsleute eine Flasche Brandtwein, mit sich, und scheinen denselben mit eben solcher Lust zu trinken; ja wir haben zuweilen gesehen, daß sie, wenn der Vorrath / zum Ende war, die Blase selbst dem Ansehen nach mit vielem Vergnügen durch die Zähne gezogen haben. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind sie durch die Erfahrung von der heilsamen Würkungen dieser schlechten [sc. schlichten] Art von Oel in diesem rauhen Himmelstrich überführt, welches die Ursache seyn mag, daß sie darnach so begierig sind; [...].
|P_270
[Kontakt zum großen westlichen Ocean ??]
|P_308f.
£{He8-07} / £{Hes-061,07} / £{Kae-084,08} / £{Kae-266,19f} / £{Doh-060,11f.}
Herr Richard Ligon [...] / meldet darin, daß die Feuchtigkeit der Luft [auf Barbados] damahls so groß gewesen sey, daß Messer, Schlüssel, Nadeln, Degen &c. so gar in einem Augenblick verrostet wären; denn man halte, sagt er, sein Messer an den Schleifstein und schleife allen Rost ab, und so dann in die Tasche; man ziehe es nach einer kurzen Zeit wieder heraus, so wird man finden, daß es überall zu rosten angefangen habe; [...]. Er setzt noch hinzu, daß auch Schlösser, welche man nicht öfters braucht inwendig rosten und unbrauchbar werden, und daß große und Taschen-Uhren selten oder niemahls richtig gehen, welches alles von der Feuchtigkeit der Luft herrühret.
|P_320f.
Treibholz