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Salmon (1732ff.) | ![]() |
Die heutige Historie oder der gegenwärtige Staat von allen Nationen, worinn
ihre Länder, Lage und Beschaffenheit, ihre Personen, Kleidung, Gebäude,
Sitten, Gesetze, Gewohnheiten, Religion, Policey, Künste und Wissenschaften,
Handlung, Handwercke, Acker-Bau, Pflantzen, Thiere, Mineralien und andre
Merckwürdigkeiten ausführlich beschrieben werden. [...] aus dem
Englischen Original des Herrn Capitain Salmon ins Teutsche getreulich
übersetzt und mit den Zugaben des Herrn M. van Goch, M. D. aus der
Holländischen Edition vermehret.
1732ff.
Benutzt ist das Darmstädter Exemplar in <17> Gü 13.155. Der in dieser ansonsten
vollständigen Serie fehlende Band über die Sunda-Inseln (1733b) nach dem
Berliner Exemplar <1> Up 7564.
Der 1747 erschienene Band auch; SBBPK Berlin: Bibl. Diez qu. 610:1
|B_Sa-China__(1732)__
[ Salmon 1732:
China, Tartarey,
Tunking, Cochin-China
*************
Vierte Version (M. Witte)
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11. Oktober 2000 / 16.01.2006 / 28.06.2008
***************]
|P_0
001: Kap 1 Lage und Grösse ..
015: Kap 2 Beschreibung des Städte, ...
026: Kap 3 der Chineser Genie, Statur, Complexion ...
041: Kap 4 Von ihren Manufacturen, Handlung ...
048: Kap 5 Natur des Erdbodens, Ackerbau, Gärten, Pflantzen, Thiere und Mineralien
058: Kap 6 Gelehrsamkeit, Künste und Wissenschaften ...
069: Kap 7 Titul des Kaisers, ...
085: Kap 8 Religion, ...
099: Kap 9 Heyrathen, Weiber, Kinder, ...
106: Kap 10 Leich-Begängnisse, ...
112: Kap 11 Corea, Insuln die zu China gehören ... Anmerckungen über
der Chineser Handlung und Sitten
120: Kap 12 Nachricht von den Tartarn, die in diesem Reiche wohnen
122: Kap 13 Anhang I / Von dem einländischen und ausländischen Handel
127: Kap 14 Anhang II / Nachricht von den Schicksalen der Christlichen Religion in China, ...
142: Gegenwärtiger Staat von Tonquin
142: Kap 1 Lage und Grösse ...
150: Kap 2 Städte, Festungen, [...] wie auch von dem Naturell, Temperament ...
158: Kap 3 Handwercke, Kauffmannschafft, ...
163: Gelehrsamkeit, ...
170: Gottesdienst, ...
175: Gegenwärtiger Staat von Cochin-China
175: Kap 1 Name, Lage, Grösse, ...
178: Kap 2 König, Regierung, ...
182: Kap 3 Gottesdienst, ...
183: Kap 4 Leibes-Gestalt, Naturell ...
187: Kap 5 Von ihren Künsten und Wissenschafften, ...
189: Kap 6 Beschreibung der Insul Condore, und eine Nachricht von dem Untergang der
Englischen Colonie
192: Letzte Seite
|P_7
£{Hol-228,22-25} / £{Rin-377,06-08}
»Da China sich vom 21sten Grad bis auf den
42sten Norder-Breite erstrecket, so ist der längste Tag im Süden ohngefehr
vierzehntehalb Stunden, im Norden aber 15 Stunden lang. Die Nördlichen Provintzen
haben gemeiniglich einen sehr starcken Winter 4 Monathen hindurch, vom Anfang des
Novembris nehmlich, bis zum Anfang des Martii, sintemahlen die Flüsse und Graben
durchgehends so dick mit Eiß beleget werden, [...]. In den Südlichen Provintzen
wissen sie von keinen Frost oder Schnee, [...].«
|P_12
£{Hol-229,02-13} / £{Rin-377,11-18}
»Von diesem grossen Canal sind wieder
unterschiedliche schmählere gezogen, welche abermahls in kleinere Bächlein
vertheilet werden, so gemeiniglich sich bey einem Dorff oder Städtgen endigen. Uber
diese Canäle haben sie allenthalben Brücken geschlagen von drey - fünf -
oder sieben Schwibbogen lang. Der mittelste Schwibbogen ist immerfort von solcher
Höhe, daß die Schiffe unter durch gehen können, sonder ihren Mast
abzunehmen. [...] Einer von diesen, der grosse Canal genannt, gehet von Canton, der
südlichsten Landschafft in China, bis an der Haupt-Stadt Peking in Norden. Selbiger
ist in einer Strecke 1200 Meilen lang, [...]. Weil in einem solchen langen Strich Landes
das Erdreich nicht allzeit eben seyn kan, so haben sie an statt der Schleusen
unterschiedliche grosse Wasser-Fälle, die nach Beschaffenheit der unterschiedlichen
Höhen einen mehr oder weniger schnellen Fall haben. Nahe an diesen Wasser-Fällen
sind ein Hauffen Leute postiret, welche die Schiffe so gegen den Strom seegeln hinauf
ziehen müssen. Am Ufer der Ströme sind unterschiedliche Krahnen hingestellet. An
selbigen befestigen sie das Schiff rund umher mit starcken Thauen, und ziehen es alsdenn
mit grosser Mühe und Gefahr in den obersten Canal hinauf. Der Gebrauch der Schleusen
ist ihnen gäntzlich unbekandt, [...].«
|P_15
£{Hol-229,14-19} / £{Rin-377,18-22}
»Erstlich also von der grossen Maur zu handlen, [...]. Die gantze
Länge mit allen Krümmungen soll sich nach Le Comte seinem Bericht auf
1500 Meilen erstrecken. In gerader Linie aber von Westen zu Osten mag
es wohl kaum die Helffte seyn. Diese Mauer ist von Quader-Steinen
erbauet, mit einem so wohl zubereiteten Mörtel, daß sie nunmehro 1800
Jahr gestanden ([...]) und doch sehr wenig verfallen ist. Einige
Nachrichten melden, daß die Maur viele Ellen dick und ungemein hoch
sey; aber die Czarische Gesandten nach China, und andere, welche die
Mauer neulich gesehen, haben befunden, daß sie nur 4 Faden dick, und
ungefehr 30 Fuß hoch: so breit aber, daß 8 Mann neben einander auf der
Spitze reiten können. Le Comte will, daß sie nur 5 Fuß dick sey, und
nicht nahe so hoch, als die Mauren ihrer Städte. Aber er hat entweder
einen Irrthum bey Abmessung der Dicke dieser Mauer begangen, oder es
sind durch einen Druck-Fehler fünf Fuß vor fünf Ellen gesetzet worden:
Denn alle stimmen darin überein, daß sie ungefehr 5 Ellen dick, und
zehn hoch sey.«
|P_16
£{Hol-229,19-23} / £{Rin-377,22 - 378,01}
»Die Chinesische Städte sind alle, so fern als der Grund es leydet, in
einer Form, das ist im Viereck gebauet. Zwey grosse Strassen gehen
immer creutzweiß mitten durch die Stadt, und theilen selbige in 4.
Viertheil; in dem Mittel-Punct der Stadt also, kan man 4 Haupt-
Strassen auf einmahl sehen. Die Thore stehen gerade gegen Osten,
Westen, Norden und Süden.«
|P_18
£{Hol-229,23-24} / £{Rin-378,01-02}
»Die Mauren dieser Stadt [Peking] sind 50 Ellen hoch, wie etliche
schreiben.«
|P_22
£{Hol-229,24-27} / £{Rin-378,02-05}
»Vor den Thoren der Stadt Nanking stehen unter andern zwey
merckwürdige Thürmer. Der eine wird der Porcellan-Thurm genannt, und
ist in achteckigter Figur 9 Stock-Werck und 200 Fuß hoch aufgeführet.
[...] Dieser Thurm hat schon über 400 Jahr gestanden, und ist noch
recht wunder-schön anzusehen. Le Comte siehet ihn, für das artigste
und am besten ausgesonnene Gebäude im gantzen Orient an.«
|P_27
£{Hol-230,10-13} / £{Hol-230,23-24} / £{Rin-378,13-15} / £{Rin-378,22-23}
»Sie sind immer beflissen die Neigungen und Gemüths-Beschaffenheit
derjenigen, mit welchen sie zu thun haben, zu entdecken; und fangen
gar, in solcher Absicht, einen recht vertraulichen Umgang mit ihren
grösten Feinden an. [...]
Es fallen keine Duelle unter ihnen vor, denn ihre gantze Rache
bestehet in heimlichen Streichen. Sie können ihre Bosheit nicht nur
verbergen, sondern scheinen auch bis zum äussersten Grad der
Unempfindlichkeit gedultig zu seyn; bis sie eine bequemere Gelegenheit
finden, ihrem Feind ein Bein unterzuschlagen.«
|P_28
£{Hol-230,02-09} / £{Rin-378,07-12}
»Es stimmen aber dennoch die meisten Scribenten darinn überein, daß
die Chineser gröstentheils Leute sind, mit breiten Gesichtern,
schwartzen Haaren, kleinen duncklen Augen, kurtzen Nasen, und einem
dünnen Bart, welchen sie langshin am Kinn und den Ober-Leffzen wachsen
lassen. Sie ziehen aber ihre Bart-Haare mit Zängleins an der Wurtzel
aus. [...] Die Gelehrten lassen die Nägels an ihrer lincken Hand 2
oder 3 Daum-breit länger, als die Finger wachsen, um sich dadurch von
den Künstlern zu unterscheiden.
Die Chineser sehen einen Menschen vor schön an, der lang und fett ist,
doch muß er nur ein wenig grösser als ordinaire seyn. Wann er darbey
eine breite Stirne, kleine Augen, eine kurtze Nase, grosse Ohren,
kleinen Mund und einen langen Bart hat, wird er für einen vollenkommen
schönen Kerl gehalten. Eine grobe Stimme wird auch für keine geringe
Vollenkommenheit angesehen, [...].«
|P_29
£{Hol-231,01-04} / £{Rin-378,26-28}
»Am allermeisten aber sind ihre kleine Füsse zu bemercken, welche ihre
gröste Schönheit ausmachen. So bald ein Mägdgen gebohren ist, werden
ihre Füsse so hart eingewickelt und eingeschnüret, daß sie unmöglich
wachsen können. Dahero sind sie schlecht zu Fuß, weil ein erwachsenes
Frauenzimmer nicht grössere Füsse hat, als bey uns ein Kind von 3
Jahren.«
|P_31
£{Hol-231,07-08} / £{Rin-378,31}
»Die Chineser sind gar nicht eckelhafft im Essen. Sie speisen nicht
nur alle Sorten von Thieren, Vögeln und Fischen, welche die Europäer
essen; sondern Pferde-Fleisch, wird bey ihnen für einen ungemeinen
Lecker-Bissen gehalten; ja Hunde, Katzen, Schlangen, Fröschen, und die
meisten Arten von Gewürm werden von ihnen nicht verschmähet: [...].«
|P_31-32
£{Hol-231,14 - 232,02} / £{Rin-379,02-09}
»Sie brauchen weder Tisch-Tuch, noch Servietten, Messer, Gabel, oder
Löffel: sondern an der letztern Stelle 2 kleine runde Stöckgen von
Eben- oder andern Holtz, welche unterweilen an der Spitze mit Silber
beschlagen sind, [...]. Sie brauchen hohe Stühle und Tische, wieder
die Gewohnheit aller Orientalischen Völcker, welche mit Creutz-weiß
über einander geschlagenen Beinen auf dem Estrich sitzen. Es hat aber
bey einem Gast-Gebot jede, oder auch jede zwey Personen ein kleines
lackirtes Tischgen für sich, auf welchem ihm sein Reiß und übrige
Gerichte in kleinen Porcellanen Näpfgens oder Schälgens vorgesetzet
wird: unterweilen brauchen sie auch Schüsseln.
Thee ist ihr vornehmstes Getränck. Wein haben sie nicht, obwol gute
Trauben auf dem Lande häuffig wachsen. [...] Kalt Wasser trincken sie
niemahls: Denn das Wasser ist in China überhaupt schlecht, [...].
Diese Völcker durch die Banck essen ihre Speisen gantz kalt, und
trincken ihr Geträncke sehr heiß. Bey ihren Gastereyen aber gebrauchen
sie so viele Ceremonien, daß dadurch gantz gewiß das Vernügen beym
Essen und Trincken sehr muß vermindert werden. Daher muß einer in
jeder Gesellschafft den Tact schlagen, damit alle gegenwärtige
Personen ihre kleine Stöckgen zugleich aufheben, und zu einer Zeit ihr
Essen zum Munde führen können. [...]
Hernach wird einem jeden auf seinem Tisch ein Gericht Fleisch
vorgesetzet. Wenn der Wirth, der da tractiret, das Zeichen giebet,
ziehen sie ihre Stöckgen aus dem Gürtel heraus, und putzen sie. Darauf
fahren sie darmit in die Schüsseln, und wissen sehr manierlich ein
Stück Fleisch zum Munde zu führen.«
|P_33
£{Hol-232,02-06} / £{Rin-379,10-12}
»Sie sitzen wie Le Comte vermeldet, mannigmal 3 oder 4 Stunden
stillschweigend bey dem Tisch, und wenn der Haus-Herr vermeinet, daß
ein jeder zur Genüge gegessen habe, giebt er ein Zeichen, daß man
aufstehen solle. Alsdann spatzieren sie eine Viertel-Stunde im Garten
oder in einem andern Zimmer des Hauses herum; [...]. Währender Zeit,
[...], tritt eine Bande Comoedianten ein, um die Gesellschafft mit
einem Schau-Spiel zu erlustigen.«
|P_34
£{Hol-232,14} / £{Rin-379,17}
»Flüche und unsaubere Reden werden niemals, wie man sagt, unter ihnen
gehört.«
|P_36
£{Hol-233,03-05} / £{Rin-379,22-23}
»Die Chineser haben einen solchen Abscheu vor die Entblössung des
Hauptes beym Grüssen, daß sie es vor eine Unhöfflichkeit rechnen mit
blossem Haupt, vor einem vornehmen Mann zu erscheinen.«
|P_37
£{Hol-230,25} / £{Hes-187-188} / £{Rin-378,23}
»Ungeachtet das Spielen in den Gesetzen der Chineser verboten ist,
gehet es doch starck unter ihnen im Schwange. Man hat Exempel daß
etliche von ihnen dem Spiel so unmäßig ergeben gewesen sind, daß sie
ihre Güter, Weiber, und Kinder verspielet haben: [...].«
|P_41
£{Hol-234,15-17} / £{Rin-380,09-10}
»Die Haupt-Figur in ihren Seiden-Zeug ist der Drache.«
|P_43
£{Hol-233,12-17} / £{Rin-379,28-31} / £{Hol-197,16-22}
»In China muß auch billig eine Art von weissem Wachs
bemercket werden, welches nicht von Bienen zusammen getragen, sondern
von gewissen Bäumen gesammlet wird; [...]. Ein gewisser Wurm nicht
grösser als eine Fliege, bringet ihnen solches Wachs zu wege:
Selbiger Wurm kan so scharf stechen, daß sein Biß durch die
Rinde bis durch den Stamm der Bäume gehet. Der Land-Mann sammlet
die Eyer dieses Wurms im Frühling, aus welchen die Würmer
hernachmahls herauskriechen. Solche junge Würme setzen sie hin an
den Wurtzeln etlicher Bäume, die ihnen gelegen stehen. Nachmahls
kriechen solche von selbst weiter hinauf, und zertheilen sich über
den gantzen Baum, und fressen ihn recht bis an das Marck durch, worauf
denn aus den Löchern, die sie gemacht haben, ein Wachs so
weiß, als der Schnee heraus fliesset. Solches hänget
Tropfen-weiß an den Bäumen, und wird von den Bauren
gesammlet, in Kuchen zusammen geknetet, und so zu Marckte
geführet.«
|P_45
£{Hol-234,05-07} / £{Rin-380,02-04}
»Der feine Firniß, oder Lack, mit welchem die Chineser beydes ihre
irrdene und höltzerne Waaren überstreichen, wird nicht mit Kunst
verfertiget: sondern ist ein Gummi, welcher als ein Hartz aus den
Bäumen trieffet. [...] Dieser Firniß conservirt das Holtz, und gibt
ihm auch einen schönen Glantz.«
|P_45-46
£{Hol-233,18 - 234,03} / £{Rin-379,32 - 379,35}
»Das Papier wird in China von der inwendigen Rinde des Bambo Baums
gemacht, oder auch von breitem hohlen, knottigten Rohr, [...]. Das
Papier ist sehr dünn und glatt, und mit einem Firniß überzogen, um das
Durchschlagen der Dinte zu verwehren. Es ist aber nicht so dauerhafft,
als das Europäische Papier. Denn weil es von Baum-Rinden gemacht ist,
kommt der Wurm leicht darinn. Aus dieser Ursache haben sie auch keine
alte Manuscripta in China, und ihre Bibliotheqven bestehen blos aus
Copien von avthentiqven Originalien, weil sie nach weniger Jahre
Verlauff immer ihre Bücher wieder abschreiben müssen.«
|P_46
£{Hol-234,18-20} / £{Rin-380,10-12}
»Ihre Dinte wird von Ruß der Lampen, welches aus unterschiedlichen
Materialien gezogen ist, verfertiget. Die beste aber wird aus Schwein-Fett, das
in einer Lampen gebrannt ist, gemacht. Sie thun eine Art von
Oel dazu, und parfumiren es, welches einen guten Geruch giebet.«
|P_48
£{Hol-233,07-11} / £{Rin-379,25-27}
»China, gleich wie andere Länder von einem grossen Bezirck, bestehet
aus Bergen und Thälern: jene aber so wohl, als diese werden so platt
und eben gemacht, als nur immer möglich, und wie die Gärten in kleine
Länder eingetheilet. Die Hügels und Berge graben sie in Terrassen,
oder kleine mit Menschen-Händen gemachte Flächen von oben bis unten
ab: so daß das Wasser, welches sie in Canälen von einem Feld zum
andern leiten, überall in gleicher Menge hinfliessen kan. Diese
Tarrassen[!] werden von unten bis oben hinan immer kleiner und
kleiner: und auf solche Weise machen sie durch Kunst und Arbeit die
Erde auf den Bergen eben so fruchtbar, als die Thäler.«
|P_51-52
£{Hol-206,19 - 207,04} / £{Rin-362,11-17}
£{Hol-233,17} / £{Rin-379,31-32}
»Der Thee, oder wie sie ihn nennen Teha, ist ein Gewächs, so nur in
diesem Lande allein anzutreffen. [...] Ob gleich aber es etliche sehr
hohe und dicke Bäume giebet, welche, gleichwie die Dornen-Büsche
unterweilen zu einer erstaunliche Höhe aufschiessen: so rechnet man
dem Thée-Baum doch nur unter die Büsche und Stauden-Gewächse, weil er
gemeiniglich ungefehr so hoch, als ein Rosen-Busch wächset. [...] Der
Medicus des Englischen Comptoirs zu Chusan Mons. Cumingham, erzehlet
uns, daß die 3 Sorten von Thée, welche man nach Europa gemeiniglich
herausschleppet, alle von einer Pflantze genommen werden, und das bloß
die Jahrs-Zeit, zu welcher es gesammlet wird, und die Manier es zu
trocknen, den Unterscheid machet. Thée_Bou oder Voüi von etlichen
Bergen in der Provintz Fokien, woselbst der Thée wächst, also genannt,
ist das erste grün, so sich an diesem Baum sehen läst, und wird im
Anfang des Martii gesammlet, und im Schatten getrucknet: Thée_Bing,
oder Kaiser-Thee ist das andere Gewächs im April Monaht; und Singls,
oder gemeiner grüner Thée, das dritte im May und Junio, welche beyde
in kleine Pfannen über dem Feuer gedörret werden. Der Thée-Strauch ist
immer grün und blühet vom October bis an den Januarium.«
|P_52Anm.
£{Hol-207,04-06} / £Pil-351,12-15} / £Pil-353,22-23} / £{Rin-362,17-18}
»Der Thée, welcher Norden in China gesammlet wird, soll weit besser
seyn, als derjenige, welcher Süden im Reiche fällt. Daher kriegen auch
die Russen gemeiniglich bessern Thée über Siberien, als die Engländer
aus Canton. Weil die Russen aber ihre Packen nicht allzuwohl in acht
nehmen, zieht ihr Thée offt einem frembden Geschmack an sich.«
|P_53
£{Hol-234,03-05} / £{Rin-380,01-02}
»Es giebt noch eine Art von Rohr oder Rotting, welche in China auf den
Bergen wächset, und Rattang oder Japonisch Rohr genannt wird. [...]
Diese Rattangs sind sehr zähe, dahero sie selbige zusammen flechten,
und Stricke daraus machen. Die Javaneser und Japoneser machen Ancker-
Thauen davon, welche so bald nicht im Wasser verfaulen, als die von
Hanf thun.«
£{Hol-233,18-19} / £{Rin-379,32-33}
»Sie haben noch eine andere Art von knottigtem Rohr Bambou genannt,
dessen Stamm offt so dick wächst, daß manche es unter die Bäume
zehlen. [...] Von dem Bambou verfertigen sie auch offt Canoes oder
Böte, welche, weil das Rohr leicht ist, mit einer ungläublichen
Geschwindigkeit dahin gerissen werden. Sie brauchen das Bambous-Holtz
auch an statt des Zimmers in ihren Häusern und Gebäuden.«
|P_53Anm.
£{Hol-208,13-14} / £{Rin-363,13}
»Wenn der Bambou jung ist kan man das Marck essen, solches ist auch
das vornehmste Ingrediens in den delicaten Lecker-Bißlein Aetjaers
genannt.«
|P_54
£{Hol-234,13-15} / £{Rin-380,08-09}
»Es giebt auch in China grosse Wälder von Maulbeer-Bäumen,
insbesondere in der Provintz Chekiang, mit deren Blättern sie ihre
Seiden-Würmer speisen. Einige von diesen Wäldern werden jährlich
gekappet, weil die Seide von denjenigen Würmern, welche mit den
Blättern, so von den jungen Sprossen ausschiessen, gefüttert werden,
die beste ist.«
|P_54Anm.
£{Hol-209,04-07} / £{Rin-363,29-31}
»Die rechte Radix Chinae, Lampatum oder Folin in China genannt,
wächst, dem Bericht der Reisenden nach, allein in der Provintz
Suchuen, bey Liping, in den alten Fichten-Wäldern. [...] Die unechte
Radix Chinae wächst überall, und diese wird allein zu uns
herausgebracht. Die rechte Rhabarber wird in China in den Provintzen
Suchuen und Xensi mit grosser Mühe gebauet. Einige sagen, daß sie auch
in der Mongalischen Tartarey bey Selingskoy herum wachsen soll, und
von dannen wird sie durch unterschiedliche Wege nach Europa geführet.
Doch die letztere Art ist nicht eigentlich Rhabarber, sondern
Rhaponticum.«
|P_54-55
£{Hol-209,07-08} / £{Hol-209,11-12} / £{Hol-234,07-09}
£{Rin-363,31-32} / £{Rin-364,01-02} / £{Rin-380,04-05}
»Die Chineser scheinen auf keine Pflanze mehr zu halten, als auf die,
welche sie Ginseng nennen. [...] Die Wurtzel wird in Würffeln
zerschnitten, und in ein halb Quartier Wasser gethan, und so lange
gekocht, bis es auf eine Coffé-Tasse voll weggesotten ist, und
hernachmals mit ein wenig Zucker getruncken. [...]. Sie sammlen es in
der Provintz Leaotung und den benachbarten Gebürgen der Tartarey,
woselbst es in den dicksten Wäldern am Rande der Ströhme oder um die
Klippen herum bey den Wurtzeln der Bäume mitten unter andern Kräutern
häuffig wächset. Es wird Ginseng, das heist Manns-Pflantzen genannt,
weil die Wurtzel sich in zwey Aeste gleich den Lenden eines Mannes,
theilet.«
|P_56
£{Hol-234,21} / £{Rin-380,12}
»[...] der Kaiser Veu, welcher selbst mit eigener Hand gepflüget hat.
[...]. Es ward auch zu den Zeiten ein Fest angestellet, welches noch
jährlich um das AEquinoctium im Frühling gefeyret wird, [...]. Der
Kaiser Hiacu hat, [...], sich in seinem Alter auf die Haushaltung
gelegt, und 3 Jahre vor seinem Todt seinen Unterthanen zum Beyspiel
den Acker zu pflügen, und zu besäen, angefangen.«
|P_57
£{Hol-176,03-05} / £{Rin-345,13-15}
»Ausser den Netzen und andern in Europa zum Fisch-Fang gebräuchlichen
Geräthschafft, brauchen sie grosse den Reihern nicht ungleiche Vögel
dazu. Solche ziehen die Fischer selbst auf und die Vögel sind ihnen
eben so gehorsam, als Jagd-Hunde oder Falcken bey uns den Jägern.
[...] Sie haben aber einen Strick um den Hals, welcher sie verhindert
die Fische zu verschlingen, bis daß der Fischer vermeinet gnug zu
haben: als denn macht er sie loß, und läst sie für sich selbst
fischen.«
|P_60
£{Hol-235}
»In der Philosophia naturali, oder Physica verstehen sie gar wenig:
von der Logic wissen sie gar nichts: ihre Geometrie ist sehr
superficielle und gar nicht gründlich, und erstrecket sich nur auf
etliche wenige Propositiones und Algebraische Problemata. Ihre Rechen-
Kunst ist etwas besser. Doch brauchen sie keine Ziefern[!] als die
Europäer. Wenn sie rechnen, haben sie einen kleinen 1_1/2 Fuß langen
Tisch. Quer über solchen sind 10 oder 12 kleine Stöcke paralel gegen
einander übergezogen: auf selbige ziehen sie unterschiedliche
bewegliche Knöpfe auf. Diese schieben sie von und an einander, rechnen
auch auf solche Art, wie die Europäer mit Rechen-Pfenningen. Ihre
Music, welche sie praetendiren erfunden zu haben, verdienet kaum den
Nahmen.
£{Hol-235,02-05} / £{Rin-380,14-16}
Auf die Astronomie haben sie sich von selbst mit grossem Fleiß gelegt,
und über 400 Observationes so wohl von Sonn- und Mond-Finsternissen,
als von Cometen und Conjunctionen der Planeten gemacht. Dem ungeachtet
aber waren sie in allen den Dingen gar nicht accurat, und haben viele
Dinge besser eingerichtet, nachdem die Jesuiten zu ihnen gekommen, ja
sie haben so gar gelitten, daß diese Patres ihren Calender
verbesserten.«
|P_63
£{Hol-235,04-13} / £{Rin-380,16-21}
»Ehe die Jesuiten ins Land kamen, und es ihnen besser zeigten, konnten
sie gantz und gar keinen richtigen Calender verfertigen: ihre Tabellen
von den Sonn- und Monds-Finsternissen waren so unrichtig, daß sie nur
mit genauer Noht vorher sagen konnten, um welche Zeit eine Sonnen-
Finsterniß einfallen würde. Diese ihre Unwissenheit zu bemänteln,
gaben sie vor, daß im Himmel ein ungemeiner grosser Drache sey, der
ein Haupt-Feind des Mondes und der Sonnen wäre, und immer bereit
stünde sie zu fressen. Wenn also eine Sonn- oder Mond-Finsternis
einfiel, schlugen sie Hauffenweis auf ihre Trommeln und Kessel, um das
Ungeheur von seiner Beute abzujagen.«
£{Hol-235,20-236,03} / £{Rin-380,26-29}
»In der Chinesischen Sprache sollen, wie Le_Compte sagt, ungefehr 330
Wörter seyn, welche alle einsylbig sind, oder wenigstens ihrer
Aussprache nach es zu seyn scheinen. Die Bedeutung dieser Wörter
vermehret sich nach dem unterschiedlichen Thon, den man ihnen giebet:
[...]. Uberhaupt haben sie 5 Thöne oder Claves, in welchen man ein
jedes Wort, nach dem unterschiedlichen Verstand, so man ihm geben will
aussprechen kan. Wenn man also den Accent auch noch so wenig
verändert, und in einem andern Thon verfällt, kömmt offtmals ein
lächerlicher oder gantz wiedriger Verstand heraus: [...].«
|P_64
£{Hol-236,03-05} / £{Hol-236,09-10} / £{Rin-380,29-31} / £{Rin-380,34-35}
»Die Chineser haben kein ABC, ein jeder Character ist eine Sylbe, oder
ein gantzes Wort, und mag eher eine Figur, als ein Buchstaben genannt
werden. [...] Diese Menge von Characteren ist, wie Le Comte bemercket,
eine Haupt-Ursache, warum die Chineser nicht weiter in den
Wissenschafften gekommen sind. [...] Diejenigen welche 15 oder 20.000
Characteres kennen, werden vor gelehrte Leute angesehen: in allen aber
sind ihrer 24.000.«
|P_65
£{Hol-236,15-17} / £{Rin-381,02-04}
»Die Buchdrucker-Kunst, so wie sie denn beschaffen ist, ist schon
lange Zeit in China im Schwange gewesen. Sie graben die Wörter in
Tafeln ein, wie wir unsere Kupffer-Stiche, und setzen die Buchstaben
nicht zusammen, [...]. Der Auctor eines Buchs in China läst sein Werck
erstlich sauber abschreiben. Hernachmals leimet der Kupfer-Stecher
jedes Blatt über ein gantz glattes Bretlein, und schneidet die
Characteren nach dem beschriebenen Papier aus, so daß der Schnitt dem
Original vollkommen ähnlich wird, [...].«
|P_65-66
£{Hol-236,18-21} / £{Rin-381,04-06}
»Sie haben auch Gradus Academicos, die mit unsern (nemlich den
Englischen) Baccalaureis, Magistris und Doctoribus übereinkommen.
[...] Den dritten Gradum kan niemand anderswo erlangen, als in der
Kaiserlicher Residentz-Stadt Peking. [...] Der Kaiser examiniret die
Candidaten offtmals selber, und weil er ungeachtet seines hohen
Standes, in seiner Jugend zu den Studiis und allen Wissenschafften
angeführet worden, ist er kein ungeschickter Richter über ihre
Meriten. [...] Einige von ihnen [sc. den Doctoribus] werden in der
Königlichen Academie gezogen, aus welcher sie zu den höchsten Posten
des Reichs avanciren.«
|P_67
£{Hol-236,21-23} / £{Rin-381,07-08}
»Was ihre Chronologie betrifft, so sollen laut ihrer Historie 40.000
Jahr seit der ersten Gründung des Reichs verflossen seyn. Dabey aber
gestehen sie auch, daß alle Historische Monumenta und alte Urkunden
vor 2.000 Jahren von einem ihrer Kaiser [Xi hoamti, welcher 246 Jahr
vor Christi Geburt gelebet haben soll.] sind vertilget worden, und
läufft es also zuletzt mit diesen Vorgeben von dem Alterthum ihrer
Monarchie auf eine leere Tradition hinaus. Wie Le Comte berichtet, so
sollen die Gelehrten unter ihnen vom Anfang ihrer Monarchie bis auf
gegenwärtige Zeiten nur 4.000 Jahre rechnen: [...].«
|P_75
£{Hol-236,24 - 237,06} / £{Rin-381,09-14}
»Ihre Gesetze treiben auf nichts so sehr als den Gehorsam und
Unterthänigkeit gegen die Eltern. Wann ein Vater seinen Sohn eines
Verbrechens halber bey der Obrigkeit verklaget, bedarff die Sache
keines weitern Beweises. Der Sohn wird für schuldig angesehen, und muß
ohne fernere Untersuchung der Sachen mit dem Kopff bezahlen.
Unterstehet ein Sohn sich aber, sich über seinem Vater zu moquiren,
oder gewaltthätiger Weise Hand an ihn zu legen, so kommt das gantze
Land darüber in Bewegung, und das End-Urtheil zu sprechen, wird dem
Kaiser selbst vorbehalten, die Richter des Orts, wo solcher Frevel
verübet worden, werden abgesetzt, und die sämmtlichen Nachbaren hart
angesehen, als wenn sie solche sträffliche Bosheit hätten stärcken
helffen. Denn man setzet zum voraus, daß sie schon vor langer Zeit bey
anderer Gelegenheit dessen hätten inne werden müssen; weil nach ihrer
Meynung kein Mensch auf einmal zu einen solchen Grad der Boßheit
kommen kan. Der Missethäter wird in diesem Fall verdammt in 10,000
Stücke zerhauen, und hernach verbranndt zu werden. Sein Haus und Güter
werden verstöhret, wie auch diejenigen, so nächst daran stehen, damit
ein ewiges Andencken eines solchen abscheulichen Verbrechens
überbleiben möge.«
|P_75-76
£{Hol-237,06-09} / £{Rin-381,14-17}
»Das nächste Gebot, welches sie nach diesem einschärffen, ist, daß man
die Obrigkeit ehren müsse: welche die Person des Kaisers praesentirt.
[...] Das dritte Gebot, welches wohl eben so viel als die vorigen
eines zur Erhaltung des Friedens und der Ruhe im Lande abgezwecket
ist, handelt von der Höfflichkeit und dem Respect, den einer dem
andern zu erweisen verpflichtet ist. Davon ist schon oben gemeldet
worden, da wir von ihren Visiten und dem darbey üblichen Ceremoniel
geredet haben, [...]. Weder der Diebstall noch der Ehebruch, ob schon
den Beleidigten dabey eine grosse Gewalt wiederfahren, wird nicht mit
dem Tode gestrafft, sondern nur mit der Bastionade: [...].«
|P_77
£{Hol-237,09} / £{Hes-192,06-07} / £{Rin-381,17}
»Die gemeinste Strafe unter den Chinesern ist die Bastionade, oder
etliche Stock-Schläge auf den Steuß, wobey der, so die Execution
ausstehen soll, sich auf das Angesicht legen muß. Hiervon sind die
Mandarinen selbst nicht frey, und solches wird auch für keinen
sonderlichen Schimpff gerechnet.«
|P_85-86
£{Hol-237,20 - 238,18} [Nicht!]
»Es sind heutiges Tages 3 Secten in China. Erstlich die Nachfolger von
Li-Laokun, welche nach ihrem Bericht über 500 Jahr vor Christi Gebuhrt
gelebet haben. Er lehrete, Gott habe einen Cörper und mancherley
geringe Götzen unter sich: seine Anhänger legen sich auf die Magie,
und bemühen sich einen Tranck zu verfertigen, der die Menschen
unsterblich machen soll.
Die andere ist die Secte der Gelehrten, welche Discipul und Nachfolger
des weit-berühmten Confucii (a) sind, der viele schöne Sitten-Lehren
hinterlassen, und seine Lands-Leute in der Philosophie unterrichtet
hat. [../.]
-----------
[Anmerkung] (a) Dieser berühmte Philosophus, von welchem
nicht nur die Chineser, sondern auch alle Europäer und vornehmlich die Herrn
Jesuiten, und einige ihrer Freunde unter den Protestantischen
Philosophis in Teutschland selbst ungemein viel Wesens machen, verdienet wohl,
daß man ein wenig umständlicher von ihm handle als der Herr Salmon
gethan hat. Er führt bey den Chinesern unterschiedliche Nahmen, als ein Cum, Fu,
Ci aus welchen Confucius, oder wie Dionysius K...o ihn nennet
Confucius scheinet zusammen gesetzet zu seyn. Der Zeit wegen, zu welcher er
gelebet, sind die Chineser selbst nicht recht einig, doch gehen alle Nachrichten dahin,
daß er im fünften oder sechsten Seculo vor Christi Gebuhrt gelebet:
welches abermal zu einem Beweis, von der Unrichtigkeit und Ungewißheit ihrer
Chronologie dienen kann. [Die vorwiegend biographisch ausgerichtete Anmerkung
zieht sich bis p. 87.]
|P_87
Noch ist eine dritte Secte unter ihnen, welche weit zahlreicher, als
eine von den beyden vorigen; und den Götzen Fo, den sie den eintzigen
Gott der Welt tituliren, anbetet. Dieser Abgott soll 32 Jahr nach
Christi Himmelfahrt aus Indien ins Land gebracht worden seyn. Seine
Priester, die Bonzes, machen sich mit einigen Sitten-Lehren breit, und
behaupten, daß nach diesem Leben Straffen und Belohnungen zu gewarten
stehen.«
|P_89-90
£{Hol-238,02-06} / £{Rin-381,28-31}
»Weil der Kaiser ein Tartar ist, bleibet er bey der Abgötterey dieser
Nation, welche doch von der Chineser Aberglauben nicht weit entfernet
ist, ohne daß sie einen lebendigen Menschen anbeten, welchen sie den
grossen Lama nennen: doch meinet Le Comte, daß selbiger eben der
Abgott Fo sey, welcher allein unter einem sichtbahren Bilde angebetet
wird. Sie nennen ihn den ewigen Vater, und alle Ostliche Tartarn
bezeugen die gröste Veneration gegen ihn. Er läst sich an einem
duncklen Ort in seinem mit Lampen allein erleuchteten Pallast sehen.
Er sitzt mit Creutz-weiß über einander geschlagenen Beinen auf einem
Küssen, und ist mit den prächtigsten Kleidern immerzu angethan. [...]
Damit es auch das Ansehen haben möge, daß er unsterblich sey, erwehlen
seine Priester allemahl, wenn einer abgeht, einen aus ihren Mitteln[!]
der dem vorigen so ähnlich ist, als nur immer möglich: und daher
kommts, daß keiner von seinem Anbeten zweiffelt, daß er nicht ewiglich
lebe. [...] Seine Residence ist zu Barantola, woselbst er eine
Königliche Hof-Staat hält, sich aber gar nicht in die Weltliche
Regierung mischet, so daß man ihn mit Fag[!] [lies: Fug] den
Tartarischen Papst nennen kan.«
|P_89-90Anm
£{Hol-238,07-15} / £{Hol-294,06-10}
£{Rin-381,32 - 382,01} / £{Rin-404,29-32}
»Von diesem grossen Lama und den Sätzen seiner und seiner Anhänger
Religion haben die Catholischen Missionarii ein und andere Umstände
bekannt gemacht, welchen, wann sie wahr sind, nicht geringen Argwohn
erwecken, daß diese Religion nichts anders, als ein in das gröbste
Heidenthum degenerirtes Christenthum sey. [...] Sie sollen z. E.
lehren, daß ein Gott sey und drey Personen in dem einigen göttlichen
Wesen. Die erste Person nennen sie Lama-Conioc, die andere Cho-Conioc,
das ist das grosse Buch, die dritte heist Sanguya-Conioc, welches so
viel bedeuten soll, als das Anschauen und die Liebe der Herrlichkeit.
Die andere Person ist so wohl Auctor von ihren Gesetz, als das Gesetz-
Buch selber. Sie sagen: er habe sein Blut für das Heil des
Menschlichen Geschlechts vergossen, und sein gantzer Leib sey dabey
mit Nägeln durchbohret worden. [...] Der grosse Lama soll ebenfalls
eine Art eines Sacraments von Brod und Wein administriren, wovon er
etwas selbst geneust, den Rest aber unter die übrigen Lamas
austheilet, die bey solcher Ceremonie gegenwärtig sind.«
£{Hol-238,03-05} / £{Hol-293,20-23}
£{Rin-381,29-30} / £{Rin-404,18-20}
»In Summa, wo die Nachrichten wahr sind, so sind diese Dinge sonder
Zweifel noch etliche Ueberbleibsel von dem Nestorianischen
Christenthum, welches vormals in diesen Gegenden unter den Tartarn
floriret hat, bis Gengiz-Can sie conqvetirte, und alles in einem
andern Zustand setzte. Der Ort wo der grosse Lama residirt wird von
einigen Barantola, von andern Potala genennet.« [Ende der Anmerkung.]
|P_93
£{Hol-236,13-14} / £{Rin-381,01-02}
»Neuhoff erzehlet von einem Kaiser, der sich gäntzlich eingebildet, den
Tranck der Unsterblichkeit gefunden zu haben, den aber einer seiner Mignons auf folgende
Weise von dieser Thorheit abbrachte. [...]«
|P_99-100
£{Hol-239,06-09} / £{Rin-382,10-13}
»Braut und Bräutigam bekommen einander nimmer zu sehen, bis der Contract
zwischen den Eltern und Freunden geschlossen ist: und das geschicht gemeiniglich, wenn sie
noch rechte Kinder sind. Die Braut, wird auch hernachmals nicht einmal um ihren Consens
gefragt. Man kan die Mädgens recht als ein Stück von dem Schatz ihrer Väter
ansehen, indem der allerärmste Mann sein Weib kauffen muß, und keine Mit-Gabe
von ihr bekömmt. [...] Denn reiche und vornehme Leute lassen sich nicht an eine oder
zweyen, oder gar zwey und zwantzig Frauens genügen, sondern wollen ein 100 in ihrem
Seraglio haben, wann ihr Vermögen es ihnen sonst zuläst; [...].«
|P_100
£{Hol-237,10-12} / £{Rin-381,17-19}
»Wenn auch die Eltern arm oder unglückseelig sind, sehen sie es als ein
Werck der Barmhertzigkeit an, wie man sagt, daß sie ihre Kinder durch den Todt von
einem elenden Leben abhelffen, welches sie nicht leicht mit Gedult würden aushalten
können. Derowegen werden täglich so viele Kinder auf den Strassen und Heer-Wegen
exponirt, [...].«
|P_103
£{Hol-239,09-11} / £{Rin-382,13-14}
»Es wird dahero selten ein Hagerstoltz unter ihnen gefunden. Weil nun
die Lust zu heyrathen bey den Manns-Personen so groß, und das
Frauenzimmer ungemein fruchtbar ist, so stehet es nicht zu bewundern,
daß das Land so volckreich ist, insbesondere, da wenige von ihnen in
frembde Länder reisen, und selten ein Krieg oder eine Pest einfällt,
die viele Menschen wegraffet.«
|P_104
£{Hol-239,11-13} / £{Rin-382,14-15}
»Die Braut aber hat keine Ausflucht noch Hülffe mehr, sie muß sich
submittiren, [...]. Etliche Männer aber, wie Le Comte bemercket,
schicken die Braut, wenn sie nicht so angenehm ist, als sie vermuthet
haben, augenblicklich den Eltern wieder zurück, und wollen lieber den
Kauff-Schilling verliehren, als sich mit einer Frauen belästigen, von
welcher sie befürchten, daß sie ihnen eine Haus-Plage werden könne.«
|P_105
£{Hol-237,10-12} / £{Rin-381,17-19}
»Ich habe schon von ihrer Barbarischen Gewohnheit gedacht, nach
welcher sie ihre Kinder, wenn es Mädgen sind, tödten, oder exponiren:
sind es aber Knäblein, und sie befürchten, daß sie nicht im Stande
seyn werden, sich fortzuhelffen, so haben sie noch eine andre, fast
eben so grausame Gewohnheit, nemlich ihre Kinder zu castriren, um sie
im Stande zu setzen, vor andere in ein Seraglio gezogen zu werden.«
|P_115-116
£{Hol-239,14-19} / £{Rin-382,16-20}
»Die Waaren, welche man aus China heraus bringet, sind erstlich Thée.
[...] Thée_Bou scheinet bey ihnen nicht viel zu gelten: selbiger
bestehet aus langen braunen Blättern, und tingirt das darauf gegossene
Wasser sehr hoch. [...] Den Singlo- oder grünen Thée muß man auch nach
seinem guten Geschmack und heller Farbe aussuchen. [...] Kaiser- oder
Bing-Thée ist viel heller, als der grüne Thée, hat einen angenehmen
Geschmack, ist aber nicht so starck als der Singlo-Thée. [...] Ausser
dem Thée bringen unsre Kauffleute aus China Queck-Silber, Menning,
China-Wurtzel, Rhabarber, rohe und verarbeitete Seide, Kupffer in
Stangen gleich dem Siegel-Lack, Campfer, Zucker-Candies, Fächers,
Schildereyen, lackierte Waaren, Porcellan, Soya, Borax, Lazul-Stein,
Galanga, Tutanaque (welches eine Art von groben Zinn ist) und
unterschiedliche andre Kauffmanns-Waaren, welche hier in Canton eben
so wohlfeil eingekaufft werden, als in den Gegenden, da sie wachsen.«
|P_119
£{Hol-232,06-08} / £{Rin-379,12-13}
»Bey Winter-Tagen tragen die Leute eine lebendige Wachtel in der Hand,
um sich daran, als an einer Muffen zu wärmen.«
£{Hol-231,08-13} / £{Rin-378,32 - 379,01}
»Alles wird in China nach dem Gewicht verkaufft, als Eyer, Früchte,
Vögel, und auch nasse Waaren: man sagt von ihnen, daß sie ihre Hüner
mit Steinen und Sand füttern, damit sie desto schwerer am Gewicht
werden mögen. [...] Ein junger Edelmann, der dorthin eine Reise
gethan, berichtet, er habe einmal eine Parthey Schweine für das
Schiffs-Volck von den Chinesern gekaufft, welche aber alle gestorben,
und er zweifle nicht, daß ihr Todt von einem Gifft hergerührt, welches
die Eigner dem[!] Schweinen beygebracht, ehe und bevor sie an Bord
gekommen; denn er habe bemercket, daß dieselben Leute von welchen er
die Schweine gekaufft hatte, solche in ihren Böten wieder
auffischeten, als sie über Bord geworffen wurden. Denn sie bedencken
sich nicht lange, wie Mons. Lockyer saget, ein lebendiges Schwein für
ein todtes hinzugeben, wenn nur das todte ein wenig grösser, als das
lebendige ist.«
|P_120
Das zwölfte Capitel. Enthält fernere Nachricht von den Tartarn, die in
diesem Reiche wohnen.
Die Westlichen Tartarn wohnen in Zelten, und marchiren immer fort von einem Ort zum
andern, um desto öffter frische Weide zu haben, weil ihre Heerden von zahmen Vieh,
nebst dem was sie auf der Jagd fangen, ihr gröster Reichthum sind.
|P_121
£{Hol-234,10-12} / £{Rin-380,05-07}
»Die berühmte Wurtzel Ginseng, welche wir oben schon beschrieben
haben, wächst vornemlich in diesem Lande [sc. der Tartarey]. Es wird
alle Jahr ein Corpo von 10.000 Tartarn ausgesandt, solche für dem
Kaiser zu sammlen, und wenn der Kaiser seine völlige Provision hat, so
kriegen sie Erlaubniß eine gewisse grosse Qvantität an andere zu
verkauffen.«
|P_122
£{Hol-294,10-12} / £{Hol-294,15-16}
£{Rin-404,32-34} / £{Rin-405,01-02}
»Ihrer Religion nach sind sie recht offenbare stockblinde Heiden, wie
wir oben schon gezeiget haben; sie sind allem Ansehen nach von den
Chinesern nicht weiter unterschieden, als daß sie ihren Götzen andre
Nahmen geben; ausgenommen, daß ihr grosser Lama ein lebendiger Mensch
ist, bey dessen Absterben die Pfaffen gleich einem andern aufsuchen,
der ihm so ähnlich, als nur immer möglich ist, um solchen an seine
Stelle zu setzen, und dahero nennen sie ihn den ewigen Vater.«
|B_Sa-Tonquin__(1732)__
|P_147
£{Hol-240,06-07} / £{Rin-382,32-33}
»Was aber die Hitze und Kälte anlanget, so ist zu beobachten, daß die
Länder, die nahe den Tropicis liegen, und insbesondere 3 oder 4 Grad
innerhalb derselben, weit heisser sind, als die Gegenden unter der
Linie, wovon Dampier diese Ursachen anführet: [...].«
|P_148-149
£{Hol-240,08-13} / £{Rin-382,33 - 383,05}
»Die Regen-Zeit hebet sich hier mit dem Ende des Aprilis, oder mit dem
Anfang des Maji an, und dauret bis zum Ende des Augusti. Währender
dieser Zeit fällt unterweilen etliche Stunden, manchmal auch etliche
Tage lang, ein recht stürtzender Platz-Regen ohne aufzuhören. [...] Im
August-Monaht wird das Wetter weit gelinder, so wohl in Ansehung des
Regens als der Hitze, doch fällt noch mancher Platz-Regen. Im
September und October ist die Witterung schon sehr bequem; doch
stellen sich zwischen dem Eintritt des Augusti bis an das letzte Ende
des Octobris, die starcke Stürme, Tufons genennet, ein, welche so
gewaltig sind, daß die Chineser sich nicht aus ihren Hafens wagen
dürffen, [...]. Diese Tufons kommen gemeiniglich um den Neu- oder
Voll-Mond, oder auch bey einer andern Monds-Wandelung. Vorher kommt
ein sehr schön Wetter, ein kleiner Wind, nebst einer lichten Wolcke.
[...] Im November und December hat man trocken, gesund und überaus
angenehm Wetter, der Januarius, Februarius und Martius sind
meistentheils trocken.«
|P_149
£{Hol-240,14-21} / £{Rin-383,05-11}
»Weil die Ebbe und Fluht an den Küsten dieser Lande, von den hiesigen
sehr unterschieden ist, wollen wir die Regeln hier einrücken, welche
aus den von Schiffern bemerckten Ebb- und Fluht-Zeiten von der
Königlichen Societät der Wissenschaften in London sind gezogen, und
den berühmten Philosophical-Transactions einverleibet worden. 'Ebbe
und Fluht dauren hier 12 Stunden nach einander, man hat also nur eine
Ebbe und eine Fluht in 24 Stunden. In der ersten Helffte des Monds
gehen die Fluthen sehr hoch, und Ebbe sehr tieff; in der andern
Helffte aber kan man sie kaum mercken. [...] In den ersten 14 Tagen,
da man die hohe Fluthen hat, fängt das Wasser mit aufgehenden Mond an
zu wachsen, in den letzten aber, da die Fluthen nur niedrig seyn,
fängt das Wasser mit dem Untergang des Mondes an zu steigen. [...]'«
|P_153
£{Hol-241,08} / £{Rin-383,17-18}
»Sie sind gute Kauffleute, und nicht nahe so betriegerisch, als die
Chineser, [...].«
|P_154
£{Hol-241,03-06} / £{Rin-383,13-16}
»Die Eingebohrne Landes-Kinder sind gelb von Farbe (doch nicht so
dunckel als ihre meiste Nachbaren in Indien) nett von Gliedern, und
von mittelmässiger Statur. Ihre Haare sind lang, schwartz, dick und
schlecht, und hangen ihnen über die Schulter herunter. Ihre Naase und
Lefftzen sind proportionirlich und wohl geschaffen, das Gesicht aber
etwas platt und Oval-rund. Wenn sie 12 oder 13 Jahr alt sind, färben
sie ihre Zähne braun oder schwartz. [...] Man hat bemercket, daß sie
es sich für eine Schande achtrn[!], gleich den Bestien weisse Zähne zu
haben: Doch die rechte Ursache, warum sie selbige anschwärtzen, ist
sonder Zweifel die herrschende Gewohnheit des Landes.«
|P_155
£{Hol-243,14-16} / £{Rin-384,22-24}
»Die kleine Fische und Garmeelen[!] thun sie in einen Topf mit ein
wenig gesaltzenem Wasser, wenn sie eine Zeitlang darin gestanden
haben, wird eine Brey daraus, den sie Ballachaum nennen. Hernach
giessen sie das Wasser ab, welches sie Neukinum nennen, dieses
brauchen die Einheimischen und Europäer, als eine Sause, und schätzen
es so gut zu seyn als Soya.«
|P_156
£{Hol-241,06-07} / £{Rin-383,16-17}
»Ihr vornehmstes Gerichte aber, welches sie bey Visiten aufsetzen ist
Betel und Arack, sie rollen etliche Stücke von der Arack-Nuß in die
Blätter von Betel-Baum ein: und wenn sie solches mit Chinam, oder mit
einer Art von Thon überzogen haben, kauen sie es, wie etliche Europäer
den Toback.«
|P_158
£{Hol-241,08-09} / £{Rin-383,18}
»Dieses Land giebt eine grosse Menge Seiden-Zeug aus, [...]. [...] Die
lackirte Waaren sind ebenfalls eine von den vornehmsten Manufacturen
dieses Landes, und passiren nächst den Japanischen für die besten in
der gantzen Welt.«
|P_159
£{Hes-194,26 - 195,02}
»Die Holländer aber, welche hieher handeln, machen mit dem
Frauenzimmer des Landes Mariagen auf gewisse Zeiten. Solche Weiber
gebrauchen sie als Factoren, damit sie zu der Zeit im Jahr, da es
nichts zu thun giebt, Seide aufkauffen und verarbeiten lassen können.
Auf solche Weise setzen sie die armen Leuten in Arbeit, [...]. Diese
Factors aus dem Frauenzimmer sollen den Holländern sehr getreu seyn,
deren etliche eben durch solche Weiber ansehnliche Mittel erworben
haben.«
|P_160
£{Hol-241,08} / £{Rin-383,17-18}
»Die Leute dieses Orts sind weit richtiger im Handel, als die
Chineser, und halten ihren geschlossenen Kauff gantz pünctlich.«
|P_162
£{Hol-185,27} / £{Rin-349,26}
Sie haben auch eine Art von Heuschrecken
ungefehr eines Fingers groß, welche an dem Rand der Flüsse und Wasser-Graben
ausgeheckt und von dne Einheimischen für eine gute Speise gehalten werden. [...]
Würden auch den Fischen zur Beute werden, wenn die Tonquineser sie nicht mit kleinen
Netzen auffangen, und sie entweder auf Kolen gebraten, oder auch im Pöckel zu essen:
Denn sie sind dick und fett, und bey Arm und Reich gleich angenehm.
|P_163
£{Hol-241,11-12} / £{Rin-383,20-21}
»Niemand wird zu einem Ammt oder Bedienung bey der Regierung gelassen,
er habe denn, gleichwie in China, die Gelehrsamkeit [...]. Wir wollen
dahero dem Leser mit Wiederhohlung dieser Dinge nicht aufhalten,
sondern ihn nach der Beschreibung von China hinweisen.«
|P_164
£{Hol-240,04-05} / £{Rin-382,30-31}
»Vor Zeiten stund Tonquin unter China; hat sich aber schon vor langen
Jahren davon abgerissen.«
£{Hes-194,18-22}
»Anitzo haben sie 2 Könige, deren der eine Boua, der andere Choua
genennet wird. Jener als der rechte König, scheinet kaum ein wenig
mehr, als den Nahmen zu führen: Dieser aber, ob er wohl nur des
erstern General und Premier-Ministre ist, hat alle Schätze und Macht
des Reichs in Händen.«
|P_173
£{Hol-241,01-02} / £{Rin-383,11-13}
»In Hungers-Noht werden die Armen und Nothdürfftigen mannichmahl
genöhtiget, ihre Weiber und Kinder zu verkauffen, damit sie nur etwas
zu essen bekommen.«
|B_Sa-Cochin__(1732)__
|P_178
£{Hol-241,14} / £{Hes-195,09}
Der König hat seinen ersten und andern Staats-Minister, sein
Seraglio, und eine Leib-Wache von Verschnittenen an der Zahl ungefehr von 200
Mann. Unter letztere soll, wie man saget, niemand als der eine sehr grosse Masse von Reis
verzehren kan, aufgenommen werden.
|P_183f.
£{Hes-195,06}
[...]; und unsere Schiffbrüchige haben weder Treu , noch Billigkeit, noch
Gerechtigkeit, vielweniger Gutthätigkeit bey ihnen angetroffen: ja was sage ich
Gutthätigkeit, ihre Habsucht und Schinderey ist so groß, daß sie es
kaum glauben können, wenn sie jemand auch das letzte, was er hat, abgenommen haben,
und immer noch mehr wollen. Die an ihren Küsten anländen, dürffen sich nicht
die Rechnung machen, daß sie etwas eignes haben, so lange als ihnen noch etwas
übrig bleibet, daß vor / dieser Leute Raub-begierigen Augen verborgen, und
ihren Diebischen Händen entgangen ist.
|P_184
£{Hol-241,19-20} / £{Rin-383,26-27}
»Ihr Lebens-Art ist nüchtern und mässig, wie bey andern Orientalischen
Völcker. Reis und Fisch ist ihre meiste Kost. Verfaulte Sandellen oder
Mam sind ihr Zugemüß. [...]«
£{Hol-241,21 - 242,01} / £{Rin-383,29}
»Die Unkeuschheit hat hier gewaltig überhand genommen, wie unter allen
Heiden, es ist voll von Huren, und Huren-Winckeln, woselbst Frembde
und Einheimische ihre böse Lust um ein geringes büssen können. Ja die
Männer lassen gar ihre Weiber misbrauchen, wie Dampier von Condore
erzehlet.«
|P_189
£{Hol-244,13-16} / £{Rin-385,01-03}
»Das Holtz von den alten Bäumen hat den stärcksten Geruch, und wird
Kalamback genennet, dieses aber behält der König vor sich selbst. Man
meinet, daß dieses eben das Aloe-Holtz sey.«
£{Hol-239,19 - 240,03} / £{Rin-382,20-24}
»Ihre Vogel-Nester aber müssen wir nicht vorbey gehen, welche in
Europa so wohl als Indien für eine so seltene Delicatesse gehalten
werden. Die Nester werden von einem kleinen Vogel, gleich einer
Schwalben in den Felsen an den See-Küsten, von Meer-Schaum und einer
gewissen Feuchtigkeit, den der Magen des Vogels von sich giebet,
gebauet, von der Sonnen getrocknet und sind bey nahe durchsichtig.
[...] Doch ist jederman nicht von gleichen Geschmack bey diesem
Gericht.«
|P_Vacat
£{Hol-206,19 - 207,07} 3facher Thee / £{Rin-362,12-17}
£{Hol-228,25 - 229,02} Kultivirt, Einwohnerzahl / £{Rin-377,08-11}
£{Hol-230,14-22} Porcellan Flicken / £{Rin-378,16-21}
£{Hol-231,04-05} Frauen / £{Rin-378,28-29}
£{Hol-232,08 - 233,02} Tartarn, Complimentirbücher / £{Rin-379,13-22}
£{Hol-235,13-20} alte Gebräuche / £{Rin-380,21-26}
£{Hol-236,05-07} Mein Herr / £{Rin-380,30-32}
£{Hol-236,07-09} in Tunquin und Cochinchina: Schrift / £{Rin-380,32-34}
£{Hol-236,11-12} Cauterisation ... / £{Rin-380,35-36}
£{Hol-237,12-13} Heirathen / £{Rin-381,19-20}
£{Hol-237,13-15} Hungers sterben / £{Rin-381,20-21}
£{Hol-237,16-18} Zeitung / £{Rin-381,22-24}
£{Hol-237,19 - 238,02} Religion / £{Rin-381,26-28}
£{Hol-238,15-19} Confucius / Christen / £{Rin-382,01-05}
£{Hol-238,20 - 239,04} Fo / £{Rin-382,05-08}
£{Hol-241,14-18} Reisfressen / £{Rin-383,23-26}
|B_Sa-Japan__(1733)___
├ Japan
**************
Version 3 / 12. September 2001
---------------
**************]
[ Auf der Karte
Jedo als Gebiet, darin der Sitz des Kubos [Tokyo Bay]
Westlich davon: Miaco als Residentz des Dairis ]
|P_0
001 Kap 1: Name, Lage, Einteilung, Städte, Ströme ...
012 Kap 2: Von den Häuptern der Regierung, ...
045 Kap 3: Von dem Gottes-Dienst ...
068 Kap 4: Von den unterschiedlichen Ständen ...
071 Kap 5: Von ihrer Leibes-Gestalt, Naturel ...
085 Kap 6: Von ihren Städten, Schlössern, ...
095 Kap 7: Von der Sprache der Japaneser, ihrer Schrift, Gelehrsamkeit ...
105 Kap 8: Von ihren Künsten und Handwerken, Land- und Garten-Bau ...
112 Kap 9: Von der in- und ausländischen Handlung, Gelde, Gewicht, ...
126 Kap 10: Von dem Grund, Metallen, Mineralien, Pflanzen und Bäumen
136 Letzte Seite
-----------------
|P_1
£{Hol-260,19}
»Die Einwohner des Landes nennen es in dem täglichen Umgang Nipon oder
Nifon: [...], oder das Gebäude der Sonnen.«
|P_2
£{Hol-260,18-22}
»Das Kaiserthum Japan an sich selber wird in drey grosse Inseln getheilet,
welche alle der Herrschaft des Kaisers von Japan unterworffen sind. Die gröste
derselben wird von den Einwohnern Nipon genennet, und trägt folglich den Nahmen des
gantzen Reichs. [...] Wie Salmon vermeldet soll sie 600 Meilen lang und zwischen 100 und
150 breit seyn. / Diese wird durch ein schmales und gar untieffes Fahr-Wasser; voller
Klippen, und theils bewohnter, theils unbewohnter Eiländer abgeschnitten von der
andern Insel, welche der Grösse nach die nächste ist, [...].«
|P_3f
£{Hol-261,01}
»Die andere Landschafft, welche den Kaiser von Japan zum SchutzHerrn
hat, nehmlich das Königreich Corea, ist in vorigen Zeiten von dem
Kaiser von Japan durch Gewalt der Waffen gäntzlich gewonnen worden:
itzund aber hat er nicht mehr davon, nur als den dritten Theil,
Nahmens Tsiosijn.«
|P_4f.
£{Hol-261,01-02}
»Der Welt-berühmte Rußische Monarch Petrus Magnus aber hat davor
rühmlich gesorget, daß die Gegend besser möchte entdecket werden: und
nach der Zeit stehet nicht mehr daran zu zweifeln, daß es die südliche
Gegend von der Halb-Insel sey, welche in unserer Land-Carte von China
den Nahmen Kamtzchatka führet. Doch gehen alle Nachrichten dahin, daß
es unter Japan stehet.«
|P_7
£{Hol-261,02-07}
»Weiter aber fortzufahren, so ist das Land so wohl bewohnt, daß die
grossen Wege meistentheils in einer continuirlichen Reihe mit Dörfern,
Flecken und Städten besetzet seyn. Wie unsere geschriebene Nachrichten
lauten, so zählet man auf dem Wege von Nagasaki bis Jedo, welches
ungefehr 200 Deutsche Meilen seyn sollen, nach des Autoris Rechnung 33
ansehnliche Städte mit Castelen oder Schlössern, und 75 Städte ohne
Mauer und Flecken. Ja, wie Kämpfer spricht, so kan man kaum eine
verlassen, daß man nicht so gleich wieder in die andere komme: und
soll man einige Meilen weit reisen können, als wenn es nur eine
Strasse wären, dadurch man paßiret, ohne anders woran zu erkennen, daß
man durch verschiedene Dörfer kömmt, als an den Nahmen, durch welche
sie von einander sind distingviret worden, [...].«
|P_8-9
£{Hol-261,07-09}
»Aus dem, was vorhin gesaget, erhellet also, daß das Erdreich von
Japan durch die Banck wegen der Berge, Hügel und Klippen von allerhand
Arten sehr ungleich ist, [...]. Es giebet auch brennende und
Feurspeiende Berge an unterschiedlichen Orten des Landes. [...] Der
Grund ist an etlichen Oertern brennend heis und so loß, daß etliche
Oerter ausgenommen, woselbst einige Bäume stehen, man nicht darüber
gehen kan, ohne continuirlich über das hohle und krachende Gerassel,
welches man unter den Füssen hört, sich zu entsetzen. [...] Aus der
unebenen Beschaffenheit des Erdreichs, der Höhe und Lage der Berge
ergiebet sich von selbst, daß in diesem Lande unendliche Gelegenheit
zu kalten und warmen Brunnen und Bädern, allzeit fliessenden Bächen,
Strömen und Revieren seyn muß, [...].«
|P_11
£{Hol-013,13-14}
»Auf der Küste sind noch zweene gefährliche Strudeln. Der erstere
heist Faasaki und liegt bey Simabara neben Amasaki. Wenn es ebbet ist
dieser am gefährlichsten. Denn bey hohem Wasser stehet er gleich mit
der übrigen See: so bald aber die Fluht beginnet zu fallen, fängt das
Meer an sich zu drehen, und ist in kurtzer Zeit 15 Klaffter tieff,
[...].«
|P_11
£{Hol-261,09-12}
»Doch Norden den Bergen, welche mitten durch Japan gehen, ist die
Kälte ziemlich strenge, und fällt tieffer Schnee. [...] Das Wetter ist
hier sehr unbeständig, und vielerley Veränderungen unterworffen. Doch
im Sommer und ins besondere in den Hunds-Tagen ist die Hitze
unerträglich. Gemeiniglich fällt hier das gantze Jahr hindurch viel
Regen, doch am meisten im Junio und Julio, welche man aus dieser
Ursachen die Wasser-Monathen nennet.«
|P_12
£{Hol-261,09}
»Japan ist auch dem Erdbeben so sehr unterworffen, daß man sich
daselbst dafür nicht mehr, als bey uns für dem Donner und Blitz
fürchtet.«
|P_14-16
£{Hol-261,12-18}
»Denn dieses gantze Reich, [...], hat zwey Ober-Häupter oder
Monarchen, deren einer Dairi, oder Mikaddo, der andre Kubo tituliret
wird.
[...] Alles was diesem Dairi be[t]rifft, wird vor Göttlich und heilig
angesehen. [...] Dieser bey ihnen so heilig gehaltene Monarch hat vor
dem die oberste und vollkommenste Gewalt in weltlichen so wohl als
geistlichen Sachen in Händen gehabt. [...] In weltlichen Sachen aber
ist ihm nur ein leerer Schein einiges Ansehens gelassen worden; [...].
Denn ob schon die Einkünffte von der Stadt Miaco und den dazu
gehörigen Landen zu seinen Unterhalt verordnet sind: können sie doch
zu seiner Hoffstaat mannigmal nicht hinreichen. Was daran gebricht,
muß der weltliche Kaiser zwar ersetzen; es geschiehet aber nicht ohne
Unordnung und Wiederwillen. Der Kubo im Gegentheil hat eine
vollenkommene und uneingeschränckte Gewalt über alle Unterthanen und
Einwohner des Reichs vom grösten bis zum kleinsten.«
|P_38
£{Hol-263,02-04} / £{Hol-263,07-08}
»Der Todschlag, ja die blosse Zückung eines Degens, und der Ehebruch
wird am Leben bestraft. Wenn jemand seinen Knecht im Zorn erschlägt,
wird er doch pardonirt, wenn er beweisen kan, daß dieser etwas
verbrochen habe. [...] Von Geld-Bussen weiß man daselbst gar nichts,
und die geringste Uebertretung der Kaiserlichen Gesetze verdienet bey
ihnen den Todt, Gefängniß, Landes-Verweisung, Verlust des Standes und
aller Vorrechte, und dergleichen Straffen mehr. Die Lebens-Straffen
sind köpffen, creutzigen, und daß der Missethäter sich selbst den
Bauch aufreissen, und also sterben muß. Der Herr Salmon sagt, daß das
Verbrennen, die Creutzigung mit unterwerts gekehrtem Haupt, das
Zerreissen mit Pferden, und das Sieden in Oel daselbst gantz gemeine
Straffen seyn sollen. [...] Man kan niemals sicher seyn, daß man nicht
in eine von diesen Strafen verfalle: denn man kan auch wegen fremder
Verbrechen in ein solches Unglück gerahten. Also müssen die meisten
gemeiniglich für ihre Untergebene leiden: Als die Ammt-Leute der
Strassen für die Einwohner derselben, und diese für ihre Hausgenossen
und Bediente, die Kinder für ihre Eltern, und so weiter. Eines
Menschen Missethat wird durchgehends mit dem Tode der gantzen Familie
bestrafft, welcher ihnen allen zu einer Stunde angekündigt, und auch
vollenzogen wird, wie weit sie auch von einander wohnen. Doch sind die
Bluts-Freundinnen weiblichen Geschlechts hiervon ausgenommen, welche
wie der Herr Salmon berichtet, zu Sclavinnen verkauft werden.«
|P_39-40
£{Hol-263,16-20}
»Man führet doch niemand zum Tode, der nicht selbst sein Verbrechen
bekannt hat. Sie peinigen sie aber auf verschiedene Weise, um ein
Geständniß ihrer verschwiegenen Missethaten heraus zu bringen. Sie
giessen den armen Sündern den Leib voll Wasser durch einen Trichter,
und treten ihm dann auf den Bauch. Will er dann noch nicht mit der
Sprache heraus, so wird er in grob Leinwand, als in Windeln steiff
eingewickelt. Hernachmals macht man das Leinwand naß, damit es
steiffer anziehen möge, und rollt den armen Menschen in der Sonnen auf
Kiesel-Steinen, um ihn durch Beklommenheit und Schmertzen zur
Bekäntniß zu zwingen; [...].«
|P_41-42
£{Hol-263,09-16}
»Wo Streit und Zanck zwischen Nachbaren in einer Strasse, oder auch zwischen
Fremden entstehet, müssen die nächsten Nachbaren gleich suchen, den Zwist
beyzulegen. Denn wird jemand darüber erschlagen, und wenn es auch der Urheber der
Schlägerey wäre, so muß der andere mit dem Leben bezahlen; wenn er gleich
den Todtschlag aus einer Nohtwehre, und blos sein Leben zu retten gethan hat. [...] Drey
von den nächsten Nachbaren der Stelle, wo das Unglück geschehen ist, werden auf
drey oder vier Monathen in ihre Häuser eingeschlossen, und ihre Thüren und
Fenster mit grossen Bäumen versperret; doch versorgt man sie vorhero mit aller
Nohtdurft zu ihres Lebens Unterhalt währendem solchem Haus-Arrest. Die andre
Nachbaren in der Strasse haben auch ihr Antheil an der Straffe; als welchen zu erkannt
wird, daß sie einige Tage oder Wochen bey den allgemeinen Wercken des Landes, oder
für ihre Obrigkeit zu ihrem eigenen Nachtheil Dienste thun müssen.«
|P_45-46
£{Hol-263,22-264,01}
£{Doe-188,01} / {Put-351}
{Glasenapp S.115}
Sie erkennen zwar ein oberstes Wesen: die Götzen aber, welche im Lande
verehret werden, sind alte Helden, welche in vorigen Zeiten entweder dem gantzen Reich,
oder auch einem Theil desselben ruhmwürdigste Dienste erwiesen haben, [...]. Solche
nennen sie Sin oder Cami. Nechst diesen sind aber auch fremde Götter aus
andern Ländern eingeschlichen, welche sie Busads, oder Buds und
Fotoke nennen, [...]. Endlich giebt es auch etliche unter ihnen, welche den gantzen
Götzen-Dienst nach ihrer Vernunft genau prüfen, und in dem Stück von dem
gemeinen Mann sehr weit abgehen, und gantz andere Gedanken hegen.
Aus diesen Ursachen giebet es in Japan vier Secten in der Religion. Die erstere
nennet man Sinto oder Camitzo, welche es mit den einheimischen Götzen
des Landes hält. Die andere Secte Budsdo verehret die fremden Götzen,
welche meist solche sind, als man in Siam und China antrifft. Die / dritte
Sekte, Siuto genannt, besteht aus den Philosophen dieser Länder, die vierte
endlich sind die Christen [...].
|P_46f.
£{Kae-484,02} / £{Doe-188,01}
Sie [sc. die Sintoisten] erkennen anbey ein oberstes / Wesen, welches in dem
höchsten Himmel wohnet, und neben selbigen noch etliche geringere Götzen, welche
sie unter den Sternen hin logiren. Weil sie aber viel zu hoch (nach ihrer Meinung) sitzen,
als daß sie sich um die Menschen bekümmern sollten, wird ihnen weiter keine
Göttliche Ehre angethan, als daß sie bey ihrem Nahmen schwören. Dahero
beten sie niemand an, und verehren niemand mit Göttlicher Ehre, als die Camis oder
vergötterte Seelen der Menschen.
|P_52
[...] über ihren abgeschmackten närrischen Gottesdienst die Augen
öffnen. Die Wirkung davon aber hatte so bald nicht in dem Beutel der
Pfaffen sich spüren lassen: so wußten sie es dem Kaiser dahin zu
bringen, daß dieser gute Fürst seine gute Absicht mit dem Leben
hätte bezahlen müssen, wenn er seinem Tode nicht durch freiwillige
Abtretung seiner Länder an seinen Sohn zuvor gekommen wäre.
|P_56
£{Hol-264,02-03}
»Sie wissen von keinem Teufel, als den, der in den Fuchs gefahren seyn
soll, und ihn beseelet. Dieser wird so gehasset, daß sie so gar
glauben, daß die Seelen der Bösen in ihn fahren.«
|P_61
£{Hol-264,04-06}
»Das gröste Vergnügen und das höchste Gut soll nach ihren Gedancken in
dem Vergnügen und der Freude bestehen, welche die Seele empfindet,
wenn man ein tugendsam Leben führet. [...] Den Selbst-Mord halten sie
[sc. die Anhänger der Lehre des Confucius] vor eine preißwürdige
Helden-That, und für das eintzige honette Mittel sich von einem
schändlichen Tode zu retten, und den Händen eines siegenden Feindes zu
entrinnen.«
|P_62-63
£{Hol-264,08-12}
»Man findet diese Christen vornehmlich in den Landschafften um Nasagaki[!]
herum, woselbst die Römische Geistliche vormahls die Christliche Religion am meisten
ausgebreitet haben. Daselbst hat man auch die meisten Mittel angewandt, ihren Fortgang zu
verhindern. [...] Da muß er dann ein kupffernes Bildniß unsers gecreutzigten
Heylandes und ein ander Bild eines Heiligen, oder der Jungfrau Maria mit Füssen
treten. [../.] Diese Untersuchung wird nur in der Stadt Nasagaki[!] und in den
Landschafften Omura und Bungo angestellet, als woselbst die Christliche Religion vormahls
sich am meisten ausgebreitet hatte. Diejenigen aber, welche es nicht über Ihr
Gewissen bringen können, dieses zu thun, werden nach Nagasaki gebracht, und daselbst
Lebenslang gefangen gehalten: denn itzunder straffen sie solche Leute nicht mehr wie
vormahls am Leben. In diesem Gefängniß waren ihrer um das Jahr 1690. ungefehr
50. [...] Es ist auch verboten, einige Bilder, welche die Römische Geistlichkeit bey
dem äusserlichen Gottes-Dienst gebraucht ins Land zu bringen.«
|P_64
£{Hol-264,12-13}
»Das Verbot des Kaisers, welches den Christen bey Lebens-Straffe allen Zugang in
seine Länder verbeut, erstrecket sich nicht weiter, als auf die
Römisch-Catholischen.«
|P_65
£{Hes-212,04}
Es dürffte anbey dem Leser vielleicht nicht unangenehm seyn, einen kurtzen
Entwurff von dem Auf- und Untergang der Christlichen Religion in diesem Reiche hier
eingerückt zu lesen. Im Jahr 1549 kam ein junger Japoneser nach Goa, und ließ
sich daselbst in dem Christlichen GOttes-Dienst unterrichten und tauffen. [...]
|P_68-69
£{Hol-263,05-06}
»Durch die Ehe werden zwar die Männer in Japan nicht an eine Frau, wohl
aber die Weiber an einen Mann gebunden. Denn einer verehlichten Frauen ist verboten sich
mit andern Manns-Personen, als ihrem Manne nur im geringsten abzugeben, [...]. Den
Männern aber ist nicht allein erlaubt, so viel Kebs-Weiber, als ihnen beliebt, oder
sie ernähren können, zu halten: sondern es stehet ihnen auch frey, sich mit
unzüchtigen unverheuratheten Huren abzugeben.«
|P_71-72
£{Hol-261,23-262,03}
»Diejenige, welche sie selbst gesehen haben, versichern, daß die Einwohner
der Insel Nipon gar nicht hübsch, sondern kurtz von Statur, dick von Fleisch,
groß von Kopff, dick von Beinen, gelblich von Fell, schwartz von Haaren, platt von
Naase, dick von Augen-Liedern, aber klein von Augen seyn sollen, ob wohl die Augen ihnen
nicht so tief in den Kopf liegen, als den Chinesern.«
|P_72
£{Hol-262,03-04}
»Von den Japanesern wird überhaupt gesagt, daß sie verständig,
vorsichtig, redlich, Liebhaber von guten Sitten, artig in allen ihren
Thun, und beliebt in ihrer Conversation seyn sollen. [...] Sie sind
sehr neugierig zu wissen, was ausser ihrem Lande vorgeht, zu guten
Künsten geneigt, fleißig, behende, und hurtig in ihren Geschäfften
[...], hart allerhand Ungemach zu erdulden, und können gantze Nächte
ohne Schlaff hinbringen.«
|P_73
£{Hol-262,04-07}
»Gegen unglückliche Leute sollen sie geitzig und unbarmhertzig seyn,
ungerechtfertig gegen Fremde, fahren leicht auf im Zorn, wie die
Tartaren: doch sind diese böse Neigungen durch ihre Erziehung und
Gefälligkeit ziemlich gemildert worden. Ihr Haß ist hartnäckigt. Das
Unrecht, welches die Vor-Eltern erlitten haben, ziehen die Nachkommen
sich an; denn sie erben Haß und Liebe, gleicher Weise, wie die Güter,
von ihren Ahnen. [...] Den Todt fürchten sie nicht sonderlich, und
haben ein unüberwindlich Gemüth, oder sind vielmehr von einer so
unverzagten Tollheit besessen, daß sie, wenn sie von ihren Feinden
überwunden sind, oder sich wegen eines erlittenen Torts nicht rächen
können, oder sonst in Unglück gerahten, sich nicht scheuen,
mörderische Hände an sich selbst zu legen, und mit Aufreissung des
Bauchs mit ihrem eignen Gewehr sich vom Brodte zu helffen. [...].«
|P_75-76
£{Hol-262,07-13}
»Gewisse und beständige Scheer-Wände sind in ihren Häusern, zum
wenigsten in den meisten, nicht. [...] Sie können ihre Gemächer so
offt und so klein oder groß, als es ihnen beliebt durch Vorschiebung
und Wegziehung ihrer Schirme machen. [...] Das Holtz an den Häusern
der geringsten bis an den Kaiserlichen Pallast ist mit einem Firniß
überzogen, oder lackiret, oder auch vergüldet, und geschildert,
nachdem der Stand eines jeden es erfordert: doch halten sie solche
alle durch die Banck sehr sauber und zierlich. Sie wissen von keinem
Glaß, und brauchen an dessen statt mit Oel beschmiert Papier, Matten,
Gitterwerck oder geschliffene Auster-Schalen, zu ihren Fenstern, eben
wie die Chineser thun. Der Gebrauch einer Feuer-Esse ist ihnen auch
unbekannt. [...] In jedem Hause ist auch ein Brandfreyes-Zimmer, in
welchen sie im Fall der Noht ihre kostbarste Meublen und Güter bergen,
[...].«
|P_77
£{Hol-262,14-16}
»Butter und Käse kennen sie gar nicht weiter, als wenn ihnen etwas aus
Europa gebracht wird, und wissen auch von keinem Baum-Oel. [...]
Diejenigen Kräuter, von welchen andere Völcker nicht dencken würden,
daß man sie essen könne, [..] sind ihnen Lecker-Bißlein und Confect.
[...] Selbst gifftige Kräuter sind nicht ausgenommen, weil sie ein
Mittel wissen, selbigen den Gifft zu nehmen, und solchen davon zu
scheiden.«
|P_80
£{Hol-262,16-17} / £{Hol-262,18-22}
»Ihre Complimenten sind nicht so beschwerlich, als der Chineser ihre.«
»Das Divertissement aber, welches die Grossen, nach des Herrn Salmons
Bericht, zum Beschluß ihrer Festins den Gästen machen, ist gar
erschrecklich anzuhören. Sie fordern ihre Diener herein, und fragen
sie, wer unter ihnen Lust habe, sich zu Ehren seines Herren das Leben
zu nehmen. Diese elende Creaturen zancken sich dann, wer am ersten die
Ehre haben soll, seines Herren Ruhm und Ansehen durch seinen Tod zu
vergrössern. Dergleichen Selbst-Mord geschiehet auch, wenn jemand von
den grossen stirbt und begraben wird.«
|P_80-81
£{Hol-207,06-07}
»Denn wir folgen den Chinesern in Zubereitung des Thees. In Japan aber
machen sie ihnen auf zweyerley Art zu rechte. Die Japaneser mahlen den
Thee den Tag zuvor, oder auch wohl an selbigen Tage, da sie ihn
trincken wollen, in einer Handmühlen von Serpentin-Stein zu Pulver.
[...] Das Land-Volck aber und die gemeinen Leute bereiten den Thee
gantz anders zu ihrem täglichen Gebrauch.«
|P_83
£{Hol-262,22 - 263,01}
»Ihre Leichen pflegen sie auf zweyerley Weise zu bestättigen: indem
sie selbige entweder verbrennen, oder unverbrannt begraben.« [
Tatsächlich beschrieben wird dann nur die Verbrennung. ]
|P_95
£{Hol-264,15-16}
»Der Herr Salmon berichtet auch, daß sie keine Ziffern haben sollen,
die Zahlen mit zu schreiben; sondern zum rechnen ein Brett gebrauchen,
welches mit Stricken bezogen, die gleich weit von einander stehen. An
selbigen sind etliche Knöpffe befestiget, welche sie hin und her
schieben können, und damit rechnen sie auf gleiche Weise, wie die
Chineser.«
|P_98-100
£{Hol-264,17-265,04} / £{Hol-265,06-10}
»Dieses haben sie mit den Chinesern gemein, daß sie das Aderlassen und
die abführende Artzeneyen gar nicht gebrauchen: und nicht so viel
stählerne Instrumenten zum schneiden und brennen haben, als die
Europäer. [...] Zwey von ihren Curen, nehmlich das Moxo-brennen, und
das Nadel-stechen, wollen wir jedoch etwas umständlicher beschreiben,
weil solche vielleicht, wenn sie bey uns gebraucht würden, hier so wie
dort von guter Wirckung seyn dürfften: [...]. Mit dem Moxa-Brennen
verfahren sie also: Sie nehmen die Flocken und Fäserlein von dem
Beyfuß mit breiten Blättern, legen solche an einem gewissen Ort des
Leibes, welcher nach Beschaffenheit der Kanckheit bald dieser bald
jener ist, zünden sie an, und lassen sie gantz zur Asche brennen. Die
Flocken oder Fäserlein aber werden auf folgende Weise bereitet. Im
Ausgang des May-Monats oder im Anfang des Junii pflücken sie die
Blätter [...]. Hernachmahls stampffen sie diese Blätter, bis sie in
groben Flocken oder Fäser verwandelt werden, und diese Flocken reiben
sie ferner mit den Händen, um sie noch feiner zu machen, [...]; also
werden endlich feine Asche graue Zäser oder Flocken daraus, welche
sehr leichtlich sich entzünden und Feuer fangen. Von diesen Zäsern
nehmen sie etwas zwischen ihre vorder Finger, und drehen kleine
Weichen in Form eines Kegelgens daraus, die einem Daum breit hoch, und
etwas weniger breit sind. Wenn nun die Meister im Moxa-brennen, [...],
diese Cur bey einem Patienten verrichten sollen, befeuchten sie erst
den Platz, wo die Moxa soll applicirt werden mit ein wenig Speichel,
hernachmahl setzen sie eine solches Kegelgen darauf, und stecken
solches mit einem glimmenden dünnen und wohlriechenden praeparirten
Stöcklein an, [...]. Hernach lassen sie die Weiche bis an die Haut
wegbrennen oder ausglimmen. [...] Ja sie [sc. die europäischen
Augenzeugen] haben mannigmal gesehen, daß die Kinder, ohne zu weinen,
ja ohne einmal mit einem Zucken zu erkennen zu geben, daß es ihnen
Pein oder Quaal mache, daß Moxa-brennen ausgestanden haben. [...] Eine
gute Verdauung zum Exempel und Appetit zum Essen zu erwecken, brennen
sie zwischen den Schultern. Wider die Zahnschmertzen brennen sie die
Mauß in der Hand an derselben Seite, wo die Zähne wehe thun, und so
weiter. [...] Auf dem Rücken und an beyden Seiten des Rück-Grades sind
die vornehmste Stellen, welche sie am meisten suchen. Die Meister aber
in der Kunst gebrauchen Bilder von Menschen, auf welchen die Oerter
bezeichnet sind, an welchen man brennen kan, damit sie nicht auf die
unrechte Stellen verfallen.«
|P_100-102
£{Hol-265,13-16} / £{Hol-265,10-12}
»Das Nadel-Stechen, welches nechst dem Moxa-brennen wohl ihr bester
Handgriff in der Medicin ist, bestehet darin, daß sie gewisse Glieder
des Menschlichen Leibes mit einem Pfriemen durchbohren, um die
Schmertzen aus demselben, oder einem nahe daran gelegenen Theil des
Leibes zu vertreiben. Die Materie, aus welchen sie solche Pfriemen
oder Nadeln verfertigen, ist das feinste Gold oder Silber, [...]. Die
güldene und silberne Nadeln kommen darin beyderseits überein, daß sie
einen Stiel, doch von unterschiedlicher Länge haben, und ungefehr vier
Daum breit lang seyn; in andern Stück aber ist ein Unterscheid unter
ihnen. [...] Die silberne Nadeln sind nicht dicker, als eine Seyte an
einer Zitter; und werden gemeiniglich in ein kleines, länglichtes,
vierecktes, lackirtes und wohl gefüttertes Futteral eingeschlossen.
Wenn sie diese Nadeln appliciren wollen, stecken sie selbige in eine
hohle Röhre, aus welcher die Nadel so weit hervor raget, als sie in
den Leib der Patienten soll hinein gestochen werden. Mit den erstern
Nadeln stellen sie die Operation folgender massen an. Sie fassen die
Spitze der Nadel mit dem Daumen und den beyden fordersten[!] Fingern
der lincken Hand an, und setzen sie an den Ort hin, da die Operation
geschehen soll: [...], und drehen sie hernachmahls mit den vorder
Fingern der rechten Hand einen halben und höchstens einen Daum breit
tieff ins Fleisch hinein, [...] Ihre [sc. der Personen, die solche
Operationen vornehmen] Boutiquen kan man an den ausgeschnitzten
Menschen-Bildern, auf welchen die Oerter, da man mit Moxa-brennen, und
mit der Nadel stechen soll, mit blauen oder rothen Flecken bezeichnet
seyn, erkennen: [...].«
|P_105
£{Hol-265,17-19}
»In aller Arbeit, die von Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Stahl und Holtz
verfertiget wird, und insonderheit in lackirten Sachen und Porcellan
sind sie rechte Meisters, die vor andern excelliren: ja man sagt so
gar, daß man bey ihnen Seidene Stoffen antreffen soll, welche die
Chinesische in vielen an Feinigkeit und Nettigkeit übertreffen. Den
Stahl zu härten sind sie grosse Meister. Ihre Schwerdter können unsere
Degens, ohne Scharten davon zu bekommen, mitten durchhauen. Und darin
besitzen sie eine Kunst und Wissenschaft die noch zur Zeit in Europa
gantz unbekandt ist, daß sie die feine güldene und silberne Nadeln so
zu härten wissen, daß man sie, wie oben gemeldet, zu den schwersten
Chirurgischen Operationen gebrauchen kan.«
|P_105-106
£{Hol-266,11-16}
»Der Japanische und Chinesische Firniß oder Lack wird von Terpentin
gemacht, worunter sie eine gewisse Art von vortrefflichen Oel giessen,
und beydes zusammen kochen lassen, bis es seine gehörige Dicke
erlanget hat. [...] Der Lack ist ein Safft von einem gewissen Baum;
solchen zu sammlen schneiden sie Löcher in die Rinde des Baums, und
binden einen Topf darunter, in welchen der Lack alsdenn
hineinfliesset. [...], wenn sie den Lack schwartz färben und zum
Gebrauch bequem machen wollen, [...]. [...] Alsdenn wird der Firniß,
welcher von Oel und Terpentin zur gehörigen Dicke vor die schwartze
Lackirung gekocht ist, darüber gestrichen. Wenn sie aber rothe oder
eine andre Lackirung haben wollen, thun sie die verlangte Farbe in
einem feinen Pulver unter den Firniß, [...].«
|P_106
£{Hol-265,20-21}
»Hier muß ich nicht vergessen zu erzehlen, wie diese Leute ihr Papier
machen. Die Haupt-Materie, welche sie dazu gebrauchen, ist die Rinde
von einer gewissen Art Maulbeer-Bäumen.«
|P_107-108
£{Hol-265,21-266,03}
»Im Acker-Bau aber machen sie vielleicht allen Nationen den Preis
streitig: wozu die Noht sie wohl zwinget, weil sie in einem so Volckreichen
Lande wohnen. [...] Ja sie machen eigene Abtritte vor die
Reisende, damit sie den Unraht zur Dünge sammlen können. [...] Wer
sein Land ein Jahr anbebaut[!] liegen läst, verliehrt sein Recht und
Eigenthum daran.«
|P_108-109
£{Hol-266,04}
[ Eingehende Beschreibung des Thee-Bau; Anbau, Pflege und Ernte ]
|P_111
£{Hol-266,17} / £{Hol-201,12f}
»Die Bauren in der Provintz Satsuma und in der Insel Gotho ziehen den
Kampfer auf folgende Manier aus dem Kampfer-Baum. Sie machen das Holtz
so klein als den feinsten Säge-Staub, und giessen Wasser darauf, und
kochen es in einem eisernen Topff, der mit einem grossen irdenen Helm,
so mit einer Röhre versehen bedecket ist. In diesen Helm stecken sie
etwas Heu oder Stroh, und darinn setzet sich der aufsteigende
Kampfer.«
|P_126-127
£{Hol-266,06-08}
»Das edelste von den Metallen, das Gold meine ich, schmeltzen sie aus
seinem eigenen Ertz, oder waschen es aus Gold-Sand, oder ziehen es
auch aus dem Kupffer. [...] Doch sollen die Minen nicht allezeit so
ergiebig seyn. [...] In der Provintz Bingo gibt es Silber-Minen,
[...]. Sie haben auch anderwerts Silber-Minen. [...] Das Kupffer ist
daselbst das gemeinste Metall, und macht viele von ihren Provintzen
reich. [...] Alles Kupffer wird nach Saccai gebracht, woselbst es
gereiniget, und in Stangen von anderthalb Spannen lang und einen
Finger dick gegossen wird.«
|P_128
£{Hol-266,08-10}
»Man findet auch Birn-Stein auf den Küsten von den Inseln Satsuma und
Riuku. [...] Am häuffigsten finden sie es in dem Eingeweide der
Wallfische, die man auf den Japanischen Küsten fängt. Kaempfer merckt
an, daß es in dem Gedärme der Fische meistentheils mit einer
kalckhafftigen Materie vermischet ist. Wenn der Birn-Stein erstlich
von der Gewalt der Wellen von dem Grund des Meers loß gerissen, und an
den Küsten ausgeworffen wird, ehe ihn die Fische verschlungen, ist er
schleimigt, und sieht aus als Küh-Mist, hat auch einen widerlichen
Geruch.«
|P_141
£{Hol-266,18}
»Hiebey müssen wir nicht vergessen, der Schwalben zu gedencken, die
etwas grösser als ordinaire Haus-Schwalben seyn, und in den
Indianischen Gewässern ihre Nester an den Klippen machen. Diese Nester
[...] gebrauchen sie über der Tafel, als einen recht sonderlichen
Lecker-Bissen. Der Vogel bereitet sein Nest, wie sie vorgeben, aus dem
Schwamm der See, oder auch aus einer Materie, die er aus dem Meer-Schaum sammlet.«
|P_145-146
£{Hol-266,19-22} / £{Hes-132}
»Doch müssen wir die Furuse, oder wie die Holländer ihn nennen, den
Blaser nicht übergehen: so wohl weil er sehr gifftig ist, als auch die
Verwegenheit der Japaneser zu zeigen, welche sich nicht scheuen, ihr
Leben so ruchloser Weise bey einem Fisch zu wagen, der ihnen so
vielfältige Exempel von einem plötzlichen Tode vor Augen stellet. Man
nennet ihn den Blaser, weil er sich selbst so aufblasen kan, daß er so
rund wird als eine Kugel. Wenn er unbereitet, oder auch schlecht
zugerichtet und ungereinigt gegessen wird, ziehet solches den gewissen
Todt nach sich. [...] Ein gewisser Japaneser, der von den Blattern
ungemein gequält war, als welche ihm schon die Nase abgefressen
hatten, ward seines Lebens müde, und wolte sich mit dem Gifft dieses
Fisches, aus der Welt helffen, und von seinem Ungemach befreyen. Er aß
ihn also ungereinigt, und legte sich nieder, den Tod zu erwarten. Der
Gifft aber, der ihm den Tod bringen sollte, that eine heilsame
Wirckung. Denn er ward zwar tödtlich kranck, er brach aber dabey eine
grosse Menge von einer schleimigten, faulen und scharffen Materie
nebst allem Gifft von sich, und ward also von seiner Krankheit aus
Verdruß über welche er den Gifft genommen hatte, glücklich befreyet;
so daß es ihm an statt des Todes die Gesundheit zu Wege brachte.«
|P_Vacat
£{Hol-260,19-20}
£{Hol-261,18-21}
£{Hol-264,06-08}
£{Hol-265,04-06}
£{Hol-266,08-10} [Begriff "Ambre gris"]
£{Hol-267,07-08}
|B_Sa-Latron__(1733a)__
[ Latronen, Philippinen, Molucken
************
version 3: 28. Januar 2005 / 22.01.2006
-----------
*************]
Die Heutige Historie oder der gegenwärtige Staat der Orientalischen
Inseln, Und nahmentlich der Ladronischen, Philippinischen und
Moluckischen, wie auch der Insel Celebes oder Macassar, [...]
(Altona: Korte 1733)
5 Kap.1: Entdeckung latronische + philippinische Inseln
10 Kap.2: Beschreibung latronische Inseln
14 Kap.3: Philipp. Inseln Name, Lage, Bezirk; besonders Mindanao +
Monsons, Ströme, Haven
16 Kap.4: Gebäude Mindanao, Beschreibung der Menschen in Aussehen +
Gepflogenheiten
20 Kap.5: Schiffahrt, Handel, Manufakturen, Münzen, Gewicht, Boden,
Thiere, Pflanzen, Mineralien
26 Kap.6: Sprache, Handwerk, Kranckheiten, Gottesdienst, Weiber,
Aberglauben
28 Kap.7: Sultan v. Mindanao, seine Regierung, Einkünfte, Macht; Kriege, Waffen
30 Kap.8: Beschreibung Insel Luconia/Manila, Gebäude + Klima + Geologie
34 Kap.9: Die Bewohner dieser Inseln, Aussehen, Beschäftigungen, Sitten
51 Kap.10: Sprache, Regierung, Macht der Völker d. philipp.Inseln
56 Kap.11: Gottesdienst, Hochzeiten, Beerdigungen d. Bewohner d. philipp. Inseln
58 Kap.12: Übrige, besuchtere philipp. Inseln
63 Kap.13: Neu entdeckte Inseln, geheißen Neue Philipp. Inseln
67 Ende
68 Gegenwärtiger Staat der Moluckischen Inseln
68 Kap. 1: Von der Lage und Eintheilung der Ostlichen Land-Vogteyen oder der
Moluckischen Inseln, ihrem Erdreich, Luft, Regierung, Gottes-Dienst, Einwohnern, wie auch
derselben Naturel, Kleidung, Lebens-Art, Häusern, Sprache und Sitten
88 Kap. 2: Von den Land-Vogteyen der Holländischen Compagnie in den Moluckischen
Inseln, als Ternate, Amboina, und Banda, und zwar von einer jeden ins besondre
108 Kap. 3: Hält eine Beschreibung der Insel Celebes, oder Macassar in sich
124: Ende
|P_10
£{Hol-268,16-17}
»Die Ladronische Inseln bestehen aus einer Menge von kleinen Inseln,
welche von dem 12. bis ungefehr an den 28. Grad Norder-Breite in einer Reihe
ausgestreckt liegen. Die vornehmsten von denselben sind erstlich Guam
oder Iquana, welche nach Dampiers Bericht auf dem 18. Grad 21 Minuten
lieget und sieben tausend drey hundert und zwey Englische Meilen
Westwerts von dem Capo Corientes im Königreich Mexico entfernet ist.
Sarpanta auf der Breite von 15 Grad 40 Minuten, [...]. Die meist
bewohnte unter allen diesen Inseln ist Guam.«
|P_11-12
£{Hol-268,08-10} £{Hol-196,02}
»Dampier aber erzehlet, daß die sogenante Brod-Frucht an einem Baum
wachsen soll von der Dicke und Grösse eines Apfel-Baumes. Der Baum hat
eine grosse Crone voller Zweige und schwartze Blätter. Die Frucht
wachst wie die Aepfel, an den Zweigen, und ist so groß, als ein
gemeiner Ballon. Sie ist rund und hat eine dicke zähe Haut. Wenn die
Frucht reif ist, wird sie gelb, zart und süß vom Geschmack. Die
Einwohner essen sie an statt Brod. Sie pflücken selbige, wenn sie noch
grün und hart ist, und backen sie, bis die Schale recht schwartz
gebrant ist. Alsdenn schaben sie das äusserste ab, worauf eine zarte
dünne Rinde übrig bleibet. Das inwendige ist weiß und weich, als die
Krume von einer Semmel zu einem Stüver. [...] Die Reisende haben
bemercket, daß dieser Baum nirgends, als in den Philippinischen und
Ladronischen Inseln gefunden wird.«
|P_12
£{Hol-268,10-11}
»Die Einheimischen sind grosse Meister Böte und andere kleine Fahrzeuge
zu bauen. [...] Was aber an diesen Booten am meisten zu bemercken, ist
dieses, daß die eine Seite gantz platt ist, die andere aber rundlich
zugehet, und einen sehr dicken Bauch hat.«
|P_13
£{Hol-268,12-16}
»Sechs oder sieben Fuß von der runden Seite des Boots ab liegt eine
kleine Canoe, oder ein sehr leicht Stück Holtz, welches so lang ist,
als das grosse Fahrzeug: oben aber nicht mehr als anderthalb Fuß
breit, und an beyden Enden spitz ist. Dieses wird mit zwey Bamboes-Höltzern so dick als ein Bein, die queer über beyden Enden des Boots
liegen, an das Fahrzeug befestiget, um zu verhindern, daß selbiges
nicht umschlage. Die platte Seite des Boots wenden sie gegen den Wind,
der hier durchgehends fast Ost ist. Weil sie an jedem Ende Vorsteven
haben, gebrauchen sie einen Ruder-Riemen an statt des Steuers, und
seegeln mit beyden Enden vorwerts, und haben nicht nöthig umzukehren,
wie unsre Schiffer, ja man meint, daß sie die besten Seegler in der
gantzen Welt seyn sollen. Dampier hat eines von diesen Böten probirt,
und meinet, daß sie in einer Stunde 24 Englische Meilen lauffen
können. Ja er erzehlet, daß die Leute von Guam, nach einer von den
Ladronischen Inseln, die 30 teutsche Meilen von dannen entfernet ist,
hinseegeln, daselbst ihre Geschäffte verrichten, und wieder auf Guam
seyn können innerhalb 12 Stunden.«
|P_14-15
£{Hol-267,01-02}
»Diese Inseln sind vermuthlich erstlich aus dem festen Lande von China
mit Einwohnern bevölckert worden, und sind vormals unter der
Botmäßigkeit des Chinesischen Kaisers gestanden, welcher selbige allem
Ansehen nach darum verlassen hat, weil sie zu weit von seinen übrigen
Herrschaften entlegen waren. [...] Die Insel Mindanao ist nächst
Luconia die Gröste von allen Philippinischen, und hat 60 Holländische
Meilen in die Länge, und 40 bis 50 in die Breite. [...] Diese Insel
stehet nicht gantz unter einem Regenten. [...] Die meisten Einwohner
sind Mahometaner, und haben einerley Sitten und Manieren, stehen auch
alle unter dem Sultan von Mindanao, welcher sie nach seinem
souverainen Willen und nicht nach geschriebenen Gesetzen regiert.«
|P_16
£{Hol-267,02-05}
»Die Luft ist in dieser Insel, ob sie gleich unter der Linie lieget,
ins besondre an den See-Küsten nicht sehr heiß, weil sie bey Tage
immerfort durch die See-Winde, und bey Nacht durch die Land-Winde
abgekühlet und erfrischet wird. In dem einen Jahr stehet der Wind
immerfort im Westen, und in dem andern in Osten. Der Ost-Wind beginnet
zu wehen im October, setzt sich aber nicht recht fest vor dem Mittel
des Novembers, und bringet allezeit schön Wetter mit sich. Im Majo
beginnet der Wind nach dem Westen umzulaufen, steht aber nicht
beständig in der Ecken vor den Junium, und bringt Regen und Ungewitter
mit sich. [...] Wenn der Wind erstlich nach dem Westen geht, weht es
wenig, und kommen nur ein oder zwey Orcanen auf einen Tag. Wenn ein
solcher Sturm über ist, läuft der Wind wieder nach dem Osten, und das
Wetter kläret sich wieder auf. Hernachmals aber kommen sie öfter an
einem Tage und geschwinder auf einander, mit hefftigen Wirbel-Winden
und starcken Donner-Schlägen. Zuletzt folgen die Orcanen so geschwind
auf einander, daß der Wind fast niemals die Ecke, da sie herkommen,
nemlich das Westen, verläst.«
|P_17-18
£{Hol-267,05-08}
»Die Mindanaische Manns-Personen sind nett von Gliedern, schmuck von
Leibe, klein von Kopf, und ihr Gesicht ist fast oval-rund, die Augen
aber klein und schwartz. Sie haben eine kurze Nase, platte Stirne,
breiten Mund, rothe dünne Leffzen, und schwartze Zähne, wie andere
Indianer. Ihre Farbe ist gelb, aber doch heller, als bey einigen ihrer
Nachbaren. [...] Sie haben ein stattliches, oder vielmehr, wie etliche
Voyageurs sagen, ein stoltzes und hoffärtiges Ansehen: gegen Fremde
aber sind sie höflich genug; anbey aber sind sie auch schlimm genug
sie unter dem Schein der Freundschafft zu betriegen, wie Valentyn und
Dampier berichten, und auch unten aus dem 5. Haupt-Stück erhellen
wird. Sonst gehen sie mit den Fremden sehr frey um, ohne wenn man sie
beleidiget oder schimpfet; alsdenn aber sollen sie in ihrer Rache
unversöhnlich seyn, welche sie heimtückischer Weise durch Meuchel-Mord
oder Vergifftung ausführen.«
|P_19
»Das gemeine Volck lebt vornehmlich von Reis, oder Sago und kleinen Fischen.«
|P_23
£{Hol-196,06-07}
»Eine von diesen Pflantzen wird von den Einwohnern Libby, von den
Europäern aber der Sago-Baum genennet. Diese Bäume wachsen wild längst den
Strömen in grossen Wäldern von 5 bis 6 Meilen in die Länge. Aus dem
Marck dieses Baumes machen sie das Sago, welches die Einwohner
jährlich 4 oder 5 Monaten hindurch an statt des Brods essen. Der Baum
siehet einem Palm-Baum sehr ähnlich.«
£{Hol-267,09-11}
»Sie haben auch Wasser-Melonen, Saggen, Bonanoes, Guaves, Jacks,
Cocus-Nüsse und Pommerantzen. Die Frucht von den Saggen, wie sie die
Einheimischen nennen, oder von dem Plantain-Baum, wie Dampier sie
nennet, ist nach dieses seinem Geschmack die beste von allen Früchten:
[...]. Der Baum, an welchem sie wachsen, ist ungefehr 10 Fuß hoch, und
3 Fuß, oder auch wohl darüber, dick. Er wächst nicht aus dem Saamen,
sondern aus den Schößlingen und Sprossen der alten Bäume: [...]. So
bald als die Frucht reif ist, fangen die Bäume an zu verdorren:
alsdenn aber schiessen sehr viele junge Sprossen hervor, welche wieder
aufwachsen und den alten Abgang ersetzen.«
|P_23-24
£{Hol-267,12-16} [ Banane ]
»Wenn sie erst aus der Erden hervor keimen, haben sie 2 Blätter, und
wenn sie einen Fuß hoch seyn, wachsen ihrer 2 mehr innerhalb der
erstern, die aber ein wenig niedriger sitzen (welches letztere doch
beym Dampier nicht stehet) kurtz hernach kommen abermals 2 Blätter
hervor, und so wächst der Baum immerfort. Wenn der Baum einen Monat
alt ist, wird der Stamm fast so dick, als ein Arm: [...] Wenn der Baum
sein völliges Wachsthum bekommen hat, schiest oben aus dem Gipfel ein
starcker Stengel heraus, der weit härter, als die übrigen Stücke vom
gantzen Baum und ohngefehr so lang und so dick als eines Mannes Arm
ist. Die Frucht wächst an Trauben, welche rund um den Stengel in einer
Schalen von ohngefehr 6 oder 7 Daum breit daran hangen, und dicker als
eine Faust seyn. Die Schale ist zart und gelb, wenn sie reif ist, und
die Frucht ist fast beschaffen, wie eine Bologneser Wurst. Das
inwendige Fleisch ist süß, und weicher als Butter, und bey nahe von
derselben Farbe, sie zergeht im Munde, und hat weder Saamen noch
Steine. [...] Die reife Frucht von dem Saggen wird auch manchmal an
der Sonnen getrocknet, und hernach aufgehaben[!], und ist alsdenn
recht delicat zu essen. Diese Frucht dienet vielen tausenden von
Menschen in West-Indien zu ihrer Speise und zum Getränck. Wenn sie ein
Getränck davon machen wollen, nehmen sie 10 oder 12. von den reifen
Früchten, stampfen solche mit einander in einem Topf, und giessen
ohngefehr vier Gallons (ist ein Englisch Maaß von nassen Waaren) Wasser
dazu. Solches soll innerhalb 2 Stunden anfangen zu gähren, und wann
sich ein Hefen, gleichwie bey dem Bier, oben darauf gesetzet hat, wird
es innerhalb 4 Stunden bequem zu trincken. [...] Das Getränck ist
frisch und kühlend, macht aber viele Winde, gleichwie die Frucht
selbst, wenn sie roh gegessen wird.«
|P_31
£{Hol-267,17}
»Die Insel Luconia oder Manila erstrecket sich von dem 13. Grad 30
Minuten bis an den 19. Grad Norder-Breite, und hat überhaupt die Figur
eines krumm-gebogenen Arms. [...] Dasjenige Stück der Insel, welches
die Spanier besitzen, ist von ihnen in 11 Provintzen eingetheilet
worden, über deren jede ein Spanischer Alcaide, oder Stadthalter
gesetzet ist. Unter diesen Provintzen ist Manila die vornehmste, und
die Stadt, von welcher diese Provintz so wohl als die gantze Insel den
Nahmen empfangen hat, die Residentz des spanischen Vice-Re.«
|P_33
£{Hol-267,17-18}
»Diese Inseln sind heftigen Erdbeben unterworfen, welche man
gemeiniglich dem unterirdischen Feuer zuschreibet, so unterschiedliche
Mineralien in eine starcke Bewegung bringen soll.«
|P_35
£{Hol-267,05-06} / £{Hol-267,18-268,01}
»Ich bin vormals in den Gedancken gestanden, daß diese Inseln erstlich von
China aus bevölckert worden, weil dieses das nächste feste Land ist: itzunder
aber finde ich, daß es eine durchgängig angenommene Meinung sey, daß die
Schwartzen die ersten Einwohner derselben gewesen; welches auch sehr glaubwürdig
scheinet, weil sie alle inwendige Gegenden des Landes inne haben, und vermuthlich von den
andern Nationen, die nach ihnen dahin kommen, auf die Gebirge sind hinauf getrieben
worden, da denn die neue Ankömmlinge sich der See-Küste bemächtiget. [...]
Daß sie nicht von den Mohren in Africa herstammen, liegt am Tage; nicht allein weil
beyde Länder gar zu weit von einander entfernet, sondern auch weil ihre Haare,
Gestalt und Wesen Himmelweit von einander unterschieden seyn. Die Schwartzen oder Caffers
auf den Küsten von Africa haben platte Nasen, dicke Leffzen und kurtze krause Haare,
wie Wolle: die Schwartzen aber in diesen Ländern sind gemeiniglich gerne eben so
proportionirlich von Gestalt als ein Europäer nur seyn mag, und haben lange schwartze
Haare. Derowegen trage ich kein Bedencken, die Abkunft dieser Völcker von den
Indianern herzuleiten, welche die Halb-Insel von India disseits des Ganges besitzen, und
unter allen Nationen von Schwartzen auf dem festen Lande ihnen an Haaren und Gestalt am
nächsten kommen. [...] Der Pater Gemelli Careri berichtet indessen, daß einige
wenige Schwartzen von dieser Insel kurtze krause Haare wie Wolle haben, und den Caffern in
Africa sehr ähnlich seyn.«
|P_36-40
£{Hol-119,03-11}
[ Erörterung verschiedener Theorien über den Ursprung der vier Farben
- nicht Rassen - der Menschen ]
|P_36f.
£{Hol-119,03-08}
Hier finden wir nun eine bequeme Gelegenheit zu untersuchen, was doch die
ursprüngliche Ursache von dem grossen Unterscheid in Gestalt, Wesen und Farben seyn
möge, welchen wir bey den Leuten in allen 4 Welt-Theilen antreffen. Wir müssen
aber erstlich völlig ausmachen, welche Observationes in diesem Stück in der
Erfahrung richtig befunden worden; ehe und bevor wir einige Folgen daraus ziehen
können. [...] Einige von unsern frommen Auslegern der heiligen Schrifft haben die
Schwärtze der Mohren vor eine Wirckung des Fluches angesehen, mit welchem Noah seinen andern Sohn Cham belegte,
dessen Nachkommen Africam, wie sie meinen, sollen bevölckert haben. Dagegen sind von
andern allerhand Einwendungen gemacht worden. Denn erstlich ist ausgemacht, daß
einer von Chams Söhnen, nemlich Canaan, das Land Canaan besessen habe: wir haben aber alle Ursachen
von der gantzen Welt zu glauben, daß er und seine Nachkommen nicht schwärtzer,
als die heutige Einwohner dieser Länder gewesen. Vors andere sind auch die Einwohner
der Küste von der Barbarey, welches ein grossen Stück von Africa ist, nimmer
schwartz gewesen, welche doch durchgehends von allen für Nachkommen von dem
verfluchten Cham gehalten worden. Wozu drittens kommt,
daß die Indianer, die Nachkommen von Sem, dem liebsten
Sohn des Noah eben so schwartz seyn, als die Caffern in
Africa, und folglich nach dieser Meynung eben so verflucht. Endlich / stehet auch nicht
wohl zu begreiffen, warum die schwartze Couleur mehr als die gelbe für eine Wirckung
des göttlichen Zorns paßiren soll, da doch letztere wenigstens bey der Helfte
des menschlichen Geschlechts angetroffen wird: daß wir die weisse Farbe, als unsere
eigene köstliche Couleur, als ein Zeichen der Gunste GOttes gegen uns ansehen, stehet
nicht zu bewundern. Denn die göttliche Vorsehung hat es also geordnet, daß jede
Nation ihr eigen Clima, Wesen, Gestalt, Wohnungen, und Sinnlichkeiten lieben, und
über die Vortheile ihrer Nachbarn erheben und heraus streichen soll.
|P_37
£{Hol-119,14-15}
Etliche andere Herren bilden sich ein, daß die schwartze Farbe der Caffern von
der grossen Sonnen-Hitze herrühre, welcher die um die Mittags-Line herum gelegene
Länder unterworfen seyn: wenn diese aber die rechte eigentliche Ursache seyn soll, so
entstehet eine neue Frage, woher es nemlich komme, daß wir auf dem festen Lande in
America auf derselben Breite keine Schwartzen antreffen. Denn in gantz America ist kein
Schwartzer zu finden, der daselbst gebohren sey, ausser den Kindern von den Caffern,
welche aus Africa dahin geschleppet worden. [...] Es bleibt also noch unausgemacht, ob die
schwartze Couleur von der Hitze des Climatis, oder von dem Temperament der Nationen
herrühre.
|P_38
£{Hes-215,29}
Was sie [die Missionare] aber von einer andern Nation im Gebirge sagen, daß
selbige nemlich Schwäntze von einer halben Spannen lang haben soll, steht so leicht
nicht zu glauben.
|P_43
»Sonst ist hier auch ein Thier zu finden, Nahmens Ignana, welches
alles zahme Geflügel verschlingt. Es ist dem Alligator oder einer Art
Crocodilen ähnlich. [...] Die Indianer und etliche Spanier essen es
und sagen, daß das Fleisch bey nahe, als der Kröten Fleisch schmecken
soll.«
|P_47
£{Hol-273,19}
»Die Tamarinden oder Sampalas sind eine wild Gewächs, und stecken in
Hülsen, gleich den grünen Erbsen. Sie haben einen scharfen Geschmack,
und werden vielfältig mit Zucker angemacht. Kein Ding aber auf der
Welt ist heilsamer und löschet den Durst besser im Fieber. Der Baum
ist hoch und dick; die Blätter aber klein, und das Holtz dienet zu
demselben Gebrauch, als das Eben-Holtz. [...] Sie sind ebenfals mit
Kalamback, welches eine aromatische Rinde hat, und mit allerhand
Sorten von Färber-Holtz versehen. [...] Der Cacao-Baum, den sie aus
Neu-Spanien herüber gebracht haben, geräth und wächst hier sehr häufig
und schön, so, daß sie die Frucht nicht aus America dürfen bringen
lassen. Doch sind die hiesigen Cacao-Nüssen so gut nicht.«
|P_49-50
£{Hol-268,02-06}
»Der Baum Camandag ist so giftig, daß die Pelamiden (eine gewisse Art
von kleinen See-Fischen, die den Sardellen ähnlich) wenn sie die ins
Wasser gefallene Blätter essen, davon sterben, und die Menschen
ebenfalls, welche solche vergifftete Fische geniessen. Der Saft, der
aus dem Stamm dieser Bäume fliesset, wird von den Völckern des Landes
gebraucht, die Spitzen ihrer Pfeile mit zu vergiften. Selbst der
Schatten des Baums ist so auszehrend, daß kein Gras oder Kraut
wächset, so weit als derselbe reichet, und wenn man ihn umsetzt,
verderbet er alle übrige Gewächse, welche nahe daherum stehen, einen
kleinen Strauch alleine ausgenommen, der ein Gegengift gegen diesen
Baum ist, und immer bey demselben wächst.«
|P_65f.
£{Hes-216,20}
Nach der Carte von diesen Inseln, welche von dem P. Gobien entworfen, und
gleichfals in den Philosophical Transactions zu finden ist, scheinen sie in der
Gestalt / des zunehmenden Monds in dem Orientalischen Ocean zu liegen. Diese Carte aber
ist vermuthlich mehr nach der Vorstellung einer lebhaften imagination, als nach gewissen
darüber gemachten Entdeckungen gestochen. Denn er gestehet, daß kein
Europäer die Lage der Insel erkundiget, weil noch Niemand dahingeseegelt ist:
sondern etliche von den Insulanern, welche nach den Philippinischen Inseln verschlagen
worden, haben etliche kleine Steine auf einer Tafel in derselben Ordnung hingeleget, in
welcher diese Inseln in der Carte praesentiret werden. [Es folgen kritische bis
skeptische Bemerkungen dazu.]
|P_66f.
£{Hes-216,23 ??}
Man hat uns auch gesagt, [(...)] daß einer von den Leuten, die aus diesen
Ostlichen Inseln gekommen, soll erzehlet haben, daß eine dieser Inseln von lauter
Weibern bewohnet werde; welche von den Männern der benachbarten Inseln zu gewissen
Zeiten um der Kinder-Zucht willen besucht würden: da sie denn die Mägdlein bey
ihren streitbaren Müttern bleiben liessen, und mit den kleinen Knaben / wieder
davonzögen. Es sind aber 3 oder 4 Umstände, welche mir die Aufrichtigkeit der
neuen Entdeckungen gemeiniglich verdächtig machen: [...].
|B_Molucken
|P_69
£{Hol-268,18-20}
Der Nahme Moluckos soll aus der Arabischen Sprache entsprossen seyn,
in welcher dieses Wort einen König (oder vielmehr viele Könige)
bedeutet: wie dann auch in dieser Gegend ihrer sehr viele seyn, welche
aber gröstentheils die Könige zu Ternate, Tidor, oder Batsjan für ihre
Lehns-Herren erkennen. [...] Diese dreye aber schreiben sich anietzo
gantz alleine Könige der Moluckischen Inseln, und haben die Herrschaft
über die übrige, als ihre Lehns-Leute nach dem Spruch der Waffen unter
sich getheilet.
|P_71
£{Hol-204,15-17}
Unsre Holländische Ost-Indische Compagnie hat vor gut befunden, die Näglein-
und Muscaten-Bäume auf einigen von diesen Insuln, als dem eintzigen Ort in der
gantzen Welt, da sie wachsen, gäntzlich auszurotten.
|P_73-74
£{Hol-268,20-269,04}
Der Nahme, unter welchem die Fürsten von Ternate, Tidor und Batsjan ihre
Länder regieren, heist Colano. [...] Weil aber die Wahl der Magnaten von unserer
Compagnie muß confirmirt werden, ist es wohl eher geschehen, daß mit Hintansetzung
der Gesetze des Reichs, oder bey Ermangelung der Königlichen Brüder, die Wahl
auf einen Sohn des Königes gefallen, und auch wohl der jüngere dem ältsten
vorgezogen worden ist. [...] Denn weil diese Herren Mahometaner seyn, halten sie ein
Seraglio, welches nach ihrem Staat mit Frauen-Zimmer starck besetzet ist. [...] Die drey
Könige, sammt ihren Magnaten und Reichs-Räthen regierten also über alle
Moluckische Inseln, bis die Europäer dieselbe mit ihren Schiffen besuchten. Nach der
Zeit aber ist ihre Macht und Ansehen sehr vermindert worden, und sie erkennen anietzo die
Holländische Ost-Indische Compagnie unter der Auctorität der allgemeinen Staaten
für ihre Schutz- und Lehns-Herren. [...] Darauf gaben sie der Compagnie gleich freye
Macht in allen ihren Landen Festungen zu bauen, wo sie es zu ihrer Defension und
Sicherheit nöthig würde befinden: und machten sich ferner verbindlich mit keiner
Nation, als mit den Holländern, den Gewürtz-Handel zu treiben, setzten auch
einen gewissen Preiß, wofür ihr Gewürtz der Compagnie solte geliefert
werden. [...]: unsre Compagnie aber hat durch solches unvorsichtige Verfahren nur
Gelegenheit bekommen, sich ihrer Treue durch die Gewalt der Waffen mehr zu versichern, u.
zu obigen Conditionen folgende hinzuzusetzen; daß sie erstlich keine Briefe noch
Gesandschaften von ausländischen Potentaten annehmen sollen; und daß vors
andre der Compagnie frey stehen soll, da wo es ihnen gut düncket, alle
Gewürtz-tragende Bäume auszurotten: wofür die Könige und ihre
Magnaten, oder auch nur erstere jährlich ein grosses, gewisses Geld ziehen.
|P_80
£{Hol-269,09-11}
Die Molucker sind durchgehends faul, furchtsam, ohne Courage, hoffärtig,
schelmisch, betriegerisch, abgefeimt, verrätherisch, zum Aufruhr geneigt,
lügenhaft und allen Lastern ergeben. [...] Wenn sie meinen, daß sie von jemand
etwas böses zu befürchten haben, oder ihnen würcklich angethan sey,
rächen sie sich heimtückischer und mördlicher Weise, wenn sie ihren Streich
anzubringen Gelegenheit haben, und in der Religion sind sie sehr leichtsinnig. Die Weiber
sind freundlich im Reden, und verstehen sich sonderlich darauf, wie sie mit ihren Minen
charmiren sollen. Die Männer sind auf ein wollüstig Leben sehr erpicht, und die
Hurerey heist bey ihnen keine Sünde, und wird bey den Manns-Personen für eine
Galanterie gehalten.
|P_81
£{Hol-269,13-15}
Ubrigens brauchen sie die Schalen von den Cocus-Nüssen zu ihrem Trinck-Geschirr,
Pisang-Blätter zu ihrem Tisch, Tisch-Tuch und Servietten, ausgehohlte
Bamboes-Höltzer zu Eimern und Schüsseln; und endlich haben sie noch eine Parang
oder Hacke-Messer, damit etwas zu hauen, und zu zerklöben.
Der Reis ist ihnen, die Macassaren alleine ausgenommen, ein seltener Lecker-Bissen.
Sagoe aber ist ihr gemeines Brod. Frische, trockne, oder eingesaltzene Fische speisen sie
zum Zugemüß.
|P_84-85
£{Hol-269,15-16}
»Derowegen müssen wir ietzunder zu der Beschreibung derjenigen Dinge
übergehen, um welcher Willen man diese Inseln nach Entdeckung der Fahrt über
Cabo de bonna Speranza hauptsächlich so fleißig besucht hat, und weswegen
zwischen den Europäern und Indianern, Portugiesen und Spaniern, Holländern und
Engelländern, wegen des Besitzes dieser sonst sehr armen Inseln solche blutige Kriege
sind geführet worden. Diese Dinge sind die Nägelein, Muscaten und
Muscaten-Blumen, welche nirgends, als in diesen Inseln wachsen wollen, und wohl in den
meisten vormals zu finden gewest seyn. Doch weil diese überall ausser auf den Inseln
Amboina und Banda ausgerottet seyn, vermöge des Vertrags, den unsere Compagnie mit
den Moluckischen Königen geschlossen hat, nach welchem sie, wo sie es gut findet,
diese Bäume ausrotten kan, und den Königen davor ein gewisses Jahr-Geld erleget:
[...]. Aus dieser Ursache pflantzen sie die Näglein-Bäume allein auf Amboina
fort, als wo dieselben sich auch so herrlich vermehrt haben, daß diese Insel
gegenwärtig gantz allein im Stande ist, die übrige gantze Welt mit Näglein
genugsam zu versorgen. Ihre Garnison daselbst ist deswegen so starck, daß niemand
leichtlich sich unterfangen wird, ihnen diese Insel abzunehmen. [...] Die übrige
Insulaner sind die elendeste Menschen auf dem Erdboden, weil ihnen nicht vergönnet
wird, ihr eigen Land zu bebauen, damit fremde Potentaten nicht gedencken sollen, daß
sie ihres Schutzes werth seyn.«
|P_86-87
£{Hol-143,19-144,04}
Wir können bey dieser Gelegenheit nicht umhin, zwey Sorten von Thieren zu
beschreiben, welche auf diesen Inseln gefunden werden: die Zibeth-Katzen nehmlich, und das
Thier Babi_Roesa, welcher Nahme, wie man vorgiebt, soviel als einen Schwein-Hirsch
bedeuten soll. Letzteres Thier soll dem Verlaut nach auf den Inseln Xoula, Boero und
Celebes allein zu finden seyn, und einem wilden Schwein am meisten gleichen: wenn nur das
Männlein nicht, neben den grossen Hauern am Unter-Kinnbacken zwey gleich grosse am
obersten sitzen hätte, (welche eben so hoch hervorragen, und mehr als halb rund
gebogen seyn, daher sie ihnen oft wieder gerade in den Kopf hinein wachsen) [...].
|P_91
£{Hol-269,17-19} / £{Hol-269,21-22}
Und man kan überhaupt sagen, daß diese (die Ternatische) Inseln mehr
Unkosten, als der Profit beträgt, verursachen, weil gegenwärtig kein
Gewürtz daselbst fällt, und der Handel mit den übrigen Waaren, die
ausgehen, oder eingebracht werden, nicht viel auf sich hat. Die
Compagnie darf aber, vermöge des Tractats mit dem Könige alle ihre
Besatzungen nicht von dar wegnehmen, und giebet dem Könige von Ternate
jährlich für die Ausrottung der Näglein-Bäume in seinem Lande 6400
Reichs-Thaler, und für die Insel Saleyer noch 200 Reichs-Thaler; den
Magnaten von Ternate 600, ausser dem was die übrigen ziehen, so sich
wohl auf 5280 Reichs-Thaler beläuft. [...] Ich finde, daß Walter
Schultz die Ternataner also beschreibet, daß sie so schwartz, als
Maulwürfe seyn, lange Haare haben, Helden im Gefecht, sonst aber
guthertzig und beliebt seyn; allen Pracht und Ubermäßigkeit hassen,
Feinde sind von Rauben und Stehlen, wie auch von Zancken und Balgen,
aber ein müßiges und lediges Leben sehr lieben. Die unsterbliche
Rachbegierde aber scheinet ihnen, so wie allen ihren Nachbarn
anzukleben.«
|P_101
£{Hol-270,01} / £{Hol-204,09-10}
Ehe und bevor wir aber Amboina verlassen, müssen wir von den
Gewürtz-Näglein nach unserer Zusage handeln.
Die Näglein sind die
Frucht eines Baumes, der glatt von Stamm, nicht dick von Rinde und der Grösse und
Gestalt nach, einem Birn-Baum nicht ungleich ist. Seine Blätter sind auch eben so
formiret, als die Blätter des Birn-Baums, dabey doch etwas grösser, glatt, hart
und wohlriechend.«
|P_106
£{Hol-269,16} / £{Hol-270,01-02} / £{Hol-204,11-17}
Die drey Inseln Neira, Lonthor oder Banda, und Poelo-Ay hat die
Compagnie an freye Leute zu Plantagien ausgegeben, damit sie mit
Muscat-Bäumen bepflantzet werden möchten. [...] Der Muscaten-Baum, von welchem
diese Leute so grossen Vortheil ziehen, ist vormals auf verschiedenen
von den Gewürtz-Inseln, und auch auf Amboina gefunden worden, itzund
aber allenthalben, ausser hier, gäntzlich ausgerottet. Er ist ein
wenig platter und breiter von Kerne, als ein Birn-Baum, und ist an
Gestalt einem Apfel-Baum an meisten ähnlich. Die Rinde ist eben und
glatt, und von Farbe ein wenig braun-grau.
|P_109-110
£{Hol-270,03-06}
Sudwerts von den Philippinischen Inseln liegt die Insel Celebes oder Macassar, welche
sich von dem ersten Grad 30 Minuten bis an den fünften Grad Süder-Breite
erstrecket. [...] Celebes, welches an der Nord-West-Seite unter der Linie lieget, und
Macassar, welches Reich das gantze Süder-Theil einnimmt, werden für die
vornehmsten Königreiche gehalten. Die übrigen Provintzen waren gemeiniglich
gerne einem oder dem andern von diesen beyden unterworfen; dahero auch die Insel bald von
dem einen, bald von dem andern dieser Königreiche den Nahmen führet. Celebes
nämlich gehöret nebst unterschiedlichen Inseln in dieser Gegend dem König
von Ternate zu, welcher unterschiedliche Fürsten, als seine Lehns-Leute, daselbst
hält. [...] Das Süder-Theil der Insel ist allem Ansehen nach vormal dem
König von Macassar allein gäntzlich unterworfen gewesen, welcher verschiedene
Lehns-Leute und Fürsten unter sich gehabt hat. Alle diese Fürsten aber sind nach
der Bezwingung von Macassar unter Anführung des General Speelmans, in dem Anno 1669
darauf erfolgten Frieden für freye souveraine Fürsten erkläret, und unsere
Holländische Compagnie für eine rechtmäßige Besitzerin
unterschiedener auf dieser Insel in dem damals beyzulegenden Kriege durchs Schwerdt
gewonnenen Landschaften erkant worden. Durch diesen Frieden ward zwischen allen
intressirenden Parteyen ein ewiger Bund aufgerichtet, von welchem die Holländische
Ost-Indische Compagnie das Haupt ist, und die sämmtliche Bunds-Genossen gegen alle
aus- und inländische Gewalt beschützen und beschirmen muß.
|P_111
£{Hol-270,06-07}
Das Gold, so sie haben, wird gröstentheils in dem Sand der Ströme gefunden,
und durch die starcke Regen-Güsse von den Bergen in die Thäler hinuntergespühlt.
In ihren Wäldern wächst Eben- Calambak- und Sandel-Holtz, wie auch verschiedene andre
Sorten von Färbe-Holtz.
|P_112-113
£{Hol-270,08-10}
Wie aber die Macassaren das Opium eigentlich sammlen, habe ich nicht in Erfahrung
bringen können; wohl aber befunden, daß Kämpfer erzehlet, daß er auf
folgende Manier in Indien gesammlet werden. [...] Sie zerschmeltzen den Saft manchmal und
besprengen ihren Toback damit. [...] Unvermerckt aber verzehrt dieses Gemenge alle
Lebens-Geister, und verkürtzet ihr Leben. Wenn sie in eine Bataille gehen, sollen sie
so viel als zwey Nadelköpfe groß in einer Pfeiffe Toback nehmen, wovon ihnen
der Kopf so eingenommen wird, daß sie, bis daß sie die Dosis völlig
ausgeoperiret hat, von Wunden und Gefahr nichts wissen.
|P_115
£{Hol-270,11-13}
Die gebohrne Macassaren haben ein ungemein schönes Gedächtniß, und
können bald etwas begreifen. [...] Sie sind auch starck und fest von Leibe, und dabey
sehr fleißig und so bereit eine mühsame Arbeit auf sich zu nehmen, als ich kaum
eine andere Nation gekant habe. Kein Volck ist zu den Waffen und stoltzen Unternehmungen
geneigter als sie; so, daß man sie wohl für die eintzige kriegerische Nation,
darunter es gute Soldaten giebt, halten kan, welche jenseit der Bay von Bengala wohnet.
Dahero werden sie auch von den Fürsten und Königen in dasigen Ländern um
Geld in ihre Dienste genommen, gleichwie die Schweitzer in Europa.
|P_116
£{Hol-270,14-17}
Das Volck von Macassar ist von mittelmäßger Statur, ihre Farbe ist
schwärtzlich, die Kinnbacken stehen ihnen sehr hoch, und die Nase ist gemeiniglich
platt. Letzteres wird für eine Schönheit gehalten, und sie geben sich fast eben
so viel Mühe, den Kindern in ihrer zarten Kindheit die Nasen platt zu drücken,
als die Chineser bey den Töchtern grosser Herren anwenden, ihnen kleine Füsse zu
machen. Sie haben gläntzende kohl-schwartze Haare, welche sie aufbinden, [...]. Sie
werden bey ihren Priestern in die Schule gethan, bey welchen sie lesen, schreiben und
rechnen, nebst den Geboten des Alcorans lernen. Ihre Buchstaben sehen den Arabischen sehr
gleich, welches auch nicht verwunders werth ist, weil viele von ihren Vor-Eltern Arabes
gewesen.
|P_116-117
£{Hol-270,17-19}
Man hat unterschiedliche Exempel, daß ihrer etliche ihr Leben für die
Fremden und Christen gewagt haben. Andre haben den Nothleidenden recht edelmüthig
beygesprungen und gar ihr Gut mit ihnen getheilet. Sie hatten eine so grosse Liebe zur
Freyheit, daß sie die letztern unter allen Indianischen Nationen waren, welche sich
den Holländern unterworfen: [...]. Zugleich muß man auch bekennen, daß
keine Nation leichtlich so eifrig und auffahrend sey, als diese.
|P_117
£{Hol-270,19-20}
So bald ein Knabe 16 bis 17 Jahre auf dem Buckel hat, und über seine
Lehr-Jahre hingekommen ist, bekommt er Freyheit, bei seiner Braut auf
die Freite zu gehen, und ihr aufzuwarten, wird auch kurtz darauf
getrauet. Seine Künste, die er wissen muß, sind reiten, mit dem Bogen
und mit der Flinte zu schiessen, sein Schwerdt und Dolch wohl zu
führen, und die kleinen Pfeile, wovon wir schon gesprochen haben,
durch ein glattes Blas-Rohr von Eben- oder anderm Holtz abzuschiessen.
|B_Sa-Sunda_(1733b)_
|P_1
£{Hol-270,21-22}
»Borneo, Sumatra und Java sind die vornehmsten unter den Sundaischen Insuln,
welche also von der Meer-Enge oder Strasse von Sunda, an welcher sie liegen, benennet
werden.«
|P_2
£{Hol-271,01}
»Weil die Insul Borneo bey nahe rund ist, fasset sie vermuthlich weit mehr Land
in sich, als eine andere von denen bis anhero entdeckten Insuln.«
£{Hol-271,01-05}
»Weil die Gegenden, so an der See-Küste liegen, auf etliche hundert Meilen
weit, gantz flache und eben seyn, so werden sie jährlich etliche Monath lang, (wie an
andern Orten in diesen heissen Ländern) überschwemmet. [...] Dazu kömmt
noch dieses, daß der unerträgliche Gestanck von todten Fröschen und andern
Ungeziefer, die nach Ablauf des Wassers auf dem Land zurück bleiben und sterben, bey
der grossen Sonnen-Hitze der Lufft sehr verderbet und anstecket. [...]: so kann man
leichtlich abnehmen, daß das Land für Menschen, und sonderlich für
Europäer, gar zu gesund nicht seyn müsse; wovon uns das starcke Sterben unter
unsern Landes-Leuten, welche jährlich dahin fahren, überzeuget. [...]«
|P_2-3
£{Hol-271,05-11}
»Was die Musons oder zu gewissen Zeiten stehende Winde anlanget, so bleiben
solche von dem October bis an den April gemeiniglich im Westen stehen, und dauret die
Regen-Zeit auch, währender das Wasser fast beständig fort mit einem gewaltigen
Schlag- und Platz-Regen, der mit hefftigem Stürmen, Donner-Schlägen und Blitzen
vergesellschafftet ist, vom Himmel herunterstürtzet. An der Süd-Küste,
woselbst sich die Europäer gemeiniglich gerne aufhalten, ist es recht was seltsames,
wenn man um diese Jahr-Zeit zwey Stunden nach einander gut Wetter hat. Die trockene
Jahr-Zeit fängt gemeiniglich gerne im April an, und stehet bis in den October hinein:
doch gehet auch in der Zeit selten ein Tag ohne Regen-Schauer hin, vornehmlich um die
Stunde, da die See-Winde eintreten.«
[ ad Nordküste: Schluß aus
den Darlegungen ]
|P_4-5
£{Hol-271,12-14}
»Die Fluth steiget hier ungefehr 12 Fuß hoch, und kommt nur einmahl in
vier und zwantzig Stunden und zwar bey Tage. Bey der Nacht wächst das Wasser nicht
über einen halben Fuß, ohne wenn sie ein trockenes Jahr haben. Solches aber
rühret von der grossen Gewalt der Ströhme und der Land-Winde her, welche
letztere bey Nacht weit stärcker, als bey Tage wehen.«
|P_6
£{Hol-271,14-15}
»Die Einwohner dieser Insul seynd theils Mahometaner, theils Heyden. Die
Mahometaner wohnen an der See-Küste und in allen vornehmsten Handel-Städten. Die
Heyden aber, welche daselbst Byayos genannt werden, haben die innere Gegenden des Landes
inne.«
|P_7
£{Hol-271,15-18}
»Ihre Waffen sind, [...], ein Crits oder Dolch, und ein Sampit, oder Blas-Rohr,
so ungefehr sechs bis acht Fuß lang ist, und mit einem Stück Eisen am Ende
beschlagen, wie etwa unsere Bajonetten seyn. Aus diesem Blas-Rohr schiessen sie ihre
vergifftete Pfeile, von welchen sie etwa 60 bis 80 in einem kleinen Köcher an der
Seiten tragen.«
|P_9-10
£{Hol-271,18-21}
»Die Inwohner sind, gleich andern gerade unter der Linie wohnenden Nationen, aus
[sic !] der massen schwartz. Daher haben einige Voyageurs Gelegenheit genommen
alle diejenigen, welche unter der Linie wohnen, Schwartzen zu nennen. Es ist aber zwischen
ihnen und den Negers ein grosser Unterscheid, wie wir schon bemercket haben. Denn die
Hitze des Climatis kan zwar die Menschen gelb machen, davon alleine aber werden sie nicht
schwartz, wie schon ist gezeiget worden. Die Banjaren haben lange gläntzende
schwartze Haare, und sind wohl gebildet, aber nur klein von Statur. [...] Wie starck die
Macht der Gewohnheit sey, und welch eine Tyranney die Mode und Landes-Manier über die
Menschen führe, kan man auch unter den Byayos sehen, als unter welchen man schwerlich
einen eintzigen finden wird, welcher nicht nach der Mode sich die vordersten Zähne
ausziehen, und an deren statt andere von Gold einsetzen lässet.«
|P_14-15
£{Hol-271,21}
»Die Waaren, welche hieselbst fallen, bestehen in Gold, Diamanten und Pfeffer.
Man sagt auch von Nägelein und Muscat-Nüssen, doch sind derselben wenig, und
wachsen nur oben im Gebürge. Die Perlen fallen nur bey dem Flecken Borneo auf Caica,
Saribas und Melanoege, der Kampffer in dem Königreiche Succanda, Benzoe,
Drachen-Bluth, Rottings, Calambak oder Adler-Holtz, auf der Insul Crimataja, und bey
Succanda, Eisen, Kupffer, Zinn, Bezoar, Affen und Bocksteine, Pedro del Porco, Toetombos,
oder Dosen von feinem Rotting, und Wachs. [...] Insonderheit handelten sie auf Succanda,
Borneo, Banjar Massin und Sambas, an welchem Ort nur sehr wenig Pfeffer, aber etwas Gold
und Wachs in langen viereckigten Stücken, von 34 Pfunden fällt; [...].«
|P_18-19
£{Hol-155,13-14} / £{Hol-271,21-272,01}
»Das
Drachen-Blut, so man allhier findet, ist das beste auf der gantzen Welt. Es ist der Gummi
von einem Baum, der eine Frucht, so roth, als eine Kirsche trägt. Der klarste ist der
beste. [...] Wenn die Leute des Landes Gold in Stangen zu kauff bringen, [...]. Sie sind
aber nicht gar zu weit in der Scheide-Kunst gekommen, und reinigen dahero ihren Gold-Sand
selten, oder doch nicht so, wie es sich gebühret; [...]. Ihr schöner
Bezoar-Stein, den sie vom Affen ziehen, wird für so viel Silber, als jedes Stück
ungefehr fünfmahl schwer ist, verkaufft, und der beste ist der grüne. [...];
man meynet aber, daß die grösten Bezoar-Steine von Ziegen sind.«
|P_20
£{Hol-272,01-02}
»Der beste ungesäuerte Kampffer soll auch hier zu Lande fallen. Ihre
Vogel-Nester werden auch hoch aestimirt, und das Pickel für 90 bis 100 Reichsthaler
verkaufft. Die weisse und durchsichtige sind die besten.«
|P_21-22
£{Hol-272,02-04}
»In Borneo wachsen drey Sorten von schwartzen Pfeffer. [...] Der weisse Pfeffer,
der aus diesem Lande gebracht wird, ist doppelt so theur, als der schwartze. Ich finde
aber nicht, daß ein eintziger Reisender saget, daß er selbigen habe wachsen
gesehen. Unsere Kauff-Leute erzehlen, daß die arme Leute ihnen selbigen in kleinen
Quantitäten bringen. Sie sollen diesen Pfeffer auf der Erden sammlen; Daher unsere
Leute befürchten, daß der weisse Pfeffer seine Coleur nirgend anders her habe,
als von einem gewissen Vogel Ballane genannt, welcher den schwartzen Pfeffer isset, und
nichts mehr als die äusserste Schale verdauet, den Rest aber wieder von sich wirfft:
Welcher dann bey dem Durchgang durch den Leib des Vogels die weisse Farbe an sich nehmen
soll. [...] Denn es scheinet mir weit glaublicher zu seyn, daß der weisse Pfeffer
die beste Frucht des Baums ist, welche von selbst abfällt, und wenn sie eine Zeitlang
unter freyem Himmel gelegen, von der Lufft und Sonne die weisse Farbe annimmt. Daß
dieser Pfeffer auch so theur ist, rühret daher, weil er der beste ist, [...].«
|P_23
£{Hol-162,11-12} / £{Hol-272,04-05}
»Sie sind aber mit verschiedenen Sorten von wilden Thieren geplagt, als
Bären, Tiger, Affen: von welchen Letztern man eine grosse Menge und verschiedenen
Sorten daselbst antrifft; unter allen ist aber der Oran-Ootang, oder der Wald-Mann wohl
der merckwürdigste. Selbiger ist, allem Verlaut nach, wenn er seine vollenkommene
Länge hat, nicht weniger als 6 Fuß hoch, und gehet recht aufrecht, als ein
Mensch. Seine Arme sind etwas länger als eines Menschen Arme. Er hat keinen Schwantz,
auch keine Haare, ohne an den Orten, da sie bey den Menschen wachsen.«
|P_24
£{Hol-272,05-09}
»In der Stern-Kunst sind sie auch so unerfahren, daß eine
Sonnen-Finsterniß sie in die äusserste Consternation setzet: So daß sie
mit einigen ihrer Nachbarn nicht aufhören, zu heulen, zu lermen, und auf kupferne
Becken zu schlagen, bis die Sonne, oder der Mond aus dem Rachen des Drachen, der diese
Gestirne, nach ihrer Meynung verschlingen soll, herausgetreten ist. [...] Die meisten
Kranckheiten schreiben sie der Würckung eines bösen Geistes zu, insonderheit
wenn der Patient raset, und in seinen Reden von einer Sache in die andre fällt.
Anstatt nun, daß sie ihre Zuflucht zu bewehrten Artzeneyen nehmen sollten, lassen
sie ein gut Gericht, von Vögeln, Reis und andern Speisen zurecht machen, und setzen
solches unter gewissen Bäumen auf dem Felde hin, bey welchem ein klein Bet-Haus
hingebauet ist. Daselbst opfern sie dieses herrliche Tractament, und sprechen ein Gebet
für des Patienten Genesung.«
[ Von einem Fluß oder Schiff ist keine Rede! ]
|P_46
£{Hol-272,10-11}
»Die Insul Java, welche man gemeiniglich gerne groß Java nennet, um
selbige von der Insul Bali, oder klein Java zu unterscheiden, erstrecket sich [...]. [...]
Noch anitzo herrschen fünff Potentaten auf dieser Insul, welche doch nicht alle
Nachfolger der alten Könige, und in denselben Reichen seyn. Diese fünffe sind
erstlich der König zu Bantam, unter dessen Gebiet das westliche Theil von Java
stehet, darauf die Holländische Ost-Indische Compagnie [ offenbar Zeile
gesprungen: Batavia ], ferner der Kayser von Mataram, welcher also von seiner
Haupt-Stadt, oder auch der Kayser von Java entweder von einer gewissen Landschaft der
Insul, oder auch, weil er den grösten Theil von Java besitzet, genannt wird, weiter
der König von Tsjeribon, welches Land auf der Nord-Küste von Java lieget, und
endlich der König von Balamboang, der sein Land an der Süd-Küste liegen
hat.«
|P_47
£{Hol-272,11-13}
»Der König von Bantam aber gab ihm [ sc. dem Kayser von Mataram
] vormahls an Macht und Reichthum nichts nach, weil er die Nord-West-Küste und
die vornehme Handel-Stadt Bantam inne hatte. Allhier hatten die Engelländer ihren
vornehmsten Handels-Platz, und die Holländer gleichfalls, bis die unerträgliche
Bedruckungen dieses Fürsten sie endlich zwungen, einen Wohnplatz für ihre
Handels-Leute zu Jaccatra, itzunder Batavia genannt, ungefehr 12 Meilen von Bantam
anzulegen, nachdem sie vorhero deswegen mit dem König von Jaccatra einen Contract
geschlossen hatten.«
|P_54
£{Hes-218,03}
Vormahls war Mataram die HauptStadt von diesem Kayserthum; [...]. Mataram war vormahls
die gröste Stadt in dem gantzen Kayserthum, und bestand vornehmlich aus zwo
Strassen, welche gegen Osten und Westen, Norden und Süden liefen, und jede wohl zwo
Meilen lang seyn.
|P_58
»Da wir also die Länder der Potentaten, welche Java unter sich getheilet
haben, nebst ihren Haupt- und Residentz-Städten beschrieben haben, müssen wir
kürtzlich anzeigen, wie bevölckert, und bewohnt selbige seyn.«
|P_60-61
£{Hol-272,13-15}
»Was die Jahr-Zeiten an der Nord-Küste von Java, und denn Ostwerts auf
derselben Linie bis an Solor und Timor liegenden Insuln anlanget, so hat man das
schlechteste Wetter, so lange als die West-Winde stehen, welche gemeiniglich in der ersten
Woche von November-Monath zu wehen anfangen. [...] Der ostliche Passat-Wind stehet um den
ersten May recht feste, und erwecket im Sommer und im Junio mannichmal Regen: wenn es aber
nicht regnet, wehet der Ost-Wind am hefftigsten, Bey diesem Winde ist das Wetter
gemeiniglich gerne helle und gesund, welches bis an dem September anhält. Im October
verändert sich der Wind zum öfftern, und der Ost-Wind wehet sehr gelinde; aber
mit dem Anfang des Novembris kommen die / West-Winde wieder.«
|P_63
£{Hol-272,16-19}
»Obgleich unsre Ost-Indische Compagnie wegen der Festungen und Besatzungen,
welche sie in den Haupt- und andern ansehnlichen Städten der Insul Java, Palamboang
alleine ausgenommen, inne hat, wie auch durch die Leib-Garden, welche sie den Javanischen
Fürsten hält, von ihrer Person so wohl als ihren Landen genugsam Meister ist: So
läst sie ihnen doch die oberste Macht und Gewalt über ihre Unterthanen, nebst
den Einkünfften und der Regierung ihrer Länder zu verwalten über,
ausgenommen, daß an einigen Orten keine Land-Vögte ohne ihre Bewilligung
können gesetzt werden. [...] Diese sind sonder Zweiffel die Ursachen, warum unsre
Comagnie daselbst so viel Schantzen und Besatzungen hält und den Königen von
Bantam, Mataram, und Tsjeribon Leib-Garden giebt: Wovon die Fürsten noch den Nutzen
haben, daß sie von ihren Unterthanen gefürchtet werden, und ihre Person in
völliger Sicherheit ist.«
|P_74
£{Hol-272,20-21}
»Weil man auf Java Leute von allerhand Ost-Indianischen und Europäischen
Nationen findet, so folget von selbst, daß die Leute auch allerhand Religionen
zugethan seyn. Die Mahometaner, Heiden und Reformirte aber sind diejenigen, welcho voritzo
ihren Gottesdienst daselbst öffentlich treiben. Die Mahometanische Religion ist auf
Java die so genannte Religio dominans der einheimischen Javaneser, und insonderheit
derjenigen, welche an den See-Küsten wohnen. Tieffer landwerts hinein, findet man
hier, wie in andern Indianischen Insuln noch Leute genug, die dem alten Heydnischen
Aberglauben des Landes zugethan seyn.«
|P_78-79
£{Hol-272,22-273,02}
»Die Javaneser sind von mittelmässiger Länge, wohl gebildet, doch
gesetzt und gedrungen von Gliedern, gelb oder falb von Farbe, breit von Gesicht, mit hohen
herausstehenden Kinnbacken, platt von Nase, rund von Augen, und mit erhabenen
Augen-Liedern. [...]. So wird ihnen doch nachgeredet, daß sie faul und diebisch seyn
sollen, [...]. Sie sind ferner sehr blutgierig, trotzig und unversöhnlich: Dahero
muß im Kriege alles vor ihrer Faust sterben, was nicht entfliehen kan. Wenn es aber
zum rechten Faust-Gemenge und treffen kommt, sind sie sehr zaghafft. Unterweilen aber
fechten sie mit eben grosser Standhafftigkeit und Furie, als sie sonst leicht zum
Haasen-Panier greiffen.«
|P_94
£{Hol-273,03-15}
»Um zu zeigen, wie Leute von schwachem Verstande, die dabey dem Aberglauben
ergeben, und mit keinem Gewissen beschwert sind, sich so leicht betrieben lassen, und sich
selbst durch ihre Gewissens-Angst gezwungen verrathen, will ich allhier erzehlen, wie die
Europäer es angreiffen, ihre Sclaven, die nicht reine Finger halten, zu entdecken.
Sie halten ihnen zween Zweige von einem Baum, die an dem einen Ende gespalten, und an dem
andern aber noch zusammen gewachsen seyn, und sich daher an dem gespaltenen Ende von
selbst zusammen kneiffen, um den Hals, und sagen dabey etliche mahl diese Worte her: Jan
Petro, impi dreto, si eo tenbo coelpa, enforca mi; welches so viel heist als: Schwartzer
Johann, wo ich schuldig bin, so kneiffe mir den Hals zu. Weil man nun diesen Hals-Zierrath
den schwartzen Johann nennet, und man ihnen weiß macht, daß er den schuldigen
allmählich den Hals zukneifft, so macht die Furcht, daß ihnen diese kneifende
Höltzergen unerträglich erscheinen, und die mit dem Bekänntniß der
Diebereyen herausrücken. Sie geben ihnen auch ein haufen trocknen Reiß,
vorgebende, daß derselbige beschworen sey. Wer selbigen herunter bringt, wird
für unschuldig angesehen; Der Schuldige aber wird durch sein nagendes Gewissen in
Angst und Furcht gesetzet, daß er möge entdeckt werden, und kan daher den Reis
nicht herunter bringen. Sie geben ihnen auch einen kleinen Stock von einem Finger lang,
sprechen etliche Formuln darüber, und machen ihnen weiß, daß selbiger,
wenn er bey dem Schuldigen eine Zeitlang gewesen, wol einen Finger breit länger
werden solle. Dieser glaubt es, und schneidet, allen Argwohn von sich abzuwenden, so viel
herunter, womit er sich selbst verräth.«
|P_102
£{Hol-273,15}
»Man hat sowohl bey Batavia herum, als auf andern Gegenden von Java grosse
Zucker-Plantagien.«
|P_103
£{Hol-273,15}
»Neben dem Zucker wird auch Toback auf Java gebauet. Insbesondere aber
fällt hier viel Pfeffer; [...]. Der Pfeffer wächst auf einer kriechenden
Pflanze, welche, wie die Türcksche Bohnen, allenthalben anklimmet.«
|P_104
£{Hol-273,16-17}
»Ehe wir uns von den Kräutern zu den Bäumen wenden, müssen wir
von dem Cardemomme zu reden nicht vergessen, welche unter andern auch von dieser Insul
gebracht wird. [...] Sie hat, [...], einen Strauch oder Stamm, der dem Rohr ähnlich
ist, und wie letzteres in Glieder und Knoten eingetheilet ist. Innwendig aber ist sie mit
einem schwammigten Marck versehen.«
|P_107
£{Hol-273,17-18}
»Man findet keine Weinberge auf dieser Insul, ohne bey Batavia herum; woselbst
die Holländer sie erstlich angelegt, und zu einer solchen Fruchtbarkeit gebracht
haben, daß sie innerhalb zwey Jahren siebenmal Frucht tragen sollen. [...]. Dieses
geilen Wachsthums aber ungeachtet, kan man doch keinen Wein von den Trauben machen: und
man trifft keinen Wein daselbst an, als der aus Persien oder aus Europa kommt, [...]. Wir
müssen aber vor allem noch vom Caffee-Baum handeln, welcher um das Ende des vorigen
Jahrhunderts aus Arabien dahin gebracht worden, und sehr wohl anschlägt.«
|P_108
£{Hol-273,21}
»Weil wir von dem Pinang und Betel Kauen, als einer beständigen Gewohnheit
der Javaneser nicht allein, sondern auch sehr vielen andern Indianer an verschiedenene
Orten geredet haben, wollen wir, damit der Leser wissen möge, was das eigentlich sey,
die Früchte, aus welchem diese Brocken gemachet werden, un die Präparation
derselben beschreiben, damit alles deutlich sey, wenn wir anderwerts derselben gedencken
werden. Es bestehet dieser Lecker-Bissen aus der Frucht von Pinang, und dem Blade eines
andern Gewächses, welches Betel oder Siri heist. Ersteres ist die Frucht einer
gewissen Art Palm-Bäume, welche die Indianer Arack, die Persianer und Araber aber
Fusel oder Fausel, und die Malayer Pinang nennen. Der Baum ist inwendig weich, auswendig
aber hart, und wächst unterweilen so hoch, als ein Cocos-Baum.«
|P_109-110
£{Hol-273,18-21}
»Wir müssen aber auch nicht vergessen von den heilsamen und medicinalischen
Bäumen zu reden, welche auf dieser Insul zu finden seyn. Obgleich das Gummi Benjoyn
aus Sumatra und Siam am meisten verführt wird; [...]. [...], seine Beschreibung aber
des Benjoyn-Baums hier gantz einrücken: Ob aber der hiesige von dem auf Sumatra und
Siam unterschieden, oder ob a Costa einem falschen Bericht gefolget, lassen wir dahin
gestellet seyn. [../.] An den Oertern, wo die Rancken an dem Baum gefügt seyn,
wurtzeln zum öfftern viele andre Kräuter, welches verursachet, daß man zum
öfftern vielerley Blätter auf dem Baum siehet. Den Benjoyn herauszuziehen,
schneidet man ein Loch in die Rinde, und läst den Gummi herauströpffeln. Ausser
dem Emblischen und Bellenischen Mirobalanen wächst noch eine Sorte auf Java, welche
beynahe rund und ganz glatt, in unsern Landen aber nicht bekannt ist; sonst gleichen die
hiesige den Mirobalanen an Stamm und Blättern. Sie haben daneben keine
eröffnende, sondern eine verstopffende Krafft, daher sie auch in den rothen Ruhr sehr
gut seyn. Die Tamarinden wachsen hier auch im Uberfluß. Sie sind die Frucht eines
artigen Baums von der Grösse eines Castanien-Baums, welcher hellgrüne annehmlich
saur schmeckende Blätter hat, die der Figur nach, den Blättern des Weibleins
unter dem Fahren-Kraut gleichen. [...] Die Frucht ist Bogenweise gebogen, und hat die
Gestalt eines Fingers, inwendig aber etliche Kerner, als Lupinen-Bohnen von Grösse,
welche in der rothen Ruhr sehr heilsam seyn. [...] Die Cubeben sollen auf dieser Insul an
dem Ufer des Flusses Sund in grosser Menge wild wachsen. Die Rancken von diesem
Gewächs suchen auch die höchsten Bäume, um sich, wie der Pfeffer, daran zu
halten.«
|P_111
£{Hol-162,14-15} / £{Hol-274,01}
»In den Javanischen Wäldern hält sich eine ungemeine Menge von Affen
auf. Insonderheit ist daselbst eine Art von Affen, welche, wie Herr Salmon nach dem
Herrn Leguat berichtet, nur allein auf Java anzutreffen ist, und beynahe
menschliche Gestalt hat. Der Herr Hamilton vermeldet, daß man dieses Thier
Oran-Ootang (zu Teutsch der Wald-Mann) nenne, und wir haben schon angezeiget, daß es
auch auf Borneo angetroffen werde. [...] Diese Creatur machte täglich ihr Bette recht
zierlich, und legte sich des Abends hinein, und bedeckte sich mit einer Decke von
Wat.«
|P_112
£{Hol-162,15-16}
»Die Weiblein haben ihre ordentliche Zeiten. Sie haben alle mit einander keinen
Schwantz. Sie sind von traurigem Temperament, [...].«
|P_113
£{Hol-274,01}
»Unter den wilden Thieren in den Wäldern der Insul Java findet man auch das
Nase-Horn oder Rhinoceros, welches diesen Nahmen von einem gewissen Horn, das es auf der
Nasen führet, bekommen hat.«
|P_114-115
£{Hol-274,02-05}
»Unter den Crocodilen, welche man daselbst hat, sind etliche 20 bis 30 Fuß
lang, aber nach Proportion weder hoch noch dick, wie sie denn auch nur Klauen und fast
keine Beine haben. [...] Wir haben schon oben in dem Capitel von Banda, von sehr grossen
Schlangen gesprochen: es sollen aber, wie man erzählet, sich ebenfalls in hiesigen
Wäldern einige ungemein grosse aufhalten. Man sagt, daß einstmals eine gefunden
worden, welche ein Indianisches Weib und einen Stein-Bock verschlucket gehabt, welches wir
dahin gestellet seyn lassen. [...] Man findet hieselbst einige Schlangen von dieser Art,
welche 25 bis 26 Fuß lang seyn. Das Fell von einer solchen Schlange wird noch auf
der Kunst-Kammer in Leyden, als eine Rarität aufgehoben. Elias Hesse erzählet
einen sonderbaren Zufall von einer Schlangen, welche ein Kind verschlucket hat, welche ich
wegen ihrer Seltsamkeit dem Leser nicht vorenthalten will. Es soll nehmlich ein Jäger
mit seiner Frauen in den Wald gegangen seyn, um ein Wild-Schwein zu schiessen; [...],
legete sie ihr Kind, [...], unter einem Baum nieder: Unterdessen, [...], hatte eine
gräßliche Schlange dieses zarte Geschöpf in seinem Bauch hineingeschluckt:
[...]. Die Dicke ihres Bauchs brachte den Jäger gleich auf den Gedancken, daß
sie der Kinder-Dieb seyn müste, daher er von Eyfer und Liebe zu seinem Kinde
getrieben, dieses Ungeheur mit einem Beil, [...], mitten durchhieb, worauf er den noch
lebenden Säugling aus der Schlangen raubbegierigen Bauch herauszog, und gesund nach
Batavia brachte. Wo die Geschichte wahr ist, stehet daraus abzunehmen, daß ihre
Zähne nicht taugen, [...].«
|P_116
£{Hol-274,05-07}
»Sie haben aber ein fliegend Ungeziefer, welches Kacker lacken genennet wird,
und einem Käfer am meisten ähnlich ist: Es ist jedoch etwas grösser,
röthlicht von Farbe, und hat sehr dünne Flügel. Diese Thiere werden
vornehmlich in alten Häusern und Schiffen gefunden, woselbst sie die Bücher und
das Leinwand durchfressen, und sich insonderheit hinter alle süsse und fette Speisen
fleissig hermachen, dahero sie unter die grossen Plagen gerechnet werden. Sie plagen des
Nachts auch die Schlaffende mit ihrem Beissen, und stincken lästerlich, wenn man
ihnen zur Straffe den Kopf abreisset.«
|P_117-118
£{Hol-274,08-17}
»[...] Sumatra [...]. Uberhaupt ist die Lufft auf dieser Insul ungesund, weil
sie unter der Mittags-Linie lieget, und das Gewitter plötzlich von der grösten
Kälte zur grösten Hitze umschlagen kan. Weil auch das Land an den
See-Küsten, woselbst die Einwohner als Fremdlinge am häuffigsten wohnen, aus
einem continuirlichen Morast bestehet, regieren hier dieselben Arten von stinckenden
Nebeln, welche man auf Borneo findet, und machen diese Insul eben so ungesund,
insonderheit vor Fremdlinge. Bencola, welcher Ort auf der Süd-West Seite von dieser
Insul lieget, ist der ungesundeste Ort, den die Engelländer in Indien haben: Denn die
Soldaten sterben daselbst weg, wie die Fliegen, und das Sterben ist unter den Leuten so
gemein, daß sie einiger massen alle Furcht davor verlohren haben. [...] Zu Achen ist
es so gar ungesundt nicht, obgleich die Lufft daselbst schlecht genug und die Fieber sehr
allgemein seyn. Die Monsons und abwechselnde Witterungen der Jahr-Zeiten sind zu Achen
beynahe dieselben, welche auf andern Indianischen Plätzen Norden der Linie regiren,
ausser daß der Regen hier wohl ein wenig eher eintrit, als weiter hinauf gegen
Norden, und nirgends so starck fällt. Der Regen stürtzet hier unterweilen drey
bis vier Tage hinter einander ohne Unterlaß so gewaltig nieder, daß die
Strassen zu Achen plötzlich unter Wasser gesetzt werden, [...].«
|P_133
£{Hes-219,07}
[...] Fort Marlborough (welches nach Zerstöhrung der Festung Jorck auf Bencola
ist erbauet worden) um den Pfeffer, welchen die Einwohner hieher bringen, zu empfangen.
|P_149-150
£{Hol-274,18-21}
»Die Einwohner dieses Landes bestehen aus zweyerley Art von Völcker,
gleichwie in allen andern Indianischen Insuln deren Vor-Eltern aus sehr entlegenen Landen
gekommen seyn. Diejenige, welche die inwendige bergigte Gegenden bewohnen sind Heyden,
und, ihrem ersten Ursprung nach, vermuthlich Nachkommen der Chineser, diejenige, welche an
den See-Küsten wohnen, sind von Arabischer oder Persianischer Abkunfft, oder vielmehr
ein Mischmasch von allerhand Mohren und andern Nationen, welche dem Mahomedanischen
Gottesdienst beypflichten, und von desselben Sitten und Manieren seyn. [...] Was ferner
die Malayer anlanget, welche an den Küsten wohnen, [...]. Sie sind schwärtzlich
von Farbe, gerade und wohl geschaffenvon Gliedern, aber gar nicht angenehm von Lineamenten
und Gestalt. Denn sie haben ein plattes Antlitz, und ihre Kinnbacken gehen einigermassen
mit dem höchsten. Sie haben recht schwartz Haar, schwartze Augen, gleich wie die
meisten Indianer, und färben, nach der Gewohnheit des Landes, ihre Zähne
schwartz an. Sie beschmieren sich auch mit stinckendem Oel, wenn solches zu dem faulen
Geruch kömmt, den ihre Leiber ohnedem ausdampffen, so dürffte ein Europäer
fast ersticken, wenn er sich unter einem Hauffen von Sumatranern befindet.«
|P_151-152
£{Hol-275,01-02}
»Die Einheimischen kauen immerfort Betel und Arack, und nehmen zwischen den
Mahlzeiten Opium, Bang, und Toback. Dasjenige, was sie Bang nennen, weckt ihre
Leben-Geister eben so geschwinde auf, als das Opium, und wird entweder von Hanff, oder
auch von einem Gewächs, das dem Hanff sehr ähnlich ist, in ihrem Getränck
abgezogen, und also getruncken.«
|P_156
£{Hol-275,02}
»Der gröste Handel auf der West-Küste von Sumatra wird mit Pfeffer
getrieben; [...].«
|P_160
£{Hol-275,02-03}
»Das eintzige Korn, welches auf dieser Insul wächst, ist der Reiß,
[...]. Mit aller Arbeit und Fleiß aber können sie es doch nicht dahin
bringen, daß das Land Reiß genug ertragen kan, seine Einwohner Jahr
aus Jahr ein zu ernähren: sondern es muß noch eine grosse Menge
jährlich von andern Oertern eingeführet werden. [...] Nebst dem Reiß
und dem Pfeffer ist das Zucker-Rohr das vornehmste Gewächs.«
|P_162
£{Hol-275,03-04}
»Das Gold aber ist hier so überflüssig, als nirgend anderwerts in Asia.«
|P_163
£{Hol-275,03-04}
»Das meiste Gold wird zwischen Ticou, und dem Königreich Meningcabo, mitten
im Lande, gefunden. Die Einwohner sammlen es in den Bächen und Ströhmen,
[...].«
|P_164
£{Hol-187,25}
Auch findet man daselbst Guanos, Eidexen, Crocodilen oder Alligators und Musketos oder
Indianische Mücken und allerhand dergleichen beschwerlich Ungezieffer.
|P_165
£{Hol-275,05-07}
»Ihre schnelle Prouwen oder Böte sind unter allen ihren Kunst-Wercken die
wunderbarste. Sie sind ziemlich lang, aber so schmal, daß keine zwey Leute bey
einander stehen können, an dem Ort, da sie am breitesten seyn. Der Kiel ist nur ein
breiter ausgehohlter Baum, und die Bord wird mit Brettern ungefehr drey Fuß
höher aufgebaut, [...]. Diese Fahrzeuge führen ein grosses Seegel, und haben
Ausleger an jeder Seite mit Brettern von leichtem Holtz an den Enden, und wenn es hart
wehet, stellen sie zwey Man auf der äussersten Spitze des Auslegers hin, auf der
Seite, die gegen den Wind lieget, um zu verhindern, daß das Schiff nicht umschlage,
oder auf eine Seite geworffen werde: [...].«
|P_179
£{Hol-275,08-09}
»Die Nicobarischen Insuln liegen an der Einfahrt in die Bay von Bengala
[...], und 120 Englische Meilen Nord-Nord-Westwerts von der Insul
Sumatra.«
|P_180
£{Hol-275,09-11}
»Die Einwohner sind ein lang wohlgeschaffen Volck, von einer dunckel-gelben Farbe. Sie haben lange schwartze Haare, und schwartze Augen.
Ihre Angesichter sind brav lang. Ihre Naase ist wohl gebildet, und
recht proportioniret. [...] Die Frucht von Melory-Baum dienet ihnen
statt des Brodts. Dieser Baum wächst wild in den Wäldern.«
|P_181
£{Hol-275,11-12}
»[...]: denn sie haben kein Brodt-Korn, und auch keine Wurtzlen,
ausser etliche wenige Yams. Sie geben auch, allem Ansehen nach, nicht
viel auf Schweine-Fleisch oder Vögelwerck, woran sie doch keinen
Mangel leiden. Die Fische aber werden mehr gespeiset, und sie halten
bey jedem Hause ein bis zwey Fischer-Böte.«
|P_182
£{Hol-275,12-16}
»Obgleich auch einige alte Scribenten nicht allein, sondern auch
etliche von den heutigen, die Einwohner von diesen Ländern
beschuldiget haben, daß sie Menschen-Fresser wären, [...], so ist doch
nicht leicht jemanden grösser Unrecht wiederfahren als ihnen.«
|P_184-185
£{Hol-275,14-17}
»Ja, die Leute auf dem festen Lande, welches nächst den Nicobarischen
und Andomanischen Insuln gräntzet, sind die aller mäßigsten Leute von
der Welt, und fragen so wenig nach Fleisch, als sonst keine Nation auf
Erden. Dem ungeachtet haben unsre wunderlichen Voyageurs doch die
Thorheit begangen, diese so nahe an Indien gelegene Insuln zu einem
Wohn-Platz der Cannibalen zu machen. [...] Nichts hat im Gegentheil
die Reisen des Herrn Dampier mehr recommandirt, als die grosse
Wahrscheinlichkeit, mit welcher er alles erzehlet, nebst der Mühe, die
er sich giebet, die Wunder-Krämer, die er zu Vorgängern gehabt hat,
gründlich zu widerlegen. [...] So kan ein jeder verständiger Mensch
leichtlich daraus abnehmen, daß dergleichen Nachrichten den Glauben
nicht verdienen, welche man gemeiniglich gerne denselben beyzulegen
pfleget.«
|P_188
Ich weiß gar wohl, daß die Mannschaft von manchem Schiff ist in die Pfanne
gehauen worden, und daß die Einwohner des Orts, da solches geschehen, gleich
deswegen haben Wilde, wo nicht gar Menschen-Fresser heissen müssen: Wer weiß
aber, wie viel Ursachen man ihnen dazu gegeben hat?
|P_206-207
£{Hol-275,18}
»Doch können wir nicht alle Insuln nahmentlich nennen, und jede
insbesondere durchgehen, welche entweder vor sich alleine, oder um die
Insuln, die wir theils beschrieben haben, theils noch beschreiben
werden, so dick, als wenn sie gesäet wären, liegen. Obgleich unsere
Ost-Indische Compagnie schon mehrmahlen Schiffe ausgesandt hat, die
Süd-Länder zu entdecken, und es auch noch nicht gar zu lange her ist,
daß zwey Schiffe der Ost-Indischen Compagnie längst der Küste
hingesegelt sind, so ist das Land doch noch nicht recht bekannt, und
man weiß wenig mehr davon, als daß etliche Küsten und Insuln desselben
sind entdecket worden. Aus diesen Entdeckungen erhellet, daß das Land
bewohnt sey, ob aber die Einwohner Riesen seyn, wie etliche vorgeben,
kan ich nicht sagen. Sie sind wenigstens Menschen, und gehen nackt.«
|P_207-208
£{Hol-275,21-22}
»[...]; der gemeine Mann aber muß sich mit Fischen nähren und
behelffen. Von ihren Gottesdiensten hat man nicht viel Spuhren
gefunden, ohne daß man sagt, daß sie einen kleinen Stein mit grün und
rothen Streiffen, oder auch eine gelbe gläntzende Materie, als wann es
ein Metall wäre, beständig bey sich tragen, und demselben eine solche
Ehrerbietigkeit erzeigen sollen, als wenn etwas Göttliches darinnen
wäre.«
|P_223
£{Hol-276,06-08}
»Nun müssen wir den gegenwärtigen Zustand der westlichsten unter diesen
Insuln beschreiben. Selbige wird Baly nach der Haupt-Stadt genannt,
(allwo der König einen sehr grossen Hof oder Pallast haben soll) und
wird durch die Meer-Enge von Palimboang von Java abgeschnitten. [...]
Die Insul Baly wird auch wohl Java minor genannt, welchen Namen die
Insul Sumatra nach des Herrn Valentyns Meynung vordem getragen haben
soll.«
|P_224
£{Hol-276,08-09}
»Die Heydnische Abgötterey geht allein auf dieser Insul im Schwange,
und man findet eben so wenig Nachricht, daß hier Mahometaner, als daß
hier Christen seyn sollen. [...] Die Einwohner dieser Insul sind
durchgehends weisser und blasser, auch besser proportionirt und nicht
so breit von Angesicht als die Javaneser. Sie sind den Macassaren mehr
ähnlich, haben aber eine weit erhabener Nase.«
|P_225
£{Hol-276,09-13}
»Die Leute von Bali sind ferner unverzagt, und daher recht gute
Soldaten, ja sie übertreffen alle andre Indianer in der Klugheit;
Dahero die Holländer auch ihrer viele in ihren Diensten halten. Die
Weiber auf dieser Insul im Gegentheil werden für fleissig, arbeitsam,
vernünfftig, getreu und guthertzig gehalten. Aus dieser Ursache nehmen
die meisten Chineser Weiber aus Bali: Und den Balischen Sclavinnen zu
Batavia wird eben deswegen mannigmahl die Aufsicht über die andre
Sclavinnen, und über die besten Kostbarkeiten im Hause anvertrauet.«
|P_228-229
£{Hol-276,13-19}
»Weil die Einwohner von Balamboang, auf der festen Küste von Java, den
Regenten von Bali für ihren Ober-Herrn zu erkennen scheinen, oder
wenigstens doch ihm weit günstiger seyn, als dem Kayser von Java, und
in ihrer Religion, Kleidern und Verbrennung der Leichen mehr mit den
Baliern, als mit den Javanesern überein kommen; können wir nicht
umhin, die erschreckliche Leich-Bestattung ihres Printzen bey der
Beschreibung der Balischen Leich-Begängnisse anzuhängen. Es ward also,
wie die mir zu Handen gestossene Nachrichten lauten, der An. 1691
verstorbene Fürst, 16 Tage nach seinem Ableben, und also, nachdem der
Leichnam vermuthlich erst war balsamirt worden, zur Erden bestättiget:
Er hatte in seinem Leben 400 Weiber gehabt, ab solche aber alle
miteinander Kebs-Weiber gewesen, und ob nicht unter der Anzahl etliche
Sclavinnen mit begriffen, wird nicht gemeldet. Von diesen aber wurden
ihrer 270 laut seines Testaments, erstlich mit Kritsen
niedergestossen, und hernachmals mit ihm verbrannt. Eine jede von
ihnen ward zwischen zwey Schildwachen zum Tode geführet, und hielt
eine Turtel-Taube in den Händen. Wenn der Dolch ihnen unter den
kurtzen Ribben an der rechten Seite quer aufwerts, und bey der lincken
Schulter quer unterwerts hineingestossen wurde, liessen sie die
Turtel-Taube fliegen, und rieffen dabey Cami Soesoeboenam! das heist,
wir kommen, Kayser! gleich als wenn die Taube ihre Seele zu der Seele
des Kaysers hintragen sollten.«
|P_229
£{Hol-276,20-277,01}
»Es wird nicht unfüglich seyn, ehe wir von den südlichen Insuln in dem
orientalischen Ocean, als dem eintzigen Vater-Land des weissen und
gelben Sandel-Holtzes, abwenden, die natürliche Historie dieses
Holtzes, in sofern sie uns bekant ist, oder wenigstens dasjenige, was
man davon saget, zu beschreiben. Es wächset selbiges, wie schon
erinnert worden, auf Solor und Timor, und etlichen daherum liegenden
Insuln. Indessen soll die Poolo Tsjindana, das heisst die Insul
Tsjindana, welche auf derselben Höhe als Timor, aber nicht einen Grad
weiter gegen Westen lieget, von den Wäldern von Sandel-Holtz, welche
daselbst wachsen, diesen Namen empfangen haben. [...] Doch müssen wir
noch von dem Sandel-Holtz erinnern, daß alle drey Sorten, als das
rothe, gelbe und weisse, nicht aus diesen Insuln verfahren werden,
sondern, wie die Nachrichten lauten, nur die zwo letztere.«
|P_232
£{Hol-275,18-276,01}
»Wir haben im Anfange dieses Haupt-Stückes von dem Lande des Papuas
oder Neu-Guinea, als dem nordlichsten unter allen Südländern
gesprochen: itzund wollen wir das südlichste Antheil, welches den
Namen Neu-Holland träget, nach den Nachrichten des Herrn Dampier, als
eines berühmten See-Mannes, der daselbst gewesen, beschreiben. [...]
Dampier war in der Gegend des Landes, welche auf den 16 Grad 50
Minuten südlicher Breite lieget. Er sagt Neu-Holland sey ein großes
Land, man wisse aber noch zur Zeit nicht gewiß, ob es eine Insul, oder
ein festes Land sey. Indessen versichert er, daß es weder an Africa
noch an America Land-fest sey. Wo aber Abel Tasmanns Reise-Charte
nicht trieget, können wir noch über dem versichern, daß es eine Insul
sey.«
|P_233
£{Hol-276,02-04}
»Die Leute in diesem Lande sind lang und hager von Leibe. Sie haben keine grosse
Köpffe, eine runde Stirne, und grosse Augenbranen, ihre Augen-Lieder sind halb
geschlossen, und sie können nicht in die Ferne sehen, ohne ihre Köpffe hinten
über zu legen. Sie haben dicke Naasen, grosse Leffzen, und einen weissen Mund, die
beyde obersten Zähne oben im Munde fehlen ihnen allen, den Jungen sowohl als den
Alten, ob sie aber von Natur sie nicht haben, oder sie ausbrechen, ist ungewiß. Sie
haben keinen Bart, und ein langes heßliches Angesicht. Ihr Haar ist schwartz, kurtz
und krauß, wie bey den Negern, und sie sind Kohlschwartz als die Negers von
Guinea.«
|P_234
£{Hol-276,04-05}
»Obgleich nun die Hottentotten ein schlecht Volck seyn, so sind sie doch, was
ihre Wohnungen und Güter, wie auch die Früchte ihres Landes anlanget, rechte
Herren, gegen diese Leute zu rechnen.«
|P_235
£{Hol-276,04-05}
»Aus diesem allen aber erhellet, daß nirgends ein unschuldiger, ärmer
und unvernünfftiger Volck als hier zu Lande zu finden ist.«
|P_Vacat
£{Hol-162,17}
Meinung der Iavaner vom Ursprung der Orang_outang: / starke
Getränke ###
|B_Sa-Siam__(1735)
155: Asem oder Acham
159: Anhang
163: Ende
|P_1
£{Hol-242,03-04}
Zu dem Königreiche Siam rechnen wir nicht unbillig auch Malacca, Cambodia und
Laos. Denn alle diese Länder sind vormahls Provintzen von Siam gewesen, und ein
groß Theil derselben ist noch diese Stunde dem Könige Zinßbar.
|P_2
Was erstlich den allgemeinen Nahmen dieses gantzen Reiches anlanget, so nennen es die
Portugiesen und alle Europäer Siam; die Landes-Kinder aber nennen es Tay, oder
das Land der freyen Leute, [...].
Das eigentliche, oder Ober-Siam, fasset sieben Provintzen in sich, deren jede von
ihrer Haupt-Stadt den Nahmen bekommen hat. Selbige sind Pronselonc die erste,
[...], Sanguelonc die zweyte [...], Lacontai [...], Campengpet [...],
Coconrepina [...], Pechebonne, [...] und Pitebia endlich [...].
Zu Unter-Siam oder Malacca rechnet man gleichfalls sieben Provintzen, [...].
|P_3
Cambodia
|P_6
Laos
|P_14
£{Hol-242,05-09}
Auf dem Südlichsten Ende dieser Halb-Insul liegt allernechst an Johor die Stadt
und das dazu gehörige Stück Land Malacca, als eine Holländische Provintz.
Die Stadt Malacca nun, wie sie noch heut zu Tage die vornehmste Stadt des Landes ist, also
ist sie vormals die berühmteste Handel-Stadt von gantz Indien gewesen. Und gleichwie
die in gantz Indien noch heut zu tage, so bekandte und bräuchliche Maleyische Sprache
von ihr herkommt und genennet wird; Also hat auch diese Stadt der gantzen Maleyischen
Küsten, [...], ihren Nahmen gegeben, [...]. Ja sie hat auch der berühmten
Strasse von Malacca, an deren Südlichen Ende sie liegt, den Nahmen mitgetheilt.
|P_17
£{Hol-242,10-12}
Nun, da wir wieder nach Siam selbst kehren, wollen wir zuerst etwas von dessen
vornehmsten Flüssen sagen. Der ansehnlichste ist der Meinam, oder Menam, welches auf
Siammisch so viel als eine Mutter der Gewässer bedeutet. [...] Im Anfange des
Octobers fängt der Strohm an zu schwellen, und die Ufer zu übersteigen, im
December aber sincket das Wasser schon wieder.
|P_20
£{Hes-195,15}
Siam die Hauptstadt des Landes, welche auch Odia und von den Siammern
Scyathia, Judia oder Juthia genennet wird, liegt ohngefehr auf dem 14
Grad Norder-Breite an dem Fluß Meinan, in einem Lande, das so weit, als man es
mit den Augen übersehen kan, flach und niedrig ist. [...], welches einigen
Anlaß gegeben hat diese Stadt mit Venedig zu vergleichen.
|P_22-23
£{Hol-242,12-15}
Von dem weissen Elephanten (der nach ihrem Wahn in Siam allein gefunden wird, wiewol
er / nicht recht weiß, sondern Fleischfärbig ist, dergleichen anderer Orten
eben auch gefunden werden) glauben sie, daß er von der Seele eines, oder des andern
Printzen des Landes besessen werde: [...] Nächst den weissen ästimiren sie die
schwartze Elephanten am meisten, weil sie nechst den weissen am seltesten gefunden werden.
[...] Der weisse Elephant (denn sie haben selten mehr, als einen) wird aus göldenen
Schüsseln, als ein Herr über alle übrigen bedient.
|P_25
£{Hol-242,16-17}
Aus diesem allen erhellet genugsam, daß diejenigen nicht gantz unrecht
urtheilen, welche den Siammischen Hoff für den prächtigsten und ansehnlichsten
unter allen schwartzen Völckern in Asia halten.
|P_27
£{Hol-242,17-20}
Ihre Häuser werden, wie wir in der Beschreibung von Siam schon gesehen haben, auf
6 Stücken Pfeilern von Bambos gebauet, haben nur ein Stockwerck, und sind ungefehr 13
Fuß über die Erde erhöhet. [...] Zur Zeit der Uberschwemmung befestiget
ein jeder ein Bot an seiner Thüre.
|P_30-32
£{Hol-242,20-243,04}
Er bekennet ferner, daß die Siammer eine Sache hurtig und accurat begreiffen
können, und in ihren Antworten listig und fertig seyn. [...] Sie kommen aber, sagt er
ferner, wegen ihrer übermachten Faulheit in keiner Kunst oder Wissenschafft zu einer
rechten Vollenkommenheit, auch so gar nicht in in der Chymie und Stern-Kunst, von welcher
sie doch so viel Wercks zu machen scheinen. [...] Ferner sind sie polit und höflich:
dabey aber furchtsam, ohne Sorgen und nehmen nichts zu Hertzen. [...] Gegen diejenigen,
welche ihnen Unterthänigkeit erweisen, sind sie trotzig, dagegen demüthig gegen
diejenigen, welche sich als Herren gegen sie betragen. [...] Sie sollen weit standhaffter
seyn, als wir, und ein so beständiges Gemüth haben, als die Witterung in ihrem
Lande ist, welche sich nur zweymal im Jahr verändert, und unvermerckt aus dem
regnigten in ein trocknes Wetter verwandelt, ohne daß man der Veränderung
gewahr werden kan. Kurtz sie haben das Glück recht gebohrne Philosophi zu seyn, und
von Natur eine ziemliche Herrschafft über ihre Begierden zu besitzen, über
welche wir mit allen Lehren der Religion und Welt-Weißheit kaum Meister werden
können. [...] Der Herr Salmon hat selbst unterschiedene Indianer gesehen, die
bey nüchternem Muht, und ohne den Verstand durch Wein oder Opium umnebelt zu haben,
die gröste Tapfferkeit, so wol im Gesicht der Feinde, als bey anderer Gelegenheit,
bewiesen haben. Er erzehlet von etlichen, die nicht die geringste Furcht blicken lassen,
da sie in augenscheinlicher Gefahr gestanden, von wilden Thieren zerrissen zu werden, und
meldet anbey, daß solches in den Ländern etwas sehr gemeines sey. [...]
|P_32-33
£{Hol-243,04-09}
Sonst sind die Siammer klein von Person, doch wohl gebildet, vielleicht daher, weil
sie nicht wie unsere Kinder in ihrer Kindheit in Windeln eingewickelt werden: [...] Sie
sind schwartz von Farbe, und Männer sowohl als Weiber haben ein sehr breit Angesicht,
hohe Kinn-Backen, eine spitze Stirne und spitzes Kinn, welches verursacht, daß ihre
Gesichter mehr lang-viereckigt, als länglich-rund seyn. Sie haben kleine dunckle aber
gar nicht scharfe Augen. [...] Ihre Zähne färben sie schwartz, die Nase ist
kurtz und rund an der Spitze, und die Ohren sind groß, welches sie für eine
Schönheit halten. Wie auch dieses daß sie lange Nägel haben, die einen
Daum breit oder zwey vorne über die Finger heraus gewachsen seyn. Ja die
Täntzerinnen beschlagen sie wohl mit Kupffer.
|P_34-35
£{Hol-243,08-09}
Diejenigen, welchen die Erziehung der Jugend anvertrauet ist, gewehnen sie an, sittsam
zu seyn, und ihrer Obrigkeit alle nur ersinnliche Ehrerbietigkeit zu erweisen,
insbesondere aber, daß sie sich alles wilden Wesens und der Schwatzhafftigkeit
enthalten, damit ihnen solches hernach in dem Königlichen Pallast und andern
Häusern der Grossen nicht schwer wird, allwo allezeit ein tiefes Stillschweigen
gehalten wird.
|P_36
£{Hol-243,10-12}
Der Herr de la Loubere erzehlet auch, daß als die Siammische
Gesandschafft in Franckreich war, das Gesinde von dem einen Mit-Gesandten in dem
Stockwerck das gerade über dem Zimmer des ersten und vornehmsten Gesandten, und also
oben über den Brieff ihres Souverains an den König von Franckreich logiret
worden, und sie solches erfahren, seyen sie darüber in die äusserste
Bestürtzung gerahten, und, als wenn sie toll wären, herunter ins Haus gelauffen,
sich die Haare ausgerissen, und sich erbärmlich angestellet, daß sie an einer
solchen Missethat schuldig geworden.
|P_38
£{Hol-243,10}
Sonst haben sie noch unendlich viel vorgeschriebene Ceremonien und
Höflichkeits-Pflichten; [...]
|P_42
£{Hol-243,13-15}
Den Balachaun, der von kleinen verdorbenen Fischen gemacht wird, haben wir bey Tonquin
beschrieben; er wird aber auch in Siam sehr hoch gehalten. Und sie essen überhaupt
lieber übel-gesaltzene und gedörrete auch stinkende, als frische Fische.
|P_43
£{Hol-243,16-244,01}
Sie machen auch viel Wesens von einer Sause, die so dünne als Senff, von kleinen
schlecht gesaltzenen und halbverfaulten Krebsen gemacht wird. Sie nennen selbige Capi, und
sie kömmt den Nukemum der Chineser sehr gleich. Sie haben weder Nüsse noch
Oliven, und brauchen kein ander Oel als von Cocos-Nüssen zum Essen; man kan auch kein
bessers in der Lampe zu brennen finden. Wenn solches aber etwas gestanden hat, können
die Fremden es nicht geniessen: die Einheimischen aber essen zu allen Zeiten davon.
|P_43-44
£{Hol-244,01-04}
Sie essen selten Fleisch; wenn sie es aber ja einmahl geniessen wollen, halten sie
sich am meisten an das Gedärme und Eingeweide; [...] Ihre Land-Vögel und alles
Fleisch von Schlacht-Vieh ist zähe und trocken: ja die Europäer selbst die in
Siam wohnen, essen es mit der Zeit nicht mehr.
|P_48
£{Hol-244,08-10}
Auf das Gold-Schlagen verstehen sie sich wol, und können ein Schiff sehr nett
vergülden. [...] Die Kunst, mit Oel-Farbe zu schildern, verstehen sie nicht, und
wissen keinem Dinge seine rechte Gestalt und Proportion zu geben, sondern sie lieben
monstreuse Figuren, und sollen an allem, was in der Mahlerey und Poesie extravagiret und
ausschweiffet, ihre größte Lust haben. Sie bilden Dinge, die niemals in der
Welt gewesen seyn, und geben Menschen und Thieren, nach Art der Chineser, eine pur
unmögliche Proportion.
|P_48-49
£{Hol-244,04-08}
Sie sind insgemein so ehrlich, daß auf dem Marckte oder in Kramläden
der Verkäufer selten das Geld, so er empfängt, und der Käufer selten
die Waaren zählet, die ihm nach der Zahl geliefert werden. [...] Mit
den Schalen von den Cocos-Nüssen messen sie Getrayde und nasse Waaren:
weil selbige aber von ungleicher Grösse sind, messen sie deren Gehalt,
nach der Anzahl Kouris, oder kleinen Hörnerchen, die wir Mohren-Zähne
nennen, und dort als Scheide-Müntze gebraucht werden. [...] Die
Kouri's findet man vornehmlich auf den Maldivischen Insuln, südwerts
von Indien, und sind, Kleinigkeiten dafür einzukaufen, in allen
dasigen Ländern gangbar; ihr Preiß ist, nachdem sie rar oder häufig
seyn, unterschiedlich, und gehen zuweilen wol 6- bis 800 auf einen
Pfenning.
|P_52
£{Hol-244,11-13}
Der Erdboden in Siam hat wechsels-weise Lagen von Lehm oder fetter und
anderer Erde, welche die starcke Wasser-Fluthen von den Gebürgen
herunter spühlen. Denn das Land ist von allen Seiten mit Bergen
umringt, und liegt in einem sehr grossen und weitläufftigem Thal. Sie
haben selten einen steinigten Grund, und man wird schwerlich einen
Flint-Stein im Lande finden. Der Morast, welchen der Strohm nachläst,
wenn er sincket, machet die Erde fruchbar, so weit als sie ist
überschwemmet gewesen.
|P_54 [Gehölze]
£{Hol-244,13-17}
Das Aloes- oder Aquila-Holtz, (heisst auch wol Calamback- Agnola-
Paradieß-Holtz oder Aspalathum, und bey den Alten hieß es Agallochum) trifft
man hier eben so wohl an, als in Cochin-China, es ist aber so gut nicht.
|P_55
£{Hol-244,18-19}
Die Indianer brauchen das Calamback-Holtz bey ihren Götzen-Opfern und
den Todten, damit zu räuchern, wie auch bey grossen Festins vornehmer
Leute, um eine angenehme Lufft im Zimmer zu machen.
[Preise werden nicht genannt. / 19.01.2017]
|P_59
£{Hol-244,20-245,01}
Aus den Zinn- und Bley-Gruben haben die Siammer schon lange Zeit
überflüssige Ausbeute gehoben. Dieses Zinn, welches die Portugiesen
Calin nennen, ist nicht sehr rein, dennoch machen sie die Thee- und
Canasters-Dosen daraus, welche aus Ost-Indien kommen. Sie verbessern
es aber dadurch, daß sie einen gewissen Stein, den sie Calmis-Stein
nennen, darunter schmeltzen. Dieses harte Zinn nennen sie Tutanack.
|P_61-62
£{Hol-245,02-08}
Ihre Wissenschafft in der Artzeney-Kunst ist sehr schlecht. [...] Sie
öffnen unterweilen die Leiber der Todten, aber nur den leichtgläubigen
Pöbel zu betriegen, denn sie geben vor in den Magen grosse Stücken
Fleisch von 8. bis 10 Pfund gefunden zu haben, welches nach ihren
Vorgeben von Zauberey herrühren soll. [...] Wenn es ihnen zu schwer fällt
eine Kranckheit zu heben, sagen sie gleich, selbige rühre von einer
Bezauberung her. Sie sollen dem Patienten wol weiß machen, daß sie
eine gantze Hirschhaut im Leibe hätten, die sie durch die Krafft ihrer
Medicamenten austreiben wolten und müsten. [...] Bey den meisten
Kranckheiten reiben sie den Leib des Krancken mit den Händen. Man
solte meinen, daß ein sanfftes Streicheln und Reiben nicht viel zur
Gesundheit beytragen könne, (einige Mediciaber urtheilen gleichwol
anders davon.) [...] Ihre Medici brauchen auch unterweilen abführende,
aber keine das Brechen erweckende Medicamenten.
|P_63
£{Hol-245,09-11}
Wie unerfahren aber auch ihre Sternseher in Känntniß der Natur sind,
so sind sie doch bey den Abergläubigen Siammern unentbehrlich, massen
ohne ihren Raht fast nicht das geringste gethan wird. [...] Bestätiget
aber die Erfahrung ihre Wahrsagungen nicht, so werden sie als Leute,
die in ihrer Kunst geschlegelt, und den König betrogen haben,
angesehen, und zuweilen wacker abgeprügelt, [...].
|P_76-77
£{Hol-245,11-15}
Wenn kein anderer Beweiß fürhanden ist, nehmen sie ihre Zuflucht zu der
Tortur, und allerhand abergläubischen Mitteln, die Wahrheit zu
entdecken, welche nicht viel von unsern Wasser- und Feur-Proben
unterschieden seyn. [../.]; Fast wie die Hexen in Europa vormahls durch Sincken
und Untertauchen unschuldig erkant wurden. [...] Sie haben noch eine
Probe, mit Brech-Pillen, die die Priester den Beschuldigten mit
grossen Verfluchungen eingeben, wer sich nicht darnach erbricht, wird
unschuldig zu seyn erkannt.
|P_78
Die Siammer haben fast zu jeder Missethat eine eigene Straffe: Die Mörder und
Verräther des Vaterlandes werden insgemein den Elephanten vorgeworffen, und von
selbigen zu Tode geworffen.
|P_79:
Man sagt auch, daß der König von Siam 10.000 Elephanten unterhalten soll.
|P_80
£{Hol-245,16-246,01}
Wenn die Siammer und Peguaner Krieg führen, kommen ihre Armeen
einander gar selten ins Gesicht. Sie gehen auf Parteyen gegen
einander aus, führen so viel Leute als möglich, gefangen weg, und
ziehen sich mit aller ersinnlichen Eile wieder zurück. Wenn ja die
Armeen auf einander stossen, vermeiden sie doch auf alle mögliche
Weise, daß es nicht zu einem Treffen komme, und wenn die äusserste Noht sie
zum Schlagen zwinget, so ists doch bald gethan, weil eine oder die
andere Partey flüchtet, so bald der Streit etwas ernsthafft wird,
oder die Kugeln etwas dick zu fliegen anfangen; Sie schiessen ehe sie
einander mit dem Geschütz erreichen können, und wird einer alsdenn von
ungefehr getödtet oder verwundet, so sagen sie er habe selbst Schuld,
denn der König befiehlt ihnen, wenn sie zu Felde ziehen, daß sie nicht
tödten sollen; [...]
|P_81
£{Hol-246,01-02}
Die Ströme und Canäle, welche das Land durchschneiden, und die grossen
jährlichen Uberschwemmungen, verursachen, daß kein Feind tieff ins
Land hinein gehen, oder sich lange daselbst aufhalten kan; [...].
|P_84
£{Hol-246,02-04}
Ihre Priester und Mönche werden in der Landes-Sprache Dsiaukus oder
Väter genennet, die Europäer aber nennen sie wie alle Heidnische
Priester in Indien, jenseit des Ganges Talapoins, so in Peguanischer
Sprache einen Priester bedeutet. [...] Es sollen der Mönche, Pfaffen
oder Talapoins in Siam mehr seyn, als in irgend einem Lande, auch
Portugall nicht ausgenommen. Kämpfer meinet, man treffe in der
eintzigen Stadt Judia wol 50.000 derselben an, [...].
|P_88-89
£{Hol-246,04-06}
Ob gleich alle Indianische Talapoins die Lehre von der Wanderung der
Seelen als eine Grund-Lehre annehmen, sind sie doch in allen übrigen
Stücken nicht einig. [...] Die Indianer glauben von lebendigen und
leblosen Geschöpffen, daß sie eine vernünfftige Seele haben. [...]
Einige geben auch vor, daß sie sich unterschiedlicher Wanderungen
ihrer Seelen erinnern können; [...].
|P_89
£{Hol-246,10-12}
Sie glauben, daß obschon die Seele unsterblich sey, so sey sie doch
kein purer Geist, sondern bestehe aus einer subtilen Materie, [...].
Und daß die Seele nicht stracks nach der Auflösung aus einem Cörper in
den andern fahre, sondern eine Zeitlang, nachdem ihre Aufführung
beschaffen gewesen, Straffe oder Belohnung empfange, und daß es zu dem
Ende, ausserhalb der sichtbarn Welt, neun unterschiedliche Grade oder
Oerter gebe, woselbst sie belohnet, oder auch bestrafft werden. Die
seelige Seelen fahren nach ihrer Meynung hoch über die Sterne hinüber,
die unseeligen aber werden sehr weit in die Tieffe hinunter gestossen.
|P_89-90
£{Hol-246,08-10}
La Loubere sagt zwar, es sey das Verbrennen, weder den Weibern noch
Männern jemahls zugelassen worden, in keinem Lande jenseit des Ganges,
und daß sie auch an statt des rechten würcklichen Haußraths nur einige
von verguldeten Papier gemachte Sachen so jenem ähnlich wären, mit
ihnen verbrenneten, vorgebend, sie würden in die Sachen, so sie
vorstelleten, würcklich verwandelt. Der Leser urtheile aber selbst ob
ihm, oder so vielen andern Reiß-Beschreibern völlig, oder zum theil zu
glauben sey. So viel ist wol gewiß, daß die Sachen und Personen, so
vorhin würcklich sind verbrandt worden, [...].
|P_90
£{Hol-246,12-14}
Sie glauben keine Göttliche Vorsehung, sondern, daß ein jeder in allem
seinem Thun einer fatalen Nohtwendigkeit unterworffen sey; und glauben
dennoch daß die Tugend belohnet, die Laster aber bestraffet werden.
£{Hol-246,15-17}
Gleichwie denen Talapoins nicht erlaubet ist zu tödten, zu stehlen,
zu huren, zu lügen, und Zauber-Träncke zu trinken; [...]. Wenn auch ein
Thier, Baum oder Pflantze von andern oder vom Winde umkomme, so sey es
auch nicht sündlich, es zu gebrauchen. Und weil sie das Blut in den
Menschen und Thieren, den Safft aber in den Pflantzen für den Sitz der
Seelen halten, so werden sie keine Pflantze gern zerquetschen, umb den
Safft daraus zu ziehen.
|P_92
£{Hol-237,10-12}
Denn einige Heiden, und insonderheit die Chineser, tödten ihre Kinder
selbst, um sie in einen glücklichen Zustand zu versetzen, und dem
Elende, welches insgemein mit der Armuht vergeschwistert ist, zu
entziehen.
|P_93
£{Hol-246,18-19}
Doch sind sie [sc. die Talapoins] in etlichen Stücken weit besser als
er gröste Theil der Priesterschafft in der Christenheit. [...] Dagegen
üben sie Liebe gegen jederman ders bedarff, ohne Ansehn der Religion,
Nation oder des Standes. Sie haben offt den Europäern, die auf den
dortigen Küsten gestrandet haben, Kleider und andere Nothdurfft nach
Vermögen gegeben, und wann selbige von der Obrigkeit nach dortigem
Strand-Rechte aus Staats-Ursachen sind verfolget und aufgesucht
worden, haben sie ihnen heimlich fort, und an die See-Kanten
geholffen, [...].
|P_93-94
£{Hol-246,19-247,08}
Dergleichen Heiligen zu ehren, werden eben die Tempel erbauet, und
deren Bilder anzubeten aufgestellet. Unter welchen der Sommona Codom,
der allerheiligste, und weyland ein Land-Talapoin soll gewesen seyn.
Den Sommona, soll einen Talapoin, der im Walde wohnet, bedeuten, Codom,
aber ist dieses Mannes eigner Name gewesen. [...] Es sey nehmlich
dieser Sommona Codom eines Königs der Insul Ceilon Sohn gewesen, aber
nicht wie ein sterblicher Mensch, sondern von seiner Mutter aus dem
Geruch einer Blume empfangen worden.
|P_104
£{Hol-247,12}
Inzwischen wird ein viereckter Platz, zur Verbrennung der Todten, nahe
an einem Tempel mit Bambos-Pfählern abgestochen, an welche die Freunde
des Verstorbenen allerhand papierne und vergöldete Fähnlein aufhängen,
die mit Häusern, Sclaven, Hausgerath, Thieren und dergleichen Dingen
bemahlt sind.
|B_Pegu__(1735)__
|P_108
£{Hol-247,13-14}
Nach der Beschreibung des Königreiches Siam folget Pegu oder Bagou,
und Barma oder Ava, welche ehemahlen von besondern, oder vielen Königen
beherrschet worden, itzo aber einem Haupte von Barmaischer Abkunfft
unterworffen sind. Ungeachtet aber Pegu nur ein erobertes Stück davon,
und der Hoff zu Ava gehalten wird, so ist doch das gantze Land unter
dem Nahmen Pegu, sonderlich den Europäern, als nächst an der See
gelegen, am meisten bekandt, daher wir unter diesem Nahmen auch beyde
Reiche beschreiben wollen.
|P_112
£{Hol-247,14-16}
Die Küsten dieses Reichs sind vor den See-Fahrenden sehr unsicher.
Denn zwischen den 2 Mündungen des Flusses Ava, welche man Dolla oder
Dalla und China Bochar heisset, ist eine sehr gefährliche Banck von
schwartzem Sande, [...]. Westwerts von dem Flusse Syriam an, liegt
eine fester Sand, worauf ein Schiff, wenn es durch die wütende Fluth,
der man weder durch Cabels noch Thaue Widerstand thun kan, darauf
getrieben wird, nothwendig Schiffbruch leidet; [...]. [...], indem die
Fluth allhier mit solcher Gewalt kommt, daß man das Brausen wohl
drittehalb Meilen hören kan, und so starck auf dem Sande anwaltzet, daß
sie vornezu wohl 2 Mann hoch wird. Alles, was in den Weg kömmt, muß
weichen, und wird von selbigen mit fortgeschleppt. [...] Diese
gewaltige Fluth wird von denen Einwohnern daselbst Makarea genennet.
Die Ebben und Fluthen sind auf dem Flusse Pegu gleichfalls über die
massen starck, und die Makarea nicht weniger sehr zu fürchten; [...].
|P_113
£{Hol-247,16-17}
Und nach diesen hohen und ungereimten Ehren-Tituln achtet er sich doch
nicht zu groß, auch einen König des weissen Elephanten, und der vier
und zwantzig weissen Sonnen-Schirme zu heissen. Wiewohl ihm der erste von
diesen zwey letzten Tituln disputirt wird, sonderlich vom Könige
von Siam, der eben einen solchen weissen Elephanten hat, nehmlich von
licht-gelber Farbe.
|P_114
£{Hol-247,18-20}
Um nun dem Beschuldigten die Bekänntniß des Verbrechens auszupressen,
so prüfft man ihn auf verschiedene Weise: Bisweilen muß sowohl der
Ankläger, als der Beklagte, rohen Reiß käuen und hinunter schlucken.
Sie bilden sich ein, daß derjenige, der einer Missethat oder falschen
Anklage schuldig ist, selbigen, wenn er das Maul davon voll hat,
nicht hinunter schlucken, der Unschuldige hingegen, den seinigen gantz
gemächlich käuen und verschlingen kan.
Die Feuer- und Wasser-Proben, und andere Beweißthümer der Unschuld oder
der Warheit der Anklage sind hier wie in Siam gewöhnlich.
|P_114-115
£{Hol-248,05-07}
Die gewöhnlichste Todes-Straffe ist die Enthauptung, die härteste
aber wenn ein Missethäter der Kurtzweile der Elephanten übergeben
wird.
|P_123
£{Hol-248,07-12}
Die Peguischen Talapoins haben ihre besondere Ordnung unter sich,
[...]. Sie bringen ihre Lebens-Zeit, wie in Siam, ausser der Ehe in
Clöstern zu, machen aber der Gemeine keine Beschwehrung, sondern leben
von denen Früchten des Tempel-Ackers, den sie bauen. Wenn sie dieses
fleißig thun, so haben sie nicht allein gnug vor sich selbst,
sondern behalten auch wohl noch etwas übrig für die Armen von ihrer
Gemeinde. Ist aber das Tempel-Guth zu klein, oder unfruchtbar, [...],
so schicken sie einige Schüler aus, [...]. Sie werden aber selten ohne
eine Gabe von Reiß, Hülsen- und andern Früchten oder Wurtzeln, so die
gemeine Speise ist, weg gelassen. Bekommen sie mehr, als sie zu ihrer
gegenwärtigen Nothdurfft brauchen, so theilen sie den Uberschuß unter
die Arme aus, weil sie niemahls vor den morgenden Tag sorgen. [...]
Sie untersuchen nicht erst, was für einer Religion jemand zugethan
sey, sondern, wenn er nur ein Leben hat, so ist er schon ein Vorwurff
ihrer Liebe. Und sie werden überhaupt als die leutseeligsten und
liebthätigsten Menschen von der Welt gerühmet.
|P_124
£{Hol-248,12-16}
Sie glauben auch, daß die Götter keinen Mißfallen an dem Unterschiede
des Gottesdienstes haben, aber wohl an allen demjenigen, was den
Menschen schädlich ist, weil ihnen nichts verhasster sey, als die
Grausamkeit. [...] Die gantze Peguische Geistlichkeit lässet sich zu
Mittlern in Wegräumung und Schlichtung aller Streitigkeiten zwischen
Nachbarn gebrauchen.
|P_125
£{Hol-249,01-02}
Die Barma- und Peguaner sind meist alle geschlanck vom Leibe, und
wohlgestalt, so, daß, ob sie schon grob von Gliedern seyn, man dennoch
keine fette Personen unter ihnen findet. Sie sind braun von Farbe, und
artig vom Gesichte. [...] Einige beschreiben dieses Volck auch, als
Diebisch, wie alle Indianische Völcker sollen beschaffen seyn. Wiewohl
Hamilton das gemeine Volck sowohl, als ihre Geistlichen lobet, und sie
gutartig und herbergsam nennet. Tapfferkeit muß man bey ihnen eben so
wenig, als bey ihren Nachbarn, suchen. Die Frauens-Personen sind
höfflich und freundlich gegen Frembdlinge, und verheyrathen sich gerne
an Europäer.
|P_126
£{Hol-248,19}
Der Weiber-Schmuck bestehet darinne: Ihre Haube ist nichts anders,
als ihr schwartzes Haar, so von hinten aufgebunden ist. Sie tragen ein
Stück Cattun 3-4-mahl um den Leib gewunden. Wenn sie ausgehen, haben
sie ein Kleid mit engen Ermeln, das biß auf die halbe Hüffte reichet.
Darunter haben sie einen vierdoppelten Schleyer, welcher um die Lenden
fest angemacht ist, und bis auf die Knöcheln herab hanget. Er ist also
gemacht, daß er von vorne zu jeglichen Tritt, den sie im Gehen thun, sich
eröffnet, und man das rechte Bein, und einen Theil von der Hüffte im
Gegen sehen kan.
Diese Art von Röcken, soll durch eine Königinn in Schwang gebracht
worden seyn, denn, da diese Regentin sahe, daß die Weiber unberühret
blieben, indem die Männer an einander erhitzt waren, und denen
unnatürlichen Sünden von der Sodomiterey sich ergaben, verordnete sie
diese reitzende Kleidung, die Männer von der schändlichen Vermischung
ab- und zu denen Weibern anzulocken, welches auch von guter Wirckung
soll gewesen seyn. Vielleicht aber ist diese Historie erdichtet, um
solche anstößige Kleidung damit zu entschuldigen; [...].
|P_128
£{Hol-248,17-18}
Einer Frauen schadet es daselbst gar nicht, daß sie verschiedene
Europäer auf eine Zeitlang zu Männer gehabt, sondern sie wird deswegen
nur desto mehr geachtet.
|P_133ff.: Der gegenwärtige Staat des Königreiches Arrakan
|P_145
£{Hol-249,04-09} / £{Hol-128,14-15}
Es scheinet, [...], daß sie allesamt eine besondere Gestalt sehr
lieben, welche andern Völckern nicht angenehm ist, nemlich eine breite
und platte Stirne; denn damit ihre Kinder also aufwachsen mögen, leget
man ihnen alsofort, so bald sie nur gebohren worden, eine bleyerne
Platte auf ihre Stirne, die man ihnen nicht eher wiederum abnimmt, als
bis sie die gewünschte Gestalt davon bekommen haben. [...] Da nun grosse
Ohr-Läpplein bey ihnen Mode sind, so wissen sie dieselbigen auf
folgende Weise in eine, nach unsern Gedancken, gantz ungestalten Form
zu bringen: Sie durchbohren selbige in der Jugend, und stecken in die
gemachte Löcher von Zeit zu Zeit immer dickere Kügelchen von
Pergament, oder etwas anders, wodurch sie die Ohrläpplein mit der Zeit
so lang machen, daß sie ihnen bis auf die Schultern herab hangen.
|P_145-146
£{Hol-249,10}
Wie trotzig und hochmühtig sie sich aber auch sonst immer anstellen
mögen, so werden sie doch durchgehends einen überaus niederträchtigen
Geist sehen lassen, so bald man ihnen nur Geschencke bringet, welche
sie augenblicklich selbst wegschleppen und verschliessen, eben als ob
sie ihren Bedienten nicht traueten.
|P_147
£{Hol-249,10-12}
Wenn der Fisch anfängt zu stincken, so wird er erst auf ihre Märkte zum
Verkauff gebracht.
|P_148
£{Hol-249,12-15}
Wird die Braut von dem Bräutigam [nicht] mehr, als Jungfer befunden,
so ist sie ihm darum desto lieber, weil die Benehmung der Jungfrauschafft, vor etwas
beschwerliches bey ihnen gehalten wird.
[ Es fehlt bei Salmon im ersten Halbsatz
tatsächlich ein 'nicht'. ]
|P_149
£{Hol-249,15-16}
Die Arme aber, welche nicht viel darauf verwenden können, bringen die
todten Cörper bey niedrigem Wasser an das Ufer eines Flusses, und
lassen sie durch die Fluht mit wegführen. Diese werden sodann mit
einem greulichen Gestancke auf dem Flusse hin, an einen Ort
zusammen getrieben, und bleiben daselbst so lange liegen, bis daß sie
von denen Krähen, Meven und andern Raub-Vögeln aufgefressen worden.
[ Auch Reiche werden nicht verbrannt sondern im Wasser bestattet. ]
|P_151
£{Hol-249,17-19}
Der Büffel hingegen giebts desto mehr, und braucht man diese starcken
Last-Thiere zum Ackerbau und aller schweren Arbeit, [...]. Dies
starcke Beest so einem Ochsen gleichet, auch daher ein Büffel-Ochse
heisset, hat sehr grosse und schöne Hörner, womit es Menschen und
Thiere leicht beschädigen, und ums Leben bringen kan. Es ist auch
wenns nicht von Jugend auf wol gezogen und gezähmet wird, von Natur
ein wildes, störrisches und grimmiges Thier, daher ein unfreundlicher
Mensch nicht unrecht damit verglichen wird.
|P_151-152
£{Hol-249,20-21}
So starck und grimmig sie aber sind, so haben sie doch eine Art Feinde, die man nicht
dafür ansehen solte, daß sie diesen mächtigen und boßhafften Thieren
sich nahen dürfften, und gleichwol thun sie ihnen doch viel Schaden, und bringen sie
oft wol gar ums Leben, welches unmöglich scheinet, aber doch gewiß ist und offt
geschicht: Es giebt nehmlich eine Art Krähen, und eine Art Fisch- und
Fleisch-fressender Strand- und Raub-Vögel, welche Meuwen genannt werden, die wegen
der vielen Aeser und Todten Cörper hier zu Lande häuffig in die Ströme
begraben, [...]. Sie fliegen ihnen auf den Rücken, und fressen ihnen auf dem Nacken,
sonderlich die Haut durch, und hernach das Fleisch biß auf die Knochen weg.
|P_154
£{Hol-249,17}
Bißweilen thun sie hier auch einen sehr guten Kauff mit Diamanten,
Rubinen und andern Edelgesteinen, wie auch mit güldenen Roupyen.
|P_155ff.: Der gegenwärtige Staat des Königreichs Asem oder Acham
|P_156
£{Hol-250,02-04}
Es ist dieses Land mit allem, was zu des Lebens Unterhalt nöthig,
versehen, so daß es anderer Länder Beystand wenig bedarff, und also
vor eines der besten Länder in Asien passiren kan. Man soll darinnen
Gold- und Silber-Gruben finden, wie auch Eisen, Stahl und Bley. [...]
Nicht weniger hat man daselbst viel Gummi-Lack, und zwar von zweyerley
Art. [...] Es übertrifft an Tugend alle andere Asiatische Lacke sehr
weit.
|P_157
£{Hol-250,04-06}
[...], so fand man doch bey ihnen auch Kriegs-Gerähte, Geschütz,
Granaten und Pulver. Ja dieses soll gar daselbst erfunden, und von dar
nach China und Pegu gebracht worden seyn; Sie sollen gantz ausnehmend
gutes und klein-körnigtes Pulver machen.
£{Hol-250,06-08}
Es ist daher bey ihnen im Brauch, etwas Hausraht, dessen sie sich im
andern Leben gebrauchen können, mit den Todten zu begraben. [...]
Ferner werden mit ihm [ einem gestorbenen König ] auch ein lebendiger
Elephant, 12 Cameele, 6 Pferde und einige Jagd-Hunde begraben, um in
der andern Welt den Königlichen Staat nach Würden unterhalten zu
helffen, [...].
|P_157-158
£{Hol-250,08-10}
Manns- und Weibs-Personen sind daselbst von einer schönen Gestalt und Farbe.
Diejenige aber, welche in dem Südlichen Theile wohnen, sind etwas brauner von Farbe,
als die andern, haben aber keine Kröpfe, als wie die im Nordlichen Theile. Sie und
ihre Weibs-Personen haben mehrentheils etwas platte Nasen.
|P_158
£{Hol-250,10-13}
Obschon ihr Land an allem einen Uberfluß hat, so machen sie doch eine gar
sonderbare Delicatesse aus dem Hunde-Fleische, und bitten sich fürnehmlich darauf
einander zu Gaste. [...] Saltz hat man in diesem Lande kein anders, als welches durch
Kunst gemacht wird, davon sie zweyerley Gattungen haben. Eine Sorte machen sie durch
Verbrennung eines gewissen grünen Krautes, welches auf still stehenden Wassern
wächset. Die Asche davon wird in Wasser geweichet, hernach durchgeseiget, und die
reine Lauge, die davon kömmt, ausgedämpffet, so das Saltz zurück und gleich
den Alaune und Salpeter anschiessen lässet.
|P_161
£{Hes-198,10}
Die vornehmsten Städte sind Tipra, Ava, Arrakan, Lactora, Propa, Mero,
Pegu und Syriam. Einige rechnen auch Martaban zum Königreiche Pegu.
Tipra ist die Haupt-Stadt des Königreiches oder Landes dieses Nahmens, und
liegt ohngefehr auf der Norder-Breite von 24 Graden.
|P_Vacat
£{Hol-247,20-248,05}
£{Hol-248,18-19}
£{Hol-250,13-14}
|B_Sa-Indien__(1736)__
[ Die Heutige Historie oder der Gegenwärtige Staat von Indostan und Ceilon,
Oder dem eigentlich so genannten Indien, Enthaltend eine ausführliche Beschreibung
aller Reiche, Staaten und Länder des Grossen Mogols, und der Europäischen
Handels-Plätze auf denen See-Küsten Malabar und Coromandel. Nach dem Englischen
und Holländischen Herrn Salmons und Herrn v. Goch, In Deutscher Sprache nebst einer
Land-Charte ausgefertiget. Altona und Flensburg, Bey den Gebrüdern Korte, 1736.
005 Kap. 1: Name, Lage, Stiftung, Geschichte
080 Kap. 2: Himmelsgegend, Witterung, Winde, Jahres- und Seezeiten, Ströme
090 Kap. 3: südlicher Teil von Indien, Provinzen, europäische Pflanz-
und Handelsstädte
166 Kap. 4: nördlicher Teil von Indien, Landschaft, Grenzen, Hauptstädte
175 Kap. 5: Einwohner, Gebäude, Hausrat, Naturell, Kleider, Speisen,
Ergötzlichkeiten, Zeremonien, Fuhrwerk, Reisen
191 Kap. 6: Handel, Waren, Schiffahrt, Ackerbau, Pflanzen, Tiere, Mineralien
215 Kap. 7: Gelehrsamkeit, Sprachen und Buchstaben, Künste und Wissenschaften,
Ärzte, Krankheiten und deren Kuren
223 Kap. 8: Hofstaat des Mogul, Bediente, Weiber, Regierung, Gesetze,
Straßen, Kriegsstaat, Einkünfte, Münzen, Maße und Gewichte
240 Kap. 9: Religionen, Gottesdienste, Kasten, Stämme
259 Kap. 10: Heiraten, Kinderzucht, Begräbnisse, Trauer
275 letzte Seite ]
|P_5-6
£{Hol-250,15-19}
Unter dem Nahmen des eigentlich so genannten Indien, sind zu verstehen
alle die Landschafften, welche zwischen dem Königreiche Arracan
Ostwerts, dem Persischen Reiche nach Westen, zwischen dem Vor-Gebürge
Comorin Südwerts, und der Usbeckischen Tartaren und Thibet nach Norden
und Nord-Osten zu liegen. Das Vor-Gebürge Comorin, als der Südlichste
Theil von India, liegt auf 7. Grad und 45. Minuten der Norder-Breite,
der Nordlichste Theil aber, nehmlich die Provinz Cachemire, in der
Breite von 40. Graden und etlich wenigen Minuten; wenn man aber von
der Westlichen Seite Indiens, so an Persien stösset, und im 66. Grad
lieget, biß an die Gräntzen des Königreichs Ava oder Arracan rechnet,
welche biß an den 92. Grad sich erstrecken, so trägt es 26. Grad, daß
also dieses grosse Reich nahe bey 500. Meilen lang und 400. breit ist.
[...] Es nennen die Mogoller oder die Einwohner dieses Land noch
heutiges Tages Mogulstan nach dem Titul ihres Käysers, welcher der
grosse Mogul heisset.
|P_7
£{Hol-253,16-20}
Der grosse Tamerlan soll zu diesem Reiche ums Jahr Christi 1400. den
Grund geleget, und alle diese Länder eingenommen haben.
|P_11-12
£{Hol-253,16-20}
Amayum starb im Jahr 1552. Ihm folgte nach sein Sohn Akebar oder
Akbar, welchem es an keinen Qualitäten fehlete, einen Thron zu zieren.
Er hatte einen überaus scharffen Verstand, eine sehr grosse Erkänntniß
und einen unterschrockenen Muth. Danebst war er auch großmüthig,
liebreich und mitleidig. Er merckte bald, daß die Moguls oder Tattarn
sich mit denen Patanern und Indianern, unter seinem Regiment nicht
wohl zusammen schickten, und ersuchte dahero die benachbarte Ußbeckers
und Persianer, unter ihm zu dienen. Er beförderte sie auch zu denen
wichtigsten Ehren-Stellen, und gab ihnen Weiber, auf daß sie mit der
Zeit gleichsam das Gegen-Gewicht halten möchten, demjenigen Theil
seiner Unterthanen, welche die Natur und der Eigen-Nutz anreitzete,
seinem Regiment abgeneigt zu seyn. Der gröste Theil dererjenigen,
welche noch biß diesen Tag Moguls genennet werden, und gleichsam eine
Vermischung weisser Völcker von unterschiedlichen Nationen, welche
sich zur Mahometanischen Religion bekennen. Nachdem man aber
wahrgenommen, daß sie in kurtzer Zeit ihrer Complexion verlieren und
weichlich werden, wie die ursprüngliche Einwohner des Landes, so
werden die Persianer und Tattarn immer von neuen angereitzet, sich in
diesen Gegenden wohnhaft niederzulassen, werden auch gemeiniglich noch
zu denen grössesten Ehren-Stellen in der Regierung erhaben.
|P_68-69
£{Hol-250,20-251,02}
Als nun Aurengzebe nach einem langwierigen und blutigen Kriege die
Könige von Visiapour und Golconda im Jahr 1685. und 1686. genöthiget
hatte, ihme zinsbar zu werden, so beraubte er sie vollends alles
Scheins der Souverainität, den er ihnen vorhero noch gelassen hatte,
und brachte sie gefangen in sein Lager, worauf ihre Königreiche zu
Provintzien des Reichs gemacht, und seithdem immerdar von einen
Mogolischen Staats-Bedienten seynd regieret worden. Es gibt zwar noch
einige Raja's, oder heydnische Fürsten, auf denen Gebürgen, welche
noch immerzu ihr eigen Volck regieren, aber diese sehen es selten vor
gut an den Mogul anzugreiffen, und sind damit gar sehr vergnügt, wenn
er sie nur in ihren kleinen Fürstenthümern mit Frieden läßt.
|P_69
£{Hol-251,02-07}
Die Einwohner der gantzen Halb-Insel von Indien sind fast lauter Araber
und Mohren aus Africa, welche, wie gesagt, schon zu Tscher Chans
Zeiten wohl von mehr als 200. Jahren her sich allda ausgebreitet.
|P_80-81
£{Hol-251,09-15}
Aber ohngeachtet dieser Temperatur ist das Clima doch sehr heiß; hat
aber seine Hitze so wol als seine Milderung meist von denen ordentlich
abwechselnden Winden. Diese Winde werden Monsons, Beurt- oder
Wechselwinde genennet. Denn sie wehen insgemein ein halb Jahr nach
einander, nemlich von April an, aus Süd-Westen, und von October an aus
Nord-Osten. Nicht zwar so gar accurat, sondern sie weichen wol ein
oder etliche Striche nach dem Compas abe: Auch nicht so gar gewiß nach
der Zeit, denn sie kommen wol zuweilen 14 Tage oder 3 Wochen früher
oder später, so wol als die Regen-Zeit. Die Abwechselung dieser beyder
Zeiten, geschicht auch insgemein mit grosser Hefftigkeit, und ehe
einer oder der andere von diesen Winden eintritt und sich fest setzet,
fallen gemeiniglich grausame Orcane und schröckliche Sturtz-Winde mit
hefftigen Regen, Blitz- und Donner Wettern, dann und wann darzwischen
ein. Da denn keinmahl solche ohne Schaden abgehen, sonderlich zur See:
denn die Kauffleute und Schiffer halten sich gerne so lange auf als
möglich, und in Hoffnung, die Veränderung des Windes und des Wetters
werde dieß Jahr nicht so zeitig, oder nicht so plötzlich, oder doch
nicht so hefftig einbrechen, wollen sie nicht gern das geringste
Geschäfte unabgethan dahinden lassen, und keinen zuverhoffenden
Profit, versäumen; bis, ehe sie sichs versehen, ein Sturm ansetzt,
und, ehe sie die Hoffnung er werde übergehen, fahren lassen, oder ehe
sie sich reteriren können, so hefftig wird, daß es ihnen hernach
unmöglich fällt, demselben zu entgehen. [...] Wenn ein solches Wetter
einen Menschen auf freyen Felde ergreifft, so kan er sich nicht auf
den Beinen halten, sondern muß sich plat zur Erden niederwerffen und
nur auf sich loßregnen lassen, biß die Hefftigkeit übergehet.
[ Der Begriff "Zweifelmonate" ist ein Zusatz von Kant. ]
|P_82
£{Hol-251,15-17}
Und gleichwie diese zweyerley Winde alle halbe Jahre abwechseln, also hat man daselbst
auch zwey Winde, die alle Tage abwechseln: Nemlich, die Land- und die Seewinde. Jene sind
sehr heiß, weil sie über einen grossen Strich sandigen und als versängeten
Landes, so von der des Tages 12. Stunden gerade überstehenden Sonne beschienen wird,
wehen, dadurch sie so erhitzet werden, daß man wohl ersticken möchte und
müste, wenn die allweise Vorsehung Gottes keine Milderung verfüget hätte.
Aber diese gedeyet dem Lande dadurch ersprießlichst an, daß diese brennende
Winde nur von Mitternacht an biß Mittag wehen; den gantzen Nachmittag aber biß
Mitternacht wehen die frischen erquickenden See-Winde, und kühlen das Land wieder ab,
daß die Land-Winde nicht eher beschwerlich werden, als um die Mittags-Zeit
[...].
|P_83
£{Hol-251,17-21}
Die gewöhnliche Regen-Zeit beginnet auf der Malabarischen Küste gegen
Ausgang des Junii-Monaths, und währet bis zu Ende Octobris, also 4.
Monate. Auf der Coromandelschen Küste aber beginnet sie später, und
währet bis in November und December. Aber auch, wie gesagt, nicht so
accurat, das sie nicht 2. a 3. Wochen eher eintreten, oder so viel
länger anhalten solten; denn es ist so wohl im Anfange als zu Ende oft
eine ziemliche Zeit meistens gut Wetter, und regnet nur etwa gegen
Abend: Wenn sichs aber recht eingerichtet hat, so regnet es im
September und October so heftig und starck, daß oft in ein oder zwo
Nächten das flache Land gantz überschwemmet wird.
|P_86-87
£{Hol-251,21-252,05}
Von dieser ordentlichen Regen-Zeit, und denen mitten im Lande
liegenden Gebürgen kommt es, daß auf dieser Halb-Insul, sonderlich auf
der Westlichen Küste viel mehr Flüsse als sonst wo sich finden, und
auch, daß keiner von allen kaum eine Einfahrt oder Hafen, geschweige
ins Land hinein eine fahrbare Tieffe haben solte. Denn die ordentliche
Flüsse so alle etwa im nahe liegenden Gebürge entspringen, haben
keinen langen Lauff sondern fließen stracks Weges meist gerade über
das ebene Land nach der See; haben unterwegs keinen Zufluß, sondern
werden allenthalben abgezapffet und auf die Reiß-Felder geleitet, die
auf beyden Seiten mit kleinen Dämmen eingefasset, eine Zeitlang unter
Wasser stehen, so / daß der Strohm endlich kaum Wasser genug behält, es
in die See zu führen, und daß in der trockenen Zeit die Mündung des
Flusses von der See Wrandung[!] mit Sand versetzet, und von der See
zugespühlet wird
|P_89
Sein [sc. des Indus] Ursprung soll nicht weit von des Ganges seinem
seyn, und zwar in der Thibetischen Tattarey, und er soll wohl 720.
deutsche Meilen durchfliessen. Aber gleichwie die Erd-Beschreiber vom
Reiche Thibet weder die Lage noch die Grentzen, noch sonst was rechts
wissen, also können sie auch von diesen beyden Haupt-Flüssen
Indiens ihrem Ursprunge, oder Quellen und Lauffe, nichts gewisses
sagen.
|P_91-92
£{Hol-252,06-07}
Das Vor Gebürge Comorin, als die äuserste Land-Spitze gegen Ceilon
über, liegt unter dem 7. Grad Nordlicher Breite. Madura ist die erste oder
Südlichste Landschafft, darum auch die aussen für liegende Meer-Enge Manaar,
sammt denen darzu gehörigen Perlbäncken und eine daran stossende Insul
Ramanakoel genannt, darzu gerechnet werden. [...] Die Perlbäncke geben dieser
Provintz etwas Ansehen und Nahrung; weil, so lange die Fischerey wäret, etliche
tausend Menschen was dabey verdienen, die auf der Küste zusammen kommen, Zelter
aufschlagen, wohnen und Wirthschafften, so lange als der Perl-Fang währet. Der
Vortheil davon soll wol unter den Lands-Fürsten, und die Holländer, so auf
beyden Seiten diese Küste bewohnen, getheilet seyn, weil einen Tag um den andern
für beyde gefischet wird.
|P_113
£{Hol-252,08-11}
Herr Hamilton berichtet etwas von diesem Königreiche, welches man
sonst nirgends findet. Es soll nemlich in denen alten Zeiten schon ein
Königreich, und eine Republic von Juden, gewesen seyn, deren ehemals
eine so grosse Anzahl allhier sich befunden, daß sie in die 80.000
Familien ausgemacht, wovon aber jetzund nur noch eine Anzahl von 4.000
übrig wäre. Sie haben zu Cochin eine Synagoge oder Versammlungs-Hauß,
welches nicht weit von des Königs Pallast, etwa 2 Englische Meilen von
der Stadt, stehet. Darinne würden auf kupfernen Platten mit
Hebräischer Schrifft die Denckmahle ihrer Begegnisse seit
Nabuchdonosors oder Nebucadnezars Zeiten her verwahret, und immer
wiederum verneuert, wenn etwa die alles verschlingende Zeit selbige
gantz vertilgen zu wollen schiene. Der Herr von Rehde soll hiervon
einen Auszug in Holländischer Sprache haben machen lassen. Obgedachte
Juden sollen von dem Geschlechte Manasse herstammen, und auf Befehl
ihres Chaldäischen Uberwinders, hierher an die äusserste Gräntzen
seines Gebiethes geschickt worden seyn. Er erzehlet ferner, daß sie in
diesen Landen, nachdem sie anfänglich sehr wohl und gütig tractiret
worden, an Reichthum und Macht dermassen zugenommen, daß sie endlich
das kleine Königreich Cranganor erkaufft, und daß die ältesten in
ihrem Rathe 2 Söhne aus einem vornehmen Geschlechte zu Fürsten
erwählet hätten; einer aber von denenselben hätte sich die
Herrschsucht dermassen einnehmen lassen, daß er seinen Bruder ums
Leben gebracht, dessen Sohn hernach seinen Todt nicht ungerochen
gelassen, worauf das Land wiederum unter eine Regierung der
vornehmsten Herren, endlich aber gar wiederum unter das Malabarische
Regiment verfallen, da dann, nachdem sie weiterhin durch grossen Druck
in Armuth gerathen, viele unter ihnen in solcher Bedrückung ihren
Glauben verleugnet hätten, und Heyden worden wären.
|P_133
|P_134
£{Hol-252,12-15}
Diese Demant-Minen, wie man sie doch nennen muß, ob sie wol selten
mehr als 4. Faden tief sind, liegen im Gatischen Gebürge, so von Cap.
Comorin mitten durch die gantze Indische Halb-Insul hinläufft. Sie
finden sich nicht alle an einem Orte beysammen, sondern hin und wieder
in Golconda und Visiapour, daher viele glauben, daß sie wol durchs
gantze Gebürge lang hinauf zu finden wären. Sie werden nicht in denen
harten Felsen gebrochen oder gefunden, sondern unter und zwischen
denselben, wo man einen groben Kieß findet, da schlägt man ein, doch
nicht offt, und man sucht nicht viel neue Gruben, weil die bisher
bekandten und bräuchlichen allein vermögend wären der Welt so viel
Demanten auf den Halß zu hängen, daß sie deren gnug kriegen, und deren
Werth fallen würde, wenn die Landes-Herren jedermann und allzeit
graben liessen.
[ Es steht dort nicht, daß die Gruben wieder zugeworfen werden, sondern
nur, daß keine neuen gesucht werden! ]
|P_141
£{Hol-252,15-17}
Ehe ich weiter nach Norden zu gehe, wird es Zeit seyn, daß ich auch
noch etwas von denen Bergen von Gate und Baligate spreche, welche die
disseitige Halb-Insul Indiens, von Norden nach Süden zu, in zwey
Theile unterscheiden. Allhier wohnen die meisten Rajas oder Naiques,
welche ihren Hals noch nicht unter das Mogulische Joch gebeuget haben.
|P_147
£{Hol-252,20-21}
Der Kauff-Handel zu Surate war und bleibt noch immer sehr groß.
|P_150
£{Hol-259,21-260,06}
Der Platz, wohin sie ihre Todten bringen, ist auf dem Felde, eine
halbe Stunde von der Stadt, welcher mit einer Mauer, so 12. Schuh hoch
ist, und 100. Schuh im Umfange hat, umgeben ist. Die Erde darinne ist
ohngefehr 4. Schuh hoch erhaben und ablauffend gemacht, damit die
stinckende Feuchtigkeit aus denen todten Cörpern in einem darzu
verfertigten Graben ablauffen könne. Es kan nichts abscheulichers
seyn, als dieser Begräbniß-Platz. Da siehet man eine grosse Menge
Leichen auf eine höchst eckelhaffte und schändliche Weise bey einander
liegen. Einige sind grün, andere gelb, einige blutend und noch gantz
frisch, etlichen sind schon die Augen durch die dahin sich
versammlende Geyer ausgehacket, andern ist alles Fleisch von den
Backen abgerissen; an einigen Theilen ihrer Leiber sind grosse Löcher
hinein gefressen, und das Leder ist von einem Ende bis zum andern
zerrissen und zerfetzt. Einige Stücke sind von der Sonne gehärtet, wie
ein Stück gegerbt Leder, dahingegen andere so abgefressen, wie ein
Todten-Gerippe. Man mercket auch an, daß die Geyer ihren Geruch sowohl
als ihren Geschmack mit diesen todten Leichnamen erquicken, und sich
mit Fleiß gegen den Wind zustellen, um den daher kommenden ihnen so
angenehmen Geruch wenigstens noch zu geniessen, wenn sie sich schon
satt gefressen, daß sie nicht wol von dannen fliegen können.
[ Kant gibt nicht genau das wieder, was bei Salmon S. 150 steht: Er
spricht von "Habichten und andern Vögeln", bei Salmon hingegen ist von
"Geyern" die Rede. Auch steht dort nichts von "hinaus gerissenen
Gedärmen". Vermutlich hatte Kant diese Stelle noch vage im Kopf, als
er S. 253 las, und hat sein Exzerpt ergänzt, ohne nochmals auf S. 150
nachzulesen. ]
|P_151
£{Hol-252R,21}
Die Englische Ost-Indische Compagnie hat einen Praesidenten zu Surate, welcher
daselbst in grossem Ansehen lebet.
[Es folgen Beschreibungen weiterer Institutionen: Schreiber, Prediger.]
|P_156
£{Hol-252,18-20}
Die Fluth fällt mit solcher Gewalt in die Bay von Cambaya, daß das
hurtigste Pferd ihr nicht soll gleich lauffen können.
|P_157
£{Hol-252,20-21}
Ohngeachtet die Landschafft Guzurate eine Provintz des grossen Moguls
ist, so ist sie dennoch längst denen Küsten hin unter verschiedene
Frey-Beuter zur See zertheilet.
|P_163-166
£{Hol-252,22-253,06}
Die Landschafft Bengalen verschafft mehr Materien zu allerley
Handwerckern und Manufacturen, als sonst einige bekannte Länder. Die
Künstler sind allhier überaus geschickt. Sie übertreffen insonderheit
alle andere in Leinwand- oder Cattun-weben. Diese Waare ist allhier so
fein, daß auch sehr lange und breite Stücken gemächlich durch ein
klein Ringelchen gezogen werden können. Kriegt etwas davon ein Loch,
so können sie dasselbe so nett wieder zustopfen, daß man den Riß nicht
finden kan. Ist Glaß oder Porcellain zerbrochen, so wissen sie es so
artig wieder zusammen zu fügen, daß man keinen Bruch daran sehen kan.
Man sticket daselbst sehr künstlich, und sie machen alle Europäische
Kunstwercke nach, obschon alle ihre dazu habende Geräthschafft selbst,
ihre Weber-Stühle, keinen Thaler werth sind. Damit sitzen sie in ihren
Vorhöfen, Gärten, an Strassen und grossen Wegen, die feine Zeuge zu
weben, welche durch die gantze Welt so berühmt sind. Sie machen aus
Syrup, Zucker, einigen Baum-Rinden und Rosinen, Brandtewein, welcher
stärcker ist, als der Europäische. Sie mahlen und vergülden das Glaß
sehr schön, davon sie so dünnes haben, daß es nicht dicker ist, als
doppelt Papier. Ihre Farben verschiessen nicht, und gehen auch in
Lauge nicht ab. [...] Ihre Mäurer machen einen gegossenen Estrich von
gestossenen Ziegelsteinen und Kalck, der wenn er recht ausgetrocknet,
ohne Ritzen so fest und hart ist, als wenn es eine eintzige Fließe
wäre. Ja sie können den Kalck so zubereiten, daß sie ein Schauer von
demselben, ober Wetter-Dach, an eine Mauer anzusetzen wissen, ohne
Seulen und Stützen, 4. Schuh lang, 8. Schuh breit, und 5. oder 6. Zoll
dicke. Ihr Kalck wird aus See-Schnecken und Muschel-Schalen gebrandt,
der aber, den sie mit Betel Arek kauen, wird von gewissen Steinen
gebrennet. [...] Ihre Chymisten wissen in allen Töpfen den Zinnober zu
rechte zu machen und alle chymische Arbeit so mit Quecksilber
geschicht zu verfertigen. Sie wissen alle Metallen leicht zu Pulver zu
machen, und aus Unschlitt und Meßing Medicamenta zu bereiten, welche
alle schleimigte Feuchtigkeiten verzehren, und die grösten
Verstopffungen öffnen. Ihre Aerzte sind viel vorsichtiger im Gebrauch
des Schwefels, als die Europäer.
[ Es folgt eine Beschreibung von Krankheiten und Mitteln dagegen. ]
|P_169
£{Hol-253,07-11}
Cachemire oder Cassimere stösset gegen Norden an den Berg Caucasus, welcher es
von der Tartarey absondert, an Bankish oder Karkares gegen Osten, an die Provintz Pencab
oder Lahor gegen Süden, an Cabul gegen Westen, und liegt, so viel man nach der
ungewissen Meilen-Zahl ausrechnen kan, zwischen dem 34 und 39ten Grade der Norder-Breite.
Die Nordlichen Gräntzen aber dieser Landschafft, und des Indianischen Reichs
insgemein sind sehr wenig bekant. Und es hat auch wohl kein Erd-Beschreiber jemahls in
diesem Theile Indiens, gegen das Caucasische Gebürge zu, rechte gewisse Observationes
gemacht. Die Breite der Oerter aber nach Meilen auszurechnen, wie weit sie von andern
Orten entfernet, giebt allzeit ein ungewis Facit. Diese Landschafft ist allenthalben mit
Bergen umgeben; an sich selbst aber ist sie eine sehr schöne fruchtbare Ebene, die
durch ein hauffen kleiner Flüsse, welche von den Bergen herabfallen, und sich in das
mitten inne liegende kleine Land-Meer ergiessen, bewässert wird. Welches denn nebst
der gemässigten Himmels-Gegend darunter sie liegt, sie überaus angenehm macht,
an alle von der Sonne verbrandte Einwohner der Südlichen Provintzen; die aber nun
nicht mehr so viel allhier verkehren, als zur Zeit, da die Kayser hier residirten. Die
Gemüths-Fähigkeit der dasigen Einwohner gibt der Europäer ihrer nichts
nach, und man sagt: daß auch das Land die meisten Europäischen Früchte
hervor bringe.
|P_175
£{Hol-253,12-16}
Die Einwohner in Indien sind erstlich die Eingebohrnen ersten Bewohner des Landes,
insgemein Malabaren oder Banianen genandt. 2) die Gauren oder alten Parsen. 3) Die
Persianer. 4) Die Araber. 5) Die Tattern oder Moguller. 6) Juden. 7) Armenianer, und 8)
Europäer von vielerley Nationen. Wolte man Indiens Einwohner kürtzer eintheilen,
so könte man sagen: es werde bewohnet von Heyden, dazu Banianen und Gauren
gehören, von Mahumetanern, darzu die Tattern oder Mogullen, die Persianer und Araber
gehören, endlich von Juden und von Christen. Eigentlich aber werden gar nur zweyerley
Einwohner in Indien gezehlet, nemlich Banianen und Mohren. Da denn die Banianen die
ursprünglichen Einwohner oder Heyden, die Mohren aber alles was Mahumetanisch
genennet wird, sind.
|P_180
£{Hol-253,21-22}
Sonst sind die Banianen an sich selbst höflich, verständig und friedsam,
daß sie auch gegen die Christen, wenn sie ihnen zu nahe kommen, und z. E. etwa aus
einem Brunnen Wasser schöpffen wollen, daraus sie selbst trincken, nicht Gewalt
brauchen, sondern mit Bitten abwehren, uns sich gegen sie so demüthig erweisen, als
man kaum erwarten oder nur begehren könte. [...] Unter sich selbst sind sie so
verträglich, daß, ob sie zwar sehr reich von Schelt-Worten sind, und wenns
zwischen ihnen darzukömmt, sonderlich die Frauens-Leute, kaum das Ende finden
können, sie dennoch zu Thätlichkeiten und Faust-Recht nicht leicht schreiten,
ohngeachtet sie wissen: daß sie schwerlich andere Satisfaction suchen oder erlangen
können.
|P_180-181
£{Hol-254,03-07}
Barmhertzig und mildthätig sind sie mehr, als irgend eine bekandte Nation, so
daß sich ihr Mitleiden auch auf unvernünftige Thiere, und gegen das geringste
Ungeziefer erstrecket, deren keinen, mancher das Leben um aller Welt Guth nehmen
würde: daher sie auch alle Lebens-Straffen an Menschen, sonderlich die mit
Vergiessung des Bluts geschehen, mit dem höchsten Abscheu ansehen. Daher mag wohl
kommen, daß sie sich von den Mohren, die sie anfänglich selbst zu kriegen und
gewaltthätigen Geschäfften, (darzu sie selbst nicht geneigt sind,) gebraucht,
das Hefft der Regierung so leicht aus den Händen haben wieder lassen: Denn daß
es ihnen an wahrer Hertzhafftigkeit nicht fehlet, beweisen sie gnugsam mit der
Unerschrockenheit und Gleichmächtigkeit mit welcher sie dem Tode, wnn er sich ihnen
auch noch so gewaltsam und sichtlich nahet, entgegen gehen.
|P_182
£{Hol-254,07-10}
Die Indianer sind von guter Leibes-Gestalt, wohl gebildet und von annehmlichen Wesen
und Gesichtern, wenn man erst der Farbe gewohnt ist, und findet man schwehrlich jemand
unter ihnen, der krumm oder übel gebildet ist.[...] Die meisten färben auch ihre
Zähne schwartz, und zeichnen ihre Stirnen mit langen gelben Strichen, es mag solches
nur mit geriebenen Sandel-Holtz oder Kuh-Mist-Asche geschehen, so vermehret es ihre
Schönheit doch nur sehr schlecht.
|P_184-185
£{Hol-254,11-14}
Die Bramanen und Banianen essen nichts, was ein Leben hat, auch nicht einmahl Eyer,
oder den Saamen von reiffen Früchten, weil daraus etwas lebendiges hervor kommen
könte. Sondern ihre Speise bestehet vornehmlich in Reiß, Wurtzeln,
Kräutern oder Früchten. Die von niedrigen Geschlechten aber essen allerley arten
Fisch, auch wol Fleisch, nur nicht von denen Thieren die sie vor heilig halten. Die
Mahomentaner essen alles, ausgenommen Schweine-Fleisch. Das gewöhnliche allgemeine
Gerichte, welches man hier zu Lande antrifft, ist Reiß, den sie trocken abgekocht,
gleich als gewellte oder Raabs-Erbsen, mit einer Fleisch- oder Fisch-Brühe begiessen.
Fleisch essen sie aber sparsam kaum 3 Untzen auf eine Mahlzeit in kleine Würffel
geschnitten um den Reiß herum gelegt. Alle Gerichte sind mit Saffran oder Corcumey
sehr gelb gemacht. Palau ist ein groß Gerichte bey ansehnlichen Leuten und bestehet
aus einem bedeckt abgekochten Vogel als ein Dampff-Braten. Item ein mit Rosinen und
Mandeln gestopffter und in Butter gebratener Vogel. Cabob ist auch ein schmackhafft
Gerichte von Rind- und Schaf-Fleisch, in Stücken eine Hand groß, mit Pfeffer
und Saltz gewürtzt, an einen Spiesse gebraten, und dann und wann an dem Feuer mit Oel
und Knoblauch begossen, und mit allerley Kräutern zwischen den Stücken belegt.
Die jungen Schossen von Bambos und die Mangos Früchte ehe sie reif sind, werden
eingemacht und hernach zu Saussen und Tuncken, wie bey uns Gurcken rothe Rüben u. d.
g. aufgesetzt, sie kommen auch zuweilen nach Europa mit. Und dergleichen eingemachte
Früchte haben sie viele mehr.
|P_198
£{Hol-255,03-05}
Zu ihren Feld-Früchten gehören die Pfeffer-Pflantze, Ingwer, Cardamumen,
Saffran, Turmerick oder Curcuma, Indico, und der Baumwoll-Bau, sowol auf Pflantzen als
Bäumen, auch sehr grosse Plantagen von Zucker-Rohr, insonderheit in Bengalen.
|P_198-199
£{Hol-255,05}
Der durchaus nützliche Cocus-Baum, weil er fast allen Indianischen Ländern
gemein ist, so ist seiner auch schon anderwärts ausführlich gedacht worden. Auf
denselben folgt billig die in Indien auch eigentlich zugehörende Cartun- oder
Baumwoll-Staude, als woraus eben ihre Cartune, Nessel Tücher, Gingangs, und
dergleichen mehr gemacht werden. Mit dero Saamen bepflantzen sie grosse Felder. [...].
|P_199
£{Hol-255,01-03}
Der Indico ist gleichfalls eine sehr schätzbare Pflantze, und eine Staude, die so
hoch wächset, als ein Johannis-Beer-Strauch, mit einer dicken runden Crone, aber ohne
Dornen. [...] Der Nahme der Pflantze, so den Indigo giebt, wird von denen Indianern Aner
Nelly oder Anil Nil, item Gali genennet. Ob man die Pflantzen selbst verschiedener Art
habe, davon kan man nichts gewisses melden, weil keine ausführliche Beschreibungen,
die mit einander verglichen wären, vorhanden sind.
|P_201
£{Hol-254,18-21} / £{Hol-205,11-15}
Der merckwürdigste unter ihren Bäumen ist derjenige, welcher der Banian-Baum
genennet wird, dessen zur Erde sich beugende Aeste Wurtzel in der Erde fassen, und sodann
wiederum in die Höhe wachsen, so, daß einer von diesen Bäumen wohl 40 und
mehr Stämme haben, und sich so weit ausbreitet, daß er unter seinen Zweigen ein
gantz Regiment Soldaten wieder die brennende Sonnen-Hitze beschirmen kan. Weil sie nun
allezeit grün sind und Blätter haben, geben sie einen sehr herrlichen Schatten.
Unter diesen Bäumen findet man zum öfftern ihre Götzen-Bilder hingestellet,
gleichwie auch ihre Beicht-Väter und Büssende darunter sich aufzuhalten, und die
wunderlichen Bussen zu würcken pflegen, wovon wir in dem Capitel vom Gottesdienste
etwas handeln werden; und man kan sich auf die Warheit dieser Erzehlung verlassen,
derhalben wir sie auch in einem Kupfferstich beyzufügen, für dienlich erachtet.
|P_202
£{Hol-255,05-06}
Von ihren Thieren werden keine mehr gebraucht, als ihre Ochsen, welche gemeiniglich zu
ziehen oder zu tragen dienen, und auch zuweilen beschlagen werden. [...] Man gebraucht
auch bisweilen Cameele zum tragen, aber nicht so viele, als Ochsen.
|P_203
£{Hol-255,07-08}
Die Elephanten, deren in vorigen Zeiten, einige nun aber in vielen Jahren keine nach
Deutschland sind gebracht worden, wiewol bey weiten die grösten nicht, (wie auch der,
so in Copenhagen ausgestopfft zu sehen ist nur klein gewesen, zu seyn scheinet,) sind doch
jederman bekand genung, so viel aus einer Beschreibung und Abbildung geschehen kan. Man
könte diese Thiere wol Fleisch-Berge nennen. Es gibt Stücke darunter die 6. 7.
ja 8. Ellen hoch sind. [...] Sie werden vor die verständigsten unter allen Thieren
gehalten; jedoch wird vieles von ihnen erzehlet, welches nicht wohl zu glauben ist. So
viel ist gewiß, daß ihre Wärter und Führer durch den Klang ihrer
Stimme oder durch gewisse Zeichen sie sehr artig zu regieren wissen, welches einige dahin
gebracht hat, zu glauben, sie verstünden ihre Sprachen. Z. E. Wenn ihre Wärter
ihnen ein Zeichen geben, daß sie jemand erschrecken sollen, so werden sie gleich auf
eine drohende Weise nach ihm zu gehen, eben als ob sie ihn zu Tode treten wolten, ihm aber
doch kein Leid thun. Weiset er den Elephanten an, jemanden Koth oder Wasser ins Gesichte
zu sprützen, so wird er es gleich thun, doch aber ihm weiter keinen Schaden
zufügen.
|P_204
£{Hol-255,08-11}
Der Mogul aber hat heutiges Tages auch Elephanten, welche des Feuerns
und Schiessens so gewohnt sind, daß sie wie ein alter Soldat gar wol
Pulver riechen können, ja auch sogar leiden können, daß man eine
Canone auf ihren Rücken pflantze und abfeure. Solches geschicht also:
Man nimmet eine Feld-Canone, die ziemlich lang und einige Pfund Eisen
schiesset, die auf einer Lavette oder höltzernen Sattel, der nach dem
Rücken des Thiers geschickt ist, stehet, un der mit starcken Riemen
und Gurten angeschnüret ist. Auf deren 4. Ecken stehen 4. Fähnlein
oder Flaggen auf zierlichen Stöcken gepflantzet. Auf dem Nacken des
Elephanten sitzt der Führer, der ihn nach Befehl des Canoniers, wie
gewöhnlich, regieret, hinter diesem sitzt der Canonier mit seinen
Kugeln, Patronen und Lade-Zeuge, einander den Rücken kehrend, massen
der Canonier rücklings sitzt, und wie seine Canone hinten über den
Rücken des Thiers, aussiehet und feuret, gleichwie diese wegen ihrer
Länge drüber hinaus reicht. Sie stehet im Gelencke und Gewichte wie
unsere Doppel-Hacken oder Baßsen, daß sie sich leicht richten und
umdrehen lassen zur Ladung.
|P_205
£{Hol-255,12-13}
Die Indianische Schweine sind so dickleibig, daß sie den Bauch auf der
Erde schleppen; ihr Fleisch, sonderlich der wilden, so sie in Menge
haben, wird für besser und auch gesunder gehalten, als irgend ein
anders so man hat.
£{Hol-255,14-15}
Ausser diesen wilden Thieren giebts noch viel Tieger, Leoparden,
Wölffe, Affen und Jack-halse, welche letztern eine Art wilder Hunde
sind, die der Farbe nach unsern Füchsen gleichen, aber etwas grösser
sind.
|P_206-207
£{Hol-255,15-18}
Was aber die Vergnüglichkeit dieses sonst gar angenehmen Landes sehr
verringert, ist die Menge von Schlangen und Scorpionen, wie auch
andern gifftigen und beschwerlichen Ungeziefer. Ihre Mücken und
Wantzen (diese werden von etlichen für eine Art Ameisen gehalten) sind
die ersten, welche uns anlauffen, so bald wir nur ans Land kommen, und
diese sind so gifftig, daß jemands Gesichte bey der Nacht von ihren
Bissen dermassen aufschwillet, daß man ihm des Morgens nicht kennet.
Doch wenn man erst eine Zeit im Lande gewesen ist, so verursachen sie
einem zwar keinen Geschwulst mehr, wie im Anfange, ob man gleich immer
davon geplagt wird. Man kan leicht dencken, wie beschwerlich diese
Mücken seyn, weil ein jeder, ders vermag, sich einen Sclaven hält, der
sie ihm vom Leibe treiben muß. Man legt sich vergeblich schlaffen,
wenn man nicht sein Angesicht vor ihnen bedecket, oder jemand bey
sich hat, der die Mücken wegjaget. Was die Wantzen betrifft, so
kriechen sie bey dem gemeinen Volcke und Soldaten hauffenweise. Man
hat aber doch ein Mittel, ihnen zu entgehen, wenn man nemlich die
Füsse der Ruhe-Banck, in breite Schüsseln mit Wasser setzet, oder auch
mit Theer beschmieret, denn davor grauet ihnen, oder sie bleiben
darinnen stecken, und können nicht darüber hin kriechen. Was die
Spinnen betrifft, so versichert uns der Ehrwürdige Herr Ovington,
letzthin gewesener Hoff-Prediger des Königes Wilhelmi, daß sie zu
Bombay, allwo er selbst sich aufgehalten, so groß als ein Manns-Daume
ist, wachsen, und daß ihre Kröten nicht viel kleiner wären, als unsere
Endten. Ich lasse dieses auf den Credit dieses Herrn ausgestellet
seyn, weil ich bekennen muß, daß ich dergleichen Ungeheuer in dem
Theile Indiens, wo ich gewesen bin, nicht gesehen habe. So viel aber
ist gewiß, daß die Kröten und Frösche in währender Regen-Zeit sich
schrecklich vermehren und sehr groß werden. Daß es Frösche regne,
scheinen unsere Schreiber zu läugnen, ist aber gewiß, und aus
Erfahrung genung bekräfftiget, da man sie nach dem Regen in
Dachrinnen, Gefässen, auf denen Postwagen etc. gefunden. Es ist in
Indien noch gemeiner als in Deutschland, und auch weniger zu
verwundern: weil in der Regen-Zeit die Winde den Saamen mit dem Wasser
aufwerts zu führen, und die Sonnen-Hitze, sie auszubrüten, starck
genug sind.
[ Es steht nur etwas von großen Spinnen, nicht aber von "Tausendbeinen"
da! ]
|P_209
£{Hol-255,18-256,01}
Die Raub-Vögel sind auch nirgends so gemein und so zahm, als in
Indien, welches wol daher kommen mag, daß die Banianen selbige,
gleichwie auch andere Thiere, zu füttern pflegen. Sie lassen sich
schwerlich anders als durch schiessen verscheuchen. Sie sind fast den
Adlern gleich, aber grösser.
|P_217
£{Hol-256,06-10}
Die Heyden schreiben gemeiniglich auf Cocos- Nuß- oder Palm-Baum-Blättern
mit einer eisernen Feder oder Pfriemen. Etliche brauchen doch auch ein dünnes
durchscheinendes Papier, welches bisweilen 10. Schuh lang und ein Schuh breit ist. Davon
machen sie so viel Stücke fest an einander, als die Schrifft erfordert. Die Feder,
damit sie schreiben, ist der Alten ihr Calamus, oder ein Rohr, ohngefehr so dicke, als ein
Gänse-Kiel. Wenn sie an einen Fürsten schreiben, wird die gantze eine Seite des
Papiers vergüldet. Und die Briefe, daran etwas gelegen, und die man nach Hofe
schickt, zu verwahren, werden in ein hohles Rohr oder Bamboes gesteckt, und also
versiegelt, daß keine Nässe sie beschädigen kan. Auf ihren Petschaften
oder Stempeln, wie man sie nennet, haben sie keine Wappen, weil dergleichen nicht im Lande
gebräuchlich ist, sondern sie lassen nur ihre Nahmen in Gold oder Silber, oder auch
bisweilen auf einen Carniol- oder Onych-Stein schneiden.
|P_218
£{Hol-256,10-12}
Ihre Begriffe von der Beschaffenheit des Stern-Himmels ist seltsam:
Sie glauben, daß der Mond über der Sonnen stehe; obschon das
Gegentheil aus einer Sonnen-Finsterniß gantz augenscheinlich zu
erweisen ist. [...] Die Sterndeuterey aber gilt bei ihnen am meisten:
denn auch ihre Fürsten und Regenten richten alle ihre Geschäffte
darnach ein. Der Mogul selbst wird keine Reise vornehmen, noch sonst
etwas wichtiges resolviren, woferne nicht die Stern-Kündiger ihm erst
sagen, daß es eine glückliche Stunde sey. Hierbey nimmt er gantz
accurat auch die Minuten in acht, die sie ihm dazu vorschreiben.
[ Die Begriffe "Astronomie" und "Astrologie" sind ein Zusatz von Kant!
]
|P_220
£{Hol-256,12-13}
Die Mort-de-chien, welche von übeler Verdauung herkömmt, und zuwege
bringet, daß der Patiente mit unerträglichem Schmertzen sich offt
brechen und zu Stuhle gehen muß, auch bisweilen ihn in 24 Stunden
wegraffet, wird durch ein glühend Eisen, womit man den Patienten auf
der Fußsohle brennet, curiret. Die heftigen Colic-Schmertzen werden
ebenfalls mit einem eisernen glühenden Ringe, den man dem Patienten
auf dem Bauche oft nur einen Augenblick um den Nabel herum legt und
brennet, vertrieben.
£{Hol-256,14-15}
In Suratte soll die Pest offt und wol etliche Jahre nach einander
grassiren, und nur zuweilen in der kühlen und nassen Jahrs-Zeit etwas
nachlassen: Aber selten einen Europäer befallen, ob schon die
Eingebohrnen des Tages zu 2-300 dahin sterben.
|P_221-222
£{Hol-256,15-16}
Um aber wieder auf die Indianischen Aertzte zu kommen, so sollen viele
derselben sonderlich die Bramanen die meisten Kranckheiten, nach dem
Urtheil der Christen, Mohren und Heiden, durch Zauberey curiren; da es
denn für die Patienten, sonderlich die Christen seyn wollen, desto
schlimmer ist, wenn sie es glauben, und doch gebrauchen: Sonst aber
mag es mit ihrer Zauberey wol eben nicht anders beschaffen seyn, als
unsere so genandten klugen Männer und Weiber ihr Büssen, Streichen und
Segen-sprechen und alle Remedia an drey Freytagen, gewisse Worte in
einem Othem, in fliessend Wasser rücklings werffen,
Stockstillschweigen, sich nicht umsehen, und dergleichen Fratzen 1000
mehr. Sie gebrauchen aber bey ihrer Zauberey auch natürliche Mittel,
deren man nicht bedürffen würde, wenn der Teuffel so viel Theil an
diesem Werck hätte, als man sich einbildet. Nichts desto weniger sagt
man, daß sie in keinem Zufalle mehr Zauberey gebrauchen sollen, als
bey Heilung der Schlangen-Bisse oder Stiche. Es kömmt aber solches wol
daher, daß unsere Leute die eigentliche Artzney-Mittel nicht wissen,
und dahero diese Curen der Zauberey zuschreiben. Unter andern Mitteln,
deren sich die Indianer in diesem Fall bedienen, erhalten sie
dergleichen Patienten beständig wachend, so, daß sie gar nicht
schlaffen dürffen, und, so viel ich mich noch erinnere, singen und
spielen sie ihnen immer etwas vor, wie sie vor denen Schlangen thun,
wenn selbige tantzen. Einige Europäer haben viel von der Krafft des
Schlangen-Steins in diesem Stück geschrieben. Herr Ovington erzehlet,
daß einer von seinen Dienern, als er einstens durch das Graß gegangen,
von einer Schlangen gebissen worden, welche sich um sein Bein herum
gekrümmet, und zu wege gebracht, daß er zur Erden und in Ohnmacht
gefallen, und darinnen fast todt blieben wäre. Hierauf kam ein
Englischer Kauffmann darzu, welcher eben einen solchen Stein bey sich
hatte, selbigen dem Gebissenen auf die Wunde legete, und ihn curirete.
Es ist aber dieser sogenannte Schlangen-Stein ein durch Kunst
zubereiteter und bey nahe gantz platter Stein, welcher ein klein
Hübelgen in der Mitten hat, und grau von Farbe ist. Er wird zubereitet
aus Asche von gebrannten Wurtzeln, mit einer gewissen Erde vermenget,
welche zu Diu, einer Portugiesischen Stadt in Indien, gefunden wird.
Wenn dieser Stein, wie man sagt, auf das mit Gifft angefüllte Glied
geleget wird, so hänget er sich fest an dasselbige, und sauget durch
sein kräfftiges Ziehen den Gifft heraus, biß daß seine Pori oder
kleine Lufft-Löchergen gantz voll davon sind, da er dann von selbsten
herab fällt. Wenn man nun selbigen in Milch leget, so läßt er den
Gifft wieder von sich, und kriegt seine Gifft vertreibende Krafft
wieder. Wenn man von diesem Steine etwas in ein Glaß Wein, oder einig
ander Geträncke abgeschabet und einnimmt, so hält man es vor ein
überaus kräfftiges Mittel wieder gefährliche Fieber, und dergleichen
mehr. Man sagt auch, daß ein heisses Eisen, oder brennende Kohle, auf
ein von einer Schlangen gebissenes Glied gelegt, den Gifft ausziehe.
Etliche aber lachen des Schlangen-Steins, und befehlen diese Curen an
die bekandten Mittel darwieder.
|P_222
£{Hol-252,22-253,06}
Die Handwercks-Leute und Künstler dieses Landes werden wegen des
feinen Cattuns und Nessel-Tuchs, so daselbst gemacht wird, sehr
gerühmet. Einige ihrer Nessel-Tücher sind so fein, daß sich ein sehr
breit Stück durch einen ziemlich engen Ring ziehen läßt. Wenn ein
Stück auch mitten von einander gerissen wäre, so sollen sie es so artig
stopfen, daß man nicht finden kan wo es zerrissen gewesen. Doch das
erste ist jeden unter uns bekandt, daß mit unter sehr fein Gütgen
gemacht wird, aber unter unsern Schlesischen, Bielefelder, Cammericher
und Holländischen Gewebe giebts eben so feines. Das andere aber wissen
unsere Kauff-Leute wol besser, denn sie finden die gestopften Löcher
und Risse ungesucht, wenn sie die Waaren von den Ost-Indischen
Auction, da sie blindlings kauffen müssen, heimbringen und aufmachen.
Daher man ihrer künstlichen Glaß- und Porcellain-Flickerey, da sie die
Stücke mit Löchern durchbohren, umd mit Kupfer-Drath wieder zusammen
nähen, daß man weder Nath noch Bruch finden, oder sehen kan, eben so
viel zutrauet. [...] Das es perfecte Künstler unter ihnen giebt, ist
ausgemacht, und um so mehr zu verwundern: weil sie alles mit so
schlechten und wenigen Instrumenten und Handwercks-Zeug, offt auf
freyer Strasse, oder unter blauen Himmel und grünen Bäumen wircken.
Ihre Farben sind so leb- und dauerhafft, daß wenn sie gewaschen
werden, sie erst recht spielen. Sie können einen unvergleichlichen
Kalck machen, der unsern besten Kütt, Cement und Gyps, absticht. Doch
wir haben hiervon schon vieles, sonderlich im 3ten Capitel bey
Bengalen, beygebracht.
[ Von "Chineser Arbeiten" steht dort nichts! ]
|P_223
£{Hol-256,16-17}
Der Tag wird bey denen Indianern in 4 Theile eingetheilet, und die
Nacht gleichfalls, welche Theile sie Pores nennen, und diese wiederum
in 8. Theile, die sie Gries oder Garis heissen, unterscheiden, und
nach der alten Gewohnheit durch Ablauffung des Wassers aus einem Gefäß
ins andere abmessen. Da denn jemand, so darzu bestellt ist, allezeit
bereit stehet, das Gefäß wieder voll zu machen, wenn es ausgelauffen
ist, und mit einem Hammer auf den Rand eines holen Stückes Metall zu
schlagen, um damit die Anzahl der Pores und Garis anzuzeigen. Diese
Weise aber ist allein in grossen Städten gebräuchlich, weil das
gemeine Volck auf dem Lande zufrieden ist, die Zeit ohne Glocken- und
Stunden-Gläser bloß durch Muthmassung auszurechnen. Es ist auch in dem
Südlichen Theile Indiens nicht sehr schwer zu wissen, um welche Zeit
des Tages es sey, weil die Sonne beständig um 6. Uhr auf- und
untergeht, und mehrentheils helle Wetter ist.
|P_236-237
£{Hol-256,18-257,06}
Wir gehen nun weiter fort, die Schätze und Einkünffte des Moguls zu
untersuchen. Die hebet er nun aus den Früchten des Landes, aus der
Arbeit des Volcks, aus denen Zöllen der See-Häfen, aus denen
Erbschafften von den Grossen, als deren Güter bey ihrem Absterben der
Crone zufallen, und aus denen Geschencken derer Unterthanen, als
welche niemals mit leeren Händen vor ihren Printzen oder Gouverneur
kommen. Der Vice-König von jeder Provintz ist verpflichtet, der Crone
eine gewisse Summa aufzubringen, aus denen Manufacturen und Früchten
des Landes. Was diese Hebung dem Mogul eintragen müsse, mag aus der
Handlung von Europa, die in Indien geschicht, wol geschlossen werden.
Manouchi, welcher 40. Jahre lang an des Moguls Hofe sich aufgehalten,
sagt, daß diese Einkünffte allein auf 193. Millionen und 350.000.
Rthlr. sich belauffen. Gesetzt nun, diese Summe wäre nicht so gar
accurat, wie denn Manouchi wol schwerlich die Rechnung davon selbst zu
examiniren und zu calculiren wird gehabt haben, so ist sie doch gar
nicht unglaublich. Denn alle Einnehmer und Bedienten, vom Niedrigsten
bis zum Höchsten, stehn alle auf solchem Fusse, daß die Obern
allezeit Gelegenheit und Macht haben die Untern zu pressen und
auszumergeln, bis alles in des Nabobs, oder Stadthalters Händen ist,
von welchem es nach und nach, und wenn sie sterben, vollends gar auf
einmal an den Mogul kommen muß; So müssen alle die entsetzlichen
Summen, welche die Europäer nach Indien schleppen, in seine Schatz-Kammer zusammen fliessen, weil sie nichts davon, sondern eitel Güter,
die das Land und die Demant-Minen, als unerschöpfliche Fund-Gruben,
hervor bringen, wieder heraus führen. Und weil die Unterthanen kaum
von allem was das Land trägt, und was sie damit gewinnen, kümmerlich
das Leben hinbringen können, so bleibt dem Lande nichts, als was
einige Zeit circulirt, sondern alles fällt in wenig Jahren in solche
Spaar-Büchsen die der Hölle gleichen, daraus keine Erlösung zu hoffen
ist. Denn was vermögende Leute sammlen, das müssen sie vergraben und
keinen Menschen wissen lassen, sonst finden sich bald Verräther, die
es ihren Befehlshabern hinterbringen, und diese wissen bald eine
Schuld auf sie zu bringen, dadurch sie ihnen ein groß Theil, wo nicht
alles, ja das Leben abpressen. Was denen so genannten Fürsten, oder
Königen, wie sie heissen wollen, zu Theil wird, ist zwar ein
ansehnliches, und man kan aus dem, was bisher gesagt worden, noch wol
möglich zu seyn glauben, daß einer oder anderer dieser Fürsten, wie z.
E. der von Tanschaur, etliche 100. Tonnen Goldes, ja Millionen reich
seyn sollen. Denn ihre Schatz-Kammern sind eben solche Spaar-Büchsen,
als der Nabobs ihre, nur daß darinn was mehr gesammlet wird, und
härter hält, es wieder heraus zu kriegn, so daß der Mogul jedesmal,
wenn er eine oder etliche Tonnen Goldes daraus heben will, eine Armee
von 20. bis 30.000. Mann darnach senden muß.
|P_240
£{Hol-257,08}
Wir können denen Indianern überhaupt viererley Religionen oder
Gottesdienste zueignen. Vors erste sind allda die ursprünglichen
Einwohner von Indien, welche wol die grösseste Anzahl ausmachen,
Götzen-Diener. Zum andern finden sich allda die so genannte Parsen,
welche das Feuer anbeten, die zwar gleichfalls Abgötterer sind, aber
mit denen vorhergehenden wenig Gleichheit haben. Drittens die Mohren
und Mogoller, sind der Mahometanischen Religion zugethan. Zum vierten
sind auch Christen unter ihnen, theils von der Apostel Zeiten her, die
man Thomas-Christen nennet, theils die nun seid der Portugiesen
Dahinkunft von denen Römischen und Evangelischen Missionarien bekehrt
sind. Man mögte fünftens auch Juden darzu setzen, denn es giebt eine
Colonie da, die von der ersten Babylonischen Gefängniß soll dahin
geschickt seyn, und sich bißher erhalten haben; Sie sind aber wol sehr
abgewichen von ihrem Mosaischen Gottesdienste, und mögen von denen
eingebohrnen Heyden wol nicht viel unterschieden seyn.
£{Hol-257,08-10}
Nun von den alten und ersten Indianern, ihrem Namen, Religion und
Geschlechts-Unterschiede etwas mehr zu sagen: Die ursprünglichen Einwohner haben
verschiedene Namen, Hindowns, Banianen, Gentoes oder Jentiven, Malabaren, vermuhtlich aber
nur von verschiedenen Provintzen oder Völckern. Also haben sie auch gar vielerley
Abtheilungen unter ihren Geschlechtern, so sie Casten nennen, deren einige wol 60 bis 80
zehlen, darunter die Bramanen, Rashboots und Banianen die vornehmsten dreye sind. Die
vierte Caste ist geringer.
|P_240-241
£{Hol-257,10-12}
Und die fünfte Caste, die Bareyer oder Halicors genennet werden, sind die
allergeringsten, und gar sehr verachtet, das sie sich auch gerne gefallen lassen;
Drücket man sie aber zu sehr, so halten sie sich nur stille, und kommen nicht zu
ihren stoltzen Heiligen, da müssen diese ihnen bald nachlauffen und ihnen gute Worte
geben, denn sie sind die allernöhtigsten, massen sie sich keiner, auch der
allergeringsten, Arbeit schämen, da die andern sich viel zu heilig und rein darzu
achten, z. E. Strassen und Häuser zu säubern, die Todten hinaus zu tragen, u.
dgl. Diese Bareyer / machen sich kein Gewissen, alles zu essen, und werden auch darum von
andern Casten so unrein gehalten, daß, wer von ihnen nur angerühret wird, sich
für unrein achtet, und sich nach gewissen Ceremonien reinigen muß.
|P_241
£{Hol-257,13-19}
Unter denen Bramanen sind wiederum verschiedene Eintheilungen oder Casten. Einige von
ihnen essen gar kein Fleisch, andere hingegen essen einige Arten vom Fleisch. Einige
heyrathen, anderen hingegen erwehlen ein eheloses Leben, und wollen auch eine
Frauens-Person nicht ansehen. Die meisten von ihnen waschen und baden sich zu
verschiedenen mahlen an einem Tage; andere hingegen waschen sich niemals, aus Furcht,
einige lebendige Thierlein zugleich damit ums Leben zu bringen, und weil sie sich auch
befürchten, daß sie einige lebendige Creaturen, die man nicht sehen kan, durch
das Athem-Holen tödten mögten, so tragen sie ein Stück Seiden-Zeug oder
Nessel-Tuch vor ihrem Munde. [...] Dieses Geschlecht der Bramanen hat nicht allein das
Priesterthum sich zugeeignet, sondern auch alle Gelehrsamkeit und den höchsten Rang
des Adels, massen ihre Caste über die Fürstliche gesetzet wird. Ihre
Gelehrsamkeit aber bestehet vornehmlich darinnen, daß sie einige alte Bücher,
das Vedam genannt, lesen können, worinnen ihr Gesetz oder Lebens-Regul, so
ihnen von Brama, ihrem grossen Gesetzgeber, mitgetheilet worden, enthalten ist.
[...]
/£{Hes-200,23} /
Nach dem Bericht derer Missionarien lehren die Bramanen, daß nur ein Gott sey,
der unendlich, vollkommen, und von aller Ewigkeit her gewesen ist, den sie Burma, oder
Unmaterialisch, nennen. Dieser aber habe 3 Unter-Götter hervorgebracht, nemlich
Brama, Wistnow und Routiren. Dem Brama habe er die Macht
gegeben zu schaffen, dem Wistnow die Macht zu erhalten, und dem Routiren
die Kraft etwas wiederum zu vernichtigen. Sie sagen aber auch, daß die
verständigsten Indianer diese Fabel verwerffen, und alles dem obersten Wesen
zuschreiben, welches nur auf verschiedene Weise der Welt sich geoffenbaret habe.
|P_243
£{Hol-257,19-21}
Die zehen vornehmsten Bilder, die sie mit Anbetung verehren, haben solche Gestalten,
worinnen nach dem Bericht ihres Vedam, ihr Gott Mahaden zu verschiedenen
Zeiten dem menschlichen Geschlechte zum Dienste erschienen seyn soll. In der ersten hat er
sich mit 4. Häuptern, und eben so viel Armen geoffenbahret; in der andern Gestalt mit
einem Schweins-Kopffe, und zweyen grossen Zähnen, wie auch mit einem Leibe, welcher
einen menschlichen Cörper gleichet, mit 4. Armen und Händen. Dieses Bild ist in
Indien sehr gemein, und sehr fürchterlich anzusehen, weswegen die Europäer
meynen, daß es einen Teuffel vorstelle.
|P_244
£{Hol-258,01-02} / £{Hol-132,10-11}
Sie haben eben so unzehliche Arten, Orte, Ceremonien und Materien,
womit sie sich reinigen, und dadurch bey Gott angenehm machen oder
versöhnen: so gar auch mit Koth und vielerley Art Dreck. Unter welchen
doch der Kuhmist und Pisse am fürtreflichsten ist.
|P_244-245
£{Hol-258,03-04}
Ein Protestantischer Theologus erzehlet, daß / ein gewisser Bramane zu
ihm gesagt, daß sie einen Gott erkenneten, den sie, als tausend Augen,
und eben so viel Hände und Füsse habend, beschreiben, womit sie aber
nur die Allwissenheit und Allmacht Gottes ausdrücken wolten, dessen
Betrachtung ihr Volck sehr emsig und vorsichtig machte, die von ihnen
erforderte Lebens-Pflichten zu beobachten.
|P_245
£{Hol-258,05-13}
Was die Secte der Rajaputes oder Rashboots betrifft, so üben sie eben dieselbige
Sitten und Pflichten aus, deren die Bramanen sich befleißigen.
Die Banianen machen
das zahlreichste Geschlecht unter allen Heyden aus, und sind die reichsten an zeitlichen
Vermögen. [...] Darinnen aber kommen sie alle überein, daß sie eine sehr
zärtliche Liebe gegen alle lebendige Thiere hegen; die sie nicht allein nicht
tödten, sondern auch sie unterhalten, vom Tode und Verderben erretten. Doch wird das
Rind-Vieh unter ihnen am höchsten geachtet, welchem sie auch deßwegen alle
Morgen eine besondere Ehrerbietung erweisen, weil sie meynen, daß die seeligsten
Seelen in diesen Thieren ihren Aufenthalt nach ihrem Tode bekämen: Daß sie die
Grund-Veste der Welt auf ihren Hörnern trügen: Daß sie die Menschen nach
ihrem Tode über einen Fluß bringen müsten, darüber niemand, ohne sich
an dem Schwantz einer Kuh zu halten, kommen könte.
Die Indianer haben alle den
Pythagorischen Lehr-Satz von der Wanderung der Seelen aus einem Leibe in den andern, als
einen Haupt-Glaubens-Articul angenommen. Zum Beweiß wollen wir nur eine Geschicht
aus Herrn Ovingtons Erzehlung hier beybringen. Ein Heyde Nahmens
Madorasch, war über den Todt seines Vaters sehr betrübt, und da
ohngefehr eine Schlange in sein Hauß kam, glaubte er, daß seines Vaters Seele
in dieselbe gefahren, und ihn zu trösten kommen sey. Daher er alsofort
beschloß, seinen Vater unter dieser Gestalt zu dienen, als wenn er noch am Leben
wäre. Er versahe diesen seinen neuen Gast mit Milch und Reiß, welches
Tractament ihm so wol gefiel, daß er seine Bleib-Stäte in einem Winckel des
Zimmers nahm, und von dannen hervor kam zu essen, wenn ihm seine Speise vorgesetzt wurde,
eben als ob er unter das Haus-Gesinde gehörete. Eben dieser Mann versahe die Ratten
in seinem Hause mit Proviant, indem er sich einbildete, daß die Seelen seiner
Verwandten in ihnen wären, und wurden so zahm als andere Hauß-Thiere zu seyn
pflegen.
|P_246
£{Hol-258,13-15}
Noch beobachten sie sehr sorgfältig eine andere Gewohnheit, nemlich, daß
sie nichts verächtliches mit ihrer rechten Hand verrichten, indem sie davor halten,
daß die lincke allein darzu gebraucht werden müsse. Wenn z. E. die Nothdurfft
erfordert, an einen heimlichen Ort zu gehen, so waschen sie sich allezeit mit ihrer
lincken Hand wiederum, und tragen zu solchem Ende stets einen Topf mit Wasser bey sich,
wenn sie nicht nahe bey der See, oder bey einem Flusse sind. Daher wird ein Salam
oder Gruß mit der lincken Hand vor die gröste Schande geachtet, die man ihnen
anthun kan.
|P_247
£{Hol-258,16-21}
Es enthalten sich aber die Banianen nicht allein von Tödtung lebendiger
Creaturen, wie jetzt erwähnet worden, sondern sie bauen auch Hospitäler für
sie. Insonderheit werden 1 Meile von Surate Ziegen, Pferde, Hunde und Kühe,
welche etwa lahm oder alt worden, überflüßig versorget, und kauffen sie
lieber einen lahmen Ochsen von seinem Herrn, um ihn ins Hospital zu bringen, als daß
sie ihn denselben schlachten lassen. Nahe darbey ist ein ander Hospital vor Flöhe,
Wantzen und ander Ungeziefer. Ja Herr Ovington erzehlet uns, daß die
Banianen bisweilen einen armen Mann dingen, um dieses Ungeziefer eine Nacht auf seinem
Leibe fressen zu lassen, welcher sich denn ans Bette binden lässet, damit sie
versichert seyn mögen, er werde das thun, worzu er sich verdungen. Sie geben auch
einmahl im Jahre ein besonders Gastmahl an die Fliegen, und setzen ihnen grosse
Schüsseln mit Milch und Zucker, darauf sie sehr begierig sind, vor. Zuweilen nehmen
sie einen Sack mit Reiß, gehen 2 biß 3 Meilen weit, und theilen selbigen denen
Ameiß-Hauffen mit, die sie antreffen.
|P_248
£{Hol-258,21-259,01}
Aber wieder zu unsern mitleidigen Banianen zu kehren: die haben nicht
allein eine über alle massen zärtliche Liebe gegen die Thiere, sondern
sie erstrecken auch ihre Sorgfalt biß auf die Bäume und Gewächse, als
welche sie mit allerley Farben bemahlen. Insonderheit wird von ihnen
der Banian-Baum, unter welchen sie zum öfftern ihre Götzen-Bilder
setzen, mit Flaggen und Fähnlein, u. s. f. gezieret.
|P_248-249
£{Hol-259,01-09}
Es ist auch ein Münchs-Orden unter denen Heyden (Faquirs genannt)
dergleichen auch unter denen Mahometanern sich findet, welche ein Gelübde thun von
Armuth und Ehlosem Leben. Einige werden Büssende genannt, und diese thun sich
unerhörte Martern an, um die Gunst des Himmels damit zu verdienen. [...] Sie thun
Gelübde beständig nackt zu gehen, sich mit Koth zu beschmieren, grosse schwere
Mützen auf ihren Köpfen oder Ketten an ihrem Leibe zu tragen, allzeit in einer
gewissen Positur zu stehen, zu liegen oder zu hängen, entweder mit dem gantzen Leibe
oder mit einigen Gliedern. Einige halten ihren Kopf rückwerts, daß sie nichts
ansehen können als den Himmel, einige halten beyde Arme, andere nur einen
beständig rückwärts, oder in die Höhe, so viel, offt und lange,
daß die Glieder oder Gelencke ihnen gleichsam mit einem Knorpel verwachsen,
daß sie solche hernach ihr Lebtage nicht, oder doch sehr schwer wieder in die vorige
Beugung bringen würden, wenn sie es gleich thun wolten. [...] Andere Faquirs thun ein
Gelübde sich niemals niederzulegen. Zu dem Ende wird ein Seil mit beyden Enden in dem
Baume oder Hause, wo sie ihre Buß-Ubung thun wollen, fest gemacht, in die herunter
hangende Schleiffe oder doppelte Ende wird ein Küssen geleget, darein sie sich lehnen
oder hängen, wenn sie schlaffen wollen. Andere hangen sich bey den Füssen auf,
daß der Kopf niederwärts hänget, solches thun sie etwa so lange, als sie
ihr Gebet thun, oder so lange sie es aushalten können.
Von den Gebethen und Verdiensten dieser büssenden Faquirs wird grosser
Seegen übers gantze Land, und einen jeden, der auf gewisse Art / Theil daran nimmt,
erwartet, und die Abwendung alles Unheils davon verhoffet.
|P_252-253
£{Hol-259,14-21} / £{Hol-254,14-16}
Die zweyte Art der Götzen-Diener in Indien, sind die Parsen oder Gauren, und
beten das Feuer an. Diese sollen aus Persien dahin gezogen seyn, als die Mahometaner
selbiges Land eingenommen, wie einige Scribenten dafür halten; Aber sie sind allem
Ansehen nach viel ältere Einwohner von Indien, und vermutlich lange vor Christi
Geburt; geschweige von Mahomets Zeit, bey etwa einer Verfolgung oder andern Gelegenheit
mit ihrem heiligen Feuer aus Persien ausgegangen.Welches ihr grosser Gesetz-Geber
Zerdust oder Zoroaster soll aus dem Himmel zu ihnen gebracht, [...]
haben, [../.] Das Feuer aber, als eine Unter-Gottheit verehren sie so eifrig, daß
auch die Reisenden, man weiß nicht aus Spott oder mit Wahrheit ihnen nachsagen:
daß wenn auch ihre Häuser brenneten, so würden sie die Flamme eher
unterhalten, als zu löschen suchen. Und sie wissen von keiner grössern
Gottlosigkeit, als ein Feuer, was es auch für eines seyn möge, anders mit etwas
auszulöschen, als es mit Erde bedecken. Denn vergraben mögen sie es wol, weil es
in der Erde nicht ausgelöscht, sondern nur unsichtbar werde, wie sie glauben. [...]
Unter den Thieren haben sie vor einem Hahn eben so viel Hochachtung als die Banianen vor
ihre Kuh, jedoch essen sie ohne Unterscheid fast von allen andern Thieren, ohne nur kein
Rind- und Schweine-Fleisch, welches sie, wie man sagt, denen Mohren und Banianen zu
Gefallen thun, indem sie keinem von ihnen Aergerniß gehen wollen. Mit einem Frembden
trincken sie nicht aus einem Becher, und essen auch nicht mit ihnen aus einer
Schüssel. Sie heyrathen in keine frembde Geschlechter, weswegen sie dann ihre alte
weisse Farbe behalten, die nicht viel von der Europäer ihre unterschieden ist, nur
daß sie etwas blasser sind, weil sie sich wegen ihres Gottesdienstes sehr offt
waschen und salben. [...]
£{Hol-259,21-260,06}
Ihre Begräbniß-Plätze sind von der andern ihren gar sehr
unterschieden. Sie sind es nemlich, welche ihre Leichen an ihren
Begräbniß-Oertern in die offene Lufft hinstellen, und denen Vögeln zum
Raube geben; da sie denn fleißig acht geben, ob die Raub-Vögel mit Aushackung
des rechten Auges den Anfang gemacht, denn da freuen sie sich, weils einen
glückseeligen, gleichwie das lincke Auge einen betrübten, Zustand des
Verstorbenen, andeuten soll.
[ Hier reicht die Information nicht aus. Kant hat eine andere Stelle dazugenommen, die
aus dem Abschnitt über "Surate" stammt ]
|P_255
£{He8-75}
/Es hat auch eine Secte, deren Jünger oder Anhänger Muzay genennet
werden, die da vorgeben, daß sie Mosis und Mahomets Gesetz beydes halten.
Ob dieses eine Volck-Pflantzung sey von denen gefangenen Israeliten, deren einige
hieher auf die äusersten Gräntzen des Babylonischen Reichs sollten seyn
geführet worden, oder obs eine Secte von Mahumendanismo sey, haben uns die
Reisenden nicht gesagt, oder zu sagen vermocht.
£{Hol-260,07}
/Von der Christlichen Religion in Ost-Indien behauptet man, daß sie schon seid
der Apostel Zeiten her, allhier gepflantzet worden sey. Denn die Portugiesen als sie
zuerst ins Land kamen, funden diese Christen, und die Tradition bey ihnen:
daß der Apostel St. Thomas, der sie bekehrt, nahe bey Maliapur den
Martyrer Todt erlitten hätte; daher diese Stadt von den Portugiesen St. Thomas
genennet wird. Und biß auf den heutigen Tag heissen diese Leute Thomas Christen.
|P_259
£{Hol-260,11-12}
Die Heurathen der Indianer verdienen den Nahmen nicht, weil die Einwilligung der
beyden Haupt-Persohnen, die doch die Heurath ausmacht, nicht verlangt wird: Sondern die
Väter schliessen den Contract, und die Verlobten, wenn sie ihn vollziehen sollen,
wenden nimmer was dagegen ein. Die Männer können damit endlich zufrieden seyn,
weil sie ein Weib darzu nehmen, und auch Kebsweiber halten dürffen: Die Weiber aber
sind übler dran, denn die können um keiner Ursach willen einen Scheide-Brief
erhalten; Ja die Männer können sie gar, wenn sie Ursach darzu haben, unter ihre
Sclaven stecken, doch verkauffen oder gar tödten, wie einige wollen, können sie
solche nicht.
|P_260
£{Hol-260,09-10}
Was aber an der Erzehlung des Hamiltons sey, daß im Lande des Samorins
auf der Malabarischen Küste ein Weib von den niedrigen Casten wol bis 12 Männer
von ihrer Caste haben dürffe, können wir nicht versichern.
|P_262
£{Hol-260,11-12}
Die Weiber sind wenig besser als Sclaven ihrer Männer, und müssen ihnen mit
recht Sclavischer Ehrerbietung dienen, sie müssen ihre Männer nicht bey Namen
nennen, sondern sie als ihre Herren anreden, sich in ihrer Gegenwart nicht setzen oder
bequemen. Sie müssen dem Manne zu essen auftragen: aber sich selbst dem Tische nicht
anders als zur Aufwartung nahen, und allerdings zu Tische dienen, so lange der Mann isset,
hernach mögen sie mit den Kindern auch sehen, und essen, ob etwas übrig blieben
ist.
|P_264-273 [die Seitenzählung ist falsch: auf S. 265 folgt S. 272]
£{Hol-260,13-15}
Die Verbrennung der Weiber mit ihren Männern, meynet Herr Salmon, sey
gantz abgekommen, weil er nirgend, so lange er in Indien gewesen, / kein Exempel weder
gehört noch gesehen. [...] Herr Ovington hat am ausführlichsten davon
geschrieben: In Canara, spricht er, hat man verschiedene Gewohnheiten, welche diesem
Reiche gantz eigen sind, deren viele hernach in frembde Länder ausgebreitet worden.
Allhier nahm die Gewohnheit, die Weiber auf dem Leichen-Scheiter-Hauffen ihrer
verstorbenen Männer mit zu verbrennen, den Anfang. Diese Gewohnheit hat nun dermassen
überhand genommen, daß, wenn eine verzagte Frau nicht hertzhafftig gnug ist,
ihrem Manne in die andere Welt Gesellschafft zu leisten, sie von Stund an beschoren,
erniedriget und verpflichtet wird, ihres Mannes Geschlechte in allerley Sclavischer Arbeit
zu dienen. [../.]
Es ist aber nicht zu läugnen, daß die Weiber sich nicht eben
sehr gedränget haben diese Ehre zu erhalten, und daß man hundert Künste
jederzeit gebraucht zur Ein- und Ausrichtung.
Die ersten Nachrichten von Madras sagen, daß nicht lange nach
Einrichtung der Engelländern allda, ein Bramanen-Weib die Erlaubnüs begehrt habe
sich verbrennen zu lassen, und da sie sich nicht habe wollen abwendig machen lassen, und
der Gouverneur die gantze Freund- ja die Heydenschafft gleichfalls darum
gebethen, ihnen diese allgemeine Gewonheit nicht zu nehmen, so habe ers erlaubet. Als aber
das Weib sey an die Grube gekommen, habe sie gestutzt, und wäre wol gerne wieder mit
umgekehrt, aber man habe sie in die Grube gestossen, ihr einen Treff gegeben, daß
sie schreyen und rück-kehren vergessen, und so verbrandt. [../.]
Die Hallischen oft belobten Missions-Berichte führen über das erste
Exempel noch eines an, so noch gantz neulich passirt, daß sich zwey Frauens, ihrem
Mann zu Liebe und Ehre, wie es heißt, verbrennen lassen, davon die eine kaum 14.
Jahre alt gewesen.
|P_vacat
£{Hol-253,22-254,03}
£{Hol-256,01-04} [ Ist das eine Bemerkung von Kant? etwa: Salmon
betrachtet nur die Diamantgruben. Daraus kann man schließen, daß Gold
usw. entweder gar nicht oder doch sehr selten ausgegraben wird. ]
£{Hol-259,09-13}
|B_Sa_Ceylon_(1736)_
|P_276 (1)
£{Hol-277,02-03}
Ehe wir Indien verlassen, müssen wir noch die Insul Ceylon besehen,
welche der Halb-Insul von Indien auf 8 Meilen nahe liegt, mit welcher
sie wahrscheinlich ehemahls Land-fest, und durch die so genannte
Adams-Brücke, eine in der Manaarschen Meer-Enge von Indien nach Ceylon
quer über liegende Reihe Sand-Bäncke, Klippen und Insuln mit einander
vereiniget gewesen.
|P_277 (1)
£{Hol-277,03-05}
I. Candy, war vormals die Residentz der Könige, die aber nun
anderwerts residiren, seitdem die Portugiesen selbige ruiniret hatten.
Sie liegt meist mitten in dem Eylande Ceylon, in der Landschafft
Yattanour. [...] Diese See-Küste, welche die Holländer fast rund-um
besitzen, ist nicht überall von gleicher Breite, erstreckt sich aber
gemeiniglich ein 10. 12. Meilen ins Land hinein.
|P_275-276 (2)
£{Hol-277,06-09}
Die Nachkommen der alten Einwohner heissen Cingaleser, zu welchen auch
die Weddas, Wanniis und Warriis müssen gerechnet werden. [...] Ihre
Gestalt ist mehr klein als groß, aber gesetzt und förmlich, doch
leicht und schnell zu laufen, braun von Farbe, aber nicht heßlich.
[...] Die Cingalesen aus welchen also eigendlich der Leib der Nation
bestehet, sind behertzte, muntere und höfliche Leute, die sich gut
einschmeicheln können, dabey sittsam und sanfftmüthigen Wesens, so
nicht leichtlich aufzubringen, und bey denen es bald übergehet, wenn
ihnen ja die Galle einmal überlaufft. In ihrer Tracht sind sie
reinlich, im Essen etwas eckel, aber mäßig; auch dem Schlaffe nicht zu
sehr ergeben: Jedoch dem Müßiggange nicht gantz ungeneigt. Die
Sparsamkeit rühmen sie, wie viele andere Einwohner hitziger Länder;
doch ist Stehlen ihr Laster eben nicht; Nur lügen und sein Wort nicht
halten, ist bey ihnen gemein. [...] Ihre Gestalt ist nicht heßlich,
und die Grösse mittelmäßig.
|P_277 (2)
£{Hol-277,09}
Der Cingalesen vornehmste Speise ist Reiß, den sie mit kräftigen
Fleisch- oder Fisch-Brühen einen guten Geschmack geben.
|P_285
£{Hol-277,09-15}
Ihre vornehmste Bäume sind erstlich der Tallipot, so gerade und hoch
wächst, und beynahe die Dicke eines Mast-Baums hat, woran die Blätter
rund und sehr groß sind. Sie wachsen mit gleich breiten und langen
Falten, daher sie sich, gleich einem Wind-Fächer, zusammen legen
lassen. Davon tragen sie auf Reisen ein Stück auf ihrem Kopf, um
Schatten zu haben, und sie sind so zähe, daß sie durch dick und dünn
damit fortkommen können. Ein jeder Soldat nimmt ein solches Blat mit,
massen es ihm statt eines Zeltes, darunter zu liegen dient, und ohne
welches zur Regen-Zeit auf dem Felde sich aufzuhalten unmöglich.
Dieser Baum trägt keine Früchte, bis ins letzte Jahr, da er dann eine
harte Frucht von sich stösst, und gleichsam mit Todes-Angst gebieret,
weil er gleich darauf verdorret. Die Frucht ist so groß als eine
völlige Muscat-Nuß, worin ein Marck, fast wie ein Holunder, welches
man zuweilen isst, und wovon sie, wie vom Sago-Baum, Brodt machen.
£{Hol-277,15-16}
Ein andrer Baum heisst Reffule, welcher auch gerade und hoch, wie ein
Cocos-Baum aufwächst. Von diesem bekommen sie einen kühlen und
angenehmen Tranck, der zugleich sehr gesund, aber nicht stärcker als
Wasser ist. Jeder ausgewachsener Baum gibt des Tags gemeiniglich 3 bis
4 Stübchen solches dünnen Saffts. Hievon kochen und machen sie eine
Art braunen Zucker, in Indien Jaggory genandt, den sie, dem Bericht
nach raffiniren, und zu allerhand Gebrauch bequem machen können.
|P_286-291
£{Hol-277,16-278,08}
Der Zimmet-Baum, welchen diese Insul für sich alleine hat, ist denen
Holländern mehr als die Gold-Bergwercke zu Potosi den Spaniern, wehrt.
[...] Einiger Scribenten Bericht nach hat dieser Baum eine dreyfache
Rinde, in zwoen aber kommen alle überein, und zwar, daß die zweyte
Rinde, so von Bäumen mittelmässiger Grösse abgestreiffet werde, den
besten Zimmet gebe, und daß sich weder die gantz junge noch allzualte
Bäume gut schehlen lassen. [...] Der Stamm an sich ist unter der Rinde
vollkommen weiß, und zum Zimmer-Holtz und allerley andern Gebrauch
dienlich. Doch hat derselbe, ausser wann er verbrandt wird, weder den
anmuthigen Geschmack noch Geruch, als die Rinde. [...]
[S. 287-289 folgt eine Beschreibung der verschiedenen Gattungen des
Baumes]
Alle diese Gattungen Zimmet-Bäume, vom besten biß zum schlechtesten, haben
etliche Jahre nöthig, biß die Rinde zum Abschehlen bequem wird. Jedoch mit
diesem Unterschied, daß einige Bäume 2 oder 3 Jahre eher reiff werden, je
nachdem der Boden worin sie wachsen, beschaffen. In den Thälern, woselbst das
Erdreich einen zarten weißlichten Sand in sich hat, wie dessen auf Ceylon viel
anzutreffen, werden die Bäume, verstehe des besten Zimmets, innerhalb 5 Jahren zum
Abschehlen tüchtig. Andere hingegen, welche in feuchten schleimichten Grunde stehen,
haben zu ihrem Wachsthum, ehe sie völlig reiff werden, 7 bis 8 Jahr nöthig.
[...] Wan die Rinde von dem Baum abgenommen wird, hat der an demselben hafftende Safft
einen bitterlichen Geschmack, denen Würtz-Näglein nicht sehr ungleich, das
inwendige Häutchen der Rinde ist überaus süß und angenehm, wenn sie
eben erst vom Baume abgeschehlet worden, hingegen der auswendige Theil der Rinde hat am
Geschmack von andern gemeinen Bäumen wenig Unterschied. Daß man also alles
angenehme Wesen des Zimmets dem inwendigen zarten Häutchen zu dancken hat. Allein
wenn man die Rinde zu trocknen, und sich zusammen zu rollen in die Sonne legt, so dringt
diß öhlhafftige und angenehme Wesen durch die gantze Rinde hindurch, und macht
sie so starck, daß sie zu einer beliebten und kostbaren Waare in der gantzen Welt
wird. [...] Weil alle Bäume, welche geschehlet werden, ausgehen und verderben,
dürffte es leicht jemand Wunder düncken, wie man so viele nicht einzelne Jahre,
sondern bereits Jahr-Hunderte, so viel Zimmet aus dieser Insul holen können, und noch
jährlich genug daher bekomme? Diese Schwürigkeit wird leicht gehoben, wann man
sich berichten lässt, daß, weil, nach Umhauung des Baumes, die Wurtzel lebendig
bleibt, selbige neue Sprossen und Zweige stosse, welche in kurtzer Frist, nemlich irgend
innerhalb 5, 6, 7 oder 8 Jahren, einer früher, der andere später zur Reiffe
gelangen, und ihren Zimmet liefern. Zudeme trägt die Frucht des Baumes zu diesem
Uberfluß selber vieles bey. Dann es giebt dasigen Landes in gar grosser Menge eine
Art Dauben, Zimmet-Fresser genannt, welche wahrscheinlich den Baum fortpflantzen helffen;
weil sie, indem sie die Früchte dieses Baumes für ihre Jungen abholen, und viele
davon überall auf das Feld fallen lassen, mithin dadurch manche tausend Bäume
säen, die allenthalben an den Strassen hin so überflüßig fortkommen,
daß solche Wege zu einem Wald zu werden scheinen; So gar gerne und häuffig
wächst der Zimmet-Baum auf dieser Insul. Ist demnach nichts an dem gantzen Baum, das
nicht seinen Nutzen hätte. Der Stamm dienet zum Bauen; Die Rinde, des Menschen Hertz
zu erquicken und zu ergötzen: Der aus seiner Wurtzel gezogene Campher und sein Oel
nützen eben so wol in der Medicin, als die Blätter und das daraus gepreßte
Oel. Der Geruch von den Zimmet- oder Caneel-Bäumen ist so starck, daß er sich
offt einen weiten Weg in die See hinein spüren lässt: Massen die Seefahrenden
den Geruch offtmahls ehe empfunden, als die Insul selbst gesehen haben. Davon der Herr
Salmon und die Malabarischen Mißions-Nachrichten Exempel anführen.
|P_291-294
£{Hol-278,09-10}
Diese Insul ist meistens wegen ihrer Elephanten berühmt. Diejenige, so
von diesen Thieren schreiben, geben uns eine weitläufftige Nachricht
von ihrer Gestalt, Verstand, und wie man sie in Siam mit den Weiblein
zu fangen pflegt. Doch möchte es dem Geneigten Leser vielleicht nicht
unangenehm fallen, einen Auszug davon, wie die Holländische Ost-Indische Compagnie es da zu Lande angreifft, zu lesen: Es bestehen
nemlich die von den Einwohnern so genannte Coraalen, oder wann es
nach Europäischer Mund Art genannt werden solte, das Elephanten-Jagd-Zeug, aus dicken in das Erdreich eingegrabenen Bäumen, zwischen
welchen ein Hecke oder Zaun von länglicht-entzwey-gerissenen, (sonst
Arms-dicken) Schilfs-Röhren, und zwar nach dem Ende zu enge, doch aber
so lang, daß ihrer 25. nach einander darin eingefangen, und jeder
besonders beschlossen werden kan. Nun brauchen sie überdieß noch ein
Paar Stacketen oder Gitter-Wände, so innerhalb den Flügeln oder den
Oefnungen der Coraal in die Queere herüber gehen, und wovon die erste
2. Eingänge, die letzte aber nur einen hat, hinter welchem oben
darauf, in einer mit Laub zugedeckten Hütte, ein schwartzer Indianer
fertig sitzt, der so weit reichen kan, daß er die mit Schilf-Röhren
befestigte schwere FallThüre, durch jener Entzwey-Hauung kan lassen
niederfallen. Die Flügel stehen wohl 4. Stunden weit von einander, und
die Coraal ist bey 3. Stunden lang. In Siam werden werden sie durch
ihre Weiblein hinein gelockt; hier, auf Ceylon, aber, durch etliche
1000. Indianer, (deren Hof-Dienste wegen ihrer unter der Holländischen
Compagnie gelegenen Lehn-Güter, in dieser Jagd, und Lieferung 34.
Elephanten ohne, und ihrer 4. mit Zähnen, bestehen) ungefähr im August
und September, in diese Coraalen, wohl 14. bis 15. Meilen weit, mit
grossem Lärmen von Trommeln, Schieß-Gewehr, Fackeln, und andern
brennenden Materien, und durch die erste und andere Abtheilung in die
Noth-Coraal getrieben. Nachdem sie hier eine Weile gestanden, werden
sie durch zahme, und mit Zähnen versehene, Elephanten, welche darzu
ab- und deren Zähne so eingerichtet, daß man jene mit starcken Bast-Seilen daran befestigen kan, heraus geholet, und nach dem Stall
gebracht, allwo man sie, während sie vorn an der Brust und unten am
Bauch zwischen Balcken stehen, vollends gleichsam fesselt, und sich
ihrer gäntzlich versichert. Gestalten sie es auch, bis sie zahm sind,
anders nichts als zwischen ein Paar anderer Elephanten, welche sie des
Tages zweymal nach dem Wasser leiten, von dorten wegkommen. Wann der
wilde Elephant sich störrisch anstellt, wissen die zahme Elephanten,
unter Regier- und Anweisung ihres aufhabenden Mohren, mit ihren
Rüsseln den Seinigen hübsch anzufassen, und ihn mit ihren Zähnen
dermassen zu stossen, daß er gantz fromm wird. Wofern sie sich
niederlegen könten, würden sie schwehrmüthig werden, und nicht mehr
fressen. Sie bekommen von ihnen, zur Fütterung und übriger Wartung der
Elephanten bestellten Wärtern, gantze 6. Wochen lang, nichts, als die
Stengel oder Stämme von den Pisangs, als ein ihnen ohnedem
angenehmstes Futter. Unter solcher Zeit fangen sie an leidsamer zu
werden, und stehen allein mit einem Strick an den einen Fuß. Wofern
nun innerhalb gedachter Zeit sich bey der Holländischen Ost-Indischen
Compagnie kein Käuffer irgends aus Bengala darzu angiebt, werden sie
noch 12. Wochen länger mit Cocos-Bäumen-Blätter gefüttert, so zahm als
ein Hund gemacht, und mit anderm Vieh hernach aufs Feld ins Graß
ausgetrieben.
|P_295
£{Hol-278,11}
Blut-Igel gibts daselbst von Farbe röthlich, und so dick als ein
Feder-Kiel, welche um die Regen-Zeit kommen, und in kurtzem das Graß
in den Wäldern bedecken. Anfangs sind sie nicht dicker als ein Pferde-Haar, und kriechen an den Füssen derer Reisenden, welche ohnedem weder
Schuhe noch Strümpfe tragen, hinauf, setzen sich an, daß das Blut über
die Fersen herunter läufft, und wenn sie ein Geschwühr antreffen,
nisten sie gewiß darein. Einige reiben dafür ihre Beine mit Citronen-Safft und Saltz, damit sie abfallen mögen; Andere hingegen streiffen
sie mit einem flachen Höltzlein ab. Allein etliche fangen sich so
feste an, daß es meistens wenig hilfft: Daher sie dieselbe lieber
sitzen lassen, biß die Reise abgelegt; Dann ob die Füsse gleich ein
wenig schmertzen, wird doch diese Aderlässe für eine gute Artzeney
gehalten. Kommen sie aber erst zu Hause, so reiben sie die Beine mit
Asche, und werden ihrer solchergestalt auf einmahl loß.
|P_297
£{Hol-278,12-14}
Statt des Papiers schneiden sie die Talipot-Blätter in Striehmen
ungefehr 2 Schuh lang, und 3 Finger breit, auf welchen sie ihre
Buchstaben mit einem stählern Griffel, und zwar, wie wir Europäer, von
der lincken zur rechten Hand, schreiben.
|P_317-318 (2)
£{Hol-278,14-18}
Die Cingaleser verehren einen obersten Gott, Schöpffer Himmels und der
Erden. Sie fallen aber darneben auch vor den Bildnissen ihrer Heiligen
oder alten Helden, von denen sie glauben, daß sie auf der Welt
gewesen, und nun zu Engeln oder dienstbaren Geistern des grossen
Schöpfers worden, nieder. Doch ist der Vornehmste unter diesen
geringern Gottheiten ihr Abgott Buddu, wovon sie ebenfalls glauben,
daß er vom Himmel herab gekommen, der Menschen ewige Seeligkeit zu
beförderu, und von dem Gipfel desjenigen Berges, welchen die
Portugiesen Pico d' Adam, oder den Adams-Berg nennen, und worauf er
einen Fußstapffen in dem Felsen, wobey sie jetzo ihren Gottesdienst
verrichten, hinterlassen haben solle, wiederum hinauf gen Himmel
gefahren sey.
|P_321 (1)
£{Hol-278,16-18}
Dieser Berg, oder Pico d'Adam, dessen oben gedacht worden, und
welcher der höchste auf der gantzen Insul ist, liegt der Landschafft
Hammalella gegen Mittag. Auf selbigem ist, ihrer Meinung und Vorgeben
nach des Buddu Fußstapfen, wie er gen Himmel gefahren, eingedrückt.
Deswegen sie eben diesem Fußstapfen göttliche Ehre zu beweisen, rund
um ihn her brennende Lampen setzen, und ihre Opffer auf den Gipfel des
Felsen bringen, woselbst derselbe, als auf einem Altar, zu sehen. Die
dargebrachte Opffer werden unter die Mahometanische Faquirs, oder
Mohrische Bettler, welche, bloß in der Hoffnung derselben, um solche
Zeit von festen Lande herüber kommen, gestalten ihnen diese Freyheit
vors Alters von einem derer Kayser von Conde Uda soll eingeräumet
worden seyn, ausgetheilet.
|P_322 (1)f.
£{Hol-278,19-279,01}
Es ist eine ungeheure Menge Götzen-Tempel, von allerhand Gattung
durchs gantze Land verstreuet. Worunter etliche von gehauenen Steinen
und vortreflicher Bildhauer-Arbeit, viele Jahr-Hunderte müssen
gestanden haben, weil das heutige Geschlecht solcher Bau-Kunst gantz
unkündig, daß sie so gar nicht einmal, wenn etwas daran zerfällt,
dasselbe wieder auszubessern wissen. In Vintane, zum Exempel, stehet
einer, welcher im Umfang 130 Schuh, und ungemein hoch ist. An der Erde
ist er Ey-rund, nach dem Gipfel zu spitzig, und oben gantz vergüldet.
Das Bau-Wesen dieser Tempel scheinet einerley mit den heydnischen
Pagoden derer Indianer auf dem festen Lande, und man glaubt, gleich
denen, daß sie von einer Art Riesen aus harten Felsen gehauen worden.
Man möchte aber füglicher darfür halten, sie seyen unter der Regierung
gewisser mächtiger Monarchen in selbigem gantzen Welt-Theil
aufgerichtet worden, welchen eben so wol ihr Gedächtnis durch Erbauung
solcher erstaunenden Wercke, zu verewigen, als die Ehre derjenigen
Götter, so sie verehret, zu befördern gesucht.
|P_324(1)-321f.(2)
£{Hol-279,01-04}
Obgleich ein Mann nur eine Frau haben darff, soll es doch gar gemein
unter ihnen seyn, daß ein Weib zween Männer, ja so gar zween Brüder
zur Ehe habe, welche mit einander haußhalten, und die Kinder erkennen
beyde für ihren Vater. Wann die Töchter groß werden, machen sie sich
gantz nichts daraus, junge Burschen bey ihnen schlaffen zu lassen, biß
sie Gelegenheit finden zu heyrathen. Die Männer sind nach getroffener
Ehe auch so höflich, daß wann ein guter Freund sie besucht, sie, neben
anderer guten Bewirthung, ihm ihre Frau oder Töchter zum Beyschlaff
anbieten, absonderlich wann er von vornehmer oder aus einem höhern
Stamme. Hingegen wäre es ein nicht zu verzeyhendes Verbrechen,
dieselbe einem Mann von geringerm Herkommen, Preiß zu geben. Falls
aber bey aller dieser Freyheit einer bey des andern Weib, ohne des
Mannes Erlaubnis, läge, wird es für ein so abscheuliches Laster
gerechnet, daß er den Ehebrecher samt der Ehebrecherin, wann er sie
beysammen antrifft, ohngeahndet todt schlagen darff. Die Frauen machen
sich hieselbst kein Gewissen, Kinder abzutreiben, und wissen damit treflich
umzugehen. Sie haben bey ihrer Niederkunfft keine rechte Hebammen,
sondern die guthertzige Nachbarinnen reichen ihnen desfalls hülfliche
Hand. Kaum ist das Kind auf der Welt, so fragt man Stern-Deuter und
Wahrsager, ob es unter einem glücklichen oder unglücklichen Gestirn,
imgleichen ob es zur guten oder bösen Stunde, gebohren? Ist das
letzte, so lassen sies Hungers sterben, oder werffens weg oder in
einem Fluß, oder schenckens jemand anders. Dann wann das Kind gleich
den Eltern zum Schaden gereichen könte, dürfte es doch, ihrer Meinung
nach, einem Frembden Glück bringen.
|B_Sa-Persien__(1739)__
Die Heutige Historie und Geographie; Oder der Gegenwärtige Staat vom
Königreich Persien. Enthaltend eine ausführliche Beschreibung dieses
großen Reichs nach seinen Landschaften, Städten, Flüßen, Einwohnern,
Natur- Letter- und Staats- Geschichten. Sonderlich Den letzten großen
Staatswechsel unter dem Schach Hossein, durch den Mir-Iweis, Maghmut,
Eschref, und Kouli-Chan oder itzigen Schach Nadir Nach dem Englischen
und Holländischen Herrn Salmons und Herrn van Goch Dem Deutschen Leser
zu Gefallen nebst einer Land-Charte herausgegeben. 1739. Im Verlag der
Gebrüder Korte, Buchhändler in Flensburg und Altona.
|P_7-8
£{Hol-281,14-16} / £{Hol-281,21-282,01}
Und daß in einem so grossen und weitläuftigem Reiche, auch die Luft,
das Clima und die Jahrs-Zeiten sehr verschieden seyn müssen, ist auch
leicht zu ermessen. Mitten im Reich fängt der Winter an im November,
und hält mit strengen Frost und Schnee, der zwar sehr häufig auf die
Berge fält, die Flächen aber kaum bedecket, beständig bis in den
Februarium an; vom Martz hingegen bis in den May, ist der Wind
gemeiniglich ungstüm, worauf eine ruhige und heitere Luft folget, die
bis in den September dauret. Ob es gleich den Tag über sehr heiß ist,
so verursachen doch die kühlen Lüftgen, welche beständig des Morgens
und Abends auch die Nacht durch wehen, daß die Hitze erträglich, weil
insonderheit die Nächte fast 10. Stunden lang sind.
[ Von "Tauris und Schiras" steht dort nichts! ]
|P_8
£{Hol-282,01-03}
In denen südlichen Theilen von Persien aber und zwar vornehmlich zu
Gamron, ist im Frühlinge und Herbst die Luft sehr ungesund; daher auch
die Europäischen Kaufleute daselbst fast alle Jahre gefährliche
Kranckheiten ausstehen müssen, an welchen oft viele sterben. Zwar sind
die Südwinde alda wol kühle, aber sehr feuchte, die Südwestlichen
hingegen trocken, brennend und heiß, und die Oestlichen auch nicht
viel besser: die Nordlichen hingegen spüret man selten, weil es gleich
hinter denen Bergen liegt. Der Junius, Julius und Augustus sind zwar
gesund genung, aber so heiß, daß sich sowol die Einwohner selber, als
auch Fremde gegen die Gebürge ziehen. Die heissen Winde, die
Morgenwerts, über eine grosse Sand-Wüste herkommen, sind oft
vermögend, einen Menschen zu ersticken, und führen zugleich einen
solchen vergifteten Dampf bey sich, der in einem Augenblick einen
Reisenden zur Leiche machet.
[ Von "Kerman" steht hier nichts, aber wahrscheinlich hat Kant auf der
beigefügten Karte nachgesehen, daß die "Sand-Wüste" hier nur Kerman
sein kann. ]
"roth"
|P_9-10
£{Hol-282,01-03}
Doch wieder nach Persien und auf die heissen Winde zu kommen, so ist
von selbigen zu mercken, da sie über so grosse Sandflächen bey hundert
Meilen und drüber wehen, die denn lauter Hitze zurücke schicken, daß
selbige fast eben so brennen, als ob sie aus einem heissen Ofen
herbliesen, gleichwie die Winde, die über die See herwehen, kühle,
oder wenn sie über ein mit Frost und Schnee bedecktes Land zu uns
kommen, schneidend kalt sind. Diese heissen Winde sind vom 15ten Junii
bis den 15. August am strengesten, entzünden sich auch zuweilen
plötzlich dermassen heftig, daß sie wie eine rothe Flamme scheinen,
und einen Menschen, den sie berühren, eben so schnell tödten, als wie
der Blitz; doch lassen sie solche todte Leiber gantz, und verändern
oder zermalmen sie nicht.
|P_11-12
£{Hol-281,14-16}
In denen mehr nordlich gelegenen Landschaften Persiens aber, nemlich
in Georgia, Schirvan und Adirbeitzan ist die Luft viel gemäßigter, das
Land aber trocken und warm, gegen den Winter hingegen ist das Wetter
ungestüm, fält auch insgemein 6. Wochen lang, ein so harter Winter
ein, als nirgend in einem Lande, das mit diesem gleiche Himmels-Lage
hat, weil aber selbiges sehr bergigt ist, so findet sich, wie wir bey
Indien an dem Gatischen Gebürge bemercket, ein gleicher Unterscheid
der Witterung, und zwar an beyden einander entgegen stehenden Seiten
der Berge, dergestalt, daß die Reisenden, wenn sie nur wenig Meilen
zurücke geleget, oft dencken, sie kämen in ein ander Land; indessen
ist die Luft, sie mag so kalt seyn, als sie wolle, doch gar gesund.
|P_12
£{Hol-281,18-21}
Ferner ist von Persien zu mercken, daß kein so grosses Land in der
Welt zu finden, welches so wenig schifbare Ströme hat als dieses: denn
mitten drinnen ist kein eintziger Strom, der ein Fahrzeug auch nur von
einer wenigen Last tragen könnte, und die Reisenden finden an manchen
Orten in etlichen Tagen kein Wasser, als was sie bey sich führen.
|P_14-15
£{Hol-282,04-05}
Ormus, welche Insul an der Meer-Enge des Persischen Meerbusens
gelegen, und ohngefehr einen Umfang von 30. Meilen hat, ist die
vornehmste Insul dieses Meerbusens. [...] Die Insul selber bringet
nichts als Saltz hervor, welches sich oben auf der Erde wie eine feste
Rinde zwey Finger dick setzet, daher auch ihre Hügel, als ob sich mit
Schnee überdecket, aussehen. Ohne das Regen-Wasser, so in Cisternen
gesamlet wird, hat die Insul keine Tropfen süß Wasser, daher holten
die Portugiesen das meiste Wasser zu ihrem Gebrauch, vom festen Lande.
|P_33
£{Hol-282,06-07}
Hier müssen aber die Georgianer, so zu Persien gehören, schon
ausgenommen werden; [...].
|P_33
£{Hol-282,15-16}
Daß aber die Perser nebst den Weibern auch wol ihre Ganimedes halten,
und Sodomiterey treiben, solches überführt sie der Geilheit mehr als
gnug. Sie werden frühzeitig Mannbar, daher sie auch jung heyrathen und
Kinder zeugen: die Frauens-Leute aber hören auch nach dem dreyßigsten
Jahre wieder auf; Nach der Empfängnis kommen sie wenig mehr aus ihren
Zimmer, und mit denen Männern gar nicht mehr in ein Bette.
[ Von "im 8ten Jahr mannbar" steht dort nichts. ]
|P_33-34
£{Hol-282,13-15}
Ein Zeichen des muntern Geistes der Perser ist die Liebe zur Poesie, die unter ihnen
so sehr geübet wird als fast bey keinem Volcke. Es wird kein Gastmal ohne Poeten
zugebracht: jedermann höret sie gerne, und lauft ihnen in den Coffee-Häusern,
auf den Strassen, Marcktplätzen und allenthalben nach, wo sie sich nur hinstellen,
und ihre Gedichte für eine kleine Verehrung wollen hören lassen.
|P_34-35
£{Hol-282,06-09}
Sie sind eines muntern Gesichts, schöner Leibes-Bildung, und angenehmen Wesens,
sonderlich in Georgien und in denen Nordlichen Provintzien: in denen Südlichen aber
sind sie etwas Olivenfärbigt, aber nachdem seit hundert Jahren die grossen Herren
ihre Weiber und Concubinen aus Georgien und Circassien genommen, sind die davon erzeugten
Kinder und Nachkommen auch um ein merckliches ansehnlicher worden; [...].
[ Es gibt keine Stelle, an der ausdrücklich von einem vermischten Geblüt
der Perser gesprochen wird, von Arabern und Tartaren ist gar nicht die
Rede! ]
|P_39-40
£{Hol-284,07-12}
Wein wird in verschiedenen Landschaften von Persien zwar gezeuget, jedoch mehr von
Armeniern, und andern Christen, als von Persianern getruncken, gröstentheils aber
nach andern Ländern verführet, sonderlich der trefliche Schirasser; die sehr
andächtigen Perser hingegen, die wegen des Mahomets seinem Verbot, keinen Wein
trincken, erquicken ihre Geister mit Opium, Bang, Mohnsamen, und andern Dingen, die ihnen
einen Schwindel verursachen, gleichwie die Ostiacken und andere Völcker den Toback
auch mit Opium, und so häufig rauchen, daß sie davon toll und voll werden,
nicht anders, als ob bey allen diesen Völckern eine ausgemachte Warheit und
Nothwendigkeit wäre, daß man ohne dergleichen truncken- und
Fühlloßmachende Mittel die Sorgen und Mühseligkeiten dieses Lebens nicht
zu ertragen vermöge. Zwar brauchen die Perser den Toback nicht, um davon truncken zu
werden, weil sie ihn durchs Wasser rauchen, und das Gefässe, dadurch solches
geschicht, nennen sie Kaljan.
|P_40
£{Hol-284,10-12}
Hingegen brauchen sie, mit andern Morgenländern auch aus Opium
gemachte Pillen, deren Anzahl einige gleichsam Stuffenweise in einer
immer grössern und endlich so starcken Dosi nehmen, die fähig wäre,
ein halb dutzend Europäer auf den Kirchhof zu bringen.
|P_53
£{Hol-284,07-08}
Weintrauben findet man hier auch verschiedene Arten, deren etliche so
grosse Beeren haben, daß eine eintzige einen guten Mund voll
ausmachet, zu Ispahan machen sie den Wein von einer klaren runden
Traube, in der fast kein Stein befindlich. Die besten Weine aber
werden zu Schiras gepresset, wenn man anders ihre Art zu keltern so
nennen darf; [...].
[ Es heißt, daß die andächtigen Perser
"keinen Wein trincken", aber nicht, daß sie ihn
"heimlich" trinken! ]
|P_54-55
£{Hol-284,18}
Die Datteln sind eine köstliche Frucht, und nirgends so gut als in
Persien, das Fleisch, in dessen Mitte der Stein sitzet, ist klebricht,
und Honigsüs; wenn sie halb reif, so werden sie mit Zucker
eingemacht, wenn sie aber reif sind, so werden sie grün oder
getrocknet zum Essen auf behalten. [...] Die Pimpernüslein oder
Pistazien werden fast allein in Persien gefunden, mithin von dar die
gantze Welt damit versorget. Die Blätter gleichen in etwas denen
Lorbeer-Blättern, nur daß sie grösser, artiger,
ungekräuselt, roth und gelb seyn, die äuserste Rinde dieser
Frucht wird in Zucker eingemacht, die junge und noch zarte Frucht aber
in Eßig geleget, und bey Braten aufgesetzet.
|P_57
£{Hol-066,04ff.}
In denen Wüsten von Karmanien findet man zwey Arten
Sträuche, die eine giftige Eigenschaft haben, und heißt das
eine Golbat Samour, oder die den Wind vergiftende Blume, weil eben
solche die tödtlichen Winde verursachet, die in der heissen
Jahrs-Zeit alda zu wehen pflegen. Das andere Kerrebre genant, dessen
Stamm so dick, als eines Menschen Bein, schiesset ohngefehr sechs
Fus in die Höhe, dessen Blätter fast rund, und die Blume
gleich den Hagedorn-Blüten sind.
|P_58-60
£{Hol-209,36-210,01} / £{Hol-284,10-12}
Noch bringet Persien sehr viele Artzney-Mittel herfür, als
Kassia, Senrea, (das ist Süßholtz) Foenum graecum, Antimonie,
Nux Vomica, Gummi amoniacum, Galbanum, Sal amoniacum, und eine Gattung
von Rhabarber, die aber nicht die beste, mit welcher die Einwohner ihr
Vieh curiren. In Persien wächst auch eine Art Mohn in grossen Stauden, der
seine Stengel und Häupter zum Theil wol vier Fuß hoch und
sehr stark treibet, der wegen seines Safts, als auch welchem / das bekante
Opium gezogen wird, und dessen Kraft, bey den Persern in grosser
Hochachtung ist. Sie ziehen aus solchen im Junio (da sie zu reiffen
beginnen) den Saft heraus, indem sie kleine Schnitte Creutzweis
in das Mohnhaupt thun, mit einem Messergen, welches fünf
Einschnitte auf einmal machet. Aus solchem nun fliesset eine dicke
Feuchtigkeit, die des Morgens früh vor der Sonnen Aufgang
gesamlet wird, und weil alle Häupter nicht zugleich reifen, wird
damit fortgefahren bis alle Häupter geritzet und abgezapft, auch
alsdenn abgeschnitten sind. Doch ist der Saft aus den ersten,
grösten und besten Mohnhäuptern, besser, als aus den letzten.
Dieser Saft sol bey seinem Abzapfen so stark ausdunsten, daß die
Arbeiter, so ihn samlen, an allen Gliedern beben, und als todte
Menschen aussehen. Der Saft wird bald so dicke, daß die
gebräuchlichen Pillen draus können gemachet und als Opium
verkauft werden; die Perser nennen ihn Afion, wir aber Opium. In das
Brot mengen die Becker auch Mohn-Saamen, welches die, so solches essen,
wol schlaffen macht, wie es denn bey Mahlzeiten zu essen, für
gesund gehalten wird, das gemeine Volk käuet auch oft und fast
beständig den Mohn-Saamen.
Man hat alda auch Ueberflus von Saffran; Ingleichen Assa foetida,
von dem die Perser und Indianer so viel halten, daß sie solchen wol in
ihre Speisen thun, und der Geruch, der uns ein heftiger Gestanck ist,
deucht ihnen gar angenehm und so gut als Muscus. Es ist aber die Assa
foetida ein Saft, der aus der Pflantze Hiltot fliesset, Kaempfer nennet
sie Hingisch, nachmals sich verdicket, und so hart wird, als ein Gummi.
[... / ...]. Die Assa wird so tractiret: Erst wir die Wurtzel von der
Erde entblößt, das Laub vom Stengel gestreift, und die
Wurtzel damit bedekt, nach viertzig Tagen wird von der Wurtzel oben ein
Scheibgen abgeschnitten, und den folgenden Tag schabt man den
aufgequollenen Saft ein oder dreymahl ab, und schneidet dann wieder ein
Scheibgen ab, und thut wie zuvor. Nach sieben Tagen komt man eben also
wieder, und nach abermal sieben Tagen nochmals, und allemal wird die
Wurtzel mit dem Laube bedekt. [...] Der Geruch von dieser Assa ist so
stark und anziehend, daß er sich in alle Waaren zeucht, die im Schiffe
oder sonst bey ihm zu liegen kommen, wie gut und fest sie auch
eingepackt sind, [...].
|P_60
£{Hol-284,13}
Mumien oder balsamirte Menschen, die wol
viel hundert Jahre in der trockenen Erde gelegen, und so hart wie Horn
geworden, werden oft in dem Sande von Chorassan, oder dem alten Bactrien
gefunden, welche Leichen, wie man sagt, ihre Gestalt so wenig
verändert, daß man ihre Gestalt und Wesen oft erkennen
könne.
£{Hol-284,07}
In der Provintz Darab bey der Stadt
gleiches Namens fliesset auch ein Gummi oder Naphta aus einem Felsen,
welches die Perser auch Mumie nennen; [...].
|P_61
£{Hol-155,15ff.}
Der Persische Bezoar-Stein wird auch für köstlicher
gehalten, als der in Indien und Golkonda und Cananor gefunden wird. Er
hat eine Schale oder Rinde um die andere herum, wie etwa die
Jahrwächse an den Tannen oder Fichten-Bäumen. Er wird in dem
Leibe eines gehörnten Thieres, das den Ziegen oder Hirschen einiger
massen, wenigstens der Hörner wegen gleichet, und daher Pasen,
d. i. Geißhirsch genennet wird, gefunden. Er sol von einer
gewissen Art hartziger Kräuter, so diese Thiere gerne fressen, in
ihrem Leibe wachsen, und in den Landschaften Chorassan und Lar, wo das
Kraut am häuffigsten und kräftigsten wächst, auch am
meisten, und zwar bey den Böken grösser und öfter als bey
den Weibchens gefunden werden. [Der medizinische Nutzen wird bezweifelt]
|P_70-71
£{Hol-284,07}
In denen Landen von Fars und Schirvan ist viel Bolus armena und
Mörgel, welcher weis, und vom Land-Volke an statt der Seife gebrauchet
wird; Ferner giebts einige Talk-Adern, nicht weniger trift man weissen
und schwartzen Naphta an, den man zum Färben und Laquiren, auch zur
Arzney brauchet: es wird auch ein Oel daraus gezogen, das in
verschiedenen Fällen gebraucht wird.
|P_71
£{Hol-179,10-11} / £{Hol-284,13-15}
Daß in vorigen Zeiten die treflichsten Perlen-Fischereyen im Persischen Golfo
gewesen, ist bekant, und die, nach Chardins Rechnung, ein Jahr ins andere
gerechnet, wenigsten jährlich fünf Millionen Rthr. eingetragen. [...] Zu itziger
Zeit aber ist der Perlfang unterblieben: die Ursach sey, daß diese Perlbank so sehr
ausgefischt gewesen, daß sie die Unkosten nicht mehr abgetragen: [...]. Thevenot hat
dem Perlfange beygewohnet, und solchen ausführlich beschrieben, er sagt: Es seyn um
das Ende des Junii bey der Insul Baharen bey drey tausend Fischer-Böte zusammen
kommen, in deren ieder ein Taucher nebst denen Ruderern gewesen.
£{Hol-284,16-18}
Tutia findet man auch auf der Liste der Kaufmanns-Waaren, die aus Persien kommen.
Garcias ab Orta sagt: Sie sey vor diesem unter dem Namen der Alexandrinischen nach
Europa kommen, und komme von der Asche eines gewissen Baums. Bontius aber
versichert, sie werde aus einer gewissen Erde, die vorher verbrant worden, und nachdem sie
ausgelaugt, gekochet und an die Gefässe angeschossen, von dem Rande derselben
abgeschrapet.
|P_82
£{Hol-284,13-15}
Die Perlfischerey liegt, wie schon gesagt, itzt darnieder, und folglich auch der
Perlenhandel, der ehemals ein gut Stück der Persischen Handlung ausmachte.
|P_82
£{Hol-284,15-16}
Von der rohen Seide hat Persien so gar den Stapel, daß nicht allein
das gantze Reich seine Nothdurft draus verfertiget, und darzu die
seidenen Zeuge in grosser Menge ausgiebt, sondern es bleibt auch noch
eine entsetzliche Menge jährlich zum Ausfuhre übrig. Wie denn auch
solche sehr häufig nach Indien, Türkeyen und Rußland gehet.
|P_99-100
£{Hol-282,16-19}
Nichts destoweniger ist und bleibt doch diese Wahrsagerey wo nicht das einige doch das
vornehmste Stük ihrer Gelehrsamkeit; und der gantze Orient ist zwar von dem Wahn
eingenommen, doch ein Land und selbst eine Stadt immer mehr als die andere. Persien
überhaupt hängt vor andern daran fest; und in demselben Chorassan oder Bactria,
besonders die Stadt Gennabad aber am meisten; da kommen auch fast alle, besonders die
grösten Meister, die in der Kunst excelliren wollen, her. Man kan leicht glauben,
daß die Perser für allen andern Nationen blindhin in dieses Weißsagen
müssen alles Vertrauen setzen, wenn man betrachtet die erstaunliche Menge Menschen,
die sich darauf legen und davon leben; ferner den hohen Rang und die grossen
Einkünfte, so sie beym Persischen Staate haben. Des Königs erster Sternseher
oder Wahrsager hat des Jahrs funfzig tausend Rthlr. Salarium, der andere fünf und
zwantzig tausend, und die übrigen nach der Grösse ihrer Wissenschaft. (Nemlich,
nach welcher sie sich haben hervor zu thun, und in Ansehen und Vertrauen zu bringen
gewußt.) Und die außerordentliche Geschenke, die das Reich jährlich auf
sie verwendet, sollen sich, ein Jahr ins andere gerechnet, wol auf zwanzig mal hundert
tausend Rthlr. belaufen.
|P_110-111
£{Hol-282,19-283,02}
Wir kommen nun zu ihrer Arzney-Kunst. [...] Es ist in Persien ein
gemein Sprichwort worden: die Sternseher und Aerzte fressen das Land
auf! welches auch grösten theils wahr ist: denn der König unterhält
allein viele, die ihm nicht weniger kostbar zu unterhalten sind, als
die Sterngucker. Alle Grossen und angesehene Familien thun nach
Vergleich nicht weniger mit jenen wie mit diesen. Es ist aber zwischen
beiden ein ewiger Krieg oder doch Dispüt, der nimmer entschieden noch
geendiget werden kan. Er komt daher: Wenn der Arzt den Krancken nun
gesehn und seine Kranckheit untersucht, auch Arzney-Mittel dagegen
verordnet, und der Patient solche fertig vor sich stehen hat, so muß
erst der Sternseher kommen, und den Himmels- und der Sternen Lauf
ansehen, untersuchen und ausrechnen, wenn oder welches die
glücklichste Stunde sey, sie einzunehmen, da sie gute Würckung thun
können. Wenn sie nun nicht oder nichts guts würcket, so sagt der
Sternseher: der Medicus verstehe seine Kunst nicht; dieser aber sagt:
jener habe die glücklichste Stunde übersehen, sich verrechnet, und die
Arzney damit unkräftig und den Patienten unglücklich gemacht.
|P_112-113
£{Hol-284,18-23}
Sie folgen dem Galeno allezeit, so viel sie können, in der Art zu curiren
nach; weil sie nach der Fabelhaften Tradition glauben, derselbe sey durch die Unterweisung
des Heilandes der Welt, zu dessen Zeiten er gelebet habe, sehr vollkommen in der Heilkunst
worden. Nach dieser ihrer Tradition erzehlen sie: Als Galenus von Christi
Wunder-Curen gehöret, habe er, als ein sehr erfahrner Arzt, wol erkant, daß
solche mehr aus Göttlichen als Natur-Kräften gewürket würden. Er habe
derhalben seinen Vetter zu Jesu gesand, mit folgenden Schreiben: Galenus,
ein sehr alter Heilmeister des Leibes, an den, der ein Arzt der Seelen ist. Was ich von
euren Werken gehört habe, hat mich für Verwunderung ganz erstaunend gemacht,
massen mir solches ganz unbegreiflich ist. Da ich nun, wegen meines hohen Alters, selbst
nicht im Stande bin Euch zu besuchen und zu sprechen, so sende ich meinen Vetter, und
bitte ihn zu unterweisen in dem, was mir selbst besonders und der Welt insgemein
nützlich seyn mag. Dieser Vetter Galeni sol der H. Philippus gewesen
seyn, den Christus unter seine Apostel aufgenommen. Ihre andern Heiligen oder
grosse Meister in der Arzneykunst sind Hermes trismegistus und Avicenna,
oder wie sie diesen Namen aussprechen Abousina; der gröste Medicus und
Philosophus seiner Zeit in gantz Asien.
|P_120
£{Hol-283,03-06}
Die besten Anstalten für die Persischen Studenten sind die, da
ansehnliche und erfahrne Männer, solche Hohe Schulen anlegen, selbst
frey dociren, und den Studenten wol freyen Unterhalt darzu geben. Und
deren giebts allenthalben in Persien: denn wenn ein Mann sich mit
Gütern der Welt gesegnet siehet, und sich geneigt findet aus den
Welthändeln zu scheiden, entweder weil ihm das Glück bey Hofe, im
Kriege, Handlung oder Landleben seine Tücke bewiesen, oder er trauet
doch nicht länger, oder will auch sonst der Beschwerlichkeit der
Aemter mit guter Art und Ehren loß seyn, und er hat in der Jugend was
rechts gelernet, solches auch nachher in Bedienungen geübet, findet
sich also geschikt und geneigt andern wieder mitzutheilen, was ihm
bisher nütze gewesen, welches aber nun bald mit ihm selbst der Welt
entzogen werden würde, so legt er wol in seinem Hause ein solch
Auditorium an, lieset oder hält selber Collegia, und giebt wol seinen
Zuhörern etlichen, etwas, oder alles frey. Und wenn er guten Applausum
findet, so laufen ihm die Studenten aus denen Collegiis zu, und
verlassen ihre eigene Professores. Ein solcher begüterter Lehrer ist
mit Recht ein öffentlicher, algemeiner, oder Professor publicus, und
lebet im sichersten und grössesten Ehren- und Wolstande, weil der Neid
sich sowol schämen als fürchten muß, einem so gemeinnützlichen Manne
nach seinen Gütern zu greifen. Seine Ehre aber kan ihm überal gar
niemand antasten, weil sie an kein gewisses öffentliches Amt oder
Stand gebunden ist.
|P_228
£{Hol-283,05-07}
Nun gehen wir von den Gesetzen zur Religion über, das in Persien
keinen grossen Sprung ausmachet, weil sie einander nahe verwand, und
beyde von Mahomet vorgeschrieben sind. Weil wir aber von der
Mahometanischen Religion gründlich zu handeln versparen, bis wir zu
Arabien, da sie ausgebrütet worden, kommen, so werden wir uns hier
füglich der Kürze befleissen können. Wir wollen also nur sehen, worinn
sich die Perser vor andern Mahometanern unterscheiden, und was sie in
ihrer Secte besonders haben. Hiemit ist denn nun schon gesagt, daß es
bey ihnen sowol Spaltungen gebe, als bey Christen, Juden und Heiden;
und die finden wir nicht allein zwischen Persien und andern
Asiatischen Völkern, da sie sonderlich von den Türken gar sehr
getrennet sind, sondern auch in Persien selbst finden sich so
vielerley Meynungen, daß nie anderswo mehr, wol nicht zwey Modarres,
Mollahs und andere mehr, in allen Stücken eins sind.
|P_231-232
£{Hol-283,07-11}
Die recht alten, echten Mahometaner waren sehr strenge, und wenn einer
ihnen aufs erste Begehren ihr Schibbolet: Es ist kein Gott, als Gott:
und Mahomet ist sein Gesandter, nicht alsobald nachsprach, war er ein
Kind des Todes, wenn er in ihrer Gewalt war; war er aber auser
derselben, so war er ihr Erb- und ewiger Feind. Heutiges Tags sind sie
durchgehends gelinder; und die Perser abermal weit mehr als die
Türken: denn sie sehen wol, daß ihnen das Schibbolet nicht, wie es wol
den Mahomet gewesen, so einträglich sey, als die Handlung mit fremden
Religions-Genossen. Aus dem vorhergehenden ist auch sonst schon
offenbar, daß die Perser den Alkoran nicht eben nach den Worten
annehmen, sondern ihm einen Verstand geben, wie es sie gut dünket, und
die Lehrsätze, so ihnen zu strenge vorkommen, mildern sie mit Bildern
und Gleichnissen, davon ihre ganze Theologie und Sitten-Lehre voll
ist. [...] Es waren einst drey Brüder, zwey derselben waren zu
ziemlichen Alter kommen, der jüngste aber noch ein Kind, als sie alle
drey fast zugleich sturben. Von den ältesten war der eine allezeit
Gott gehorsam gewesen, der andere aber hatte sich seinen Geboten nie
unterworfen, und der jüngste hatte noch keine Wahl unter guten oder
Bösen zu machen gewust. Als sie nun für Gottes Richterstul kamen,
wurde der erste in das Paradies aufgenommen, der andere zur Hölle, der
dritte aber an einen Ort, der ihm weder Freude noch Leid gab,
gewiesen. Dieser war über dis Urtheil, und daß er nicht das Paradies
erlangte, sehr betreten, und sagte: o mein Gott! warum liessest du
mich nicht so lange als meinen ältesten Bruder leben, daß ich, wie er,
die ewige Freude hätte verdienen können? Mein Kind! sagte Gott: ich
kenne dich völlig und weiß, daß du bey längern Leben deinen gottlosen
Bruder gefolget, und die Hölle, wie er, würdest erworben haben. O grosser
Gott! sagte der verdamte Bruder hierauf: warum bewiesest du mir nicht
die Gnade meines jüngern Bruders, und nahmest mich hinweg, ehe ich
einen so bösen Gebrauch von meinem Leben machte, daß ich damit die
Hölle verdiente? Ich erhielt dich im Leben, sagte Gott, damit du
Gelegenheit hättest, das Paradies zu erlangen. Warum, wandte der
jüngste nochmal ein, genoß ich denn nicht derselben Gelegenheit, den
Himmel zu erhalten. Weil, machte Gott den Beschluß: mein Rathschluß es
also verordnet hatte.
|P_232
£{Hol-283,13-14}
Von den guten Werken lehrt das Buch der Sprüche und Thaten Mahomets,
daß solche das Paradies nicht verdienten, sie wären aber Zeichen
göttlicher Gnade und der ewigen Glükseligkeit, gleichwie die
Uebelthaten Kennzeichen ewiger Verdammnis wären.
|P_237-238
£{Hol-283,16-20}
Eine Erb-Sünde können sie nicht glauben. Adam habe auch, als der
höchste Prophet, wie alle andere Propheten, deren sie 24.000. (oder wol noch einmal
so viel zehlen,) nicht sündigen können; und das Essen, so man ihm zur Sünde
mache, sey nur eine Abweichung von der Volkommenheit, oder von etwas bessern zu was
schlechtern, und ihm nicht plathin verboten, sondern nur widerrathen gewesen, weil alle
Speise, die ihm verordnet, so subtil war, daß alle Excrementa davon als ein
wolriechender Schweis unsichtbar von ihm dunsteten, dagegen die verbotene Frucht nicht
anders, als durch ordentlichen Abgang wieder von ihm gehen kunte; damit er nun nicht den
Himmel verunreinigte, so jagte ihn Gabriel heraus, aber nicht um einiger Sünde
willen.
|P_238
£{Hol-283,11-12}
Die Schwäche der also entkräfteten Menschen und die Stärke, die
Begierden zu bezeichnen, erzehlen sie eine Begebenheit zweyer Engel,
Namens Aruth und Maruth: diese hielten Gott für, daß er den Menschen
immerfort Vergebung der Sünden wiederfahren liesse, da solches doch
keinen Nutzen schafte und sie nicht besserte. Ihr kennet, sagte Gott,
die Begierden nicht, unter welchen die Menschen stehen; sehet da, ich
gebe euch menschliche Leiber, und sende euch in die Welt, damit ihr
die Sache untersuchen und eine Probe davon nehmen könnet. Sie gingen
hin, und verfielen tiefer unter die Leidenschaften, als die Menschen;
liessen sich den Wein und die Weiber so stark reizen, daß sie ihnen
Tag und Nacht nachjagten; sie versunken so tief in die fleischlichen
Lüste, daß, als sie wieder gen Himmel kehrten, sie solche, nebst einer
schönen Beyschläferin mit dahin nahmen, weil ihnen diese nicht anders
als mit dieser Bedingung hatte wollen zu Willen seyn; und darüber
wurden sie aus dem Himmel, bey Babilon, in eine tiefe Grube gestossen
und verschlossen; dabey sie aber gleichwol, vermittelst ihrer
menschlichen Leiber vermöglich waren, den Menschen allerley Künste zu
lehren, die sie vermittelst des ihnen mitgetheilten Leibes auszuüben
fähig waren: daher nun wären denen Menschen die ihnen beywohnenden
vermischten geist- und leiblichen Zauberkräfte und sogenanten
schwarzen Künste bekant worden. Welches mit etlicher unserer Gelehrten
Meynung übereinzustimmen scheinet: daß ein Geist auf keinen Körper zu
würken vermöge, wo ihm nicht ein Mensch seinen Willen oder Geist, und
seinen Leib darzu, hergebe und leihe.
|P_239
£{Hol-283,14-15}
So lange der Leib eines Menschen nicht zur Erden bestätiget sey,
bliebe die Seele in der Nähe um und bey ihm; so bald er aber sein
Urtheil im Grabe erhalten, so gehe sie in einen zarten Luftleib so
lange über, und wohne und würke nach solchen Körpers Eigenschaft
unsichtbar in selben, bis zur algemeinen Auferstehung, da sie ihren
ersten Leib wieder anziehe.
|P_243
£{Hol-283,20-284,02}
Ihre Predigten sind insgemein moralische Discourse, die eben nicht
sehr andächtig angehöret werden: etliche lesen, schlafen, essen, oder
rauchen Tobak; doch sind sie stille, und stören den Prediger, und die,
so ihn hören wollen, nicht; gleichwohl ists nicht ungewöhnlich,
demselben mit Händeklatschen oder etlichen Worten Beyfall zu geben;
nachdem sich einer oder der andere bewegt findet: Widersprechen aber
ist wärender Predigt nicht gebräuchlich, doch nach Endigung derselben
darüber zu raisonniren oder zu disputiren, ist den Persern nicht wie
den Türken verboten.
|P_246
£{Hol-284,03}
Die Derwische sind eine rechte Art Bettelmünche; die aber kein Closter
haben, wenigstens nicht alle und aller Orten, daher sie auch an keine
Regel gebunden sind. Sie geben eine grosse Welt-Verleugnung vor,
beweisen solche mit ihrem Mangel aller irdischen eigentümlichen
Habseligkeit, und praetendiren den Rang der Heiligkeit vor allen. Die
Fakirs ziehen als stete Pilgrims allenthalben im Lande herum, und
zuweilen wachsen sie in so grosse Haufen an, daß sie den Dörfern und
kleinen Städten gefährlich werden: [...].
|P_256
£{Hol-282,09-12}
Von den Gauren oder Guebern, die das Feuer anbeten, davon wir schon eine Race und
Secte jenseit des Gorischen Gebürges in Indien gesehen haben, solte hier wol was
mehrers und gründlichers gesagt werden, in Betracht Persien ihr Vaterland und sie die
ältesten wo ja nicht die ersten und ursprünglichen Einwohner sind: aber sie
wissen selbst wenig von ihren Geschichten, von ihrer Religion und von aller alten oder
neuen Gelehrsamkeit. [...] Die bis heutiges Tages in Persien Ueberbliebenen glauben, ihr
grosser Prophet Zoroaster habe beynahe vor 4.000. Jahren das heilige Feuer auf
demjenigen Berge bey Yesd angerichtet, auf welchen es, nachdem er es erst vom Himmel
bekommen, zeither beständig unterhalten worden. Sie glauben auch, daß er noch
dereinst wiederkommen, und ihren Gottesdienst wieder einführen und dominant ja
algemein machen werde.
|P_258: Sie sollen fürnemlich ein gutes und eine böses Principium
statuiren, und nennen jenes Licht und dieses Finsternis. Die Sonne soll das Licht,
und der Mond die finstere Gottheit abbilden, beyde aber sollen doch auch nicht todte
Bilder, sondern lebendige und vernünftige Wesen, dergleichen auch die Planeten und
andere himmlische Cörper, seyn.
[Knappe Darstellung von Lehre und Lebensweise bis S. 260: Ackerbau / Offenes Feuer soll nicht
mit Wasser geloescht werden.]
|P_260
£{Hol-284,04-06}
Noch ein Volk von einer abgesonderten Religion, die vor Christlich mit durchgehen wil,
findet sich in Persien. Man nennet sie St. Johannes-Christen, auch wol Sabaeische
Christen. Von Johanne werden sie genant, weil sie ihn vor ihren grossen Propheten halten,
und durch seine Taufe hoffen selig zu werden, die sie derhalben auch so nötig und so
kräftig achten, daß Alt und Jung sie alle Jahr wiederholt; woher sie Sabaeische
heissen, erinnere mich nicht gelesen zu haben; warum sie aber auch Christen heissen, da
sie doch Christum nicht für Gott oder Gottes Sohn, zwar für einen Propheten,
doch nicht ihren Propheten halten, sol daher kommen: weil sie das Creuz so hoch und recht
abergläubisch bis zu einer göttlichen Anbetung verehren. Sie wohnen gegen den
Persischen Meerbusen, in der Landschaft Chusistan hin, bey zwanzig tausend Familien.
|P_vacat
£{Hol-281,16-18} [ Vielleicht Vorgriff auf Ormus 282,4-5. ]
£{Hol-282,03-04}
|B_Sa-Arabien__(1747)__
[Die heutige Historie oder der gegenwärtige
Staat von Arabien und der grosen Tartarey,
[...] (Altona / Flensburg 1747)
Excerpte: Stark / check: Witte
------------------
version 2: 12. September 2001
-----------------]
|P_0
001 Kap 1: Name, Lage ..
008 Kap 2: Seehäfen, vornehmste Städte
016 Kap 3: Von den Fürsten und Prinzen zu Mecca, Medina, ...
029 Kap 4: Von der Araber Art und Neigungen, ihrer Farbe, Gestalt, ...
047 Kap 5: Von der Sprache und Gelehrsamkeit
053 Kap 6: Von den Heirathen, Leichen und andern Ceremonien ..
058 Kap 7: Von der Art des Erdreichs oder Grund und Bodens, ...
075 Kap 8: Von der ersten Einführung des mahometanischen
Gottesdienstes
Sa-Tartarey__(1747)__
|P_0
105 Kap 1: Von dem Namen, der Lage, Eintheilung, ...
109 Kap 2: Eintheilung von Siberien, und dessen Einwohnern,
Mahometanern und Russen; ...
114 Kap 3: Von den heidnischen Völkern in Siberien, und insonderheit
von den Wogulitzen und Samojeden
119 Kap 4: Von den Ostiaken
124 Kap 5: Von den Inwohnern des südlichen Theils von Siberien, und
insonderheit von den mahometanischen, barabinskischen,
kamaskyschen und batskyschen Tartarn und Tongouzen
129 Kap 6: Beschreibung des Halfeilandes und seiner Völker
132 Kap 7: Beschreibung der rußischen Regierung über Siberien
136 Kap 8: Beschreibung des Reichs Astracan, und der Tartarn, die
darinnen wohnen
144 Kap 9: Beschreibung der circassischen Tartarn
150 Kap 10: Beschreibung der heutigen grosen Tartarey und der
Kalmucken
159 Kap 11: Beschreibung der Usbeker Tartarn und insonderheit des
GrosBucharien
165 Kap 12: Beschreibet Charasmia und Turkestan
167 Kap 13: Beschreibung der Tartarn gegen Westen des caspischen Meers
169 Kap 14: Beschreibung der Alanan und Abassen
170: Letzte Seite
----------
|B_Sa-Arabien__(1747)__
|P_9-10
£{Hol-285,06-11}
»Ich komme nun auf die Beschreibung einiger von den vornehmsten
Städten der andern Fürstenthümer oder Königsreiche, und zwar erstlich
der Stadt Medina, der Hauptstadt des Fürstenthums oder Königreichs
dieses Namens, allwo des Mahomeds Grab ist. [...] Es sind verschiedene
schöne Moscheen in dieser Stadt, darunter die vornehmste Mos a Kibu,
die Allerheiligste genennet wird. Sie stehet mitten in der Stadt, und
ist ein viereckigtes Gebäude, das 100 Schritte lang und 80 Schritte
breit ist, und auf 400 Säulen ruhet, an welchen 4000 Lampen hangen.
Des Mahomeds Grab lieget in einer Capelle dieses Tempels, so mit einem
runden Dach gedeckt, und mit eisernen Schranken umgeben ist. Das Grab
selbst ist mit einem silbernen Gatter eingefasst, und die Mauer auf
allen Seiten mit köstlichem Seidenstoff behangen, der reichlich mit
Edelsteinen besetzt ist, welches die Geschenke mahomedanischer Prinzen
sind.«
|P_10-11
£{Hol-285,11-16}
/ £{Hes-208,26}
/ £{Doe-183',18}
»Mecca lieget ohngefehr zwey hundert Meilen, südwerts von Medina,
[...]. Mitten in der Stadt stehet die Kaaba, oder das Haus Gottes,
welches, der arabischen Tradition nach, von dem Abraham erbauet
worden; und Mahomed hat alle seine Nachfolger verbunden, Zeit Lebens
zum wenigsten eine Wallfahrt dahin zu thun. Dieses Haus hat nicht über
15 Fuß in der Länge, und 12 in der Breite, und ist ohngefehr 5
Klaftern hoch. [...] Die Seiten sind mit rothem und weissem Stoff
behangen, in welchem folgende Worte verschiedene male eingewürket
sind: La Illa Illala, Mahomed Rofoel Allah. Das ist: GOtt ist ein
groser GOtt, und Mahomed sein Prophet.
Um dieses Haus herum ist ein groser, breiter und offener Platz, mit
einer Gallerie umgeben, die auf Säulen ruhet. Die Pilgrimme von den
vier vornehmsten mahomedanischen Secten haben ihre verschiedene
Plätze, wo sie ihre Andacht verrichten, in diesem offenen Bezirk. Denn
ich finde nicht, daß sie iemals in die Kaaba hinein kommen. Sie ist
auch zu klein, daß so viel Volk auf einmal hinein gehen solte. Das
Haus ist mit zwey güldenen Bändern umgürtet, und an den auswendigen
Seiten mit Damast behangen; [...].«
|P_14
£{Hol-285,17}
»Zur linken Hand bey dem Eingang des Meerbusens von Persien oder Ormus, an der
Seite von Arabien, ohngefehr 60 Stunden gegen Nordwesten von Capo Rosalgaat, trifft man
Muskat, in der Breite von 23 Graden und einigen Minuten an, dessen Fürst stärker
zur See zu seyn scheinet, als irgends einer in Arabien. Es ist die Hauptstadt eines grosen
Königreichs, mit Namen Oman.«
|P_16
£{Hol-285,19-20}
»Die Fürstenthümer Mecca und Medina werden iedes von einem
Fürsten unter dem Namen eines Sherifs, der aus Mahomeds Geschlecht ist, regieret.
[...]; aber das Geschlecht des angemaßten Propheten Mahomed hat seine
Herrschaften auch in den berühmten Städten Mecca und Medina und deren
umliegenden Landstrichen behalten. Es ist aus seiner Tochter Fatima entsprossen,
die zween Söhne, den Hassan und Hussein nach sich liesse. Die
Nachkommen des Hassan sind in zween Stämme vertheilt, darunter der eine in
Arabien Mecca und Medina seine Fürsten gegeben hat, da hingegen der andere seine
Gewalt in Africa fest gesetzet hat.«
|P_21Anm.
£{Hol-285,20-22}
»[...], weil das Stehlen bey den Mahomedanern am meisten verhasst ist,
am härtesten bestraft wird, und nicht gar oft vorfället.«
|P_24
£{Hol-285,23-25}
»Nun kommen wir auf die Oberhäupter der herumschweifenden Araber, die
in Zelten wohnen. Diese Araber bewohnen das innere Land und sind in
Stämme, und ihre Stämme in Geschlechter abgetheilt. Jeder Stamm hat
seinen Sheik el Kebir, oder grosen Sheik, und iedes Geschlecht seinen
Sheik, oder Hauptmann. [...] Die Sheike oder Emire, die der Türkey am
nechsten liegen, müssen, wie man berichtet, zum Theil dem Türken
Schatzung erlegen.«
|P_29
£{Hol-285,26-27}
»Die Arabier sind von einer mittelmäsigen, schlanken und schwächlichen
Statur, von einer schwärzlichen Farbe; und die schwarzen Haare und schwarzen Augen
sind ihnen mit andern Völkern desselben Erdstrichs gemein. Sie sind gegen Hitze und
Kälte, und alle andern Ungemächlichkeiten abgehärtet. Ihre Stimme ist mehr
weibisch als männlich; Sie werden aber als ein tapferes Volk beschrieben, so mit dem
Bogen und der Lanze, und zeithero auch mit dem Geschütz, vortreflich umzugehen
weiß.«
|P_29-30
£{Hol-285,27-29} / £{Hol-130,18-131,01}
/
»Sie lassen sich den Bart nicht
abnehmen, [...]. Ob man schon unter den Prinzeßinnen und Weibern der Grosen einige
finden mag, die schön weiß und wohl gestalt sind; so pflegen doch die von der
gemeinen Sorte, sehr schwarz und von der Sonnen verbrannt zu seyn. Sie stechen ihe Lippen
mit Nadeln, bis das Blut nachgehet, und alsdenn reiben sie Kreite oder Kohlen mit Thier-
oder Fischgalle in solche hinein, wodurch sie iederzeit blau aussehen. Also machen sie es
auch mit den Winkeln ihres Mauls, an den Seiten des Kinns und auf den Backen. Auch
färben sie den Rand ihrer Augenlieder mit einem Pulver, von Tutia vermischt, schwarz,
und ziehen noch einen schwarzen Streif von dem Augenwinkel auswerts, damit solche
gröser aussehen sollen: weil grose Augen daselbsten vor schön gehalten werden.
Sie stechen und ätzen auch Arme und Hände mit allerhand Figuren, und bestreichen
ihre Hände mit etwas, so roth aussiehet.«
|P_33
£{Hol-285,29}
»Verschiedene haben ein Loch in der Nase, darinnen sie güldene, silberne,
bleierne oder küpferne Ringe tragen, nachdem sie es bezahlen können. Es
lässet artig, daß ein Mann seine Frau durch den Ring vor den Mund
küsst.«
|P_33-34
£{Hol-285,29-30}
»Allein dieses Volk ist nicht nur wegen seines Herumwanderns bekannt;
Sondern auch seiner Dieberey wegen, beides zu Wasser und Land, und
dieses nicht nur in kleinen Partheien, sondern gewissermassen vermöge
öffentlicher Vollmacht, mit ihren Fürsten an der Spitze. Es haben zwar
einige neuere Reisenden, die Arabier wegen ihrer Gerechtigkeit, ihrer
Leutseligkeit, Mäsigkeit und anderen Tugenden, gar sehr
herausgestrichen; Allein dieses scheinet der allgemeinen Erfahrung zu
widersprechen. Oder sie müssen nur diejenige Gerechtigkeit verstehen,
die sie unter sich selbst ausüben. Denn Fremde leiden gewißlich durch
ihre Rauberey öfters Schaden. Jedoch will ich mir die Freiheit nehmen,
dasjenige anzuführen, was der Hauptmann Say von der Gerechtigkeit und
andern Tugenden derjenigen Arabier erzehlet, die neben Muskat wohnen.
Er spricht: Sie sind in ihrer Aufführung sehr höflich, überaus
liebreich gegen Fremde, und thun keinem Menschen Gewalt oder Unrecht.«
|P_35
£{Hol-285,30-286,01}
»Es findet sich auch würklich etwas, so diese arabischen Fürsten
gewissermassen zur Entschuldigung dienet. Denn da das Land ihr ist, so könnte sie den
Caravanen den Durchzug gar verwehren; und also nehmen sie vieleicht dasjenige, was sie den
Caravanen auflegen, statt der Gebühren oder des Zolles. Dieses ist gar
wahrscheinlich, weil die Summen eben nicht gar gros seyn müssen, sonst würde es
die Caravanen abschrecken, solchen Weg iemals wieder zu erwählen. Vor Privatrauberey
aber kann wol kein Land gut seyn. Ihre Raubereyen zur See sind am allerwenigsten zu
entschuldigen, allwo nichts, als eine stärkere Macht unsere Kaufleute wider sie
beschirmen kann.«
|P_37Anm.
£{Hol-285,30-286,01}
»Es ist kein Scherz, daß sie das Berauben der Caravanen vor erlaubt
halten, davon sie sagen, weil Abraham dem Ismael kein Erbgut gegeben,
sondern alles dem Isaac zugewandt, so sey ihnen dieser Tribut zu fordern ein
Recht.«
|P_44
£{Hol-286,01-03} / £{Hol-148,14-19}
»Jedoch sind in dem wüsten und steinigten Arabien keine gebähnten
Wege; sondern die Caravanen reisen über sandige Wüsten, wo keine Spur oder
Geleiß zu sehen, und man richtet sich nach dem Compaß, wie zur See, oder nach
den Sternen. Denn sie müssen, der Hitze wegen, mehrentheils bey Nacht reisen. [...]
Es giebt kein Fuhrwerk mit Rädern in diesem Lande. Alle ihre Waaren werden auf
Kameele und Dromedaren geladen. Zwischen welchen, der Gestalt nach, wenig Unterscheid ist;
auser daß das Kameel nur einen Höcker, das Dromedar aber zwey Höcker auf
dem Rücken hat. Das Kameel ist auch am grösten, und wird sechs bis sieben
Centner tragen. Das Dromedar oder Laufkameel aber ist desto schneller, und wird vornemlich
zum Reiten gebraucht. Es soll des Tages gar gemächlich, wol 40 französische
Meilen traben. So wol das Kameel als das Dromedar, kniet nieder, wenn es seine Last auf
sich nehmen soll, und wird im Fall der Noth, 5 bis 6 Tage (einige sagen gar 9) ohne
Trinken reisen.«
|P_48
/£{He8,78}
»Die Bücher, so davon [Arabische Sprache] handeln, melden, daß sie
allein über tausend Worte haben, womit sie das Kameel ausdrucken können, und
wol 500, den Löwen zu benennen; [...].«
/£{Hol-286,04}
»Es wird einhellig zugestanden, daß das Arabische und Hebräische
einerley Ursprung habe, [...]. [...] Dem sey nun wie ihm wolle, so ist doch das Arabische
die gelehrte Sprache in ganz Morgenland und zum Theil auch Africa geworden, wie das
Lateinische in den Abendländern ist; [...].«
|P_52
£{Hol-286,05-07}
»Die unstäten Araber halten so wenig von Hunden als die Türken, weil
sie nach ihrer Religion unrein sind. Jedoch haben sie solche um ihre Lagerplätze als
getreue Wächter, [...]. Die aber, so Liebhaber der Jagd sind, wissen der Religion
schon ein Mäntelgen umzuhängen, und sprechen daher das Windspiel und der
Spürhund wäre ausgenommen, dieweil man beständig Sorge trage, daß sie
nichts unreines fressen mögten.«
|P_54
£{Pow-208} / £{Kae-404}
Die abergläubischen Mahomedaner sagen, daß ihr Mahomed von
diesen Feinden der Mäuse und Ratten [=sc. der Katzen] ein groser
Liebhaber gewesen sey.
|P_58
£{Hol-286,09}
»Arabia ist längst der Küste des rothen Meers durchgehends dürre,
[...]. Die Ost- und Süderküste allenthalben meist klippigt, sandigt und bergigt,
und an vielen Orten kein grünes Gräsgen zu sehen. Dasjenige Theil von Arabien,
welchen Hyemen, oder das glückliche Arabien, genennet wird, bestehet meistens aus
sandigen Wüsteneyen oder dürren Bergen.«
|P_59-60
£{Hol-286,10-16}
»Den Dattelbaum findet man nirgends als in Persien und Arabien, und
zwar von zweyerley Arten. Der eine trägt Blumen und keine Früchte; der
andere hingegen Früchte und keine Blumen. Man solte den letzten nicht
unrecht den weiblichen Palmbaum, und den ersten den männlichen
Palmbaum nennen. Wie denn auch der Palmbaum, der Früchte trägt, keine
Früchte hervorbringet, wenn er nicht von dem Staube des
Blumentragenden bestäubet worden. Jeder von diesen Bäumen, der dem
andern äuserlich gleich ist, lässet im Frühjahr an der Spitze des
Stammes, zwischen den Stengeln seines Gipfels, acht bis zehn Schoten
oder Gehäuse hervorschiessen, die auswendig röthlich und inwendig
weiß, und äuserlich kaum zu unterscheiden sind, inwendig aber viel
anders aussehen. Diese pflegen im Monat Januario diese Scheiden hervor
zu bringen, die im Martio einen Ellenbogen lang sind, und wenn sie
oben aufspringen, einen Büschel von einer grossen Menge Zweige
hervorschiessen, die unter den Scheiden heraushangen. Dieser Zweige
der blumentragenden Scheiden sind wol etliche hundert, und machen
einen dicken Büschel aus, der wol einen Fuß lang ist. Jeder Zweig hat
nach seiner Länge auf die 40 bis 80 Blümgen oder Blüthen, die ein
wenig kleiner sind als die Mayenblümgen, [...]. Dieser Staub ist sehr
leicht, und fällt auf das geringste schütteln, da er vom Wind hinweg
geführet wird.«
|P_62
£{Hol-286,16-17}
»Die Frucht [sc. der Dattel-Palme] allein verschaffet fast alles, was
ein Mensch zu seiner Nothdurft nöthig hat. Ob es schon nur eine Frucht
ist, was gibt sie nicht vor vielerley Gerichte und Geschmack? [...];
und man gebraucht den Syrob davon gekocht als Butter; [...].«
|P_64f.
£{Hes-157,15}
Der Coffe ist in Asien ohngefehr zwey hundert Jahre im Brauch
gewesen. Im Jahr 1652 brachte Herr Edwards, ein türkischer Kaufmann,
einen griechischen Diener mit nach England, Coffe zu machen; und dieser
Diener Pasqua benamt, ist, wie man versichert, der erste gewesen, der
ein Coffehaus allhier gehalten. [...] Man ist vorhin in dem Wahn
gestanden, daß diese Frucht nirgends als in Arabien wachsen wolte.
Seit dem aber der indianische Oberlandpfleger van Hoorn, auf den Rath
des Herrn Witzen, diesen Baum aus Batavia nach den Niederlanden gesandt,
und solcher von dar nach Surinam und andern Orten mehr verführet
worden, allwo / er überflüße Früchter hervor
gebracht hat, so hat die Erfahrung diese Einbildung wiederlegt.
|P_65
£{Hol-286,18-19}
»Ob schon die Aloe in Arabien an mehr als einem Ort gesammlet wird, so
kömmt doch aus dem Eyland Sokotora die beste. Sie wächst daselbst im
Ueberfluß, absonderlich längst dem Strand hin.«
|P_66-67
£{Hol-286,19-21}
»Wir müssen auch von dem Balsam etwas erwehnen, [...]. Es ist gewiß,
daß der Baum, aus welchem er, entweder von sich selbst, oder durch
Verwundung eines Messers fliesset, in dem Gebiet des Sjerifs von
Mecca, bey dem Dorf Badruina, wie auch an verschiedenen andern Orten
in Arabien, wächset. [...]
Aus den Ritzen der Aeste dieses Baums tropft der Opobalsamum im Junio,
Julio und Augusto, [...]. Er ist anfangs weiß, wird aber hernach
grüne, und endlich gelb und honighaft. Im Anfange ist er trübe, setzt
sich aber hernach und wird heller, dick, scharf auf der Zunge, bitter
und zusammenziehend. Im Anfang ist er leicht, und schwimmt auf dem
Wasser, und hat einen so kräftigen Geruch, daß einigen die Nase davon
blutet, hernach wird er dick und sinkt zu Boden.«
|P_67
£{Hol-286,22}
»Daß der Myrrhen, oder Mus auf arabisch, das Gummi oder Harz eines
Baums sey, der nebst andern Orten, auch in Arabien zu finden ist, und
von dar hinweg geführet wird, darinnen scheinet man eins zu seyn;
[...].«
|P_69-70
£{Hol-286,22-23}
»Man findet auch einen Samen, den man Ab el Mosch, oder den Samen des
Mosch nennet. Es ist die Frucht einer Pflanze, die zäserigt von
Wurzel, [...]. Die Samen werden in Samenhäusgen getragen, sind
wohlriechend, aber bitterlich am Geschmack.«
|P_72
£{Hol-286,24-25} / £{Hol-286,27}
»Ohngefehr zween Tagereisen von Sin, nachdem man durch ein bergigtes Land
gereiset, kömmt man an den Ort, der in der Schrift Riphidin genennet wird; und nicht
weit davon haben die griechischen Mönche verschiedene Gärten, die mit Mauren
umgeben und voller Obstbäume und Weinstöcke sind. Hier siehet man den Felsen,
den Moses mit seinem Stab schlug, daß Wasser heraus sprang. Es ist ein Stein
von ungeheurer Höhe und Gröse, der aus der Erden hervor kömmt, und die
Mönche zeigen die Rinnen auf ieder Seite, worinnen das Wasser geflossen; es fliesset
aber anietzt kein Wasser heraus. Zwey bis drey Stunden jenseit des Felsens ist ein
griechisches Kloster, [...]. Es ist ein sehr sauberes Gebäude, und hat eine
schöne Kirche, nebst einem hübschen Garten, in welchem [...], und es scheinet,
das meiste und beste Obst, so zu Gros Cairo gegessen wird, kömmt aus der
Nachbarschaft des Bergs Sinai her: [...].«
|P_73
£{Hol-286,26-27}
»Das Closter zu St. Catharina unten am Berge Sinai, haben die Griechen
über tausend Jahre im Besitz gehabt, weil es ihnen von einigen
griechischen Kaisern geschenkt worden.«
|P_75
£{Hol-286,29}
»Mahomet, der Urheber des mahometanischen Gottesdienstes, war in der
oben beschriebenen Stadt Mecca, geboren, und zwar im Monat May des
571. Jahrs Christi, [...].«
|P_76
£{Hol-286,29-30}
»[...], bis er 25 Jahr alt war, und alsdann wurde er von einer reichen Witwe,
mit Namen Cadigha, in ihren Dienst genommen, für welche er ohngefehr drey
Jahre zu Damascus und andern Orten mehr handelte. Weil nun die Witwe von der Person und
den guten Eigenschaften ihres Dieners gerühret wurde, sahe sie vor gut an, ihn in dem
acht und zwanzigsten Jahr seines Alters, als sie selbst ohngefehr vierzig Jahre auf sich
hatte, als einen Ehemann in ihr Bett aufzunehmen. Durch diese Heirath wurde Mahomet
einer der reichsten Kaufleute zu Mecca.«
|P_77
£{Hol-286,30-287,01}
»Er begab sich demnach alle Morgen nach der Höle zu Hira, neben Mecca,
allwo er den ganzen Tag blieb, und sich, wie er vorgab, im Gebet, Fasten und in
gottseligen Betrachtungen übte. [...] Wenn er des Abends wieder nach Mecca
zurück kam, so pflegte er seiner Frau, der Cadigha die Gesichte, die ihm
erschienen, und die seltsamen Stimmen, die er in seiner Einsamkeit gehöret hatte, zu
vertrauen. [...]. Er fuhr aber immer fort, ihr den vertraulichen Umgang, den er mit dem
Engel Gabriel hätte, zu entdecken, und seine gehabte Erscheinungen mit solchen
Versicherungen zu wiederholen, daß die Frau endlich übertäubet wurde,
solchen einigen Glauben beyzulegen; [...].«
|P_78
£{Hol-287,03}
»Abu Beker, einer der reichsten Leute zu Mecca, war sein vierter
Jünger, [...]; Und sein Exempel zog bald darauf den Osman, nebst sieben bis
acht andern nach sich, die hernach die Obersten Befehlshaber seiner Kriegsheere, und
grosse Werkzeuge wurden, sein Reich zu gründen, und seine Religion in der Welt
fortzupflanzen.«
|P_79
£{Hol-287,02-03}
»Diese Offenbarungen gab der Betrüger stückweis heraus und lehrte
seine Jünger, daß das Buch selbst unter den Verzeichnissen des Himmels
aufbehalten wäre; und der Engel Gabriel ihm solches von Stück zu Stück
überbrächte, um solches der Welt bekannt zu machen.«
|P_81
£{Hol-287,07-09}
»Denn er gab seinen Nachfolgern zu erkennen, daß Gott der Herr den
Mose und Jesum mit der Gewalt Wunder zu thun gesandt hätte, und
dennoch hätte ihnen die Welt nicht gehorchen wollen; dahero er ihn nun
zu allerletzt ohne Wunderwerke gesandt, sie durch das Schwerdt zum
Gehorsam zu bringen. [...]
Immittelst schreiben dennoch einige von ihren Legendenerzehlern dem Mahomet
verschiedene Miracul zu: Als, daß er den Mond in zwey Theile zerspalten. [...] Und
daß eine Schulter von einem Schöps ihn gewarnet, nicht davon zu essen, weil
solche vergiftet gewesen. [...]; und er gestehet in seinem Koran selbst, daß er mit
keinen Wunderwerken ausgerüstet sey.«
|P_82
£{Hol-287,05-06}
»Und es wird einhellig zugestanden, daß der Koran, was die Schreibart
und Sprache betrifft, ein rechtes Hauptmuster der Zierlichkeit in der
arabischen Mundart sey; [...].«
|P_84
£{Hol-287,10-12}
»Dieweil Cadigha, des Mahomets erste Ehefrau um diese Zeit den Weg
alles Fleisches ging, so heirathete er zwo andere, nemlich die Ayesha, des
Abubeckers Tochter, und Sewda, die Tochter des Zama; und nicht gar
lange hernach Haphsa, die Tochter Omars. Da nun solche aus drey sehr
ansehnlichen Familien in Mecca waren, so hoffte er seine Parthey nicht wenig dadurch zu
verstärken.«
|P_84
£{Hol-287,13}
»In dem zwölften Jahr gab er vor, er sey von dem Engel Gabriel hinauf
in den Himmel geführet worden. [...] Er erzehlet ihnen, daß die 7
Himmel so weit von einander entfernet wären, [...].«
|P_85-86
£{Hol-287,14}
»Mahomet fuhr fort, seine Jünger auch in einige andere Städte
in Arabien auszusenden, daß sie seine neue Lehre daselbst fortpflantzen mögten.
Allein sie wurden nirgends so geneigt aufgenommen als zu Medina, [...]«
|P_86
£{Hol-287,14-16}
»Von dieser Flucht des Mahomets von Mecca nach Medina nimmet die
Hegira, welches der Mahometaner Aera oder Jahrrechnung ist, ihren
Anfang, und wurde von Omar dem Dritten Beherrscher der Saracenen zu
erst Hegira, welches in der arabischen Sprache eine Flucht zu bedeuten
scheinet, genennet; da nun des Mahomets Flucht von Mecca, am 16. Juli
des 622. Jahrs unsers Heilandes geschahe, so rechnen die Mahometander
von dieser Zeit an ihre Jahre, wie die Christen von der Menschwerdung
unsers Heilands an, zu thun pflegen.«
|P_87
£{Hol-287,17}
»Nachdem sich Mahomed zu Medina festgesetzt hatte, verheirathete er
seine Tochter Fatima an seinen Vetter Haly.«
|P_88-89
£{Hol-285,14-15} / £{Hol-287,17-18}
»In dem andern Jahr der Hegira, AD 623. veränderte der Betrüger die
Kebla, oder den Ort, gegen welchen seine Nachfolger ihre Andacht
richten solten. Er hatte seinen Jüngern vorher geboten, Ihr Gesicht,
wenn sie beteten, gegen Jerusalem zu kehren, welches er die heilige
Stadt, oder die Stadt der Propheten nennte, und war gesonnen seine
Wallfahrten dahin zu verlegen. Weil er aber bemerkte, daß seine
Nachfolger noch immer eine grose Ehrerbietung für den Tempel zu Mecca
hegten, der etliche hundert Jahre her der vornehmste Ort der
abgöttischen Verehrung der Araber gewesen war, so änderte er seine
vorige Entschliessung, und gebot seinen Jüngern, ihre Gesichter, wenn
sie beteten, nach Mecca zu kehren.«
|P_89-90
£{Hol-287,18-19}
»Wurde aber neben Mecca von Abu Sophian, der die Truppen von Mecca
commandirte, selbst geschlagen, [...]. [...], stellte er vor, daß ihr
Schicksal unvermeidlich gewesen; und wenn sie auch gleich daheim in
ihren Behausungen geblieben wären, so würden sie dennoch haben sterben
müssen, weil das Lebensziel eines ieden Menschen von Gott vorher
verordnet und bestimmet sey, welches er nicht überschreiten oder
verlängern könnte: [...].«
|P_92
£{Hol-287,19-20}
»Indem Mahomet nunmehro eine Armee von zehen tausend Mann auf den
Beinen hatte, so marschirte er wieder auf Mecca loß, und überrumpelte
die Stadt, unter dem Vorwand, daß die Einwohner den Stillstand, den er
mit ihnen getroffen, gebrochen hätten.«
|P_92
£{Hol-287,21}
»[...] fiel einer von seinen Hauptleuten plötzlich todt nieder zur
Erden, weil er durch einen Hammelsbug, den die Tochter des Hauses für
den Mahomet selbst zubereitet, und davon er eben zulangen wollte, auch
schon so viel davon zu sich genommen hatte, daß er hernach niemals
recht wieder gesund wurde, ob er schon erst drey Jahre darauf starb,
vergiftet worden war: [...].«
|P_93
£{Hol-287,20}
»In einer noch andern Schlacht aber schlug er sie, und zwang sie,
seine Religion anzunehmen, und zerstöhrte alle ihre Götzen, wo er
hinkam; und brachte nicht nur den meisten Theil von Arabien, sondern
auch einige Städte von Syrien, die damals unter des griechischen
Kaisers Herrschaft stunden, unter seine Gewalt.«
|P_98
£{Hol-287,09-10}
»Und ob es wol nicht zu läugnen stehet, daß Mahomet ein sehr
schändlicher Betrüger gewesen ist, so werden ihm doch auch sehr viele
Dinge aufgebürdet, wozu sich wenig oder gar kein Grund findet.«
|P_99-100
£{Hol-287,21-23}
»Zum Beschluß von Arabien müssen wir noch etwas weniges von der
Wallfahrt nach Mecca beyfügen. Denn es ist denen von der
mahometanischen Religion geboten, zum wenigsten ihr Lebtage einmal
eine Wallfahrt nach Mecca anzustellen. [...] Das Land ohngefähr 10.
Meilen um Mecca herum, nennen die Mahometaner ihr heiliges Land, in
welches kein Christ und kein Heide bey Strafe, lebendig verbrannt zu
werden, hinein kommen darf.«
|P_100
£{Hol-287,22}
»Die vornehmsten Ceremonien, welche die Pilgrimme zu Mecca vollziehen,
sind, daß sie siebenmal in Proceßion um des Abrahams Kapelle herum
gehen, den schwarzen Stein küssen, eine gewisse Zeit auf dem Berg
Arafat zubringen, ein Schaf auf dem Berg Menah, zum Gedächtniß des
Abrahams, als er seinen Sohn opfern wollen, opfern; aus dem Brunnen
Zemzem trinken; sieben mal zwischen den kleinen Bergen Safa und Merva
hin und wieder laufen, [...].«
|P_101
£{Hol-287,22}
»Von dem Brunnen Zemzem, aus dem sie bey ihrer Proceßion trinken,
sagen sie, daß solcher durch ein Wunderwerk zu Erhaltung des Ismaels,
als er vor Durst verschmachten wollen, hervor gebracht sey: Denn als
der Engel zu der Hagar gekommen, habe er ihr befohlen, sie solte den
Knaben mit seinem Fuß stampfen heissen. So bald er dieses gethan, wäre
das Wasser aus dem Brunnen gesprungen, davon er seinen Namen habe.
Weil das Wort Zemzem stampfen, oder stossen bedeute.«
|P_103
£{Hol-287,23}
»Und derohalben trifft man in Persien überall sehr viele Araber an,
die sich davon erhalten, daß sie die Wallfahrt nach Mecca vor andere
verrichten.«
|B_Sa-Tartarey__(1747)___
|P_105-106
£{Hol-287,24-28}
»Es [ sc. das Land 'Tartarey' ] hat seinen Namen von einem gewissen
Stammvater aus einem alten türkischen Geschlecht, welcher Tartar geheissen. Der Name
seiner Nachkommen wird aus Irthum allen Völkern beygelegt, die Asien gegen Norden
wohnen, ob sie schon einen ganz andern Ursprung haben; weil vieleicht eine Zeit gewesen
ist, da dieses Volk in grösern Ansehen gestanden, und den westlichen Völkern
damals bey diesem Namen bekannt worden ist.
Die asiatische Tartarey, so das alte Scythien, oder ein Theil davon ist, grenzte vor
diesem in Norden an dem Eismeer, (der Strase von Nova Zembla oder der Waaigaten) in Osten
an der Ostsee (oder dem See Kamtzchatka) in Süden an China, Indien, Persien und dem
caspischen Meer; und in Westen an dem Fluß Oby und einer eingebildeten Linie, die
von dar bis an die Mündung der Wolga gezogen war. Heut zu Tag aber hat die Tartarey
viel engere Grenzen, indem das nördliche Theil, von dem arabischen Gebürge
ostwerts an, nach einer ehemaligen Stadt Siber, ietzt Tobolskoi benamt, Siberien; und das
südliche Theil Tartaria oder die Tartarey genennet wird.
Ich will zuvörderst von der moscowitischen Tartarey, oder Siberien handeln,
welches sich ostwerts bis an den Fluß Argun oder Amur, oder die See Kamtzchatka
erstrecken soll; [...].«
|P_109
£{Hol-287,29-32}
»Ich werde den ganzen Theil von der moscowitischen Tartarey, die gegen
Osten der Oby, gegen Westen, dem Meer Kamtzchatka, und gegen Norden,
der chinesischen Tartarey lieget, unter dem allgemeinen Namen
Siberiens begreifen, ob schon der nord-westliche Theil öfters
Samojeda, und der nordöstliche Theil das Land der Ostiaken genennet
wird.
Dieses grose Theil der Welt wird heut zu Tage hauptsächlich von
dreyerley Arten Menschen bewohnet, nemlich von Heiden, die diese
Länder von Alters her innen gehabt haben; 2 Von tartarischen
Mahometanern, denen die Russen solches abgenommen haben; und 3 von
Russen, die ietzt Meister davon sind.
Die heidnischen Siberier sind in verschiedene Völker vertheilet,
[...].«
|P_112-113
£{Hol-288,05-09}
»Das Nordtheil von Siberien, bringt weder Getreide noch Früchte
herfür, so, daß alles was bey Norden der 60. Grade liegt, ganz
ungebauet ist, [...]. Das ganze südliche Theil von Siberien ist
ausnehmend fruchtbar, und bedarf nicht wegen desjenigen, was zum
Unterhalt des Lebens nöthig ist, gebauet zu werden. Das Weideland
daselbst ist unvergleichlich. Die Flüsse wimmeln von allerhand
Fischen. Die Bergwerke liefern das ihrige auch. Nemlich nahe bey der
Stadt Argun Silber. Bey Nerzinkooi Kupfer. Die zu Uktus und Kongour an
den Grenzen des Reichs Kosan Eisen, worinnen man bereits beschäftigt
ist. Ganz Siberien ist voll Wild und wilder Thiere, deren Felle gutes
Pelzwerk abgeben.«
|P_116
£{Hol-114,13-15}
»Ich will von den Samojeden und Ostiaken, die das Nordtheil der
moscowitischen Tartarey bewohnen, eine so gute Beschreibung
mittheilen, als ich sie bey den neuern Scribenten antreffen kann. Sie
sind von einer kurzen, untersetzten, niederstämmigen oder krummenden
Gestalt, absonderlich ihre Weiber, die sehr kleine Füßgen haben. Ihre
Farbe ist gelblich oder lohfarb, wie derer in den heissen
Himmelsgegenden. Wie man denn angemerket, daß auserordentliche Hitze
und äuserste Kälte, so wol in diesem, als in andern Stücken, einerley
Würkung haben. Sie haben kleine lange Augen, herausstehende
Backenbeine, breite flache Gesichter, und überhaupt eben kein allzu
annehmlich und liebreizendes Wesen an sich. [...] Die Männer haben
fast gar keinen Bart; daher man sie kaum von den Weibern unterscheiden
kann. Sie tragen rauche Mützen, nebst Unter- und Beinkleidern von
gleichem Gemächt, und fast ganz weisse Halbstiefel; [...]. Der Zwirn,
dessen sie sich bedienen, bestehet aus den Sennen der Thiere.
£{Hol-289,06f.}
Ihre Häuser sind von Stangen und Aesten der Bäume gebauet, und mit
Rinde gedeckt. Sie sind fast in Gestalt eines Bienenstocks, und haben
oben ein Loch, wo der Rauch hinaus ziehet. Denn das ganze Haus
bestehet nur aus einem einzigen Gemach, [...].«
|P_117
£{Hol-289,11-14}
»Sie essen Pferde, Rind, und Schaffleisch, wie auch Wildprät und
Fische, wie es ihnen vorkommt: Meinen aber, es sey alsdenn am
appetitlichsten, wenn es schon fein stark an zu schmecken fänget, und
ziehen die Kaltaunen allen andern Fleisch vor; gebrauchen auch bey
ihrer Mahlzeit weder Brodt noch Reis, noch Salz. [...] Die Samojeden
stellen denen [sc. Renthieren], so wild sind, Netze, und jagen sie im
Winter; haben hölzerne Schlittschuhe an, mit welchen sie mit
ungemeiner Geschwindigkeit auf dem Schnee über Berg und Thal hinweg
laufen; [...].«
|P_120-121
£{Hol-289,15-16} / £{Hol-289,19-20}
»Die Ostiaken sind bey nahe gestalt wie die Russen, aber gemeiniglich
kleiner, und von einer mittelmäsigen Länge. [...] Ihre Speise ist
vornemlich Fisch, Wildpret, wilde Vögel und Wurzeln. Denn sie haben
weder Reis noch Brod. Ihr Getränk bestehet meistens aus frischem
Wasser, und bisweilen trinken sie auch das Blut der Rennthiere, oder
anderer wilden Thiere, die sie fangen. Ja, man berichtet, daß sie mit
einem Schluck Tranöl vorlieb nehmen können. Dem Toback sind sie
unmäßig ergeben. An statt aber den Rauch zum Munde heraus zu blasen,
halten sie ein wenig Wasser im Maul, mit welchem sie den Rauch
hinunter schlucken. [...] Ihre Kleider sind Fischhäute, und vornemlich
die von Stöhren. [...] Ihr Häuser sind der Samojeden ihren, die
bereits beschrieben worden, fast in allen gleich. [...]«
|P_130
£{Hol-291,15-17}
»Die Kamtzchadaleren sind besser von Sitten und Gestalt, als ihre
Nachbarn, die an dem Norden wohnen; Sie gehen auch besser gekleidet,
und haben bessere Kost.«
|P_137
£{Hol-291,21-25}
»Die Tartarn-Vorstadt ist von den andern abgesondert, und von Ziegeln
gebauet, die an der Sonne gedörret sind. Die Tartarn bewohnen sie nur
im Winter. Denn des Sommers schlagen sie ihr Lager nur im freien Feld
auf. [...] Fische gibt es im Ueberfluß. Sie haben eine Art, Beluga
genannt, die zwo Klaftern lang seyn soll. Die delicatesten Fische in
diesem Fluß aber, wo nicht in allen andern, sind nach dem Bericht
einiger Reisenden die Sterleten.«
|P_137-138
£{Hol-289,06-09} [ Nicht die Quelle ]
»In den Gärten um die Stadt sind Weinstöcke und Obstbäume, die Aepfel,
Birnen, Plaumen und Abricosen tragen; [...]. Drey oder vier Wersten
von Astracan ist das Lager der Tartarn. Ihre Zelten, oder vielmehr
Hütten, sind in der Figur eines Bienen_Korbs gemacht. Der Heerd ist in
der Mitte, und oben ein Loch, den Rauch hinaus zu lassen; Des Nachts
aber, wenn das Feuer ausgegangen ist, decken sie es genau zu; da denn
das Zelt so warm, als eine Stube ist.«
|P_138-139
£{Hol-291,25-292,01}
»Monsieur Pousset, den der Czar Petrus_I nach Astracan sandte,
ihre Weinberge und Seiden-Manufacturen in besseres Aufnehmen zu bringen, erzehlet,
daß er Franzwein, oder Stöcke aus Frankreich in dem Königreich Astracan
gepflanzet, die verschiedene Art Wein von eben derselben Farbe und Geruch hervor gebracht,
der aber dieselbe Stärke nicht gehabt, wie der in Frankreich: [...]. Er setzt hinzu,
daß Astracan ein sehr fruchtbares Land seyn würde, wenn es, wie andere Oerter,
mit gnugsamen Regen versehen wäre. Alleine so sähe man, auser etlichen kleinen
Platzregen im Frühling von kurtzer Dauer, von dem Martio an bis in den September
keinen Tropfen Regen; sondern das Land sey wie verbrannt, und nicht vermögend,
Getraide oder Obst hervorzubringen, auser, wo man das Wasser durch Röhren oder
Gräben, aus den Brunnen und Flüssen auf das Land leiten könnte. [...]
Allein ich bemerke, daß der Fluß Wolga gewisser Massen an Statt des Regens
dienet, wie der Nilstrohm. Denn er überschwemmet das anliegende Land im
Frühling, an ieder Seite, auf die 20 bis 30 Meilen, und machet den Grund so
fruchtbar, daß das Gras in einem Monat wol einer Ellen hoch schiesset.«
|P_141
£{Hol-292,01-02}
»Die in diesem Reich sich aufhaltenden nagaischen Tartarn, sind bey
nahe von eben der Gestalt, wie die von Dagestan. Auser, daß sie noch
darzu das heßliche Gesicht voller Runzeln haben, wie ein altes Weib.«
|P_142
£{Hol-292,02-03}
»Sie [die Kosaken am Jaikus [Ural]] werden an der Ostseite von den
Kalmucken der Kasatchia Orde [Horde] und Karakalpaken umgeben, und
haben sich in grosen Dörfern längst dem Ufer des Jaikus in den 50
Graden Norder_Breite, bis zu seiner Ergiessung in das caspische Meer,
ausgebreitet.«
|P_144
£{Hol-292,06-07}
»Ich wende mich nun zur Beschreibung der circassischen Tartarey. Dieses Land
wird gegen Osten von Astracan und dem caspischen Meer begrenzet. In Westen liegt es gegen
den Fluß Don und dem meotischen Meer, und in Norden am schwarzen Meer und
Rußland.« [Gemeint ist das Gebiet zwischen Wolga und Don bzw. dem
Asowschen und Caspischen Meer, südlich davon liegt Dagestan; wie aus der beigegebenen
Karte hervorgeht.]
|P_145
£{Hol-292,07-10}
»[...]; und es fänden sich sehr viele ungemein schöne Weiber unter
ihnen. Von hier demnach, und von dem benachbarten Georgia, werden, wie es scheinet, die
Horame oder Seraglio zu Ispahan und Constantinopel hauptsächlich mit Frauenzimmer
versehen. [...] Es wächst fast alles daselbst von sich selbst. Zum wenigsten
geräth alles, was sie säen, welches gemeiniglich Gerste, Haber und Kümmel
ist, unvergleichlich, wenn sie die Erde nur ein klein wenig aufgewühlet haben,
daß sie die Saat einnehmen kann. (Doch kann ich hier nicht umhin anzumerken,
daß diese Nachricht in Ansehung des Erdreichs, von demjenigen, was andere Reisenden
davon erzehlen, gar sehr unterschieden ist, welche Circaßia gemeiniglich als ein
unfruchtbares Land vorstellen. Da sie aber gleichwol alle darinnen übereinkommen,
daß grose Heerden Vieh daselbst geweidet werden, so muß es nothwendig gute
Gräserey und Weide hervorbringen, und folglich auch genug Getraide, wenn es recht
gebauet wird.«
|P_149
£{Hol-292,10-12}
»Da nun ihre Schönheit und Unschuld der Grund aller dieser gehoften
Herrlichkeit ist; also wird, diese beyde Kleinode unversehrt zu
erhalten, ganz besondere Sorge angewendet.
Die Kinderpocken oder Blattern, die grausamen Feinde der Schönen,
werden daher ihren Kindern, wenn sie vier bis fünf Jahre alt sind,
gemeiniglich entweder durch Inoculation oder Einpfropfung, oder auf
andere Weise, nachdem sie dieselben gehörig dazu vorbereitet haben,
beygebracht; Und vermittelst dieses Kunststückgens kommen sie, wie man
versichert, so leichte durch, daß ihrer Schönheit nicht das geringste
dadurch benommen wird.«
|P_150f.
Nun müssen wir, der Ordnung zu Folge, die wir uns vorgenommen
haben, nach der Beschreibung desjenigen Welttheils, das vormals bey dem
allgemeinen Namen der Tartarey bekannt gewesen, und nun Siberien
genennet wird, nebst den Ländern und Völkern, die unter Moscau
gehören, von dem südlichen Theil desjenigen / Landes handeln,
welches heut zu Tage den Namen der grosen Tartarey führet. Diese wird
nunmehro in Norden von Siberien, in Osten von dem Kamtzchatker
Meerbusen, in Süden von China, dem eigentlichen Indien, Persien, dem
caspischen Meer und dem Jaikus begrenzt.
»Die Völker, so die eigentlichen Wohnplätze derjenigen innen haben,
welche bey besondern Namen ganz Asien, oder den grösten Theil davon,
mehr als einmal überschwemmet haben, werden heut zu Tage durch drey
Namen von einander unterschieden; nemlich der Moungalen, Kalmucken und
Usbekers; darunter die ersten zweie Heiden, und die letzten
Mahometaner sind. Von den ersten, die China zinsbar, oder vielmehr mit
Freundschaft zugethan sind, wird in der Beschreibung solches Reichs
gehandelt; [!]
£{Hol-293,13-14}
Daher wir nun den Zustand der Kalmucken und usbekischen Tartarey
untersuchen wollen. Das Land der Kalmucken, welches in der schönsten
Himmelsgegend der Welt liegt, wird in Norden von Siberien; in Osten
von der Mogul oder moungalschen Tartarey und China; in Süden von
Thibet, Ava, den Ländern des grosen Moguls, und der usbekischen
Tartarey, und in Westen von Turkestan, dem caspischen Meer, nebst dem
Königreich Astracan oder den Kosacken begrenzet; daß sie also ein
Stück Landes einnehmen, das sich 500 teutsche Meilen in die Länge, und
300 in die Breite erstreckt.«
|P_151-152
£{Hol-293,15-16}
»Die Kalmucken sind heidnische Tartarn, und fast die ansehnlichsten
der drey türkischen Völker, die heut zu Tage die grose Tartarey
bewohnen. Gleichwie sie die einzigen Tartarn sind, die heut zu Tage
die alte mogolsche und türkische Sprache annoch unverfälscht reden;
[...]; sie sind, mit einem Wort, die wahren Mogole, und ihre Chan die
rechten Nachfolger in dem mogolischen Reich.
£{Hol-293,11-12}
Was den Namen der Kalmucken oder Kalmacken betrifft, ist solches ein
Zuname, der ihnen von den mahometanischen Tartarn, aus Haß gegen ihre
heidnische Abgötterey gegeben und vermittelst der Russen bey uns
bekannt worden. Sie halten diesen Namen selbst für einen Schimpfnamen,
und meinen, daß ihnen der Titul der Mogoln mit weit besserm Recht, als
ihren Nachbarn, zukomme; [...]. Dieses Volk ist heutiges Tages in drey
Stämme vertheilt, nemlich, 1. die Kalmacken Dsongari; 2. die Kalmacken
Koschoti; und 3. die Kalmacken Torgauti. [...] Die ersten, nemlich die
Kalmacken Dsongari, sind die vornehmsten und mächtigsten, und
bestehen aus einer unzehligen Zahl kleiner Stämme oder
Geschlechter. [...]
£{Hol-293,17-18}
Die Kalmucken Koschoti haben das ganze
Reich Tongut innen, und sind Unterthanen des Dalai Lama, der sie
beständig durch zwey Chan regieret, davon der eine Tibet und der
andere Tangut beherrschet.
Die torgautischen Kalmucken sind die
geringsten unter den Kalmucken, und wohnten vor diesem an den Grenzen
von Turkestan und waren Unterthanen des Kontaisch. [...]
Obschon
diese letzten Stämme alle beide ihre besondern Oberhäupter
haben, so hat doch der Kontaisch gewisser massen eine Herrschaft
über sie, und suchet Hülfe bey ihnen, wenn er gegen China, die
Mongalen und mahometischen Tartarn in Krieg verwickelt ist.«
|P_154
£{Hol-121,15-122,02}
»Die Kalmucken sind kurz und dick, von keinem gar zu annehmlichen Wesen, und
einer Olivenfarbe. Herr Motray in seiner Beschreibung der nogaischen und
kalmuckischen Tartarn meldet, daß sie breite viereckigte Gesichter, kleine und tief
im Kopf liegende Augen, und solche kurze Nasen haben, daß man ein wenig von ferne
denken solte, sie hätten gar keine. Der Baart wächst ihnen struppicht und
dünne, daß man bey nahe die Haare zehlen kann, [...].«
|P_157-158
£{Hol-293,23-25}
»Wir haben des Dalai Lama nur beyläuffig erwehnet, müssen aber
denselben noch etwas genauer beschreiben. Er ist als ihr Pabst oder Hoherpriester, wie
sein Name in der moungalischen Sprache anzeigen soll: da Lama einen Priester, und Dalai
einen weiten Raum und Ocean bedeute. [...] Die Lamae sind grose Vertheidiger der
Seelen_Wanderung. Obschon einige eben nicht meinen, daß sie ihrem Wesen nach,
sondern nur ihrer Würkung nach, in einem andern Leibe hausire.«
|P_159-164 Das XI. Kapitel. Beschreibung des Usbeker Tartarn und
insonderheit des Gros-Bucharien.
£{Hol-292,13-22}
Nun
kommen wir zu dem letzten Theil, nemlich der mahometanisch-gesinnten
Tartarn. Diese bewohnen Turkestan, Charasmie, und GrosBucharien: welche
letztere zween, des Mogols Unterthanen, die Usbeker Tartarn heissen.
Die Usbeker Tartarey stösst in Norden gegen das Land der
Kalmucken; in Osten gegen Tibet; in Süden gegen Indien oder das
mogolsche Reich; und in Westen gegen Persien und das caspische Meer an.
In diesem Strich Landes liegen 3 besondere Provinzen. Davon die
erste Gros-Bucharien genennet wird, und in Norden gegen die Kalmucken;
in Osten gegen Klein-Bucharien; in Süden gegen die Länder des
grosen Mogols und Persien, und in Westen gegen Charasmia lieget, ist wol
150 teutsche Meilen lang und auch bey nahe so breit. Es ist der beste
und volkreichste Theil von der ganzen grosen Tartarey, und wird in drey
Provinzen eingetheilt, davon die eine Maurenner genannt, Samarkand zur
Hauptstadt hat, und das nördliche Theil von Gros-Bucharia
ausmachet. Das andere und mittelste dieser dreyen führet auch den
Namen Gros-Buchariens, und hat Bucharia zur Hauptstadt, die der gantzen
Provinz ihren Namen beyleget; und das dritte, so die Stadt Balk zur
Hauptstadt hat, und den Namen davon führet, machet das südl.
Theil von Gros-Bucharia aus.
|P_160
£{Hol-292,15}
Samarkand, ehemals die Hauptstadt von Timur Bek oder des grosen
Tamerlans, die von ihm mit prächtigen Gebäuden gezieret worden, und
wohin er alle Künstler führte, die er in seinen eroberten Ländern
fande, [...].
Buchara ist die Hauptstadt des Chans von Gros-Bucharien, [...].
|P_161
£{Hol-292,17}
Balk, die Hauptstadt der Provinz dieses Namens, und Hoffstatt eines
Chans der usbekischen Tartarn, [...].
|P_164:
Die vornehmsten Chane oder Fürsten des Landes thun damit gros,
daß sie von dem grosen Tamerlan herstammen, mit welchem Ehrgeiz
sich der Mogol gleichfals kützelt.
|P_165 Das XII. Kapitel / Beschreibet Charasmia und Turkestan
Die übrigen Theile von den mahometanischen Tartarn in der
usbekischen Tartarey auch mitzunehmen, müssen wir noch von
Charasmia und Turkestan handeln.
Das letzte liegt, mit den Staaten des Contaisch Chans, dem ersten
gegen Norden; Maurenner, einer Provinz von Gros-Bucharien, gegen Osten;
Astarabat und Chorasan, zwo Provinzen von Persien, gegen Süden,
wovon es durch den Fluß Amu, oder den vor Alters berühmten
Oxus, und durch grose sandige Wüsteneyen abgesondert ist. Im Westen
wird es von dem caspischen Meere beströhmt. Es liegt zwischen dem
38 und 43 Graden der Breite, und ist, wo es Wasser bekömmt, sehr
fruchtbar.
|P_166
Wir wollen mit Turkestan die Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des grosen
Tartarey beschliessen. Seine Grenzen werden im Norden vom dem Fluß Jamba
beströhmet, indem die Arendsberge, welche da nur in Hügeln bestehen, das
übrige begrenzen. Die Herrschaft des Contaisch, des grosen Chans der Kalmucken
schliessen es an Osten ein; die Provinz Gros-Bucharien in Süden; und das caspische
Meer in Westen. Die gröste Länge desselben ist 70 teutsche Meilen, und die
Breite fast eben so gros.
|P_167
£{Hol-292,23-24}
Die Tartarn, welche ietzt das Land Dagestan bewohnen, sind die heßlichsten unter
allen Tartarn. Sie sind klein, aber grob, und gleichen, auser den Augen, den Kalmucken am
meisten. Ihr Haar ist sehr schwarz und so starr wie Sauborsten, und hängt ihnen herab
bis auf die Schultern.
|P_168
£{Hol-292,24}
Denn die Männer sind allezeit bewaffnet, und thun den ganzen Tag nichts, als
daß sie lauren, ihre Gelegenheit in Acht zu nehmen. Denn ihr gantzes Thun ist fast
nichts als plündern und rauben.
Datum: 11.07.2006 / ... / 02.07.2012 / ... / August 2017 / 16.05.2018 / 10.12.2020