Knopf: Bibliothek Bailly 1778 Knopf

Bailly, Jean Sylvain:
Briefe über den Ursprung der Wissenschaften und der asiatischen Völker [...] an den Herrn von Voltaire. Voran einige Briefe des letzteren an den Verfasser (Leipzig: Weygand 1778)

Exemplar: <12> digital // <4> XX C 38


Adickes 1911, S. 212f. / Ak, XV: 597f.
Glasenapp 1954, S. 26f


S. 3 (1. Satz des Ganzen):
/£{Doe-106,17 ?}
In der Geschichte der Astronomie der Alten [dt: Geschichte der Sternkunde des Alterthums], die im vorigen Jahre herauskaum, redt' ich von einem untergegangenen und vergessenen Volke, durch welches die aller ältesten der bekannten Völker aufgeklärt worden. Ich sagte, das Licht der Wissenschaften und der Philosophie schien sich aus dem nördlichen Theil Asiens verbreitet, oder wenigstens unter dem 50ten Grade nördlicher Breite geleuchtet zu haben, eh' es nach Indien und Chaldäa gekommen. Meine Absicht war nicht, Paradoxien zu behaupten; ich sagte schlechtweg, was die Fakta zu ergeben schienen.

S. 4: Da der Herr von Voltaire einige Schwierigkeiten aufgeworfen, so hab' ich mir die Freyheit genommen, diese Erläuterungen an ihn zu richten; ich habe mir eine Ehre daraus gemacht, vor ihm die Frage zu untersuchen.


S. 9 (von Voltaire; 19. Januar 1776): Aus Scythien, dem Europäischen und Asiatischen, ist nie etwas anders zu uns gekommen, als Tyger, die unsre Lämmer gewürgt; haben. Einige dieser Tyger, es ist wahr, gaben sich ein wenig mit Astronomie ab, wenn sie nichts anders zu thun fanden, nachdem sie den ganzen nördlichen Theil von Indien geplündert hatten. Aber ist es glaublich, daß diese Tyger gleich mit Quadranten und Astrolabien aus ihren Höhlen hervorgegangen? [...] Aber mich dünkt, die nördlichen Indianer, welche zu Kaschemire, gegen den 36ten Grad der Breite, wohnten, könnten wohl im Stande gewesen seyn, diese Entdeckung zu machen.


S. 35-69: Zweyter Brief an den Herrn von Voltaire.

S. 44: Die Vernunft schläft, wenn die Imagination solche Träume ausheckt, aber es ist doch der Schlaf einer aufgeklärten Vernunft.

S. 63: Wir kommen also auf den Schluß, daß die Indier unter sich selbst Fremdlinge sind; mit einem Worte, und um es näher zu geben, daß die Braminen keine Indier sind. Diese gestehen es selbst; sie sagen, die Braminen seyen aus Norden gekommen. Sehen Sie da die Tradition und den Beweiß einer Auswanderung.

S. 164-195: Achter Brief an den Herrn von Voltaire.

S. 173f.:
/£{Kae-242,14}
Man hat mir vor kurzem eine sonderbare Bemerkung des Herrn von Linné mitgetheilt. Er bemerkt, daß verschiedne unsrer Pflanzen und Hülsenfrüchte, die den Alten unbekannt waren, in Sibirien wild wachsen, und in Europa erst seit der Invasion der Gothen, die sie ohne Zweifel zugleich mit ihrere Architektur hineinbrachten, gebauet worden. Der Herr von Linné setzt hinzu, daß nach dem Heinzelmann, der Weizen und die Gerste in der Moskowitischen Tartarey wild wachsen, daß die Einwohner von Sibirien ihr Brodt von Rocken backen, welcher dort von Natur und ohne gesäet zu werden, hervorkomme. / Dieser gelehrte Naturkündiger macht daraus den Schluß, daß vielleicht Siberien das Land seyn könne, von wo aus die Menschen sich nach der Sündfluth in den übrigen Theil der Welt zerstreuet hätten, weil dieses Land das einzige sey, welches die ersten Nahrungsmittel civilisirter Menschen hervorbringe. Bis auf diese Stunde hatte man das wahre Vaterland des Getreides noch nicht gekannt.


Datum: 22.03.2016 / 10.01.2018