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Pallas 1778 [1986] | ![]() |
1986, S. 25 / 1778, S. 9f.:
£{Doe-025,08}
Nach demjenigen, was wir von den schwedischen, schweizerischen und
tirolischen Alpen, von den Apenninen, von den Gebirgen, welche Böhmen umgeben,
vom Kaukasus, von den sibirischen und selbst von den andesischen Gebirgen
wissen, kann man als einen Grundsatz annehmen, daß die höchsten Gebirge der
Erde, welche zusammenhängende Ketten bilden, aus derjenigen Felsart bestehen,
welche man Granit nennt, deren Bestandteile allemal Quarz, mehr oder weniger mit
Feldspat, Mica und kleinen Basalten vermischt sind, die ohne alle Ordnung in
ungleichen Stücken und verschiedenen Verhältnissen zerstreut und gleichsam
zusammengeschmolzen sind.
S. 26 / 1778, S. 10:
Es ist der Granit, welchen man unter den tiefsten Lagen der Berge und im
niedrigen Lande antrifft, wo diese aufgesetzten Lagen durch die Gewalt der
Überschwemmungen weggerissen worden [sind]. Er bildet die großen
Körper oder weitläufigen Scheitelflächen und sozusagen das Herz
der größten Alpen der bekannten Welt, so daß man diese Felsart
höchst wahrscheinlich für den vornehmsten Bestandteil im Innern unserer
Erdkugel annehmen kann.
S. 27 / 1778, S. 12:
Allemal ist es durch allgemeine und beständige
Beobachtungen erwiesen, daß die alte Gebirgsart, welche wir Granit nennen
und welche niemals in Lagen, sondern in ganzen Felsen oder wenigstens
übereinander gehäuften Wacken antrifft, nicht die geringste Spur von
Versteinerungen oder Abdrücken organischer Körper enthält, so
daß sie älter als die ganze belebte Natur zu sein scheint.
S. 29 / 1778, S. 16:
£{Doe-106,20}
Eine längst berühmte Gebirgskette, [...] ist der Ural oder Erdgürtel,
wie er von den Anwohnern aus einer Art von Hochachtung genannt wird. Strahlenberg
hat dieses Gebirge mit Recht für die natürliche Grenze zwischen Europa und Asien
angenommen.
S. 30f. / 1778, S. 22:
Ich muß zuförderst anmerken, daß die Berge unserer
Erdkugel nicht alle in zusammenhängenden, nach verschiedenen Richtungen und wie
Bourguet / will, gemeiniglich in der Richtung der Mittagslinie und des
Äquators rechtwinklig sich durchschneidenden und zusammengeketteten Reihen oder auch
nach Art mit einem gemeinschaftlichen Rücken zusammengefügter Rippen verteilt
sind.
S. 31f. / 1778, S. 23:
£{Pil-345f.} /
Um die größte Höhe von Asien zu finden, ist das sicherste und
gewöhnlichste Mittel, den Lauf der größten Ströme, die sich in
entgegengesetze Meere ergießen, hinaufwärts zu folgen und ihre erste Quellen
aufzusuchen. [...] Dieses [das gewaltige Gebirge nordwärts von Indien] ist also in
Ansehung des ganzen südlichen Asien der höchste Boden: von dort halden alle
südlicheren Gegenden gegen den Wendezirkel und genießen den Einfluß der
heißen Zone durch die Mittagswinde. Von dort gehen die Gebirge aus, welche Persien
gegen / Abend, beide Halbinseln Indiens gegen Süden und China gegen Osten
durchlaufen. In den mittägigen Tälern dieses alten Landes muß man das
erste Vaterland des menschlichen Geschlechts und der weißen(7)
Menschen suchen, die von dort in ganzen Nationen die glücklichen Gegenden von China,
Persien und besonders Indien bevölkert haben, dessen Einwohner nach dem allgemeinen
Geständnis unter allen Nationen die ersten gesitteten waren und wo man vielleicht die
Stammwurzel der ersten Sprachen in Asien und Europa suchen muß. Selbst Tibet, eine
der höchsten Gegenden Asiens, [...], Tibet hat die Verfeinerung seiner Sitten jenen
Lehrern zu verdanken, die aus Indien dahin kamen.
S. 36 / 1778, S. 37:
Wenn man annimmt, daß die allgemeine Meeresfläche vor Alters hoch genug
stand, um die Flözlager des festen Landes, welche wir heutzutage mit Seekörpern
angefüllt finden, zu bedecken: so wird das mittlere Asien eine große von Bergen
umgebene Insel ausgemacht haben, welche eben so viele große Landspitzen und in die
See auslaufende Ketten von Klippen und Eilanden darstellte, als sich Bergreihen von diesem
Mittelpunkte verbreiten.
S. 39f. / 1778, S. 48f.:
Über die Gebirge der zweiten und dritten Ordnung, nämlich die kalkartigen
und die später auf den Kalk gesetzten Sand- / und Mergelflöze innerhalb des
Reichs kann ich etwas bestimmter reden. Aus diesen letzteren, der Beschaffenheit,
Anordnung und dem Inhalt ihrer Schichten sowie aus den großen Ungleichheiten und der
Gestalt des festen Landes von Europa und Asien überhaupt kann man über die mit
den jetzt wohnbaren Ländern vorgegangenen Veränderungen mit mehrerer Zuversicht
folgern.
£{Doe-060,10} / £{Doe-068,13} / £{Doh-077,18}
Diese Gebirge stellen die älteste Chronik unserer Erde dar, welche ebenso
unverfälscht und zugleich leserlicher ist als die undeutlichen Denkmäler der
alten ursprünglichen Gebirge. Es sind die Archive der Natur, die schon vor Erfindung
der Buchstaben und eher als die ältesten Sagen vorhanden waren. Unserem beobachtenden
Jahrhundert war es vorbehalten, sie genauer zu durchforschen, zu erläutern und ans
Licht zu bringen, aber verschiedene Jahrhunderte nach dem unsrigen werden sie nicht
erschöpfen.
S. 46f. / 1778, S. 63ff.:
£{Doe-057',06}
In eben diesen sandigen und oft mit Ton und Mergel vermischten oder abwechselnden
Lagen liegen die Reste großer indianischer Tiere, Knochen von Elephanten, Rhinoceros
und ungeheuren Büffeln, dergleichen bei uns überall in so großer Menge
ausgegraben werden und die Bewunderung der Neugierigen auf sich ziehen. In Sibirien, wo
man fast längst allen Flüssen diese Überbleibsel fremder Tiere und sogar
unbeschädigt erhaltenes Elfenbein in einem solchen Überflusse findet, daß
es beim Handel mit in Betrachtung kommt, in Sibirien sage ich, dienen denselben auch die
obersten oder neuesten Sand- und mergelartigen Erdlagen zum / Begräbnisse, und
nirgends sind diese fremden Denkmäler so häufig als an den Orten, wo das
große Gebirge, welches sich über die ganze südliche Grenze Sibiriens
erstreckt, eine beträchtliche Öffnung darbietet oder niedriger ist. [...] Aber
das Gerippe eines Rhinoceros, welches mit der ganzen Haut, einigen Überbleibseln von
Flechsen, Bändern und Knorpeln in dem gefrornen Boden am Wiljuistrom, der in die Lena
fällt, gefunden [wurde] und dessen wohlerhaltener Kopf nebst einem Fuß von mir
in das Naturalienkabinett der Petersburgischen Akademie der Wissenschaften abgeliefert
worden ist, dient zu einem unwidersprechlichen Beweise, daß nur die heftigste und
plötzlichste Flut diesen toten Körper bis in jenen kalten Himmelstrich
fortzuführen vermocht, ehe noch die Verwesung Zeit hatte, dessen weiche Teile zu
zerstören. Es wäre zu wünschen, daß dereinst ein Beobachter bis in
die Gegenden zwischen den Flüssen Indirka und Kovyma [=Kolyma] kommen könnte, wo
nach dem Berichte der Wildschützen dergleichen Gerippe von Elephanten und andern
riesenmäßigen Tieren, die noch mit ihrer Haut bekleidet sind, nicht so gar
selten anzutreffen sein sollen.
S. 47ff. / 1778, S. 65ff.: [Zusammenfassung]
S. 55 / 1778, S. 86:
Wenn man hingegen alle Mittel und Wirkungen der Natur, wovon uns die Geschichte der
Menschen und am meisten das große Buch der Natur selbst die Denkmäler
aufbehalten hat, als möglich zuläßt und zusammennimmt, so muß man
sich der Wahrscheinlichkeit am meisten nähern. Das ist der einzige Grad an
Vollkommenheit, welche man bei Hypothesen, die nie in die Form eines Beweises gebracht
werden können, erwarten darf.
Datum: 11.03.2011 / ... / 10.02.2016 / 20.06.2018 / 20.08.2018