Die Sprache als spezifisch menschliche Fähigkeit beschäftigt bereits seit langem die Geistes- und Naturwissenschaften. Mit unterschiedlichen Untersuchungsmethoden und Fragestellungen nähern sichForscherinnen und Forscher der Linguistik, Psychologie, Biologie, Kognitions- und Neurowissenschaften dem Phänomen Sprache und der Kommunikationsfähigkeit des Menschen. Im „Forum: Evolution der Sprache“ führen Akademiemitglieder in die Forschungszweige der wissenschaftlichen Sprachforschung ein und diskutieren anschließend die verschiedenen Perspektiven gemeinsam auf einem Podium.
PROGRAMM
Begrüßung
Prof. Dr. Klaus Lucas
Vizepräsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
Kurzbeiträge
„Ha, du bist das Blökende!“ Herder zum Sprachursprung
Prof. Dr. Jürgen Trabant, Professor für Sprachwissenschaften, Jacobs Universität Bremen
Die Berliner Akademie war im 18. und 19. Jahrhundert der wichtigste europäische Ort für die Diskussion des Ursprungs der Sprache. Herder gewinnt einen von der Akademie 1770 ausgeschriebenen Wettbewerb über diese Frage. Schelling stellt 1850 die Frage nach dem Ursprung noch einmal neu und erhält Antworten von Jacob Grimm und Heymann Steinthal. Da die Evolution des Menschen seit dem 18. Jahrhundert keine erheblichen Fortschritte gemacht hat, ist auch in vordarwinschen Zeiten menschlich, also ziemlich intelligent über die Frage von Evolution und Sprache nachgedacht worden.
Husten, Niesen, Sprechen. Zur lautlichen Kommunikation von Tieren
Prof. Dr. Julia Fischer, Professorin für Kognitive Ethologie, Georg-August-Universität Göttingen
Jüngste Ergebnisse zeigen, dass es bei Affen eine fundamentale Trennung zwischen Lautproduktion und Lautverständnis gibt. Die Struktur der Laute ist weitgehend genetisch festgelegt, die Bedeutung der Laute dagegen wird durch Erfahrung gelernt. Bei den (vermeintlichen) grammatischen Strukturen in der Kommunikation von Affen stehen die beobachteten Kombinationen von Lauten fest. Die Zuhörer sind aber in der Lage, unterschiedlichen Kombinationen auch unterschiedliche Bedeutung zuzuweisen. Die Unterschiede der Sprache von Menschen und Tieren scheinen also weitaus größer zu sein als die Gemeinsamkeiten.
Auf das Netzwerk kommt es an. Sprache im Gehirn
Prof. Dr. Angela D. Friederici, Direktorin am Max-Planck-Institut für Kognitions- und
Neurowissenschaften in Leipzig
Die Verarbeitung von Sprache ist ein hochkomplexer Prozess, bei dem verschiedene Teilprozesse aufgerufen und zeitlich koordiniert werden müssen. Bildgebende Verfahren belegen, dass Semantik (Bedeutung), Syntax (Grammatik) und Prosodie (Satzmelodie) von separierbaren neuronalen Netzwerken im Gehirn unterstützt werden. Regionen der linken Hirnhälfte arbeiten bei der Verarbeitung von syntaktischer und semantischer Information zusammen, während die rechte Hirnhälfte vornehmlich für die Verarbeitung prosodischer Information zuständig ist.
Jenseits der Wörter. Was ist eigentlich Sprachfähigkeit?
Prof. Dr. Manfred Bierwisch, Professor für Linguistik, Humboldt-Universität zu Berlin
Die Sprachfähigkeit ist eine phylogenetisch entstandene, gattungsspezifische Eigenschaft des Menschen, die eine biologische, insbesondere neuronale Basis hat. Diese Fähigkeit beruht auf einer ganzen Reihe in der Evolution entstandener Voraussetzungen und Grundlagen komplexer Verhaltenssteuerung. Kombinatorische Symbolsysteme sind notwendige und hinreichende Bedingung, um Gedanken über beliebige Sachverhalte auszudrücken. Die Nutzung und Ausgestaltung der gegebenen Möglichkeiten sind das Medium aller soziokulturellen Entwicklungen.
Podiumsdiskussion, Ab 20 Uhr
Moderation: Volkart Wildermuth, freier Wissenschaftsjournalist
Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.