Bericht
Die unterzeichnete Deputation beehrt sich über die Übergabe der Ergebenheits-Adresse aus dem Angerburger und dem Lötzener Kreise an Seine Majestät den König den Unterzeichnern derselben in Nachstehendem zu berichten:
Nachdem die Deputation sich am 15. Dezember früh morgens in Berlin vereinigt und dem Grafen Lehndorff das Amt des Führers und Sprechers übertragen hatte, begaben sich der Genannte und Kreisrichter von Bergen zu Sr. Exzellenz dem Ministerpräsidenten Herrn von Bismarck, der sie aufs Freundlichste empfing und es durch seine Verwendung bewirkte, dass des Königs Majestät die Deputation schon an demselben Tage Mittags 1 Uhr zu empfangen geruhten. Die Deputation wurde in ein Zimmer des Königlichen Schlosses geführt, in welchem bereits zwei andere versammelt waren; die eine aus Berlin mit einer der unsrigen fast gleichlautenden Adresse, die über 11.000 Unterschriften trug; die andere aus Königsberg in der Neumark mit etwa 2.500 Unterschriften.
Bald nach 1 Uhr erschienen S. M., von einem Flügeladjutanten begleitet, nahmen zuerst die Ansprachen und Adressen der vorgenannten Deputationen entgegen und näherten sich dann den Unterzeichneten. Graf Lehndorff, welcher den Sinn seiner Ansprache vorher der Deputation mitgeteilt und sich des vollen Einverständnisses derselben versichert hatte, richtete nun folgende Worte an Seine Majestät:
„Königliche Majestät!
Treue Untertanen treten heute vor Sie hin aus dem Angerburger und Lötzener Kreis, aus einem entlegenen und armen Land, aber mit reicher Liebe und Treue im Herzen.
Hohe Freude bewegt uns, dass es uns vor tausend anderen, die es auch in dieser Zeit zu Eurer Majestät drängt und zieht, vergönnt wird, vor das Angesicht unseres Königs und Herrn zu treten. Wohl mischt sich in diese Freude eine tiefe Beschämung über die Ereignisse, die es veranlasst haben, dass treue Männer es ihrem Könige erst ausdrücklich aussprechen müssen, wie sie fest an Ihm hängen; doch überwiegt in unseren Herzen die Hoffnung, Eure Königliche Majestät werden es Ihrem Volke nicht anrechnen noch nachtragen, was eine Anzahl von Zeitungen und irregeleiteten Abgeordneten getan und gesprochen.
Königliche Majestät, wir kommen aus einem Land, welches an den Lasten, die die Sicherheit und das Bestehen des Staates erfordern, schwerer zu tragen hat als die meisten anderen, glücklicher gelegenen Landstriche Ihres großen Reiches, aber wir kennen nur ein Gefühl in Bezug auf die von Eurer Königlichen Majestät befohlene Neugestaltung der Armee; die Armee muss so sein, wie es unser König und Kriegsherr für nötig hält, um damit den Feind schlagen und das Ansehen Preußens aufrecht erhalten zu können, damit wir unsere Brüder und Kinder, unser Leben nicht unnütz opfern müssten, wenn einst des Königs Ruf uns gegen den Feind führt.
Königliche Majestät, wir sind heute nur in kleiner Zahl erschienen und nur 1.100
Männer stehen unter der Siehe das Dokument vom November 1862.
[Schließen]Adresse,
die wir Euer Majestät vortragen und überreichen zu dürfen untertänigst bitten;
aber glauben Eure Königliche Majestät darum nicht, dass Untertanentreue und
Vertrauen erloschen oder erkaltet sei in unserem Land, das Ihren hohen Vorfahren
stets ein treues Land gewesen ist. Sorgen Eure Königliche Majestät nur dafür,
dass Ihrem Volk Ihr Allerhöchster Wille durch Ihre Beamten stets treu und
deutlich mitgeteilt wird, dann wird bald unter Tausenden nicht einer sein, der
nicht freudig dem Ruf seines Königs folgt und laut mit uns ruft: Gott segne den
König!‟
Seine Majestät hörten diese Worte mit deutlichem Zeichen huldvollen Einverständnisses an und geruhten, nachdem Pfarrer Borkowski die Adresse vorgelesen und Allerhöchst Demselben übergeben hatte, folgendes zu erwidern:
„Meine Herren! Ich danke Ihnen, dass sie gekommen sind. Was Sie (zu Graf Lehndorff gewendet) gesagt haben, dass es eigentlich betrübend sei, dass ein Teil meines Volkes noch kommen müsse, um Mich seiner Treue zu versichern, ist zwar richtig, aber Ich baue dennoch fest auf die Treue Meines ganzen Volkes. Mein Vertrauen in die alte preußische Treue ist nicht zu erschüttern. Allerdings gibt es Leute, die an dieser Treue rütteln wollen und denen es mitunter gelungen ist, die Ansichten über das, was ich erstrebe, zu verwirren. Jetzt haben sie es aber zu weit getrieben, dass ihre Ziele jedem klar geworden sind, auch demjenigen, der nicht sehen wollte, und ich rechne das für einen Vorteil. Ihre Angriffe sind nicht gegen die Armeeorganisation, sondern gegen die Armee selbst gerichtet; sie wollen überhaupt keine Armee, die hinter dem König als ihrem Kriegsherrn steht, sondern eine Armee, die hinter dem Parlament steht. Das ist die parlamentarische Regierung! Dass es zu dieser nicht kommen soll, das ist mein fester Entschluss, darauf verlassen Sie sich! Mein seliger Bruder hat die Verfassung gegeben, Ich habe sie beschworen und werde sie auch halten. Sie bestimmt eine parlamentarische Gesetzgebung der drei Faktoren, aber sie sagt nichts von einer parlamentarischen Regierung! Diese beiden sehr verschiedenen Attributionen in der Volksauffassung zu verwirren, das ist es, was sich eine gewisse Partei zur Aufgabe gestellt hat, um Glauben zu machen, die Verfassung sei gefährdet.
Es freut mich besonders, dass Sie (zu der Berliner Deputation gewendet) meine Herren aus der Residenz den Entschluss, ja den Mut gehabt haben, zu Mir zu kommen, denn ich muss es mit Betrübnis sagen, dass die Residenz dem Land vielfach ein betrübendes Beispiel gegeben hat, und das hat Mich tief bekümmert und verletzt.
Ich habe es (wieder gegen alle gewendet) denen, die vor Ihnen hier gewesen, gesagt und sage es auch zu Ihnen: Verbreiten Sie meine Ansicht. Sie und Ihre Kommittenten kennen dieselbe, aber verbreiten Sie sie auch in möglichst weiten Kreisen, damit die Wahrheit an den Tag komme; denn Meine Worte, die ich früher gesprochen, sind vielfach falsch wiedergegeben worden. Sorgen Sie dafür, dass dieses nicht auch mit diesen jetzt zu Ihnen gesprochenen Worten geschehe. Und da ich weiß, dass auch diese Deputationen, die heute vor Mir erschienen, nicht unangetastet bleiben werden, so verharren Sie umso fester bei Ihrer Gesinnung, die mich wahrhaft erfreut.‟
Hierauf reichten Seine Majestät dem Sprecher unserer Deputation die Hand, verabschiedeten die übrigen Anwesenden mit einer sehr huldvollen Kopfneigung und verließen das Zimmer. Die Allerhöchsten Worte sind darauf sogleich von den Deputationen aus dem Gedächtnis niedergeschrieben und durch den Herrn Minister des Innern Seiner Majestät vorgelegt worden, und haben Allerhöchst Dieselben geruht, die Aufzeichnung als völlig richtig anzuerkennen.
Es sind der Deputation nachträglich mehrere Bogen mit Unterschriften zur Adresse zugegangen, durch welche die Zahl derselben nicht unbeträchtlich vermehrt worden ist. Diese Bogen sind auf schriftlichem Wege zu den Allerhöchsten Händen befördert worden.
v. Bergen Kreisrichter
Borkowski Pfarrer
Hoffmann Lehrer
Komessa Schulze
Warda Stadtverordnetenvorsteher
Graf Lehndorff - Steinort
Sprecher der Deputation
Zitierhinweis