Memel, den 29. Januar 1739
Hochgeborene Reichsgräfin,gnädigste Frau!
Vermöge Ew. Reichsgräflichen Gnaden unterm 11. huius an uns erlassenen und den 26. dito eingelaufenen Requisitions-Schreiben haben Wir uns dato die Helenam Dorotheam Grabuschin, des hiesigen Fuhrmanns Jansons Ehegattin, vor uns beschieden und dieselbe nach der Ursache ihrer Desertion und was vor Sachen sie dabei mitgenommen, auch ob ihre Mutter von ihrer Flucht Vorwissenschaft gehabt, allen Ernstes befragt.
Selbige fängt bitterlich an zu weinen und beteuert hoch, dass sie nichts als ein
altes Unleserliche Stelle [...]
Leinwand-Schnupftuch, welches der junge Herr
Graf Gerhard vollgeblutet und sie zum
Auswaschen in ihre Tasche gesteckt und vergessen, mitgenommen, und hätte sie die
Schlüssel von den beiden Kästen, worinnen Ihro Gnaden Sachen gelegen, mit dem
Schlüssel von der Stube, alwo die Sachen gestanden, auf den Nachttisch gelegt,
und davon nicht das allergeringste entwendet, wie denn der ganzen Stadt bekannt
sei, dass sie vor 5 Jahren ganz nackend anhero gekommen, und das erste Jahr vor
ihre Kleidung dienen müssen. Die große Ungnade, welche Ihro Gnaden wegen des auf
der Reise von Waldheim nach
Königsberg verloren gegangenen
Mäntelchens auf die geworfen, und die deshalb bereits gelittene und noch zu
erwartende härtere Strafe hätte sie fast zu der Überzeugung gebracht, sich
selbst das Leben zu nehmen, endlich wäre sie, da sie Teewasser zu holen
geschickt, auf den Gedanken gekommen sich zu entfernen, welchen Vorsatz einige
nach Memel Reisende, die ihr ganz unbekannt geblieben, sekundiert, sintemalen
selbige sie vom Landwege durch das Roßgartensche Tor mitgenommen und anhero
gebracht. Ihre Mutter hätte von ihrer Flucht nicht das geringste gewusst und
nachher ihren Aufenthalt von denen Fremden in Königsberg erfahren, worauf sie
ohne ihr Wissen anhero gekommen und wieder abgereist. Ein Erb-Untertan wäre sie
nicht, angesehen ihr Großvater als ein freier Mann vor der Pest in die Güter
gezogen, in der Pest aber zusammt der Großmutter gestorben und drei Söhne
hinterlassen, welche die damalige Herrschaft an sich genommen Siehe hierzu die umfangreiche Überliferung zur
Familie Grabus in den Lehndorffschen Gütern: http://www.datenbank-nord-masuren.besaweb.de.
[Schließen]und ihren Vater die Kochkunst lernen lassen, der
nachhero ihre Mutter, die gleichfalls ein freier Mensch gewesen und als
Kammermädchen daselbst gedient, geheiratet.
Weilen uns nun diese Umstände unbekannt sein, auch kein Unleserliche Stelle [...] der entwendeten Sachen beigelegt, so haben darinnen nichts verfügen können, sondern es ist die Jansonin dimittiert mit dem Befehl, sich des Briefwechsels mit ihrer in den Gütern lebenden Mutter, Geschwister und Bekannten bis zum Austrag der Sache bei namhafter Strafe gänzlich zu enthalten.
Ew. Reichsgräfl. Gnaden fernerweite Befehle hierüber sind wir allergehorsamst gewärtig und werden nicht ermangeln, gefundenen Umständen nach die erforderte Rechtspflege unserer Obliegenheit nach zu leisten.
Die wir mit tiefschuldigstem Respekt allstets verharrenEw. Reichsgräflichen Gnaden untertänigst gehorsamste Diener Bürgermeister und Rat
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