Betrifft den bei der Bank der Ostpreußischen Landschaft in Königsberg liegenden gräflich Lehndorffschen Inventarienfonds
I.
Der Fonds beträgt heute noch 39.000 Mark. Er setzt sich zusammen aus:
- a) Erlös des in Klein Steinort an den Pächter verkauften Inventars 27.500 M
- b) Erlös des bei Kittlitz
an den Pächter verkauften Inventars 11.500 M
Davon nimmt Herr Graf Lehndorff für sich als Allod in Anspruch:- a) von der Klein-Steinorter Masse einen Teil von 15.500 M
- b) von der Kittlitzer Masse einen Teil von 5.500 M
zusammen 21.000 M.
- a) von den deponierten 39.000 M werden Herrn Grafen Lehndorff 10.500 M als Gegenwert für das von ihm in Kittlitz beschaffte Inventar ausgehändigt,
- b) von den verbleibenden 28.500 M sollen ausdrücklich anerkannt werden:
- 1. als Klein Steinorter Inventarmasse 12.000 M
- 2. als Lababer Inventarmasse 16.500 M
28.500 M.
- c) Herr Graf Lehndorff will anerkennen, dass die 12.000 und 16.500 Mark Fideikommisskapital sind und dass von dem Kittlitzer Inventar, welches mit den 10.500 Mark angeschafft ist, ein Teil im Werte von 6.000 Mark Fideikommisssubstanz darstellt. Bezüglich der restlichen 4.500 Mark will er sich verpflichten, jeweils ein Superinventar in dieser Höhe zu erhalten.
- d) Die Klein Steinorter Inventarmasse von 12.000 Mark und die Lababer Inventarmasse von 16.500 Mark sollen bei der Bank der Landschaft getrennt verwaltet und die Zinsen jeweils dem Fideikommissbesitzer direkt überwiesen werden.
II.
Das Königliche Oberlandesgericht hat am 10. Januar 1913 gegen diesen Vorschlag Bedenken erhoben. Es will nicht jede Inventarmasse für sich behandeln, sondern prüfen, ob die hinterlegte Gesamt-Inventarmasse dazu ausreicht, den Rückkauf des Inventars in Höhe der stiftungsmäßigen Minimalwerte zu gewährleisten. Es will deshalb die stiftungsmäßigen Mittelwerte für Labab, Klein Steinort und Stawisken mit 16.500 Mark, 12.000 Mark und 9.000 Mark, zusammen 37.500 Mark, in Abzug bringen. Es will aber weiter prüfen, ob noch fernere Vorwerke unter der Bedingung des Verkaufs des Inventars verpachtet sind.
III.
Meines Ermessens ist es nicht gerechtfertigt, die noch deponierten 39.000 Mark in dieser Weise zu behandeln. Wir haben die Herkunft der 39.000 Mark ziffernmäßig nachgewiesen. Sie stammen lediglich aus den Transaktionen auf Klein Steinort, Kittlitz, Groß Steinort und Labab, haben also mit den übrigen Gütern nichts zu tun. Es steht fest, dass dem Grafen von der jetzigen Masse ein Teil des Allod zusteht, und wir halten die Fideikommissbehörde nicht für berechtigt, diesen Teil zu sperren, um damit die stiftungsmäßigen Minimal-Inventarwerte zu konstituieren.
IV.
Wir stehen überhaupt auf dem Standpunkt, dass es nicht Pflicht des jetzigen Fideikommissbesitzers ist, die gesamte stiftungsmäßige Inventarmasse auf einmal zu beschaffen. Soweit er die Fideikommissgüter mit Inventar übernommen hat, oder soweit die von den Pächtern für das Inventar gezahlten Kaufpreise in seine Hände geflossen sind, muss er natürlich für die Minimalwerte aufkommen. Soweit bei seinem Besitzantritt aber die Güter ohne Inventar waren, ist es unbillig von ihm zu verlangen, dass er die ganze in der Stiftungsurkunde festgesetzte Summe auf einmal beschafft. Es handelt sich dabei ja um große Beträge, nämlich insgesamt um 159.000 Mark.
Vgl. LASA, StA L,
Bestand 21950 FA Lehndorff, Nr. 339: Inventarium des Allodial-Nachlasses
des am 28.Oktober 1883 verstorbenen Grafen Carl Meinhard von
Lehndorff.
[Schließen]Nach Artikel 5 der Stiftungsurkunde ist bei dem Tod des Vorbesitzers
und Stifters nur dasjenige lebende und tote Inventar
Fideikommissbestandteil geworden, welches dem Stifter bei seinem Tode
als Allod gehörte. War also kein Inventar da, dann konnte den
jetzigen Fideikommissbesitzer auch keine Verpflichtung treffen, das vorhandene
Inventar zu konfirmieren. Nimmt man aber die Verpflichtung an, dass er
unabhängig davon, ob er Inventar übernommen hat oder nicht, die Minimalbeträge
aufbringen muss, dann kann dies vernünftigerweise doch nur nach und nach
geschehen, denn sonst würde ein vermögensloser Fideikommissnachfolger dadurch,
dass er am Tage nach seinem Besitzantritt auf einmal so große Summen aufbringen
muss, durch die Besitznachfolge ruiniert werden.
Aus diesem Gesichtspunkt haben wir bereits früher vorgeschlagen, halbjährlich 750.- Mark dem Königlichen Oberlandesgericht zur Verfügung zu stellen, damit daraus die fehlenden Minimalbeträge aufgesammelt werden können. Die Finanzverhältnisse des jetzigen Besitzers sind auch nicht derart, dass er die große Summe auf einmal beschaffen kann. Die Deutsche Bank, an die gesamten Pachten fließen, hat bereits heute die aus der anliegenden Zusammenstellung ersichtlichen regelmäßigen Zahlungen zu leisten. Es sind im Jahre 59.505.13 Mark.
Das Königliche Oberlandesgericht wird auch nicht verkennen, dass der jetzige Fideikommissbesitzer seit Aufhebung der Zwangsverwaltung die Verhältnisse des Fideikommisses erheblich gefördert hat. Auch aus diesem Gesichtspunkt erscheint es billig, sich mit ihm über eine allmähliche Aufbringung des Inventarienfonds zu verständigen. Es ist anzunehmen, dass die beiden nächsten volljährigen Anwärter ihre ausdrückliche Zustimmung dazu erteilen werden, dass unser Vorschlag vom 9. Dezember 1912 angenommen wird, wenn sich der jetzige Fideikommissbesitzer verpflichtet, fortan jeweils am 1. Juli und 1. Januar eines jeden Jahres 750,- Mark an die Bank der Ostpreußischen Landschaft zur Verfügung der Fideikommissbehörde zu zahlen.
Berlin, den 23. Januar 1913
SiebertRechtsanwalt
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