Stettin, 22. Oktober 1760
Ich antworte erst heute auf Ihren Brief vom 29. September. Sie müssen sich
darüber nicht wundern, da wir 12 Tage keine Post erhalten haben und die
vorgestrige die erste ist, zwischen dem 11. und 13. Oktober
[Schließen]seitdem die Russen und Österreicher Berlin verlassen haben. Vgl. Schmidt-Lötzen, Nachträge, Bd. 1, S. 271
ff.
[Schließen]Sie werden durch die Berichte, welche ans
Ministerium geschickt sind, und durch Privatbriefe alles erfahren haben,
was dort während der Anwesenheit unserer Feinde geschah; dieses Unglück war für die Hauptstadt sehr groß, doch
haben wir Grund, Gott zu danken, dass sie uns nicht soviel Böses getan haben,
als in ihrer Macht gestanden hätte. Ich bin glücklich genug gewesen, nichts zu
verlieren, aber zum Lachen brachte es mich, dass die Russen selbst die beiden
Pferde mit sich genommen haben, die mein Bruder zum Gebrauche der Hofdame der Gemahlin des Prinzen Heinrich
[Schließen]Gräfin Dönhoff
zurückgelassen hat. Die Schweden sind bis nach Anklam zurückgewichen, und ich berechne,
dass sie an 2.000 Mann an Toten, Verwundeten und Gefangenen verloren haben. Aber
wozu führt uns das? Unsere Feinde, die in so großer Zahl sind, werden uns
langsam zu Tode martern. Ich stelle tausend Reflexionen über die gegenwärtige
Lage unserer Angelegenheiten an, die ich nicht niederzuschreiben wage.
Wenn die Gelegenheit sich bietet, sprechen Sie bitte der Königin mein lebhaftes Bedauern wegen der Verluste aus, die sie in Schönhausen erlitten hat; ich kann Ihnen sagen, dass ich davon lebhaft berührt bin, da dieser Ort ihre einzige Freude ausmachte, ihren einzigen Trost. Editorische Auslassung [...] Teilen Sie mir mit, ob die Hochzeit von Fräulein Keyserlingk stattgefunden hat; ich bezweifle, dass Fräulein von Forcade den Bruder des Bräutigams der ersteren heiraten wird.
Truppen des Herzogs Karl Eugen von Württemberg
[Schließen]Die Württemberger haben meine Besitzungen ruiniert, sie haben alle Pferde, alles Rindvieh
und die ganze Ernte des Jahres mitgenommen; kurz, ich glaube, dass es
gegenwärtig nicht einen Untertanen des Königs in irgendeiner Provinz gibt,
dessen Finanzen durch diesen Krieg nicht stark zerrüttet sind. Editorische Auslassung [...]
Ich weiß aus sehr guter Quelle, dass mein Bruder sich hat von Breslau nach Glogau transportieren lassen, seine Gesundheit ist immer noch
gestört. Editorische Auslassung [...]
Ich erwarte, dass die Russen sich völlig
nach Polen zurückgezogen haben, so dass sie nicht nach Berlin zurückkehren werden; deshalb bin ich
überzeugt, dass man den Spätherbst und Winter in aller Sicherheit dort wird
bleiben können. Editorische Auslassung [...]
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