Dresden, 26. Juli 1946

Die in Schloss Kriebstein eingelagerten Kunstgüter aus dem Besitz des Grafen Lehndorff wurden von der Besatzungsmacht – Osorbtorg – für Reparationen in Anspruch genommen. Leider sind dabei trotz des erhobenen Einspruchs auch der Gobelin und der Teppich einbezogen worden, die zur Einrichtung des Schlosses Kriebstein gehörten. Man wird sich leider damit abfinden müssen.

Der Befehl Nr. 177 der SMA sieht u. a. auch die baldige Wiedereröffnung von Museen vor, die im Laufe der Bodenreform Privatpersonen abgenommen worden sind.  Vgl. LASA, StA L, Bestand 20232 Kreistag Döbeln, Nr. 1315, Bl. 6 und 8. Demnach war bereits im September 1946 die Nutzung als Kreismuseum beschlossen worden. Am 14. September 1946 wurde das Landratsamt Döbeln mit der „Sicherstellung des Inventars, besonders der Sicherstellung der etwa vorhandenen künstlerischen Werte und der Bibliothek“ und der „Aufstellung des gesamten Inventars der Wertobjekte und des Bücherbestandes“ durch die Landesverwaltung Sachsen, Referat Verwaltung der sächsischen Schlösser beauftragt.
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Dieses darf auch auf Schloss Kriebstein bezogen werden, welches vor dem Krieg stets als Sehenswürdigkeit gezeigt und sehr stark besucht worden ist.
Auch jetzt bietet das Schloss an baulichen Werten und Einrichtungsgegenständen – die evtl. durch solche aus anderen Schlössern zu ergänzen wären – noch viel Sehenswertes dar, dass sich die Wiederingangsetzung des Führungsbetriebes lohnt. Durch die Nachbarschaft der Talsperre und die Nähe großer Industrieorte mit zahlreicher Bevölkerung – Chemnitz, Döbeln, Mittweida – ist ein reger Besuch gewährleistet. Die kalten und unwohnlichen Räume der Burg gestatten zudem keine andere Verwendung. Die Erträgnisse der Führungen, der Mietertrag der vier ins Schloss verlegten Arbeiterwohnungen und bei Bedarf Zubussen aus den Forsteinnahmen dürften die bauliche Instandhaltung des Schlosses vollauf ermöglichen. Der Ort Kriebstein, der durch die Demontage des Niethammerwerkes vor größten Schwierigkeiten steht, dürfte an den sich aus dem Fremdenverkehr ergebenden wirtschaftlichen Möglichkeiten ebenfalls stark interessiert sein.

Da erhebliche wirtschaftliche und kulturelle Gründe für die Wiederinstandsetzung der Schlossbesichtigungen sprechen, denen sich das Landratsamt kaum verschließen dürfte, bitte ich, sich möglichst umgehend bei der Abteilung Bodenreform dafür einzusetzen, nachdem bereits ein entsprechender Antrag für Kriebstein und andere Schlösser vor einigen Tagen von hier aus gestellt worden ist. Des Weiteren wäre bei der Kommandantur Waldheim die Freigabe des Schlosses zu erbitten, sobald die für Reparationszwecke beschlagnahmten Güter abtransportiert worden sind.

Für die Wiedereinrichtung des Schlosses, die Vorbereitung der Führungen usw. stelle ich meine Beratung gern zur Verfügung.

Der Landesmuseumspfleger
gez. Dr. Hentschel

Verteiler

  • 1. Herrn Landrat Kränkel
  • 2. Herrn Manneberg m. d. Bitte um Bearbeitung
  • 3. dem Amt für Bodenordnung m. d. Bitte um Bearbeitung
  • 4. Herrn Schuster (NA) z. K.

Zitierhinweis

Walter Hentschel an das Landratsamt Döbeln. Dresden, 26. Juli 1946. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_zhm_12w_h1b