Tagebucheintrag von Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff. Berlin, 1. August 1758

D: Giebel, Wieland (Hrsg.), Die Tagebücher des Grafen Lehndorff. Die geheimen Aufzeichnungen des Kammerherrn der Königin Elisabeth Christine, Berlin 2007, S. 434

Metadaten und Anmerkungen

Autor

Lehndorff, Ernst Ahasverus Heinrich Graf von

Datum

01.08.1758

Schreibort

Berlin

Anmerkung zum Dokument

In Magdeburg im Dezember 1757 hatte Lehndorff Gelegenheit, „einem Vorschlag näher zu treten, den man mir in Bezug auf meine Verheiratung macht. Die Dame ist ein junges Fräulein v. Haeseler, das einen netten Charakter zu haben scheint und später einmal sehr reich sein wird. Man sagt mir allgemein, ich werde nicht leicht Zutritt in dieses Haus bekommen. Die Mutter sei sehr eigenartig und halte ihre Kinder in strenger Zurückgezogenheit. Ich gehe also daran, das Wagnis zu unternehmen, und ich glaube, es gelingt mir. Die Mutter scheint an mir Gefallen zu finden, und man erzählt mir wieder, die Tochter habe erklärt, sie wolle niemand anders als mich heiraten. Man empfängt meine Besuche und setzt mir dabei immer alten Rheinwein vor, was mir sehr lästig wird. Man hält hier noch an dem alten Brauche fest, jedem Besucher Wein anzubieten, und es wäre eine Beleidigung für den Wirt oder die Wirtin, wenn man ihn ausschlagen wollte. - Ich suche daher das Unbehagen, das ich dabei habe, möglichst zu verbergen, und besuche die Mutter öfters, wobei ich von Zeit zur Zeit auch die Tochter zu sehen bekommen. Der Befehl des Königs, dass wir nach Berlin zurückkehren, kommt mir persönlich sehr ungelegen, da mein Heiratsprojekt dadurch gestört wird. Kurz entschlossen halte ich bei Frau v. Haeseler um die Hand ihrer Tochter an. Sie sagt weder ja noch nein, neigt aber stark zum ersteren. Am Tag vor unserer Abreise lädt sie mich dann zum Souper ein, und die Sache ist so gut wie abgemacht. Wolle es Gott, dass sie zu meiner Zufriedenheit ausfällt!” Vgl. Schmidt-Lötzen, Nachträge, Bd. 1, S. 139 f. - Die Verlobung hielt Lehndorff nicht davon ab, eine Beziehung zu einer jungen Hofdame der Königin einzugehen, die den ganzen Sommer andauerte, vgl. ebd., S. 179. - Während des Aufenthaltes in Magdeburg im August wurde der Ehevertrag unterzeichnet (vgl. Dokument vom 10. August 1758). Lehndorff befürchtete, „den schwierigsten Stand” bei seiner Schwiegermutter zu haben, „da sie eine böse Frau ist und keine Bildung besitzt”. Seine Braut würde die schlechten Manieren ihrer Mutter lebhaft empfinden. Mit „2.000 Talern in der Tasche” reiste er ab, um am 1. Dezember 1758 zum Besuch der Braut und der „unausstehlichen Schwiegermutter” zurückzukehren. - Am 11. Dezember traf er in Berlin ein und erhielt die Nachricht vom Tod seines Bruders. „Meine Mutter macht bei dieser Gelegenheit den Versuch, mich von meiner Heirat abzubringen, aber ich weiß zu gut, was sich für einen Mann von Ehre ziemt. Ich treffe meine Vorbereitungen, indem ich unter anderem das Haus des Generals von Königsmarck miete”, vgl. Giebel, Tagebücher, S. 436.

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Heiratskreise

Editorische Auslassung [...] Auf der Er hatte die Mutter der Königin, die Schönhausen besucht hatte, nach Braunschweig begleitet.
[Schließen]Rückreise verlobe ich mich in Magdeburg mit Fräulein v. Haeseler und komme Am 11. Dezember. Hier erhält er die Nachricht vom Tod seines Bruders, vgl. Giebel, Tagebücher, S. 436.
[Schließen]Ende des Monats in Berlin an. Sie war Mitte Juni nach Berlin gekommen. Lehndorff schreibt: „Ich hätte nie gedacht, sie jemals in Berlin zu sehen, nachdem sie 60 Jahre in Preußen gelebt hat; aber der Krieg macht alles möglich.“ Er bemühte sich, ihr den Aufenthalt angenehm zu machen und ihr Bekanntschaften zu verschaffen.
[Schließen]Meine Mutter empfängt mich recht kühl, und ich fühle deutlich, dass sie mit meiner Heirat nicht zufrieden ist. Die schrecklichen Nachrichten über die Zerstörung Küstrins und die Verwüstung der Umgegend durch die Russen betrüben uns sehr. Editorische Auslassung [...]

Zitierhinweis

Tagebucheintrag von Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff. Berlin, 1. August 1758. In: Lebenswelten, Erfahrungsräume und politische Horizonte der ostpreußischen Adelsfamilie Lehndorff vom 18. bis in das 20. Jahrhundert. Bearbeitet von Gaby Huch. Herausgegeben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 2019. URL: lebenswelten-lehndorff.bbaw.de/lehndorff_wtz_d2c_pdb

Lebenswelten Lehndorff

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