Heft 28: Die Bilder Herlinde Koelbls porträtieren die Hände von Schriftstellern – sie lenken den Blick auf jenen Ort, an dem sich die Idee materialisiert. Der plötzliche Einfall ebenso wie zermürbende Grübelei drängen vom Kopf zur Hand. In den Bildern der Dichterhände kristallisiert sich das Warten des Poeten auf den Musenkuss vor dem weißen Blatt oder dem leeren Bildschirm: Gezeigt werden die diversen Strategien, den Kairos des inspirierten Gedankens beim Schopf zu packen und in Schrift zu bannen. In dieser Situation reagieren und agieren die einzelnen Autoren höchst unterschiedlich: Der eine greift zum Füller, die andere ertastet zunächst vorsichtig ein Sprachbild in einer Skizze. Oder sie will geschwind den Gedankenfluss über die Tastatur einfangen, um dem flüchtigen Einfall Dauer zu verleihen. Der manuelle und maschinelle literarische Produktionsprozess wird in seiner Vielfalt und Unterschiedlichkeit auf eindrucksvolle Weise sichtbar. Hand und Handwerkszeug des Schriftstellers verraten ein ganz individuelles Verhältnis des Autors zu seinem Produktionsmittel. Auch wenn die wenigsten Literaten noch mit Füller oder Stift das Profil der eigenen Handschrift zu Papier bringen – Schreibmaschine und Computer haben die Schriftzeichen entindividualisiert und genormt –, so bewahren die Hände gleichwohl ihre eigene unverwechselbare Physiognomie. | |