11. Heft - Aleida Assmann: KARRIERE - EHE - KINDER,EINE UNMÖGLICHE TRIAS? Schauplatz ist der Harvard Faculty Club, ein Fünf-Sterne-Nobelrestaurant mit riesigem Blumenbouquet im Eingang und wertvollen europäischen Ölgemälden an den Wänden. Wer hier tafelt, hat ihren Weg in die akademische High Society gefunden. An unserem Tisch sitzen drei Professorinnen und zwei Professoren, darunter zwei Ehepaare. Das Gespräch konzentriert sich auf weibliche akademische Lebenswege. Wir Frauen, die mehr oder weniger einer Generation angehören, beginnen Erfahrungen auszutauschen. Meine Kolleginnen haben eine Tochter bzw. zwei Söhne. Sie wollen von mir wissen, wie ein akademisches Leben mit fünf Kindern möglich ist. Ich beginne mit meinen Standarderklärungen: Fünf Kinder sind in mancher Hinsicht einfacher zu haben als eins, sie bilden ein (beinahe) sich selbst regulierendes System etc. Ich muss freilich zugeben, dass ich die Universität verließ, als sich mit der Ankunft von Zwillingen unsere Kinderzahl von zwei auf vier verdoppelte und eine zwölfjährige Phase des Privatlebens für mich folgte. Was meine Situation enorm erleichtert hat, so füge ich hinzu, war, dass ich von Anfang an auf eine Karriere verzichtet, genauer: überhaupt keine angestrebt habe. Auf eine Stelle hatte ich es nie abgesehen.
Das unterschied mich offensichtlich von meinen amerikanischen Kolleginnen. Als sie in den siebziger und frühen achtziger Jahren ihre Kinder bekamen, ging es ihnen darum, als Frauen in die Männerwelt der Universitäten einzudringen und diese durch ihre Anwesenheit von innen zu verändern. Ihr persönlicher Ehrgeiz verband sich mit einer wichtigen historischen Mission. Diese weibliche akademische Pioniergeneration fühlte sich verpflichtet, persönliche Bedürfnisse zurückzustellen, um Frauen den Weg in die männliche Festung Universität zu ebnen. Auf ihrer Prioritätenliste stand deshalb die akademische Karriere an erster Stelle; die Werte Ehe und Familie folgten in zweiter und dritter (bzw. dritter und zweiter) Position. Und eine meiner Kolleginnen fügt hinzu: Karriere, Ehe und Familie ist eine unmögliche Trias. Man kann, wenn es hochkommt, zwei dieser Ziele verwirklichen, alle drei auf einmal sind nicht zu haben. Wer auf Karriere baut und in einer stabilen Partnerbeziehung lebt, verzichtet auf Kinder; wer Kinder und Karriere hat, lebt in Scheidung oder neuen Bindungen. Weibliche Karrieren spalten Familien und Partnerschaften, sie üben einen zu unerbittlichen Druck auf diese fragilen Gebilde aus.
In diesem Gespräch wurde mir nachträglich klar, was ich mir/uns mit meinem Verzicht auf Karriere erspart hatte. Anders als meine amerikanischen Kolleginnen schied ich mit meiner Promotion zufrieden aus der Hochschule aus. Es gab ja bereits ein Gehalt in der Familie, warum sollte ich meinen männlichen Kollegen ihre lebensnotwendigen Stellen streitig machen? Für meine rückständigen Ansichten besaß ich ein positives Vorbild: Meine Mutter hatte - was damals noch außergewöhnlich war - Ende der 1920er Jahre ihren Doktor gemacht und einen Beruf ausgeübt, den sie allerdings mit ihrer Heirat aufgab. Sie hatte freilich das Glück, nicht vollständig von der Akademikerin zur Hausfrau mutieren zu müssen, da sie durch Lektüre und Gespräch mit ihrem Mann dessen Forschung und Lehre verbunden blieb. Sehr viel später, als die fünf Kinder aus dem Haus waren und die Kräfte meines Vaters zu schwinden begannen, stieg sie umso aktiver in dieses geistige Leben wieder ein; sie übte bei bestimmten Gelegenheiten ihren Beruf als Pfarrerin wieder aus, hielt Vorträge und schrieb an den Manuskripten ihres Mannes mit. Trotz anstrengendem und forderndem Familienleben hat sie ihr geistiges Engagement nie ganz aufgeben müssen. Dieses Vorbild war für mich sicherlich prägend; zum einen was die Bereitschaft anging, keine eigene Karriere anzustreben, und zum anderen im Hinblick auf die Entwicklung von Techniken, mit denen Wissenschaft auf kleiner Flamme weitergetrieben werden konnte. So habe ich es auf meine Weise erfahren und praktiziert: Beim Stillen kann man lesen, im Kinderzimmer kann man schreiben. Das muss keine Abwendung vom Hier und Jetzt bedeuten, es kann auch eine Kraftressource sein, die vor der Überwältigung durch das Hier und Jetzt schützt. Das klingt sehr idyllisch, was es natürlich nicht ist. Ich möchte hier die Probleme, die sich für eine wissenschaftliche Hausfrau ergeben, keineswegs beschönigen. Sie liegen unweigerlich auf den beiden Ebenen der mangelnden äußeren Anerkennung und der mangelnden inneren Herausforderung. Zunächst zum ersten Punkt. Wer in der Wissenschaft keine Stelle hat und also auch keine Institution hinter seinen Namen schreiben kann, ist keine vollwertige Person. Sie ist wie ein Mensch ohne Nachnamen, anonym und unvollständig. Die wissenschaftliche Arbeit, die nicht durch eine Stelle und ein Gehalt sanktioniert ist, hat den Charakter einer Null, der die vorangehende Zahl fehlt. "Like a cipher, / Yet standing in rich place, I multiply", heißt es in Shakespeares Winters Tale. Die Null ohne die Eins einer Institution vervielfältigt nichts, sie bleibt unscheinbar. Bis ich eines Besseren belehrt wurde, pflegte ich auf die Frage, welches meine institutionelle Anbindung sei, zu antworten: "I'm not institutionalized", was meine Gesprächspartner stets mit einer gewissen Erleichterung aufnahmen. Es bedeutet nämlich: Ich sitze nicht in einer geschlossenen Anstalt. Die Institution ist das, was wissenschaftliche Arbeit autorisiert und ihr zur Sichtbarkeit verhilft. Das habe ich am eigenen Leibe erfahren. Solange ich noch viel Zeit hatte und meine Aufsätze gründlich durch- und ausarbeiten konnte, waren sie nicht publizierbar. Es bedurfte allergrößter Mühe, sie irgendwo zum Druck unterzubringen. Sobald ich eine Stelle hatte, standen mir die Publikationsorgane offen; es entstand sogar ein Publikationsdruck von außen, der leider dazu führte, dass ich für die Komposition eines Textes nur noch einen Bruchteil meiner ursprünglichen Sorgfalt aufbringen konnte.
Die Statusprobleme einer wissenschaftlichen Hausfrau werden noch übertroffen durch das Problem ihrer geistigen Isolation. Während man wenig gegen das erste Problem tun kann, kann man sehr viel gegen das zweite unternehmen. Hier eröffnet sich ein ganzes Feld möglicher Kooperationen und Vernetzungsstrategien, von denen ich nur unsere eigene Lösung vorstellen möchte. Jan Assmanns und meine Antwort auf das Problem der geistigen Isolation war die Gründung eines wissenschaftlichen Arbeitskreises. Wir hatten beide ein strukturell ähnliches Problem: Seine geistige Isolation war die eines in seine Zunft eingesperrten Ägyptologen, der am geschlossenen Horizont seines kleinen Faches litt und auf Möglichkeiten sann, es in größere Gesprächszusammenhänge einzugliedern. Mit der Gründung unseres Arbeitskreises verallgemeinerten wir gewissermaßen unsere eigene, innerfamiliäre interdisziplinäre Gesprächsform, die eine Brücke schlug zwischen alten Kulturen und neuster Theoriebildung. In dieses unser Dauergespräch luden wir Freunde und Kolleginnen aus anderen Disziplinen ein und trafen uns im Rhythmus von zwei Jahren zu einer gemeinsamen Tagung. Für jede dieser inzwischen 16 Tagungen, an denen etwa 20 Kolleginnen teilnahmen und die meist an außeruniversitären Orten stattfanden, stellten wir Anträge auf Finanzierung an private Stiftungen (keines dieser Treffen wurde von der DFG finanziert); Finanzierungsantrag, Tagungsorganisation und Edition der Bände lagen zu einem großen Teil in meinen Händen. Der vorläufig letzte, zehnte Band ist im Februar 2003 unter dem Titel Hieroglyphen. Spuren einer anderen abendländischen Grammatologie im Fink Verlag erschienen. Der Arbeitskreis, der sich 1979 zum ersten Mal am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZIF) in Bielefeld traf, brachte im Laufe seiner Existenz Vertreter aus allen Fächern der Geisteswissenschaften zusammen: neben Litera-
tur-, Kunst-, Musik- und Filmwissenschaft verschiedene 'Kultur'-Wissenschaften im engeren Sinne wie zum Beispiel Ägyptologie, Assyriologie, Sinologie, Islamwissenschaft und Ethnologie, sowie Religionswissenschaft, Theologie, Judaistik und eher theoretisch orientierte Fächer wie Philosophie, Linguistik und Soziologie. Unser Projekt, geboren aus dem Wunsch nach Überwindung geistiger Isolation und der Bemühung um Verallgemeinerung unseres innerfamiliären Brückenschlags zwischen Ägyptologie und neuzeitlicher Literaturwissenschaft, zielte auf eine Entschränkung der eurozentrischen Perspektive in Raum und Zeit und mündete, wie wir nachträglich feststellen können, in ein genuin kulturwissenschaftliches Projekt avant la lettre. Von einer kulturwissenschaftlichen Option war in den siebziger Jahren noch nicht die Rede. Der umständliche Name unseres Kreises lautet noch immer 'Archäologie der literarischen Kommunikation'; 'Archäologie' stand dabei für die Frage nach Ursprüngen, Anfängen und Vorstufen von Literatur, für das Interesse an dem, was ihr voraus- und zugrunde liegt, was sie hervorbringt und ermöglicht. So wie der Kunsthistoriker Hans Belting eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst vorgelegt hat, ging es unserer Archäologie der literarischen Kommunikation um eine 'Geschichte des Textes vor dem Zeitalter der Literatur' sowie darum, solche 'vorliterarischen' Zeitalter und Nebenlinien in die Betrachtung gegenwärtiger Kulturphänomene einzubeziehen. Den Begriff Literatur verwendeten wir im weitesten Sinne von 'schriftlicher Überlieferung' und lasen auch die neueren literarischen Texte nicht ausschließlich in ihrer Ausdifferenziertheit und Einzigartigkeit (man denke an die in den siebziger Jahren zentralen Stichworte Fiktionalität oder Ästhetizität), sondern in ihrer Eingebundenheit in den Gesamtprozess kultureller Sinnproduktion. Literatur in diesem weiten Sinne wird gleichbedeutend mit Schrift und Schriftkultur: Schrift in der Fülle ihrer gesellschaftlichen Einbettungen, verstanden als ein Medium des kulturellen Lebens, der Produktion, Speicherung, Überlieferung und Kommunikation von Sinn. Die beiden ersten Tagungen von 1979 und 1980 waren dem Thema 'Mündlichkeit und Schriftlichkeit' gewidmet; aus ihnen ging der 1983 publizierte Band Schrift und Gedächtnis hervor. Von neuen Ansätzen in der klassischen Philologie und den Kommunikationswissenschaften ausgehend, markiert er die Position einer medienorientierten Kulturwissenschaft. Die zentrale These dieser Orientierung lautet: Kulturen sind durch die Kapazität ihrer Medien, das heißt ihrer Aufzeichnungs-, Speicherungs- und Übertragungstechnologien definiert. Mit dieser These rücken Dinge wie Schriftsysteme und -institutionen, Kommunikationsformen, Transmissionskanäle von Nachrichten sowie die Speicherungstechniken von Wissen in den Mittelpunkt wissenschaftlicher Aufmerksamkeit. Für solche Fragen, mit denen wir damals nicht allein standen, gab es mindestens drei Anknüpfungspunkte: die Schule von Toronto und ihre harte Technikgeschichte der Kommunikation (Havelock, Innis, MacLuhan), die kulturanthropologische und entwicklungssoziologische Erforschung der 'Folgen der Schriftlichkeit' (Goody, Watt, Ong) sowie die französische poststrukturalistische Schriftphilosophie (Foucault, Lacan, Derrida). Dieses neue Paradigma wollten wir sowohl von den Höhen der reinen Theoriebildung herunterholen als auch aus der Abgeschlossenheit fachinterner Debatten herauslösen und zu einem Projekt historischer und interdisziplinärer Forschung machen. Was uns vorschwebte, war eine neue, ethnologisch, anthropologisch, religionsgeschichtlich und archäologisch informierte Literaturwissenschaft. Die ursprüngliche Textorientierung, die im Titel unseres Arbeitskreises 'Archäologie der literarischen Kommunikation' noch deutlich markiert ist, wurde im Laufe der Tagungen zwar nicht abgeschafft, aber doch etwas relativiert. Ebenso wurde die ursprünglich bestimmende Frage nach textueller Überlieferung als Rückgrat kultureller Traditionsbildung allmählich integriert in die allgemeinere Frage nach dem kulturellen Gedächtnis, in dessen Kontext schriftliche und sprachliche Überlieferung nur einen, wenn auch privilegierten Strang neben anderen Symbolsystemen und kulturellen Praktiken darstellen. Sosehr wir uns diesen anderen Kommunikations- und Gedächtnismedien öffnen, so wenig können und wollen wir in unserer Arbeit unsere eigene philologische Orientierung, die sich an Texte hält, verleugnen. Hier bestehen bestimmte Grenzen unserer Perspektive, die wir uns durch den Kontakt mit anderen Zugangsweisen bewusst erhalten. Die Archäologie der literarischen Kommunikation ist keine Methode, sondern ein Forschungsrahmen mit einer jeweils wechselnden thematischen Perspektive, wie zum Beispiel Kanon und Zensur, Text und Kommentar, Weisheit, Einsamkeit, Geheimnis. Solche Themen können von keiner einzelnen Disziplin aus auch nur annähernd bearbeitet werden. Der Ertrag unseres Arbeitskreises ergab sich aus einem spezifischen interdisziplinären Ethos, das an die Teilnehmerinnen einen doppelten Anspruch stellte: einerseits keine Konzessionen an die Solidität und Fundiertheit ihrer einzelwissenschaftlichen, aus Originalquellen erarbeiteten Forschung zu machen und sich andererseits um begriffliche Transparenz und eine verständliche Sprache zu bemühen. Das ist nicht leicht und gelingt auch nicht immer. Denn gelungene Interdisziplinarität vollzieht sich nur als ein langfristiger Lernprozess, der ohne persönliche Vertrautheit und gegenseitige Anerkennung nicht auskommt. Man muss die Geduld aufbringen, auf die anderen zu hören, und die Anstrengung machen, nach außen zu kommunizieren. Der interdisziplinäre Arbeitskreis, unsere Anti-Isolations-Strategie, hat zwei Probleme gelöst: das der akademischen Isolation eines kleinen Faches wie der Ägyptologie und das der geistigen Isolation einer wissenschaftlichen Hausfrau ohne institutionelle Anbindung. Mir hat es nicht nur sehr viel produktive Arbeit beschert, sondern auch die Herausforderung, meine Gedanken und Texte regelmäßig vor einem hochkarätigen Publikum vorzutragen, das mich enorm angeregt, belehrt, gefördert, kritisiert und gelegentlich auch verrissen hat. Das Binnenklima unserer heimischen Dialoge haben wir auf diese Weise regelmäßig durch das Außenklima einer interdisziplinären Expertenrunde ergänzt. Wie kommt man nach zwölf Jahren zurück ins akademische Geschäft? Wie gelingt der Sprung vom Privatleben zurück in die Institution? In meinem Fall heißt die Antwort: durch das Drängeln von Freunden und Kolleginnen, die mich daran erinnerten, dass die Habilitation fällig sei, und mich darin bestärkten, diese Hürde zu nehmen. Dass ich mich auf den Lehrstuhl, auf den ich 1993 berufen wurde, zunächst nicht einmal beworben hatte, zeigt nicht nur, als wie unrealistisch ich mein universitäres Comeback damals einschätzte, sondern auch eine tiefer sitzende Hemmung, diesen Schritt überhaupt ernsthaft ins Auge zu fassen. Meinem inneren Widerstreben stand der gute Rat und das ermunternde Wort von Freunden (einschließlich des Ehemanns) gegenüber. Als es plötzlich so weit war, war der Sprung zurück an die Universität ein mittlerer Kulturschock. Das Fach, das ich lehren sollte (englische Literatur und Literaturtheorie), hatte sich während der zwölf Jahre meiner Abwesenheit bis zur Unkenntlichkeit verändert. Was ich gelernt hatte und gut beherrschte, war aus dem Curriculum herausgefallen und neuen Methoden gewichen. Autoren wie John Milton und T. S. Eliot waren out, Ezra Pound war mega-out. Mir ging es wie Rip van Winkle in der Erzählung von Nathaniel Hawthorne, der sich in einer Höhle in den Catskill Mountains zu einem Mittagsschlaf niederlegte und nach 30 Jahren wieder aufwachte. Als er in sein Dorf zurückkehrte, erkannte er die Welt nicht mehr. Der Unabhängigkeitskrieg hatte stattgefunden, Amerika sich aus einer Kolonie in ein freies Land verwandelt. Im universitären Milieu entsprach diesem politischen Wandel ein Paradigmenwechsel von Alteuropa zur Postmoderne, vom männlichen Kanon zu weiblichen Autorinnen, von der weißen Kultur zu den ethnischen Minderheiten und nicht zuletzt vom New Criticism zur Deconstruction.
Dass ich nicht schmerzhaft hart gelandet bin in der neuen akademischen Welt, habe ich einer von Sigrid Weigel im Kulturwissenschaftlichen Institut in Essen geleiteten Arbeitsgruppe von sieben brillanten Frauen zu verdanken. Das Pensum, das ich dort lernte, hat mich einigermaßen auf Augenhöhe mit den anspruchsvollen Konstanzer Studentinnen gebracht. Meine eigenen Themen, die ich in Gesprächen unseres Arbeitskreises entwickelt hatte, fanden dagegen in der Universität keinen Platz. Um sie weiter betreiben zu können, war eine gewisse Identitätsspaltung angezeigt. Von montags bis mittwochs war ich Literaturwissenschaftlerin im Rahmen des geforderten Curriculums und der obligatorischen Methoden, von donnerstags bis samstags arbeitete ich an Gedächtnisthemen und hielt Vorträge im nicht-anglistisch-außeruniversitären Milieu. Es hat sieben bis acht Jahre gedauert, bis dieses innere Schisma durchlässig wurde und ich feststellte, dass meine externen Interessen auch bei meinen Kollegen und Studierenden auf fruchtbaren Boden stießen. Seither ist die Arbeit nicht weniger geworden, aber die Bedingungen haben sich wesentlich verbessert. Gibt es Rezepte für wissenschaftliche Hausfrauen? Folgende Erfahrungen lassen sich vielleicht weitergeben: Es lohnt sich, auch unter suboptimalen Bedingungen weiterzuarbeiten; schon eine Viertelstunde ist kostbar, und manche Ideen kommen einem im Softfokus beim Bügeln oder in der Sandkiste. Es lohnt sich, einen Kreis zu bilden, in dem die eigenen Gedanken diskutiert und kritisiert werden können, und darüber hinaus ein Netzwerk aufzubauen mit (inter-)nationalen Kontakten, was im Zeitalter des Internets sicher einfacher geworden ist. Es lohnt sich, unabhängig vom Diktat der jeweiligen M(eth)ode die eigenen Interessen hartnäckig zu verfolgen, dabei aber auch nach außen zu hören und durch Teilnahme an den Forschungen von Nachbardisziplinen das eigene Spektrum zu verbreitern. Das sind Dinge, die man selbst in der Hand hat, für anderes kann man nur dankbar sein. Deshalb schließe ich diesen kleinen Bericht mit der Liste einiger meiner Schutzengel, die mir über Schwellen hinweggeholfen haben: Renate Lachmann, Walter Haug, Hubert Cancik, Renate von Heydebrandt, Hans-Ulrich Gumbrecht, Karl Ludwig Pfeiffer, Michael Cahn, Wolfgang Iser, Jörn Rüsen, Hans Jauss, Wolfgang Frühwald, Jay Winter.
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