Heft 13: REDUKTION, KORRELATION UND DAS GANZE Einführung Reduktion von Komplexität - durch Modelle, Formeln, Ausschnitte oder auch Bilder und Metaphern - sind bewährte Methoden der Wissenschaft, und jede Disziplin hat ihre spezifischen Instrumente entwickelt, die innerhalb des Fachs die Verständigung erleichtern. Manchmal sind diese Kürzel so selbstverständlich, dass über die Differenz zwischen der komplexen Wirklichkeit und den Instrumenten der Wissenschaftler kaum mehr nachgedacht wird.
Vor allem durch die Hirnforschung und die Sequenzierung des Genoms sind in den letzten Jahren neue Fragen nach Zusammenhängen zwischen den - in verschiedenen Fächern thematisierten - biologischen, sozialen, kulturellen 'Faktoren' angestoßen worden. Hinzu kommen von 'außen', als zunehmend bedrängende Probleme, die alltäglichen, mit 'unwägbaren Risiken' verbundenen Abhängigkeiten von Technologien, die auf komplizierten wissenschaftlichen Erkenntnissen aufbauen und für Laien nicht verständlich sind, kommt der Druck, zum Beispiel beim Umgang mit Stammzellen die Grenzen der Forschung politisch regulieren zu müssen, oder die Bedeutung wirtschaftlicher Verwertung von Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung. Und für Forschung wie für Laien zunehmend 'komplexer' wird die Wirklichkeit dank der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten, die durch immense Rechnerkapazitäten aufscheinen. Interdisziplinäre Arbeitsgruppen, neue kombinierte Fächer, politisch induzierte Beobachtung und Bewertung und nicht zuletzt Wissenschaftsforschung als reflektierende Begleitung dieser Prozesse setzen sich theoretisch und praktisch mit den Fragen nach Zusammenhängen zwischen lange Zeit mehr und weniger scharf getrennten Bereichen auseinander. Wo es, selten genug, zu Kooperationen kommt, entdecken Natur- und Geisteswissenschaftler, dass sie - auch in ihren Unsicherheiten - vielleicht gar nicht so weit voneinander entfernt sind, wie es die Glaubenskriege des vorigen Jahrhunderts (Science Wars) suggerierten. Theoretische, aber auch mentale Gräben trennen derzeit vor allem jene (Forscher wie Laien), die meinen, man könne - zum Beispiel mittels Komplexitätsforschung, durch das Sammeln aller relevanten Indikatoren, mit Hilfe schärferer Begrifflichkeit, genauerer Instrumente oder umfassender Theorien - den großen Zusammenhang erkennen, von denen, die daran zweifeln oder gar darauf bestehen, wir müssten lernen, mit Unsicherheit und Nichtwissen umzugehen. | |