Heft 16 - Frederik Poppe und Stephanie Zeiler: REICH AN IDEEN

Wissenschaftliche Institutionen und Innovationen in Westafrika
 

Jenseits von Kitsch und Katastrophe hat Afrika viele Gesichter, die sich bei einem Besuch des Kontinents schnell entdecken lassen. Auffällig ist vor allem der ausgeprägte Ideenreichtum, mit dem die Menschen ihrem Schicksal trotzen. Ihre Alltagslösungen sind kein Ergebnis langjähriger wissenschaftlicher Forschung. Aber sie sind es, die einem aus westeuropäischer Perspektive besonders imponieren.

Auch diese Fotoserie basiert nicht auf langjährigen Studien zu Westafrika. Vielmehr präsentiert sie die Seitenblicke des Berliner Künstlers Frederik Poppe und der Journalistin Stephanie Zeiler auf Orte, an denen ihnen während einer Rundreise "Wissenschaft" zufällig begegnet ist. Dabei zeigt sich, dass sich die Fotos in zwei Themenfelder unterteilen lassen: wissenschaftliche Institutionen und Innovationen - beide häufig durch Europa beeinflusst.

Piktogramme in Kumasi/Ghana

 

Wissenschaftliche Institutionen nach europäischem Vorbild

Rund 16.000 Studenten besuchen die Kwame Nkrumah University of Science and Technology in Kumasi, der zweitgrößten Stadt Ghanas. Mehr als zwei Drittel sind Männer.

Malis einziger Hepatologe: Dr. Djimé B. Sangoré hat fünf Jahre in Frankreich und sieben Jahre in Deutschland studiert. Heute leitet er eine Privatklinik in Bamako - aufgebaut mit finanzieller Unterstützung zweier deutscher Universitätsprofessoren und technischer Ausstattung eines deutschen Automobilherstellers.

Vor sieben Jahren haben Beniner, Franzosen und ICCROM, das Internationale Zentrum zum Erhalt von Kulturerbe, das Kulturinstitut École du Patrimoine Africain in Porto-Novo gegründet. Ziel ist der Erhalt der westafrikanischen Geschichte sowie die Ausbildung von Museumsfachpersonal und Restauratoren.

Verstaubtes Wissen: Vor den Fenstern der Hauptbibliothek der University of Ghana, der größten Universität des Landes, stapeln sich Kisten und Bücher - und verwittern.

Mangel an Gerüststangen: Im Senegal werden Schalungen von Stahlbetonbauten durch Holzkonstruktionen abgestützt. Die Bauart stammt aus der Kolonialzeit.
 

 

Innovationen in Westafrika

Gewichtiger Eingriff: In Burkina Faso stapeln Reisende ihr Gepäck auf den Dächern der Überlandbusse. Damit die Fahrzeuge der Last standhalten, schweißen die Burkinabe zusätzliche Stahlstangen ein.

Mobile Telefonzelle: Bis zum Anschluss eines Festnetzes können in Ghana Monate vergehen. Öffentliche Telefone laufen daher längst per Satellitenempfang.

Verstecktes Nachtlager: Ein Beniner hat unter seinem Lkw eine Pritsche angebunden. Von dort kann er sein Fahrzeug gut bewachen und hat einen bequemen Schlafplatz.

In Benin sind westliche Tankstellen rar. Clevere Geschäftsleute füllen daher Behälter an den günstigeren Zapfsäulen im Nachbarland Nigeria ab und verkaufen es daheim weiter.

Bauen ohne Baumarkt: Wenn Werkzeug fehlt, recyceln Malier altes Material. Kronkorken eigenen sich zum Beispiel hervorragend als Unterlegscheiben für Nägel beim Bau eines Palmendaches.

Sprayen ist trendy. Die bunten Stoffe in Benin sind heute statt mit traditionellen Mustern oft mit westlichen Waren bedruckt. Vom Insektenspray bis zum Hammer findet alles einen Abnehmer.

Die Not macht viele Afrikaner erfinderisch. Umgekehrt passt sich aber auch schon die westeuropäische Werbeindustrie den regionalen Begebenheiten auf dem Kontinent an. Denn so lange sich die Menschen mit kleinen Ästen die Zähne putzen, findet Zahncreme im Senegal kaum einen Absatz. Ein europäischer Zahnpastahersteller wirbt daher nun mit einer Paste, in der er diese kleinen Äste verarbeitet hat.