Peterskirchen, den 21. März 1991
Sehr geehrte Frau Oleschinski,Ihren Brief vom 6.3. (GDW/Arb.Gr. Pof. Steinbach) will ich gerne so gut als möglich
beantworten. Meine Verhaftung und Einweisung in das Gefängnis Torgau steht - meiner Ansicht nach -
lediglich mit dem Ort Graditz in
Verbindung. Dort lebte mein Vater.
Vgl. das Tagebuch Münchausens vom Mai 1944 und Vollmer,
Doppelleben.
[Schließen]Unsere drei Töchter im Alter von 7, 5 und 1 1/2
Jahren hatten wir Mitte Juli 44 dorthin geschickt, da die Russen schon
sehr nahe an der ostpreußischen Grenze waren. Nach der Verhaftung meines Mannes am 21. Juli 44 in Steinort und meiner sogenannten Kreisverweisung am 23. Juli 44,
ebenfalls in Steinort, begab ich mich zu meinen Kindern nach Graditz Siehe das Dokument vom 30. August 1944.
[Schließen]. Wir wurden Anfang August in Sippenhaft genommen.
Zuerst die Kinde an einem mir nicht bekannten Ort. Am folgenden Tag
brachte mich die Gestapo in das Torgauer Gefängnis.
Es war ein massiver Altbau, von dem ich mich nur an den dunklen, langen
Eingangsflur und an meine Zelle erinnern kann. Ich war in Einzelhaft und mit
Sicherheit der einzige politische Häftling. Die Zelle im ersten Stock war klein
und dunkel. In ihr war eine Pritsche mit zwei Strohsäcken, ein Stuhl, ein Tisch,
Klo, Wasserschüssel mit Kanne. Hochgelegen war ein kleines vergittertes Fenster.
Die Inhaftierung dauerte bis zur Geburt meiner 4. Tochter am 15.8.44. Nach ca. 1
Woche kam ich für ca. 6-8 Wochen mit meiner gerade geborenen Tochter in ein
Straflager an der Unstrut. Ich glaube, dass dieses Lager in der Nähe von
Halle war.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben wenigstens etwas gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen Ihre Gottliebe Grfn LehndorffZitierhinweis