Lager vor Königgrätz, 20. Juli 1758
Editorische Auslassung [...]
Ich bin Ihnen von Herzen dankbar, lieber Graf, für
den Anteil, den Sie an dem lebhaften Schmerz nehmen, welchen mir der Er war am 12. Juni 1758 verstorben, vgl. Giebel,
Tagebücher, S. 426 ff.
[Schließen]Tod meines Bruders, des Prinzen von Preußen, verursacht. Sie entwerfen in Ihrem
Briefe eine ausgezeichnete Charakteristik der guten, ausgezeichneten und
seltenen Eigenschaften, die er besaß. Weshalb muss ein Mann von so gutem
Charakter seine Tage im blühendsten Alter enden? Ich finde darin, ich gestehe
es, eine Art Ungerechtigkeit. Ich bedaure diesen lieben Bruder, ich beweine
seinen Tod und bin untröstlich über diesen großen Verlust. Die Stelle Ihres
Briefes, in der Sie berichten, dass mein Bruder zu Ihnen in
Dresden am 2. August 1757
[Schließen]am Tage seiner Abreise nach Oranienburg sagte: „Das war des Ferdinand
seine Kommission, mich einzuschläfern‟, und die Freude, die, wie Sie schreiben,
meine Briefe ihm bereitet haben, alles das hat mich einen Strom von Tränen
vergießen lassen. Indem ich diesen Bruder verliere, verliere ich alles Teuerste,
was ich besaß; ich gestehe, dass ich mich an die Idee nicht gewöhnen kann, dass
er nicht mehr ist, sie erscheint mir schrecklich, und alles, was die Vernunft
mir sagen kann, reicht nicht aus, um mir als Trost zu dienen. Ich werde die
Leere nicht los, die mich unaufhörlich an die guten und glücklichen Zeiten
erinnert, die ich mit diesem lieben und wahrhaft verehrungswürdigen Bruder
verbracht habe. Dahin für mich jede Freude, jede Befriedigung, denn die größte,
die ich hatte, sie ist dahin. Es wird bald ein Jahr her sein, seit ich ihn zum
letzten Male sah, es war 1757. August Wilhelm hatte sich nach der
Katastrophe zunächst nach Dresden begeben.
[Schließen]am 2. August, als das
Armeekorps des Marschalls Keith, bei
dem ich mich befand, durch Dresden
zog, um sich nach der Lausitz zu
begeben. Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr er mich an jenem Tage mit
Freundschaft und Zärtlichkeit überhäufte; er schien mit aller denkbaren
Festigkeit den Kummer zu ertragen, der ihn niederdrückte und dem ich seinen Tod
zuschreibe. Ich hatte noch die Freude bei ihm zu bleiben, bis er zu Bett
gegangen und eingeschlafen war; ach, wer hätte gesagt, dass ich ihn verließ, um
ihn niemals wiederzusehen! Kurz, ich kann Sie wahrheitsgemäß versichern, dass
ich mich nicht entsinne, während meines ganzen Lebens einen heftigeren,
empfindlicheren Kummer gehabt zu haben; ich werde dem Gedächtnis meines Bruders,
den ich geliebt, verehrt und geachtet habe, dauernd ein Anfang
der 1790er Jahre errichtete der Prinz auf einem Hügel am Grienericksee
gegenüber von Schloss Rheinsberg einen Obelisk zu Ehren seines Bruders.
Die Vorderfront trägt ein Reliefporträt des Prinzen und die Inschrift: À
L'ÉTERNELLE MÉMOIRE D'AUGUSTE WILHELM PRINCE DE PRUSSE, SECOND FILS DU
ROI FRÉDÉRIC GUILLAUME. Zu dessen feierlicher Einweihung vgl. das
Dokument vom 13. Juni 1792.
[Schließen]trauerndes Angedenken bewahren.
Die Einzelheiten, die Sie mir über Ihre Ankunft in Oranienburg berichten, der traurige und schreckliche Anblick,
den Sie gehabt haben, werden Sie erschreckt und Ihren Schmerz vermehrt haben.
Ich war erschüttert, als ich all dies erfuhr, umso mehr, als ich nicht ahnte,
dass ein so kostbares Leben in Gefahr wäre. Am 18. Juni kam ein Feldjäger im
Generalquartier Schmirsitz an, in dem
Augenblicke, wo der König sich von der
Tafel erhoben hatte; ich fragte ihn, von wo er käme, aber ohne etwas zu erwidern
brachte er dem König seine Briefe, der sogleich hinausging, um sein Pferd zu
besteigen; ich sehe ein schwarzes Siegel und wie nun eine lange Unterhaltung mit
dem Feldjäger beginnt; als der König fort geritten war, fragte ich den Jäger,
was er gebracht hätte, da übergab er mir den Brief wahrscheinlich
der Markgräfin Sophie Dorothea von Schwedt
[Schließen]meiner Schwester Denken Sie sich meinen Kummer,
meine Niedergeschlagenheit und Traurigkeit, als ich diese traurige,
schreckliche, unerwartete Nachricht erhielt! Die Generale mussten den König
begleiten, um mehr aus der Nähe die Bildung des Terrains zu erkennen, aber ich
besaß nicht die Kraft dazu, und ich begab mich in mein Quartier, um meinem
Schmerz freien Lauf zu lassen. Weshalb muss ich aufgespart werden, um ein so
großes Unglück zu überleben? Ich finde darin, das gestehe ich, eine Art
Ungerechtigkeit!
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