Tagebucheinträge von Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff. Mitte Juli
bis Oktober 1780
Mitte Juli befindet sich Lehndorff in Planungen für eine Reise nach Kurland. Er möchte die Keyserlingks besuchen und den Prinzen von Preußen dort treffen, der sie
besuchen will. Am 24. Juli reist er über Engelstein ab und besucht auf dem Weg zahlreiche ihm aus
früherer Zeit bekannte Familien und deren Güter, was er ausführlich schildert.
Am 7. August erreicht er Mitau, wo
er mit den Keyserlingks zusammentrifft. Hier lebe der Adel sehr
glücklich, frei und ungezwungen. Bei allem, was die Leute tun, zeigt sich
ihre offene und ehrliche Gesinnung. Da ihre Zahl sehr groß ist, so herrscht
in Mitau viel Leben und Geselligkeit. Der Herzog [von Kurland] hat eine
schöne Residenz, meiner Ansicht nach baut er aber zu viel
Landhäuser. - Da der Prinz erst später eintreffen wird, macht
Lehndorff einen Abstecher nach Riga.
Auch auf diesem Weg macht er Besuche, schildert die Personen und ihre Güter,
besucht Sehenswürdigkeiten. Zur Ankunft des Prinzen am 25. August in Frauenburg ist er zurück und nimmt an den
Feierlichkeiten des kurländischen Adels teil. Ende August macht er
Abschiedsbesuche, u. a. beim Herzog von
Kurland, den seine Höflinge noch nie in so vortrefflicher
Stimmung gesehen hätten, wie Lehndorff vermerkt, damit seine Kinder
später daraus ersehen können, wie gut es ist, sich Mühe zu geben, um die
verschiedenen Personen, mit denen man zusammenkommt, zu unterhalten und zu
fesseln. Ende August beginnt die Rückreise, die Lehndorff über
Libau führt, dass sich
zur reichen Handelsstadt, und zwar auf unsere Kosten,
entwickelt infolge unserer verkehrten Maßnahmen. Wir legen auf alles
Mögliche einen Zoll und erklären es für Konterbande, während man hier gerade
mit allem, was bei uns verpönt ist, einen schwunghaften Handel treibt.
Allein der Artikel Kaffee bringt ungeheure Summen. Hier trifft
Lehndorff von Korff, der ihn mit
zahlreichen Kaufleuten bekannt macht. Auf der Weiterreise kommt er durch
Szamaiten und Litauen und erreicht am 15. September
Steinort. Ende September begibt
er sich nach Königsberg, wo der Prinz
von Preußen erwartet wird. - Nach dem Besuch erfährt er, dass die für den
Prinzen veranstalteten zahlreichen Feierlichkeiten dem König missfallen hätten;
er hätte an den Präsidenten geschrieben, dass diese ungeleckten Bären
besser getan hätten, ihre eigenen Geschäfte zu besorgen.