Roth124. Heft, Herbst 2010:
WISSENSCHAFTSRITUALE
 

Unser alltägliches Leben wird von Ritualen bestimmt: Taufe und Heirat, Jubiläen und Geburtstage, Beerdigungszeremonien, medizinische, juristische und militärische Abläufe ebenso wie Sportveranstaltungen sind heute weitgehend ritualisiert. Und die Wissenschaft? Im Akademischen erfreuen sich die Talare nicht mehr jener Beliebtheit, die sie ehedem erfuhren, als dieses Gewand eine Haltung repräsentierte, mit der Universitäten und Akademien selbstbewusst auf ihre Tradition und auf den Zusammenhang von Riten und Meriten verwiesen. Gleichwohl deutet sich an, dass auch der Wissenschaftsbetrieb zunehmend die Rituale wiederentdeckt: Universitäten pflegen immer häufiger ihre Erstsemester zeremoniell zu begrüßen, und auch Studienabschlüsse werden verstärkt mit offiziellen Feierlichkeiten gewürdigt. Und ebenso wächst die Zahl der wiederkehrenden wissenschaftlichen ›Events‹, der Wissenschaftsjubiläen und der Wissenschaftsjahre. Ob Rituale in den Wissenschaften ›passen‹ oder wie sie hier passen könnten – nach Antworten auf diese Fragen sucht das vorliegende Heft aus unterschiedlichsten Blickwinkeln.

Mit Bildern von Tim Otto Roth

 

INHALT
 

DOKUMENTATION

Die Macht der Rituale | Artikel lesen
Einführung und Dokumentation

 

DOSSIER

Wissenschaft, Ritual und Initiation | Artikel lesen
Karl-Heinz Kohl untersucht den Zusammenhang.

Evaluation als akademisches Ritual
Axel Michaels spricht aus der Opferperspektive.

Rituale in der Forschung?
Manfred Bierwisch sucht nach Antworten.

Gremien-Rituale
Frauke Hamann und Frank Nullmeier untersuchen eine beliebte Form kollektiver Entscheidungsfindung.

 

RÜCKBLICKE

Die wollen doch nur spielen
Jürgen Kaube beobachtet den Rückzug des Streits aus den Wissenschaften.

Soziale Magie
Barbara Stollberg-Rilinger blickt zurück auf Promotionen in der Frühen Neuzeit.

Von der Verborgenheit der Edelsteine
Johannes Seidlmayer begibt sich ins Alte Ägypten.

 

BLICK NACH DRAUSSEN

Ein Fetisch in London
Warren Breckman schreibt über Jeremy Benthams unsterbliche Präsenz.

Die Kuppel und der Degen
Etienne François widmet sich akademischen Riten in Frankreich.

»Grüß Gott, Herr Kardinal«
Andrea Roedig beschäftigt sich mit Österreich, das die Titel liebt (zumindest vordergründig).

Die Verweigerung der rituellen Erlösung des Gelehrten
Rudolf G. Wagner berichtet aus China.

 

ZWISCHENRUF

Wir haben abgeschrieben!
Rainer Maria Kiesow macht sich aus juristischer Perspektive Gedanken zum Plagiat.

 

INNENANSICHTEN

Meine Talare
Dieter Simon berichtet von ihrem Schicksal.

Dank der Wissenschaft
Rüdiger Zill interessiert sich für wissenschaftliche Danksagungen.

An die Kette gelegt
Christoph Markschies schreibt über seine Erfahrungen mit Berliner akademischen Ritualen.

Cap and Gown
Jürgen Trabant plädiert für akademische Riten.

 

SEITENBLICKE

Bürokratie-Rituale
Elke Hentschel ärgert sich.

Das Wissen des ›Meisters‹
Almut-Barbara Renger hat es sich näher angeschaut.

Jung, erfolgreich, exzellent – aber nur auf den ersten Blick
Carsten Hucho warnt vor Quantifizierungsritualen.

Homo philologus
Ein Nachruf von Hans Richard Brittnacher

 

IM GESPRÄCH

Wozu Rituale?
Michael Oppitz im Gespräch mit Wolfert von Rahden