Es sei „sehr zweckmäßig, daß das Eis des Hofzeremoniells zuweilen aufthaut“. Mit diesen Worten beschrieb die vielgelesene Illustrirte Zeitung aus Leipzig vom 16. Februar 1856 ihren Lesern Ziel und Atmosphäre des kurz zuvor stattgefundenen Berliner Subskriptionsballs. Einst vom Generalintendanten der Königlichen Schauspiele Carl Graf von Brühl kreiert und im Berliner Schauspielhaus veranstaltet, war der Subskriptionsball nach vieljähriger Pause 1856 durch einen seiner Amtsnachfolger, Botho von Hülsen, wiederbelebt worden.
Von nun an und bis in die späte Kaiserzeit hinein bot das Opernhaus Unter den Linden die Kulisse für den Berliner Subskriptions- bzw. Opernhausball, der in mehrfacher Hinsicht eine Ausnahmestellung unter den preußischen Hofbällen einnahm. Bei ihm war meist die gesamte königliche Familie anwesend. In den Anfangsjahren galt er auch deshalb als etwas Besonderes, weil Friedrich Wilhelm III. dort nicht in der üblichen Militäruniform, sondern in einem speziell für diesen Ball gefertigten blauen Zivilfrack erschien. Die Atmosphäre schien zwangloser, weil sich der Monarch nach der königlichen Polonaise frei vom Zeremoniell unter den Gästen bewegte und mit ihnen plauderte.
Auch die Einladungspolitik zum Subskriptionsball war im Vergleich zu anderen preußischen Hoffesten außergewöhnlich. Hier konnte man nicht aufgrund von Geburtsadel, Hoffähigkeit oder Protektion erscheinen. Vielmehr kam ein ständeübergreifender Kreis zustande, weil zur begehrten Teilnahme allein vom Hof zugesandte Einladungslisten berechtigten. Diese Listen mussten die Auserwählten vorab subskribieren, also sich zu einer Zahlung verpflichtend unterschreiben. So hatten für ihre Einladung zum Ball am 25. Januar 1868 die geladenen Herren mit ihrer Unterschrift jeweils drei und die Damen zwei Taler zu zahlen. Der auf diese Weise zum Subskriptionsball im Januar 1868 gesammelte „Ueberschuss“ war „zum Besten der Nothleidenden in der Provinz Ost-Preussen bestimmt“. Für die namentlich Eingeladenen bedeutete die personengebundene Offerte des Hofes enormes Sozialprestige, während sich das Herrscherhaus durch Bürgernähe, Wohltätigkeit und soziales Engagement öffentlichkeitswirksam in Szene setzen konnte.
Heute geben die zahlreich überlieferten Namenslisten der Hoffeste, zumal wenn sie je nach Teilnahme oder Ablehnung korrigiert sind, Aufschluss über das Integrationspotenzial derartiger Festformate, denn höfische Feste waren nicht nur unverzichtbare Bestandteile monarchischer Repräsentation und politischer Kommunikation, sondern legen mit ihren Teilnehmerkreisen auch die womöglich sich wandelnde soziale Dimension der Monarchie offen. Reichhaltiges Material zu verschiedenen Hoffesten macht es möglich, die einzelnen Hoffest-Typen in Preußen zwischen 1786 und 1918 aufzubereiten und die Kriterien für die „Hoffähigkeit“ einzelner Personen oder bestimmter Kreise zu rekonstruieren. Zudem wird an diesem Material eine der Arbeitsthesen des Projekts, wonach im 19. Jahrhundert die gesellschaftliche Bedeutung des Hofzugangs und damit die Nachfrage danach zunahmen, überprüft. Ob sich aus dem Zugang zum Hof neue Gegensätze, etwa zu traditionalen Eliten, ergaben, wie sich der herkömmlich adlige Fürstenhof zu den Homines novi aus neuen sozialen, bürgerlichen Schichten verhielt, auch ob sozial exklusive, (alt-)adlige Veranstaltungen neben solchen mit breiterem sozialen Integrationsradius standen, ist bislang nahezu unbekannt.