Wilhelm Rhenius an Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff. Steinort, 16. März 1785

Bereits in seinem Brief vom 12. März (Bl. 66-67v) hatte Rhenius um seine Entlassung gebeten, für die es viele Gründe gäbe. Es ist die hiesige Wirtschaft, wenn ich solcher nach meinen Grundsätzen (und anders zu handeln bin ich gänzlich unfähig) mit unbegrenzter Treue vorstehen soll, so äußerst beschwerlich, dass, wenn ich noch länger darinnen diene, es geschehen könnte, dass ich für alle Geschäfte in kurzer Zeit und vor dem Ziele meines Lebens mich untüchtig machte und Ew. Hochgeboren auch in einigen Jahren gänzlich unbrauchbar werden könnte. Auch diesen Winter bin oft kränklich und eben jetzt nicht recht gesund. Dabei kann nicht unbemerkt lassen, dass ich aus einer Familie abstamme, die zur Melancholie geneigt ist. Meine Mutter hat viele beschwerliche Anfälle davon gehabt, mein ältester Bruder ist sogar darinnen gestorben, und ich habe ein solch empfindsames Gemüt und starke heftige Einbildungskraft, welche eben durch die Religion allezeit zu beruhigen suchte, und dieser habe allein zu verdanken, dass ich hier und in allen denen Lagen, worinnen ich mich durch meinen Diensteifer gesetzt habe, ausdauern können. Auch beruhigte mich oft die angenehme schmeichelhafte Hoffnung, dass mit der Länge der Zeit es hierin solchen Gang nehmen würde, dass ich mit mehrerer Gemütsruhe meinem Dienst würde vorstehen können, allein nach meinem Ideal muss ich hierzu alle Hoffnung gänzlich aufgeben. Hinzu kommt noch, dass ich, bei allem guten Willen, den ganzen Umfang meiner Pflichten nicht so, wie ich wünsche, zu erfüllen imstande bin. Es bleibt also nichts übrig, als um meine gnädige Entlassung meines Dienstes untertänig zu bitten. Er sei wegen dessen unbeschränkten Vertrauens Lehndorff zur Dankbarkeit verpflichtet und wolle ihm Vorschläge zur Besetzung seiner Stelle machen: Bötticher, dessen Anhänglichkeit für Steinort, die Landwirtschaft und das Landleben er kenne, würde die Stelle wohl übernehmen, wenn er nicht schon andere Engagements habe, denn er habe ihm geschrieben, er wolle sich einer Pensions-Anstalt in Königsberg widmen. An zweiter Stelle schlägt er den Schreiber Schultz vor, der zwar nicht die Geistesfähigkeit des ersten habe, sich jedoch mit den Gütern hervorragend auskenne, praktische ökonomische Kenntnis besitze und den er bereits mit jedem Geschäft betrauen konnte. Er sei bereit, noch ein Jahr in seinem Amt zu bleiben, um seinen Nachfolger mit allem vertraut zu machen, auch habe er über sein Entlassungsgesuch noch mit niemandem gesprochen.

Jacob Ludwig Pisanski an Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff. Angerburg, 26. März 1785

Antwort auf ein Schreiben Lehndorffs vom 12. März. Er werde vermutlich großes Vergnügen an dem fameusen Walterschen Naturalien-Cabinet gefunden haben. Es ist doch wahrlich reizend, wenn man unter seinen Landsleuten große Seelen antrifft, wie Doktor Walter nach Hochdero Urteil ist. Ich weiß nicht, ob Hochgeboren die Reisen des verstorbenen Professors Sander durch verschiedene Länder, besonders Frankreich und Holland, gelesen haben - mein Gott, was hat der nicht, besonders in dem letzten Lande, an herrlichen Naturalien-Sammlungen angetroffen. Dass sich auch meine von einem Jahr zum anderen vermehrt, führe ich bloß darum an, weil die seltensten Stücke in derselben aus der Hand eines meiner größten und würdigsten Gönner herkamen. Er habe ihn in Gesellschaft des Fräulein von Klingsporn und des Herrn von Podewils als Gast gehabt, Berlin und der es jetzo lebhaft macht , seien Gegenstand des Gesprächs gewesen, und die gute Gesellschaft habe ihm aufgetragen, Lehndorff und dessen Familie Hochachtung und Respekt zu übermitteln. - Wegen der Rosengartschen Angelegenheit habe sich sein Bruder viel Mühe gegeben, ein tüchtiges Subjekt als Nachfolger des Rektors zu finden. Bei dem Mangel an guten Menschen und dem, ich weiß selbst nicht woher, daselbst entstandenen Vorurteil von der schlechten Verfassung dieser Stelle hat er lange keinen in Vorschlag bringen können. Nun habe er den Studiosi Zielenski vorgeschlagen. Sollte Lehndorff auf ihn reflektieren, bitte er, da die Vokation vor der Hand nicht so bald besorgt werden könnte, und er doch auch zuerst ein Zeugnis von der Theologischen Fakultät besorgen müsste, dass Lehndorff auf einem Blatt seine Zufriedenheit mit dessen Ansetzung in Rosengarten und der Versicherung, dass die Vokation ausgefertigt werden würde, erkläre, und Zielenski die Beibringung des Testimoniums auftrage.

Karl Leopold Graf von Schlieben an Ernst Ahasverus Heinrich Graf von Lehndorff. Gerdauen, 28. März 1785

Er bedankt sich für dessen Brief, den er in Königsberg bekommen habe. Vor allem habe ihm die Mitteilung der dortigen Lustbarkeiten bei der Anwesenheit der Fürstin Czartoryska gewiss recht viel Vergnügen gemacht. Es seien die ersten und besten Nachrichten über die Festlichkeiten gewesen. Den kleinen Gott der Liebe stelle mir ganz natürlich vor, die Geistes-Gabe oder Geistes-Kräfte habe ihm ein Gottlieb Bötticher rege gemacht. Er erkundigt sich, was die charmante Komtess Pauline mache. Man freue sich, dass er Ende Mai in Preußen sein werde, doch zweifle er noch daran, da Berlin ein Ort ist, der viele Vorzüge vor Preußen hat, und besonders für Ihnen, da Sie dorten mit so viel agrement leben, teils auch, weil die jetzige elende Witterung wohl nicht hoffen lässt, dass die Wege dann schon practicable sein werden. General von Anhalt in Königsberg sei mit dem Wetter besonders unzufrieden, da er im Felde nicht exerzieren könne. Ich bin noch immer der Meinung, es muss unsere Erde einen Ruck oder Stoß von einem zu starken Erdbeben erlitten haben, drum es hat sich alles merklich verändert. Wir haben einen neuen Planeten schon mehr bekommen, und wer weiß, was wir noch mehr bekommen werden. Die Cousine Schlieben sei nach ihrem Besuch am Gründonnerstag zur Schwiegermutter nach Steinort gefahren. In der Finckensteinschen Familie gab es Todesfälle. Über die Wallenrodtsche Erbschaft könne er ihm nichts sagen, da es verschiedene Testamente gäbe. Die Baronin von Beynuhnen würde sich auch stark engagieren und Herrn Kirschkopff gewiss noch mache Feder darüber gebricht, bis er damit reüssiert. Leutnant von Podewils vom Posadowskischen Regiment habe sich mit der Baronesse von der Goltz in Leißienen verlobt.

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